OGH 7Ob736/87

OGH7Ob736/8721.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand K***, Pensionist, Gföhl, Garmanns 18, geboren am 20. September 1903 in Sofia, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, wider die beklagte Partei Maria K***, Private, Wien 1., Kurrentgasse 12, geboren am 18. Oktober 1928 in Mödling, vertreten durch Dr. Kurt Lux, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. November 1987, GZ R 177/87-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau vom 8. April 1987, GZ Cg 200/86-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind seit dem 15. April 1977 miteinander verheiratet. Die häusliche Gemeinschaft zwischen ihnen ist seit 15. April 1983 aufgehoben. Die Ehe ist tiefgreifend und unheilbar zerrüttet. Diese Zerrüttung wurde ausschließlich vom Kläger verschuldet.

Die Vorinstanzen haben die Ehe nach § 55 EheG geschieden, wobei sie ausgesprochen haben, daß die Zerrüttung allein durch den Kläger verschuldet wurde. Hiebei führten sie in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG nur bei Vorliegen besonderer Umstände anwendbar sei. Zu berücksichtigen sei hier vor allem das hohe Alter des Klägers (geboren 1903), die erhebliche Altersdifferenz zwischen den Streitteilen und der Umstand, daß die häusliche Gemeinschaft bereits seit langem aufgehoben sei und der Kläger seit Jahren keinen Zweifel an einer Absicht der Auflösung der Ehe gelassen habe. Das Begehren des Klägers komme daher für die Beklagte nicht überraschend. Besondere Umstände, die bei dieser Sachlage die Anwendung der Härteklausel rechtfertigen würden, habe die Beklagte gar nicht dargetan. Ihr gesamtes Vorbringen laufe lediglich auf eine Darlegung des Verschuldens des Klägers an der Zerrüttung der Ehe hinaus. Ein solches Verschulden reiche jedoch für sich allein nicht zur Verweigerung des Scheidungsbegehrens nach § 55 EheG.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.

In der Regel bringt jede Ehescheidung für denjenigen Teil, der die Zerrüttung nicht verschuldet hat und der an der Ehe festhalten will, Härten mit sich. § 55 Abs 3 EheG läßt jedoch erkennen, daß selbst die größte Härte für einen der Ehegatten nicht zur dauernden Verweigerung der Scheidung führen darf. Es können daher nur ganz besonders schwerwiegende Umstände die Verweigerung des Scheidungsbegehrens nach § 55 Abs 2 EheG rechtfertigen (EvBl. 1981/10, EvBl. 1982/194 u.a.). Die Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG setzt das Vorliegen konkreter Umstände voraus, aus denen für den Einzelfall eine gegenüber dem Normalfall besondere Härte für den der Scheidung widersprechenden Ehegatten abgeleitet werden kann (SZ 52/29 u.a.). Sie ist nicht anwendbar, wenn die Härte im Einzelfall nicht jene, die für den schuldlosen Teil durchschnittlich zu erwarten ist, erheblich übersteigt (7 Ob 523/82 u.a.).

Das gesamte Vorbringen der Beklagten läuft, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nur darauf hinaus, daß den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft. Diesem Umstand wurde jedoch durch den Ausspruch nach § 61 Abs 3 EheG Rechnung getragen. Das alleinige Verschulden des die Scheidung der Ehe nach § 55 EheG begehrenden Ehegatten an der Zerrüttung der Ehe rechtfertigt für sich allein nicht die Anwendung der Härteklausel des § 55 Abs 2 EheG.

Die von der Beklagten in der Revision nunmehr aufgestellten Befürchtungen bezüglich erbrechtlicher Nachteile waren einerseits nicht Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens und würden andererseits auch keinen Grund für die Anwendung der Härteklausel bilden, weil man keinem Ehegatten ein Recht darauf zubilligen kann, daß ihm auch bei zerrütteter Ehe der Nachlaß des anderen Ehegatten verbleibt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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