Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid vom 29.August 1986 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 16.Juli 1986 auf Gewährung eines Hilflosenzuschusses ab.
Das Schiedsgericht der Sozialversicherung für Wien in Wien wies die dagegen erhobene Klage ab. Es stellte fest, daß die am 16. April 1912 geborene Klägerin noch in der Lage ist, sich an- und auszuziehen, sich zu waschen, den Wohnraum oberflächlich instandzuhalten, einfache Speisen zuzubereiten, einen Kohleofen zu warten und die kleine Leibwäsche zu waschen. Die gründliche Reinigung der Wohnung, das Besorgen der Großwäsche sowie das Einholen von Nahrungsmitteln und Brennmaterial sind ihr nicht mehr möglich.
Die Klägerin bedürfe nicht der ständigen Wartung und Hilfe, sie sei daher nicht hilflos im Sinne des § 105 a ASVG.
Das Berufungsgericht gab der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Berufung unter Hinweis auf die ständige Spruchpraxis des Oberlandesgerichtes Wien zu § 105 a ASVG keine Folge.
In ihrer Revision macht die Klägerin unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und wendet sich insbesondere gegen die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht, daß für die Annahme von Hilflosigkeit Voraussetzung "ständiger" Wartung und Hilfe, bei Unvermögen, notwendige Verrichtungen, die einen gewissen Aufschub erlaubten, selbst auszuführen Hilflosigkeit daher noch nicht anzunehmen sei.
Rechtliche Beurteilung
Richtig weist die Revision darauf hin, daß es nicht zuletzt Sinn und Zweck des Hilflosenzuschusses sei, dem Versicherten (allerdings nur in einem bestimmten finanziellen Rahmen) ein Äquivalent für jene Mehrkosten zu bieten, die für Hilfspersonen aufgewendet werden müssen.
Wie der Oberste Gerichtshof in seiner grundsätzlichen Entscheidung vom 22.Oktober 1987, 10 Ob S 46/87 ausführlich dargelegt hat, liegt Hilflosigkeit immer dann vor, wenn der Rentner oder Pensionist nicht in der Lage ist, auch nur einzelne, dauernd wiederkehrende lebensnotwendige Verrichtungen selbst auszuführen. Ein Bedürfnis nach ständiger Wartung und Hilfe ist aber nur dann gegeben, wenn die für die notwendigen Dienstleistungen nach dem Lebensbereich des Rentners oder Pensionisten üblicherweise aufzuwendenden Kosten im Monatsdurchschnitt mindestens so hoch sind wie der begehrte Hilflosenzuschuß. Bei der Frage, ob es sich um notwendige Dienstleistungen handelt, müssen die dem Hilfsbedürftigen tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel berücksichtigt werden. Daß Angehörige zur Betreuung vorhanden sind, ist für die Gewährung des Hilflosenzuschusses aber ohne Bedeutung. Daß die im 15. Wiener Gemeindebezirk in großstädtischen Verhältnissen lebende Klägerin für die wegen der heute üblichen und zumutbaren Ausstattung der Haushalte mit einem Kühlschrank nicht mehr täglich erforderliche Besorgung von Nahrungsmitteln, die nur in großen Abständen erforderliche allfällige Bereitstellung von Brennmaterial (welches sich überdies auch gesunde Personen in der Regel ohne besondere Mehrkosten zustellen lassen) und die nur in größeren Abständen anfallenden schwereren Hausarbeiten im Monatsdurchschnitt auch nur annähernd S 2.840 aufwenden müßte - so hoch wäre der derzeitige monatliche Durchschnitt des Mindesthilflosenzuschusses - ist auszuschließen.
Der Klägerin gebührt daher kein Hilflosenzuschuß, weshalb die Vorinstanzen das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit. b ASGG.
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