OGH 9ObA166/87 (9ObA167/87)

OGH9ObA166/87 (9ObA167/87)13.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Pipin Henzel und Dr. Bernhard Schwarz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Christine M***, Kraftfahrerin, Bruck an der Leitha, Alte Wienerstraße 400/4/2, 2.) Günther M***, Installateur. Bruck an der Leitha, Alte Wienerstraße 400/4/2, 3.) Erwin P***, Installateurlehrling, Arbesthal 115, alle vertreten durch Josef R***, Sekretär der Gewerkschaft Metall-Bergbau-Energie, Wien 4., Plößlgasse 15, dieser vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Augustin ZAK Gesellschaft mbH, Installationsunternehmen, Wien 14., Mauerbachstraße 111, vertreten durch Dr. Lothar Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.) 34.818,09 S brutto und 112,-- S netto, 2.) 96.153,42 S brutto und 5.162,93 S netto, 3.) 73.737,17 S brutto und 4.014,50 S netto, jeweils sA (Revisionsinteresse zu 2.) 96.953,42 S brutto und 5.162,93 S netto, zu 3.) 72.863,64 S brutto und 4.014,50 S netto), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits-- und Sozialrechtssachen vom 26. Juni 1987, GZ 33 Ra 40/87-72, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 9. April 1986, GZ 8 Cr 1596/82-57, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der zweit- und drittklagenden Partei die mit 10.712,36 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 679,31 S Umsatzsteuer und 3.240,-- S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte betreibt ein Installationsunternehmen mit dem Sitz in Wien 14., Mauerbachstraße 111, und einem Geschäftslokal in Bruck an der Leitha. Der Zweitkläger war seit dem 23. September 1975 als Installateur, die Erstklägerin - sie ist die Ehegattin des Zweitklägers - als teilzeitbeschäftigte Kraftfahrerin bei der Beklagten beschäftigt. Der Drittkläger sowie Karl P*** und Werner M*** waren als Lehrlinge tätig. Die Erstklägerin hatte mit dem Firmenfahrzeug den Zweitkläger und die Lehrlinge zu den Baustellen und von dort wieder zurück nach Bruck an der Leitha zu bringen, von wo die Lehrlinge ihre Wohnorte leicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen konnten.

Die klagenden Parteien machen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Entlassung geltend.

Die Beklagte beantragte Abweisung der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen. Die Entlassung der Erstklägerin und des Drittklägers sei berechtigt gewesen, weil sie die Arbeit verweigert hätten; die Erstklägerin habe überdies den Geschäftsführer der Beklagten beschimpft und der Drittkläger habe während des Krankenstandes das Bezirkssekretariat des Gewerkschaftsbundes aufgesucht. Der Zweitkläger habe bereits mehrfach die Arbeit in alkoholisiertem Zustand angetreten und sei diesbezüglich verwarnt worden; überdies habe er den Geschäftsführer der Beklagten angeschrien. Sämtliche Kläger hätten Pfuscharbeiten durchgeführt. Ergänzend brachte die Beklagte in der Berufung vor, daß sie unmittelbar vor der Entlassung des Zweitklägers vom Diebstahl von Baumaterial aus dem Magazin der Franz H*** Baugesellschaft mbH erfahren habe und dies auch als Entlassungsgrund geltend mache. Des weiteren habe der Zweitkläger die Beklagte bei Eingehen des Arbeitsverhältnisses über seine Kenntnisse im Installationsfach getäuscht. Nachträglich habe sich herausgestellt, daß er über keinerlei bzw. unzureichende Kenntnisse in diesem Fach verfügte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren bezüglich der Erstklägerin mit 21.425,27 S brutto und 112,-- S netto, bezüglich des Zweitklägers mit 96.953,42 S brutto und 5.162,93 S netto, bezüglich des Drittklägers mit 72.864,64 S brutto und 4.014,50 S netto, jeweils samt 4 % Zinsen seit 28. Juni 1982 statt und wies die Mehrbegehren der Erstklägerin und des Drittklägers ab. Ferner wies das Erstgericht eine von der Beklagten gegen die Erstklägerin und den Zweitkläger erhobene, auf Bezahlung von 254.319,48 S samt Anhang gerichtete Widerklage ab.

Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Drittkläger erhielt Anfang April 1982 den Einberufungsbefehl und wies ihn dem Geschäftsführer der Beklagten am folgenden Tag vor. Am 3. Juni 1982 übergab der Geschäftsführer der Beklagten der Erstklägerin ein Kündigungsschreiben. Die Erstklägerin war darüber sehr aufgebracht und gebrauchte in der folgenden Auseinandersetzung die Worte: "Das ist der Dank, daß ich so lang den Trottel gemacht habe." Darauf sprach der Geschäftsführer der Beklagten die Entlassung der Erstklägerin aus. Am selben Tag sprach der Geschäftsführer der Beklagten auch mit dem Zweitkläger und erklärte ihm, daß er im Hinblick auf die schlechte wirtschaftiche Lage alle irgendwie anfallenden Arbeiten machen müsse. Der Zweitkläger erklärte, daß er auch bei einer anderen Firma arbeiten und für die Lehrlinge einen Arbeitsplatz beschaffen könne. Der Geschäftsführer der Beklagten, der ein vorbereitetes Kündigungsschreiben auch für den Zweitkläger bei sich hatte, entließ daraufhin den Zweitkläger. Am folgenden Tag wurden die Lehrlinge von der Gattin des Geschäftsführers der Beklagten mit dem Auto von Bruck an der Leitha nach Mauerbach gebracht. Hiebei wurde ihnen erklärt, daß sie in Zukuft für die Fahrt von Bruck an der Leitha nach Wien und zurück öffentliche Verkehrsmittel benützen müßten. Der Erstkläger bot daraufhin den Lehrlingen an, mit ihnen am 8. Juni 1982 die Außenstelle der Gewerkschaft in Bruck an der Leitha zwecks Information über die den Arbeitnehmern zustehenden Rechte aufzusuchen. Ab Dienstag, dem 8. Juni 1982, war der Drittkläger für eine Woche im Krankenstand. An diesem Tag sprachen die Kläger und die beiden anderen Lehrlinge tatsächlich bei der Gewerkschaft vor. Der Gewerkschaftssekretär telefonierte mit dem Geschäftsführer der Beklagten und vereinbarte für den folgenden Freitag ein Gespräch im Sekretariat in Schwechat. Kurz vor dem vereinbarten Gespräch entschuldigte sich der Geschäftsführer der Beklagten und erklärte, daß er die Kläger und die beiden anderen Lehrlinge entlassen habe. Die schriftliche Auflösungserklärung des Lehrverhältnisses mit dem Drittkläger ist mit 14. Juni 1982 datiert. Auch die Lehrverhältnisse mit den beiden vorerwähnten Lehrlingen wurden von der Beklagten vorzeitig aufgelöst. Die Kläger haben keine Pfuscharbeiten ohne Erlaubnis des Geschäftsführers der Beklagten durchgeführt. Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die Entlassung der Kläger nicht gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das lediglich in seinem stattgebenden Teil angefochtene Ersturteil und sprach aus, daß die Revision hinsichtlich der Erstklägerin nicht zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und stellte ergänzend fest, daß der von der Beklagten behauptete Diebstahl von Baumaterial aus dem Magazin der Firma Franz H*** Baugesellschaft mbH nicht erwiesen sei.

Das Berufungsgericht billigte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Weder der Erstklägerin noch dem Drittkläger sei eine beharrliche Arbeitsverweigerung vorzuwerfen. Die Unmutsäußerungen der Erstklägerin anläßlich ihrer Kündigung rechtfertigten gleichfalls nicht die Entlassung, ebensowenig das lautstarke Verhalten des Zweitklägers, als er von der Entlassung seiner Gattin erfahren habe. Schließlich rechtfertige auch die Unterlassung der Verständigung des Arbeitgebers vom Krankheitsfall und die Verletzung der Pflicht zur Vorlage des ärztlichen Zeugnisses bei einem achttägigen Krankenstand nicht die Entlassung; der Arbeitnehmer verliere in der Regel nur seinen Entgeltanspruch. Die nunmehrige Behauptung der Beklagten, der Zweitkläger habe keinerlei bzw. unzureichende Kenntnisse im Installationsfach gehabt, er habe die Beklagte diesbezüglich getäuscht, sei eine Schutzbehauptung. Die Beklagte habe sich bezüglich dieses Entlassungsgrundes jedenfalls verschwiegen, weil sie die angeblich unzureichenden Kenntnisse des Zweitklägers bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht erst nach siebenjähriger Beschäftigung habe bemerken können.

Gegen das Berufungsurteil - soweit es Zweit- und Drittkläger betrifft - richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Der Zweit- und Drittkläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit die Revisionswerberin ausführt, eine weitere Befragung von Zeugen und Parteien sowie im Berufungsverfahren angebotene Kontrollbeweise hätten zu anderen Feststellungen geführt, bekämpft sie die im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen. Unberechtigt ist auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge der Beklagten nicht auseinandergesetzt und die Feststellungen des Erstgerichtes ungeprüft übernommen. Tatsächlich hat sich das Berufungsgericht mit den von der Beklagten gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes vorgebrachten Argumenten eingehend beschäftigt. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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