Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 5.657,85 S (darin 514,35 S Umsatzsteuer, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Wohnungseigentumsbewerber, die beklagte Partei Wohnungseigentumsorganisator eines Reihenhauses iS des § 23 Abs 1 WEG. Die Baubewilligung für das Reihenhaus war mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 8.10.1979 erteilt worden. Darin wurde im Punkt 29 vorgeschrieben:
"Aufenthaltsräume sind gegen den Außenlärm und die Übertragung von im Gebäude entstehendem Schall gemäß den Richtlinien für die Bemessung einer ausreichenden Schalldämmung nach den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften (zweite geänderte Auflage, Juli 1979) des Amtes der Kärntner Landesregierung abzuschirmen. Die Einhaltung der Mindestanforderungen der Richtwerte für die Bemessung einer ausreichenden Schalldämmung nach den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften (zweite geänderte Auflage, Juli 1979) des Amtes der Kärntner Landesregierung ist durch Messungen am Bauwerk nachzuweisen."
Mit Bescheid des Magistrates vom 2.4.1984 wurde die Benützung des Reihenhauses des Klägers bewilligt, wobei gem. § 34 Abs 2 KrntBauO unter anderem folgender Auftrag erteilt wurde:
"Der unzureichende Schallschutz gemessener und gleicher Bauteile ist durch geeignete Maßnahmen soweit zu verbessern, daß die Mindestanforderungen der ÖNorm B 8115 erfüllt werden. Die Erfüllung der Mindestanforderungen ist durch Messungen nachzuweisen, das Meßergebnis ist der Behörde vorzulegen."
Der Kläger begehrte in der am 24.2.1986 eingebrachten Klage die Behebung verschiedener (anderer) von ihm behaupteter Mängel seines Reihenhauses und außerdem die Herabsetzung des zu zahlenden Preises um 127.858,-- S, darunter um 110.000,-- S wegen des von ihm behaupteten mangelhaften Schallschutzes. In einem in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22.4.1986 vorgetragenen Schriftsatz änderte er sein Klagebegehren dahin, daß die beklagte Partei nicht nur zur Behebung der schon in der Klage angeführten Mängel zu verhalten, sondern überdies schuldig zu erkennen sei, den mangelhaften Schallschutz durch geeignete Maßnahmen (zB durch Herstellung einer Trennfuge zwischen seinem Haus und dem daran anschließenden Reihenhaus) derart zu verbessern, daß zumindest die Schallschutzwerte gemäß der ÖNorm B 8115 in der Fassung des Jahres 1981 erreicht werden. Entsprechend schränkte er das Begehren auf Minderung des Preises auf 17.858,-- S ein.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wobei sie einen mangelhaften Schallschutz bestritt. Überdies sei der Gewährleistungsanspruch des Klägers verjährt. Sie wendete ferner eine Gegenforderung von 125.002,-- S mit der Behauptung ein, daß der Kläger Benützungsentgelt in dieser Höhe schulde.
Das Erstgericht sprach aus, daß der eingeklagte Anspruch auf Verbesserung zu Recht und die Gegenforderung der beklagten Partei nicht zu Recht besteht, und erkannte die beklagte Partei in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Klagebegehren schuldig, die im einzelnen angeführten Mängel, darunter die des Schallschutzes, gemäß dem Begehren des Klägers zu beheben. Außerdem sprach es aus, daß der Entgeltanspruch der beklagten Partei für das Reihenhaus des Klägers um 17.858,-- S vermindert wird.
Es traf zum Mangel des Schallschutzes im wesentlichen folgende, zum Teil unsystematisch in der rechtlichen Beurteilung enthaltene Feststellungen:
Zur Zeit der Erlassung der Baubewilligung stand die ÖNorm B 8115 aus dem Jahr 1959 in Geltung. Sie schrieb ein Luftschallmaß von +5 dB vor.
In den Richtwerten für die Bemessung einer ausreichenden Schalldämmung nach den Bestimmungen der Kärntner Bauvorschriften (zweite, geänderte Auflage Juli 1979) wurde hingegen als Mindestwert für "Brandwände, beide Wände zusammen" ein Luftschallmaß von +8 dB und als Mindestwert für "Decken zwischen den Geschoßen, über dem Keller, über Durchfahrten und offenen Räumen, in Wohnhäusern...."
ein Trittschallmaß von +13 dB vorgeschrieben. Die Richtwerte waren schon mit der in Ausarbeitung stehenden ÖNorm B 8115 vom 7.7.1981 abgestimmt und griffen dieser vor. Es wurden in den angeführten Richtwerten daher schon die später in der ÖNorm B 8115 vom 7.7.1981 enthaltenen Mindestwerte festgelegt.
Am 2.5.1985 ergaben Messungen, die vom Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt durchgeführt wurden, daß der Luftschallschutz an der Trennwand zwischen dem Wohnzimmer des Hauses des Klägers und dem daran anschließenden Wohnhaus +2 dB und zwischen dem Schlafzimmer des Hauses des Klägers und dem daran anschließenden Haus trotz eingebauter biegeweicher Vorsatzschale +5 dB beträgt. Der Kläger erhielt zu seinem Haus im Dezember 1982 einen Schlüssel, um die Arbeiten zur Ausführung von Sonderwünschen und Verbesserungen überwachen zu können. Damals war das Haus noch im Rohbau und nicht bezugsfähig. Am 25.2.1983 zog der Kläger in das Reihenhaus ein, obwohl es noch nicht fertiggestellt war. Die Schlüsselübergabe an sämtliche Wohnungseigentumsbewerber fand am 1.3.1983 statt.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin, daß die beklagte Partei mit der Baubewilligung die Auflage erhalten habe, die Trennwände zwischen dem Reihenhaus des Klägers und dem seines Nachbarn in einer Weise zu errichten, daß ein Luftschallmaß von zumindest +8 dB erreicht wird. Da dies nicht geschehen sei, weise das Bauwerk einen wesentlichen, aber behebbaren Mangel auf, der dem Kläger den eingeklagten Anspruch auf Verbesserung gebe. Dieser sei nicht verjährt, weil der Kläger das Reihenhaus erst ab 25.2.1983 genutzt habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und bestätigte mit Teilurteil das Urteil des Erstgerichtes im Ausspruch über das Verbesserungsbegehren mit der Maßgabe, daß es die Einrede der Gegenforderung abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es "zu entscheiden hatte und über den es bestätigend entschieden hat", 300.000 S übersteigt.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, daß die beklagte Partei dem Kläger bisher kein Reihenhaus zur Verfügung gestellt habe, das den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, deren Einhaltung vermöge der Natur des Geschäftes als stillschweigend bedungen anzusehen sei (§ 923 erster Satz ABGB), entspreche. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Baubewilligungsbescheid die maßgebenden Richtwerte ziffernmäßig enthalten habe, weil sie ohnedies mündlich bekanntgegeben worden seien und sich die beklagte Partei überdies wegen ihrer Sachkunde hievon hätte Kenntnis verschaffen müssen. Die beklagte Partei müsse überdies den rechtskräftig gewordenen Benützungsbewilligungsbescheid gegen sich gelten lassen; sie habe ihn zutreffend so gedeutet, daß ihr hiedurch die Erfüllung der Anforderungen nach der ÖNorm B 8115 aus dem Jahr 1981 vorgeschrieben werde. Der Kläger könne demnach von ihr verlangen, daß sie in Erfüllung ihrer vertraglichen Verbindlichkeiten den Bauzustand des Reihenhauses soweit verbessere, daß den baubehördlichen Anforderungen Rechnung getragen wird.
Gegen dieses Urteil richtet sich nur, soweit damit über die Verbesserung der Mängel des Schallschutzes entschieden wurde, die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, es (gemeint wohl: im Umfang der Anfechtung) aufzuheben und (die Rechtssache) an das Erstgericht mit dem Auftrag zurückzuverweisen, die in den Rechtsmittelschriften geltend gemachten Mängel zu beseitigen, oder es allenfalls im Umfang der Anfechtung im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger begehrt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Ein vom Revisionsgericht wahrzunehmender Mangel des Berufungsverfahrens liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Ebensowenig kann den Revisionsausführungen zur Frage gefolgt werden, unter welchen Umständen ein Mangel des Schallschutzes vorliegt. Das Berufungsgericht erkannte richtig, daß ein Bauwerk wegen Fehlens der vermöge der Natur des Geschäftes gemäß § 923 ABGB stillschweigend bedungenen Eigenschaften mangelhaft ist, wenn es nicht den von der Baubehörde erteilten Auflagen entspricht (vgl. JBl 1960, 492). Dies wird von der beklagten Partei auch nicht bestritten. Ihre Ansicht, daß für die Lösung der Frage, ob der Schallschutz den Bescheiden der Baubehörde entspreche, die ÖNorm B 8115 aus dem Jahr 1959 heranzuziehen sei, kann jedoch nicht geteilt werden. Dabei kann auf sich beruhen, ob dann, wenn in dem Bescheid über die Benützungsbewilligung auf eine ÖNorm Bezug genommen wird, die zur Zeit der Erteilung der Baubewilligung geltende ÖNorm gemeint ist. In der Baubewilligung wurde hier beim Schallschutz nämlich nicht auf eine ÖNorm, sondern auf bestimmte, von Amt der Kärntner Landesregierung herausgegebene Richtwerte Bezug genommen. Diese entsprachen nach den Feststellungen des Erstgerichtes den Werten der ÖNorm B 8115 aus dem Jahr 1981. Die gegenteilige Ansicht der beklagten Partei steht mit diesen Feststellungen im Widerspruch.
Unter den dargestellten Umständen ist aber eindeutig, daß mit der im Bescheid über die Benützungsbewilligung vom 2.4.1984 angeführten ÖNorm B 8115 nur die inzwischen längst erlassene ÖNorm 1981 gemeint sein konnte, zumal auch schon mit der Baubewilligung die Einhaltung der ihr entsprechenden Werte vorgeschrieben worden war. Daß der Schallschutz den demnach maßgebenden Werten zumindestens teilweise nicht entspricht, ergibt sich aus den Feststellungen des Erstgerichtes und wird in der Revision auch nicht bezweifelt.
Die nicht bloß geringfügigen Mängel des Schallschutzes hindern den ordentlichen Gebrauch der Sache und sind daher wesentlich. Da sie auch behebbar sind, hat der Kläger gemäß § 932 ABGB Anspruch auf Verbesserung. Er hat seinen Anspruch innerhalb der gemäß § 933 Abs 1 ABGB maßgebenden Frist von drei Jahren geltend gemacht. Diese Frist beginnt bei einem erst zu errichtenden oder im Bau befindlichen Haus mit der endgültigen Überlassung zum Gebrauch (Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 933; SZ 43/152; MietSlg. 29.113). Diese geschah nach den hier vorliegenden Verfahrensergebnissen jedenfalls nicht vor dem Tag, an dem der Kläger das Haus bezog, und damit nicht vor dem 25.2.1983, sodaß die am 24.2.1986 beim Erstgericht eingelangte Klage rechtzeitig ist. Darin begehrte der Kläger wegen der Mängel des Schallschutzes allerdings noch eine Minderung des Preises. Wird aber der Gewährleistungsanspruch rechtzeitig mit Klage geltend gemacht, so kann die Klage während des Verfahrens auch nach Ablauf der Frist geändert werden (Reischauer aaO Rz 10 zu § 933; SZ 9/149; EvBl 1982/32).
Entgegen der Ansicht der beklagten Partei schadet es nicht, daß in dem ihr erteilten Leistungsbefehl beispielsweise die Herstellung einer Trennfuge als Verbesserungsmaßnahme angeführt ist. Es steht ihr nach dem Inhalt der Urteile der Vorinstanzen frei, die Verbesserung auf jede andere geeignete Weise durchzuführen. Unterläßt sie dies innerhalb der ihr gesetzten Leistungsfrist, so hat der Kläger allerdings die Möglichkeit, die in den Urteilen angeführte Art der Verbesserung im Exekutionsweg durchzusetzen. Gegen diese Möglichkeit kann sich die beklagte Partei aber im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg zur Wehr setzen. Entgegen ihrer Ansicht war es nämlich nicht Sache des Klägers zu behaupten und zu beweisen, daß es sich dabei um die einzige Möglichkeit der Verbesserung handelt. Es hätte vielmehr die beklagte Partei behaupten und beweisen müssen, daß und warum ihr diese Art der Verbesserung nicht aufgetragen werden dürfe. Hiezu hat sie im Verfahren erster Instanz jedoch nichts vorgebracht. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 41 und § 50 ZPO.
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