OGH 7Ob726/87

OGH7Ob726/8721.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dkfm. Peter K***, Kaufmann, und 2.) Johann-Ulrich K***, Kaufmann, beide Wien 18, Weimarerstraße 22, beide vertreten durch Dr. Ludwig Hötzl und Dr. Manfred Michalek, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Parfümerie R***, E, K*** KG, Wien 1, Kärntnerstraße 22, und 2.) Margarete K***, Gesellschafterin, Wien 18, Edelhofgasse 3, beide vertreten durch Dr. Peter Prenner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 6,600.000,-- s.A., infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10.September 1987, GZ 3 R 23/87-14, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13.November 1986, GZ 14 Cg 76/86-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit S 33.340,97 (darin enthalten S 3.031,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 18.7.1973 schlossen die Erstbeklagte und ihre Gesellschafter, darunter die Eheleute Eugen und Margarete (die Zweitbeklagte) K***, mit den Klägern, den Söhnen des Eugen K***, einen Vertrag, mit die die Erstbeklagte den Klägern für den Fall des Ablebens der Margarete K*** nach ihrem Ehemann Eugen K*** das Recht einräumte, "die Unternehmungen am Standort Kärntnerstraße 22 (Parfümerie R***) und Kärntnerstraße 2 (Parfümerie P***) zum "Verkehrswert" zu übernehmen", bei dessen Ermittlung der "Firmenwert (Goodwill)" allerdings nicht veranschlagt werden sollte (Art.1). Die Erstbeklagte sollte auch von sich aus diese Übernahme von den Klägern verlangen können (Art.2). Das Recht, "diese Unternehmungen" anderweitig zu veräußern wurde ausdrücklich ausgeschlossen, falls die Betriebe nicht vorher den Klägern zur Übernahme im Sinne des Art.2 des Vertrages angeboten wurden (Art.3). Für den Fall der Verletzung dieser Bestimmung verpflichtete sich die Erstbeklagte mit ihren Gesellschaftern zur ungeteilten Hand, an die Kläger je zur Hälfte eine nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliegende Konventionalstrafe in der Höhe des vollen Verkaufserlöses zu entrichten. Das Verkaufsverbot sollte jedoch erst mit dem Ausscheiden des Eugen K*** aus der Gesellschaft wirksam werden.

Am 8.11.1979 starb Eugen K***. Damals war die Erstbeklagte schwer verschuldet. In dem Testament vom 26.7.1979 heißt es unter anderem:

"Meine Frau Margarete K*** erhält.....von meiner Kommanditeinlage in der Parfümerie R*** E. K*** KG in der Höhe von S 160.000,-- weitere S 100.000,-- auf ihren Anteil dazu, sodaß ihre Anteile insgesamt S 340.000,-- betragen werden. Die restlichen S 60.000,-- soll mein Sohn Peter K*** erhalten, damit die Kommanditgesellschaft aufrecht erhalten bleiben kann. Ich empfehle meinen Erben, die P*** zu verkaufen und mit dem Erlös die Zahlungsverpflichtungen, wie Schulden zu tilgen, vorausgesetzt, daß der Verkauf nicht schon früher erfolgte....

Der Betrieb E. K*** Gesellschaft mbH & Co KG ist durch Verträge abgesichert und ist lediglich zu klären, ob meine Frau Margarete K*** weiterhin Kommanditistin über die R*** KG bleiben will, oder ein Modus Vivendi gefunden wird, der keinen der Beteiligten benachteiligt. Ich appeliere an meinen Sohn Peter in jeder Hinsicht fair gegenüber meiner Frau zu sein."

Nach dem Tod des Eugen K*** gingen die Zweitbeklagte und die Kläger daran, die einzelnen Firmen, nämlich die Erstbeklagte, die Eugen K*** Gesellschaft mbH & Co KG und die Komplementärgesellschaft zu entflechten. Sie beabsichtigten durch einen Vertrag alle wechselseitigen Ansprüche abzugelten und auszuschließen. Mit dem Vertrag sollte aber nicht nur die vermögensrechtliche Abgrenzung erreicht werden. Jeder (Vertragsteil) sollte mit seinem Teil der Vermögensmasse auch tun und lassen können, was er wollte.

Am 2.6.1981 vereinbarten die Zweitbeklagte und die Kläger die Erbteilung. Nach Ausarbeitung und Korrektur der Unterlagen schlossen sie im Verlassenschaftsverfahren in Ansehung des gesamten Nachlasses nachstehendes Erbübereinkommen:

"Im Rahmen dieses Erbenübereinkommens wird von einer direkten oder indirekten wechselseitigen Beteiligung der unter "Geschäftsvermögen" in Position 5 des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses angeführten jeweils beim Handelsgericht Wien zu den nachfolgenden Daten registrierten Firmen unter nachstehender Maßgabe Abstand genommen:

  1. a) Eugen K*** Gesellschaft mbH Co KG, HRA 19.228,
  2. b) Eugen K*** Gesellschaft mbH HRB 9.936,
  3. c) Parfümerie E. K*** KG HRA 20.252.

    Es wird daher ausdrücklich festgestellt, daß

    a) Firma R*** E. K*** KG mit Ausnahme einer verbleibenden Kommanditbeteiligung des Gesellschafters Dkfm. Peter K*** von 4 % am Gewinn und Verlust zur Gänze Frau Margarete K*** zukommt, während

    b) gemäß diesem Erbenübereinkommen Frau Margarete K*** eine Beteiligung an den beiden übrigen genannten Gesellschaften nicht in Anspruch nimmt, sodaß die beiden erblasserischen Söhne Dkfm. Peter und Hans Ulrich K*** als Ergebnis dieses Verlassenschaftsverfahrens im Sinne Beilage 1 zur Anlage A ausschließlich Gesellschafter der Eugen K*** Gesellschaft mbH bilden werden und

    c) die Beteiligung der Parfümerie R*** E. K*** KG an der Eugen K*** Gesellschaft mbH & Co KG nur nach Maßgabe der

    zitierten Beilage stattfinden, das heißt aufgehoben wird". Weiters wurden zwischen den Erben Ausgleichsvereinbarungen getroffen. An den Vertrag vom 18.7.1973 dachten die dieses Erbübereinkommen schließenden Vertragsteile nicht.

    Im Dezember 1983 teilte der Zweitkläger der Zweitbeklagten mit, daß er einen Interessenten für das Geschäftslokal der Parfümerie P*** habe. Die Zweitbeklagte erklärte darauf, bereits mit einem anderen Interessenten Verkaufsverhandlungen zu führen, die vor dem Abschluß stünden. Tatsächlich veräußerte die Erstbeklagte im Dezember 1983 das Geschäftslokal in Wien 1., Kärntnerstraße 2 an einen Dritten um 6,6 Millionen S. Der Verkaufserlös wurde zur Deckung der Verbindlichkeiten der Erstbeklagten verwendet. Die Kläger begehren von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von je S 3,300.000,-- samt 4 % Zinsen seit 1.1.1984. Die Erstbeklagte habe das Unternehmen Parfümerie P*** mit dem Standort Wien 1., Kärntnerstraße 2, an einen Dritten verkauft, ohne es den Klägern im Sinne der Art.2 und 3 des Vertrages vom 18.7.1983 zur Übernahme anzubieten. Daher sei die vereinbarte Vertragsstrafe verwirkt worden. Dieser Vertrag sei durch das Erbübereinkommen weder aufgehoben noch verändert worden. In diesem seien lediglich Beteiligungsverhältnisse geändert worden. Der Zweck des Vertrages vom 18.7.1973, die Kläger nach dem Tod ihres Vaters bzw. der Zweitbeklagten in die Lage zu versetzen, das Unternehmen weiterzuführen, sei durch die im Erbübereinkommen vorgenommene Veränderung der Beteiligungsverhältnisse nicht weggefallen. Die Beklagten hätten den Klägern das Unternehmen anbieten müssen. Die Kläger hätten die Vertragsurkunde vom 18.7.1973 nicht verheimlicht. Durch den Verkauf des Unternehmens sei den Klägern ein Schaden erwachsen, weil sie es nicht zu den vereinbarten günstigen Bedingungen erwerben hätten können. Die Minderung der Vertragsstrafe sei vertraglich und auch nach § 348 HGB ausgeschlossen. Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klage. Die Erstbeklagte habe nicht ein Unternehmen, sondern bloß den Unternehmensstandort der Parfümerie P*** veräußert. Dieser Verkauf sei auf Grund der ausdrücklichen Empfehlung im Testament des Eugen K*** erfolgt, um die bedeutende Überschuldung der Erstbeklagten zu beseitigen. Das zum Zwecke der Entflechtung der Unternehmen geschlossene Erbübereinkommen, durch das den Klägern einerseits und der Zweitbeklagten andererseits die einzelnen Unternehmen ausschließlich zugekommen seien, habe die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag vom 18.7.1973 beendet. Sinn und Geschäftsgrundlage des Erbübereinkommens sei es gewesen, jeder der beiden Erbengruppen alleiniges Vermögen ohne wechselseitige Bindung, Verbindung und Interventionsbelastung zu sichern. Im Vertrag vom 18.7.1973 sei überdies der Wegfall von Rechten der Kläger für den Fall vorgesehen, daß die Zweitbeklagte Alleininhaberin der Erstbeklagten geworden sei. Dies sei durch die vorgenommene Erbteilung zunächst geschehen. Die Zahlung der Vertragsstrafe würde zu dem sittenwidrigen Ergebnis führen, daß die Zweitbeklagte zwar für alle Gesellschaftsschulden hafte, die Kläger aber alle Aktiven unter Gläubigerschädigung abschöpfen und dadurch die unbelastete Übernahme der Aktiven aus der Verlassenschaft ohne Erbschaftssteuerbelastung erreichen könnten. Überdies würden die Kläger durch die Entflechtungsfolgen und den Erhalt der Vertragsstrafe "zu einem doppelten Inkasso" kommen. Dieses Ergebnis entspreche nicht dem Sinn des Vertrages vom 18.7.1973 und der Testamentsanordnung. Da sich seit dem Abschluß dieses Vertrages die Umstände durch die Neuordnung der Beteiligungsverhältnisse geändert hätten, wäre die Vertragsstrafe auf Null zu mindern. Die Vertragsstrafe sei unter den geänderten Verhältnissen unbillig, sittenwidrig und unverhältnismäßig hoch. Die Zahlung würde überdies die Existenz der Beklagten vernichten. Die Beklagten hätten im Zeitpunkt des beanstandeten Verkaufs keine Kenntnis vom Vertrag vom 18.7.1973 gehabt. Eine allfällige Vertragsverletzung wäre ihnen daher nicht zum Verschulden zuzurechnen. Die Kläger müßten sich aber auch den Schaden, den die Beklagten durch die Verfolgung ihrer Ansprüche erleiden, die Schuldenbelastung der Erstbeklagten und die ersparte eigene Kaufpreiszahlung aufrechnungsweise entgegensetzen lassen.

    Das Erstgericht wies die Klage ab. Aus dem eingangs im wesentlichen wiedergegebenen Sachverhalt und der weiteren negativen Feststellung, es habe nicht festgestellt werden können, daß ein ganzes Unternehmen verkauft wurde, leitete es rechtlich ab, daß die Erstbeklagte bloß einen Unternehmensstandort veräußert und daher auch nicht gegen die Art.2 und 3 des Vertrags vom 18.7.1973 verstoßen habe.

    Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es übernahm dessen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

    Das in Art.3 des Vertrages vom 18.7.1973 formulierte Veräußerungsverbot habe sich auf beide Betriebsstätten des Unternehmens der Erstbeklagten bezogen. Der Ansicht des Erstgerichts, das Geschäftslokal mit dem besonderen Standort habe nicht den Kern des Betriebs betroffen, könne nicht beigetreten werden, zumal zum Vorbringen der Kläger, der Zweck dieses Vertrages sei es gewesen, die Kläger nach dem Tod ihres Vaters bzw. der Zweitbeklagten in die Lage zu versetzen, das "Unternehmen" weiterzuführen, keine gegen diese Ansicht sprechenden Feststellungen getroffen worden seien. Eugen K*** habe durch die Empfehlung in seinem Testament, die Parfümerie P*** zu verkaufen, nicht einseitig den Vertrag vom 18.7.1973 außer Kraft setzen können. Die Erbteilungsvereinbarung, die zwar wörtlich in keinem Widerspruch zu den Rechten der Kläger auf Grund des Vertrags vom 18.7.1973 stehe, sei nach den unbekämpften Feststellungen zum Zwecke der Abgeltung und Ausschließung aller wechselseitigen Ansprüche geschlossen worden. Wesentlich sei auch gewesen, daß jeder mit seinem Teil der Vermögensmasse tun und lassen können sollte, was er wollte. Nach dem Geschäftszweck sei das Verkaufsverbot vom 18.7.1973 daher aufgehoben worden. Das Beharren auf Zahlung einer Vertragsstrafe verstoße aber auch gegen die guten Sitten, weil die Zahlung das wirtschaftliche Verderben der Beklagten herbeiführen würde: Der Verkaufserlös sei nämlich nach den weiteren unbekämpften Feststellungen zur Beseitigung der schweren Überschuldung der Erstbeklagten verwendet worden. Auf den weiteren Einwand der Beklagten, die Vertragsverletzung nicht schuldhaft begangen zu haben, sei daher nicht mehr einzugehen gewesen.

    Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Revisionsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision der Kläger mit dem auf Stattgebung des Klagebegehrens gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise stellen die Kläger auch einen Aufhebungsantrag. Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Mit dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügen die Kläger in Wahrheit eine unrichtige rechtliche Beurteilung, so daß auf diese Revisionsausführungen erst bei der Behandlung der Rechtsrüge eingegangen wird. Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Ab.3 ZPO). In der Rechtsrüge führen die Kläger im wesentlichen aus, die Bereinigungswirkung des Erbübereinkommens habe sich nur auf die Ansprüche im Verlassenschaftsverfahren, nicht aber auf die Rechte aus dem Vertrag vom 18.7.1973 erstreckt. Die Erstbeklagte habe am Erbübereinkommen nicht teilgenommen. Daher hätte dieses ihre Verpflichtung aus dem Vertrag vom 18.7.1973 nicht berühren können. Der Zweck des Optionsvertrages, mit dem der Firmengründer Eugen K*** die Erhaltung der Gesellschaften im Familienbesitz habe erreichen wollen, sei durch das Erbübereinkommen nicht beseitigt worden. Schließlich sei auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts unzutreffend, daß das Beharren auf Zahlung der Vertragsstrafe gegen die guten Sitten verstoße. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätte das Berufungsgericht die Vertragsstrafe auf ein vertretbares Ausmaß reduzieren müssen.

Den Revisonsausführungen ist entgegenzuhalten, daß durch Art.3 des Vertrages vom 18.7.1973 den Klägern ein als Veräußerungsverbot bezeichnetes Vorkaufsrecht im Sinne der §§ 1072 ff ABGB an den beiden zum Unternehmen der Erstbeklagten gehörenden Betrieben eingeräumt wurde, das im Sinne des § 1077 ABGB eine besondere Vereinbarung über den von den vorkaufsberechtigten Klägern zu entrichtenden (günstigen) Kaufpreis enthielt und dessen Einhaltung durch die Vereinbarung einer Vertragsstrafe gesichert war. Das Recht, eine Sache im Fall des beabsichtigten Verkaufs einem Vorkaufsberechtigten zur Einlösung anzubieten, kann nicht nur, wie das Wiederkaufs- und das Rückverkaufsrecht, im Zusammenhang mit einem Kauf vereinbart, sondern auch selbständig begründet werden (Bydlinski in Klang2 IV/2, 758 f, Koziol-Welser8 I 312). Gegenstand eines Vorkaufsrechts können auch bewegliche Sachen sein. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß die Beklagten als Vorkaufsverpflichtete den Klägern als Vorkaufsberechtigten aus Anlaß eines beabsichtigten Verkaufs eines Teilbetriebs nicht die Einlösung angeboten haben und die Erfüllung dieser Pflicht nicht mehr möglich ist, so daß die Kläger lediglich auf Schadenersatzansprüche verwiesen sind (vgl. dazu Koziol-Welser aaO 313 und die dort zitierte weitere Literatur).

Der Zweck des Vertrages vom 18.7.1973, den Klägern im Fall des Todes der Zweitbeklagten nach ihrem Ehemann bzw. im Falle der beabsichtigten Veräußerung des Unternehmens oder einzelner dazugehörender Betriebe deren Übernahme zu ermöglichen, ist zwar durch die Erbteilung, die die Kläger und die Zweitbeklagte im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach Eugen K*** vorgenommen haben, nicht weggefallen. Durch die Erbteilung wird lediglich die im Fall des Vorhandenseins mehrerer Erben bestehende Erbengemeinschaft aufgehoben (Koziol-Welser7 II 368). Erbteilungsübereinkommen sind jedoch nach den im § 914 ABGB enthaltenen Regeln auszulegen. Demnach ist dabei nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter Absicht der Parteien ist der Geschäftszweck zu verstehen (EvBl 1972/111; MietSlg.XXXIV/14 uva), über den der Konsens erklärt ist (EvBl 1974/220) und den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß (SZ 53/104). Zur Erforschung der Parteienabsicht sind vor allem die Erklärungen der Parteien heranzuziehen (EvBl 1973/177). Nur die Feststellung der Willenserklärungen der Parteien ist Tatsachenfeststellung, die Auslegung der festgestellten Willenserklärungen hingegen rechtliche Beurteilung (8 Ob 528/86). Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte und was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sache zu verstehen war (JBl 1986, 46 uva).

Ein Vorkaufsrecht am Unternehmen einer Kommanditgesellschaft oder Teilen davon wird zwar im allgemeinen von einem Erbübereinkommen, mit dem unter anderem Beteiligungsverhältnisse an dieser Kommanditgesellschaft geregelt werden, nicht berührt. Im vorliegenden Fall stellte das Erstgericht jedoch im Rahmen eines ausdrücklichen Vorbringens der Beklagten (AS 10) unbekämpft fest, daß das Erbteilungsübereinkommen nicht nur der Bereinigung aller wechselseitigen Ansprüche und der vermögensrechtlichen Abgrenzung diente sondern auch zu dem Zweck geschlossen wurde, daß jeder Teil mit der ihm zukommenden Vermögensmasse tun und lassen können sollte, was er wollte, sohin unbeschränkt darüber verfügen können sollte. An diese Feststellung über die sich aus den Erklärungen der vertragsschließenden Teile ergebende Parteienabsicht ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Durch die Einräumung eines unbeschränkten Verfügungsrechtes über das Vermögen bzw. Unternehmen der Erstbeklagten an die Zweitbeklagte, das dieser bis dahin wegen des Vorkaufsrechtes der Kläger nicht zugestanden ist, enthält das Erbübereinkommen auch das Element eines schlüssigen Verzichts auf das den Klägern im Vertrag vom 18.7.1973 eingeräumte Vorkaufsrecht, für dessen Einhaltung die Zweitbeklagte die Mithaftung in Form der geltend gemachten Vertragsstrafe übernommen hat. Ein Verzicht auf eine ganze Solidarforderung wirkt aber auch für den Mitschuldner (SZ 18/184). Ein solcher auch gegenüber der Erstbeklagten wirksamer Verzicht der Kläger könnte aber nur dann angenommen werden, wenn die Zweitbeklagte aus dem Verhalten der Kläger den Schluß gezogen hätte, daß die Kläger auf ihr Vorkaufsrecht verzichten wollten (SZ 41/123 uva). Im vorliegenden Fall steht aber fest, daß die Parteien des Erbübereinkommens nicht an den Vertrag vom 18.7.1973 gedacht haben. Somit läßt sich aus der Parteienabsicht kein eindeutiger Sinn dahin ermitteln, daß die Kläger auf das ihnen eingeräumte Vorkaufsrecht verzichten hätten wollen. Bei der Auslegung nach der Übung dieses redlichen Verkehrs ist aber auch die ergänzende Vertragsauslegung zulässig. Treten nach Abschluß des Geschäfts Konfliktsfälle auf, die von den Parteien nicht bedacht und die daher nicht ausdrücklich geregelt wurden, so ist unter Berücksichtigung der übrigen Geschäftsbestimmungen und des von den Parteien verfolgten Zwecks zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (Koziol-Welser8 I 88 mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen). Nach diesen Auslegungsgrundsätzen muß im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden, daß die Kläger gegenüber der Zweitbeklagten, die im Zuge der Erbteilung ein verschuldetes Unternehmen erhielt, das nach dem Vorschlag des Erblassers im Testament durch den Verkauf eines Teilbetriebs saniert hätte werden sollen, auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes aus Anlaß des für die Sanierung der Erstbeklagten erforderlichen Verkaufes eines Teilbetriebes verzichtet hätten, um die Erzielung eines höheren als im Vertrag vom 18.7.1973 vorgesehenen Übernahmspreises zu ermöglichen. Davon ist der Zweitkläger offensichtlich auch ausgegangen, weil sonst die Namhaftmachung eines Kaufinteressenten durch ihn nicht verständlich wäre. Dieser Verzicht wäre auch gegenüber der Erstbeklagten wirksam geworden. Daß der beim Verkauf des Teilbetriebs erzielte Erlös zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der Erstbeklagten verwendet wurde und dafür erforderlich war, ist ebenfalls unbekämpft festgestellt. Auf Grund dieser Auslegung des Erbübereinkommens können die Kläger aus dem Verkauf der Parfümerie P*** an einen Dritten, ohne daß ihnen dieser Teilbetrieb zur Übernahme angeboten worden wäre, keine Verletzung des ihnen mit dem Vertrag vom 18.7.1973 eingeräumten Vorkaufsrechtes ableiten. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 46 Abs 1, 50 ZPO.

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