OGH 4Ob378/87

OGH4Ob378/8712.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*** W*** AG, Bülach,

Hochfelderstraße 11, Schweiz, vertreten durch Dr. Hansjörg Klocker, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Josef G***, Tischlermeister, Roßbach-Jaiding 11, vertreten durch Dr. Alexander Deskovic, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 30. Juni 1987, GZ 5 R 71/87-22, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 24. April 1987, GZ 1 Cg 278/86-17, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 10.198,65 (darin enthalten S 927,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Auf Grund seiner Patentanmeldung vom 15. Februar 1979 wurde dem Beklagte vom Österreichischen Patentamt das Patent Nr. 360.229 für den Patentgegenstand "Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung schiffchenförmiger Holzflickenstücke zur Ausfüllung von Holzfehlerstellen" erteilt (Beginn der Patentdauer: 15. Mai 1980). Die Idee, schadhafte Holzstellen durch Dübel auszubessern, war schon vor dem Zweiten Weltkrieg bekannt. Im Jahr 1951 gehörte es zum Stand der Technik, die schadhafte Stelle auszufräsen und mit schiffchenförmigen Einlagen, die von Hand aus hergestellt wurden, auszufüllen. Im Jahr 1972 wurde dem Erfinder Paul B*** das Schweizerische Patent Nr. 524.440 über ein Verfahren zur Herstellung von Harzgallenflicken in Holzstücken und einer Einrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens (zur Herstellung der Holzflicken) erteilt. Am 25. Mai 1971 meldetete die Klägerin ein gleichlautendes Patent beim Deutschen Patentamt an. Das Österreichische Patent Nr. 312.255, das auf Grund der Anmeldung der Firma O*** & Co in Bülach (Rechtsvorgängerin der Klägerin) vom 4. Juni 1971 erteilt wurde, betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Flicken in Holzstücken, insbesondere von Holzgallenflicken, und eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens (Formfräse zum Ausfräsen des schadhaften Holzstückes).

Ende 1985 ließ der Beklagte ca. 100.000 farbige Prospekte drucken und an holzverarbeitende Betriebe in Österreich verteilen. Auf der ersten Seite des faltbaren Prospektes sind schiffchenförmige Holzflicken und eine Maschine zur Herstellung einer Ausnehmung im Ausbesserungstück dargestellt. Die Überschrift dazu lautet:

"J*** 79, Der Holzflicken - eine Idee aus der Praxis". Auf der Innenseite stehen neben einer Fotografie des Betriebes des Beklagten u. a. die Worte: "Mit dem selbstbewußten Gespür für's Machbare wurde hier die Produktidee J*** 79 realisiert". Unter einem Lichtbild des Beklagten wird folgende Äußerung des Beklagten zitiert: "Die Produktidee J*** 79 ist aus der praktischen Arbeit in meinem Tischlereibetrieb entstanden." Auf der Rückseite des Prospektes befindet sich unter anderem ein Bild einer Maschine, die die Holzflicken herstellt; daneben stehen die Worte: "Die Produktidee J*** 79 ist patentrechtlich geschützt."

Der Kläger begehrte den Beklagten schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, für die von ihm hergestellten Holzflicken, sei es unter der Bezeichnung "J*** 79" oder unter einer anderen Bezeichnung, mit Behauptungen, wie "Die Produktidee J*** 79 ist aus der praktischen Arbeit in meinem Tischlereibetrieb entstanden", "Mit dem selbstbewußten Gespür für's Machbare wurde hier die Produktidee J*** 79 realisiert" und "Die Produktidee J*** 79 ist patentrechtlich geschützt" oder mit anderen Behauptungen zu werben, die den Eindruck erwecken könnten, es handle sich bei diesen Holzflicken um eine Produktidee des Beklagten. Die Werbeangaben des Beklagten erweckten den wahrheitswidrigen Eindruck, die Holzflicken seien seine Erfindung und als solche patentrechtlich geschützt. Der Beklagte habe aber für die Produktidee, die darin bestehe, störende Holzstellen auszuschneiden und die Öffnungen mit Holzflicken auszufüllen, kein Patent erworben; vielmehr handle es sich dabei um eine Erfindung der Klägerin.

Nachdem das Erstgericht im Hauptverfahren dem Klagebegehren stattgegeben und der Beklagte dagegen Berufung erhoben hatte, beantragte die Klägerin die Erlassung eines einstweiligen, ihrem Unterlassungsbegehren inhaltlich entsprechenden Verbotes. Der Beklagte erwecke mit seinen Werbebehauptungen den falschen Eindruck, daß die Holzflicken, die Fräse zur Beseitigung der Holzgallen und allenfalls die Maschinen zur Herstellung der Holzflicken ein völlig neues System zur Verbesserung der Holzqualität bildeten. Der Beklagte lasse den beanstandeten Prospekt nach wie vor verteilen. Der Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Die Klägerin habe den geltend gemachten Anspruch nicht bescheinigt. Die Urteilsfeststellungen des Erstgerichtes seien von ihm bekämpft worden. Seine Werbeangaben seien aber auch nicht irreführend, weil sie nur gegenüber einem fachkundigen Publikum gemacht worden seien; dieses werde ihnen aber nicht entnehmen, daß die Verwendung von Holzflicken zur Beseitigung von Holzfehlern an sich eine Produktidee des Beklagten sei, sondern sie richtig dahin verstehen, daß (nur) die mit der Bezeichnung "J*** 79" versehenen Holzflicken eine Produktidee des Beklagten seien. Überdies sei für diese Fachleute nur die Darstellung der zur Herstellung der Holzflicken bestimmten Geräte interessant. Da dem Beklagten ein Verfahrenspatent erteilt worden sei, dürfe er sein Produkt "J*** 79" und die danach hergestellten Stücke als "patentrechtlich geschützt" bezeichnen. Die angesprochenen Fachleute, denen die Idee, Holzfehler durch schiffchenförmige Paßteile zu beseitigen, schon lange bekannt gewesen sei, würden nicht in den Fehler verfallen, diese bekannte Art der Holzfehlerbeseitigung mit der Produktidee des Beklagten gleichzusetzen. Im Provisorialverfahren müsse auch die in der Berufung im Hauptverfahren erhobene Tatsachenrüge beachtet werden. Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die Klägerin habe den Anspruch durch die Ergebnisse des Hauptverfahrens bescheinigt; die Wiederholungsgefahr sei zu vermuten. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es nahm im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt als bescheinigt an und führte in rechtlicher Hinsicht folgendes aus:

Bei den vom Beklagten angesprochenen Holzverarbeitungsbetrieben handle es sich um ein Fachpublikum, dem die Methode, Harzgallenflicken mit Formfräsen zu entfernen und in die Ausnehmung schiffchenförmige Holzflicken einzusetzen, schon seit dem Jahr 1971 bekannt gewesen sei. Dieser fachkundige Abnehmerkreis werde die Werbebehauptungen, die der Beklagte erst seit dem Jahr 1985 aufstelle, nicht dahin auffassen, daß er die Ausbesserungsmethode schlechthin erfunden habe. Es sei auch nicht ersichtlich, wie weit die Meinung, der Beklagte sei der Erfinder des Ausbesserungssystems, den Entschluß, sich mit seinem Angebot näher zu befassen, beeinflussen könnte. Die Werbebehauptung, daß die Produktidee J*** 79 patentrechtlich geschützt sei, sei weder objektiv unrichtig noch irreführend, weil sich das dem Beklagten erteilte Verfahrenspatent gemäß § 22 Abs 2 PatG auch auf die durch dieses Verfahren unmittelbar hergestellten Gegenstände erstrecke. Gegen diesen Beschluß richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Klägerin führt im Revisionsrekurs im wesentlichen aus, mit dem beanstandeten Prospekt seien nicht nur holzverarbeitende Betriebe, sondern auch Händler, die Maschinen für die Holzverarbeitung vertreiben, angesprochen worden. Bei diesen Handelsbetrieben seien die vom Rekursgericht angenommenen Kenntnisse nicht vorauszusetzen. Das gleiche gelte für Holzverarbeitungsbetriebe, die bisher nur Faserplatten - bei denen Holzfehler nicht vorkommen könnten - verwendet hätten, sich aber jetzt der Verarbeitung von Naturholz zuwenden wollten. Daher seien die Werbeangaben des Beklagten irreführend. Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden:

Eine Angabe ist unrichtig im Sinne des § 2 UWG, wenn sie rein objektiv einen falschen Sachverhalt behauptet oder wenn ihr - trotz sachlicher Richtigkeit - von den Personen, an die sie sich wendet, etwas Unwahres entnommen werden kann (ÖBl 1984, 70 mwN). Grundsätzlich kommt es dabei nicht darauf an, was sich der Ankündigende selbst bei der Formulierung seiner Mitteilung gedacht hat, sondern nur darauf, wie der tatsächlich verwendete Wortlaut vom Verkehr aufgefaßt und welche Bedeutung ihm hier beigelegt wird; entscheidend ist die Auffassung eines nicht ganz unerheblichen Teiles jener Kreise, an die sich die Ankündigung wendet (ÖBl 1986, 68 mwN). Läßt eine Angabe mehrere Deutungen zu, dann muß jede vertretbar und stichhältig sein; wer mehrdeutige Äußerungen macht, muß immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen, gleichgültig, ob er sich der Mehrdeutigkeit bewußt war oder nicht (ÖBl 1986, 159 mwN). Bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung ist sowohl hinsichtlich der Intelligenz und der Sachkunde der Hörer oder Leser wie auch hinsichtlich ihrer Aufmerksamkeit und Genauigkeit ein Durchschnittsmaßstab anzulegen. Welche Anforderungen hier gestellt werden müssen, hängt in erster Linie davon ab, an welchen Personenkreis sich die betreffende Mitteilung richtet. Handelt es sich dabei um ein Fachpublikum, dann sind die durchschnittlichen Kenntnisse derartiger Fachleute als bekannt vorauszusetzen. Da Werbeankündigungen nur selten und genau gelesen werden, ist nur jene Bedeutung der Angabe entscheidend, die sich beim flüchtigen Lesen ergibt. Dabei kommt es immer nur auf den Gesamteindruck der Mitteilung an, nicht auf die Bedeutung einzelner, aus dem Zusammenhang gerissener Sätze oder Wörter (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 23 f; ÖBl 1983, 78 mwN). Welchen Eindruck eine Ankündigung auf den Durchschnittsleser vermittelt, ist dann, wenn zu dieser Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen, eine ohne Aufnahme von Beweisen zu beantwortende Rechtsfrage (ÖBl 1985, 105 mwN).

Im vorliegenden Fall steht ausdrücklich fest, daß die Methode, Holzfehler auszufräsen und in die ausgefrästen Stellen schiffchenförmige Holzstücke einzusetzen, schon im Jahr 1951 bekannt war. Schon im Jahr 1972 waren Verfahren zur Herstellung von Holzgallenflicken in Holzstücken und Einrichtungen zur Durchführung dieses Verfahrens bekannt. Daher muß davon ausgegangen werden, daß vor allem Holzverarbeitungsbetriebe diese Ausbesserungsmethode und die zu ihrer Anwendung bestimmten Verfahren und Geräte gekannt haben. In gleicher Weise kann aber angenommen werden, daß die bei Holzverarbeitungsbetrieben verbreiteten Kenntnisse über Ausbesserungsmethoden, die mit Maschinen durchgeführt werden, auch bei jenen Unternehmen verbreitet sind, die den Handel mit solchen Maschinen betreiben. Dem Rekursgericht ist daher beizupflichten, daß die Fachkreise, an die sich der Beklagte mit dem beanstandeten Werbeprospekt wandte, durch die Angaben, J*** 79 sei aus der praktischen Arbeit in seinem Betrieb entstanden, diese Produktidee sei dort realisiert worden und patentrechtlich geschützt, nicht zu der unrichtigen Auffassung gelangen konnten, der Beklagte habe die dargestellte Verbesserungsmethode als solche erfunden, sie erstmals praktisch realisiert und dafür ein Patent erteilt erhalten; sie werden die beanstandeten Werbeaussagen vielmehr auf die beworbene, als J*** 79 bezeichnete Produktidee, zu welcher auch die zur Herstellung der Holzflicken und zur Bearbeitung der Ausbesserungsstücke entwickelten Maschinen gehören, verstehen. Da dem Beklagten ein Verfahrenspatent zur Herstellung schiffchenförmiger Holzflicken zum Ausfüllen von Holzfehlerstellen erteilt wurde, das sich gemäß § 22 Abs 2 PatG auch auf die durch dieses Verfahren unmittelbaren hergestellten Gegenstände erstreckt, ist auch die Werbebehauptung, die Produktidee J*** 79, ist patentrechtlich geschützt, nicht irreführend. Soweit die Klägerin im Revisionsrekurs ausführt, daß sich der Patentschutz des Beklagten nicht auf die Handfräse und auf die Holzfehlerbehebungsmethode an sich erstrecke, so daß die allgemeine Werbeangabe des Beklagten, die Produktidee J*** 79 sei patentrechtlich geschützt, unrichtig sei, ist ihr entgegenzuhalten, daß sich das von ihr beantragte Verbot auf unrichtige Angaben über die vom Beklagten hergestellten Holzflicken beschränkt; auf diese erstreckt sich aber der patentrechtliche Schutz. Im Hinblick auf die Einschränkung des Verbotes müssen auch die weiteren Ausführungen im Revisionsrekurs, die Leser des Prospektes könnten nicht erkennen, ob der Beklagte die schiffchenförmigen Holzflicken, das Verfahren zu ihrer Herstellung oder die Maschinen zum Ausbessern der fehlerhaften Stellen im Holz als seine Produktidee J*** 79 bezeichne, unbeachtet bleiben. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 EO, §§ 41, 50, 52 Abs 1 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte