OGH 4Ob392/87

OGH4Ob392/8715.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O*** O*** & Co. Gesellschaft m.b.H., Wien 13, Trauttmansdorffgasse 16, vertreten durch Dr.Christian Dorda und Dr.Walter Brugger, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei H*** Handelsgesellschaft m.b.H., Steyr, Taschlried 20, vertreten durch Dr.Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 100.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 10.August 1987, GZ 1 R 158/87-8, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 18. Juni 1987, GZ 19 Cg 267/87-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Importeur und Großhändler von Fotoapparaten und anderen technischen Erzeugnissen des O*** Konzerns in Österreich. Die beklagte Partei betreibt österreichweit eine Handelskette, in der sie unter anderem auch Olympus-Kamaras und andere OlympusErzeugnisse anbietet. Anfang Mai 1987 machte die beklagte Partei in einem im Raum Graz verteilten mehrseitigen Werbeprospekt folgendes Angebot:

"Olympus OM 707 Autofocus-Spiegelreflexkamera mit Programmautomatik, manuelle Scharfeinstellungsmöglichkeit, Belichtungsmeßsystem, Blitzsteuerung,

Filmeinlege-, Filmtransport- und Filmrückspulautomatik, komplett mit

ZoomObjektiv 35 - 70 mm

statt zusammen 10.980,--

im Set nur 5.980,--.

In einer Fußnote erläuterte die beklagte Partei die

angekündigten "Stattpreise" wie folgt:

"Stattpreise sind die Hartlauer-Normal-Verkaufspreise. Angebote gültig bis 30.Mai bzw. solange der Vorrat reicht. Irrtümer vorbehalten. Abgabe nur in Haushaltsmengen. Geräte zum Teil Vorführmodelle".

Im selben Werbeprospekt sind mehrere Angebote enthalten, bei denen einem "Setpreis" die Summe der gesondert angeführten Preise der Einzelteile (Kameragehäuse und Objektiv) gegenübergestellt ist. Die klagende Partei begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der beklagten Partei beim Einzelhandel mit Fotoartikel und sonstigen technischen Geräten zu verbieten, in den Katalogen, Prospekten und Inseraten oder sonst in Preisgegenüberstellungen "Statt"-Preise als Hartlauer-Normal-Verkaufspreise auszugeben, wenn es sich dabei nicht um die von der beklagten Partei zuletzt normalerweise verlangten Verkaufspreise handelt. Das beanstandete Angebot der beklagten Partei sei zur Irreführung geeignet, weil sie die genannte Kamera mit Objektiv nie um S 10.980,-- angeboten habe; der Normalpreis hiefür habe im Zeitpunkt der Verteilung des Werbeprospektes S 7.980,-- betragen.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Bei dem höheren Preis von S 10.980,-- handle es sich nicht um einen früheren Setpreis, sondern um den (gegenwärtigen) Einzeilpreis der bei getrenntem Kauf des Gehäuses und des Objektives der Kamera gezahlt werden müsse. Das könne das Publikum, das einen Fachprospekt erfahrungsgemäß mit größerer Aufmerksamkeit als sonstige Werbeangaben lese, den beanstandeten Angaben eindeutig entnehmen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt und nahm folgenden weiteren Sachverhalt als bescheinigt an.

Die beklagte Partei hat die erwähnte OlympusKamera OM 707 mit Zoom-Objektiv 35 bis 70 mm nie um einen Gesamtpreis von S 10.980,-- angeboten. Sie hatte vielmehr in der "Neuen Kronenzeitung" vom 29. März 1987 folgendes Angebot gemacht:

"Olympus OM 707 Autofocus-Spiegelreflexkamera, komplett mit Zoom-Objektiv 35 bis 70 mm statt 14.180,-- (Preis durchgestrichen) nur 7.980,--. Sie sparen 6.200,--".

Der im beanstandeten Werbeprospekt genannte Preis von S 10.980,-- entspricht der Summe der Einzelpreise eines Kameragehäuses der Olympus OM 707 und eines ZoomObjektivs 35 bis 70 mm, wenn diese Bestandteile unabhängig von einander einzeln verkauft werden.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß das beanstandete Angebot nicht geeignet sei, beim Publikum die Vorstellung zu erwecken, daß der höhere "statt zusammen"-Preis die Summe der Preise der Einzelteile sei; er könne auch der frühere Preis für eine komplette Kamera sein. Da die beklagte Partei nicht besonders erläutert habe, was der "statt zusammen"-Preis bedeute, werde der irreführende Eindruck einer größeren Preisersparnis vorgetäuscht. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beklagten Partei Folge, wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, aber nicht S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

In der Wendung "statt zusammen ..., im Sett nur ...." komme hinlänglich deutlich zum Ausdruck, daß der Preis von S 10.980,-- nicht ein früherer Setpreis, sondern die Summe der Einzelpreise für das Gehäuse und das Objektiv sei, auch wenn - anders als bei sonstigen Angeboten des Werbeprospektes - die Preise der einzelnen Bestandteile nicht gesondert angeführt seien. Das Angebot werde vom Publikum nicht als Vergleich eines früheren Setpreises mit einem gegenwärtigen verstanden werden. Da der bekanntgegebene Preis von S 10.980,-- dem Normalpreis bei getrenntem Kauf des Gehäuses und des Objektivs entsprochen habe, liege keine irreführende Werbung vor. Die klagende Partei erhebt gegen den Beschluß des Rekursgerichtes Revisionsrekurs mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Sicherungsantrag stattgegeben werde. Die beklagte Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisonsrekurs ist berechtigt.

Die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "statt"-Preisen, verstößt nach ständiger Rechtsprechung gegen § 2 UWG, wenn mangels näherer Erläuterung der Vergleichspreise eine Irreführung des Publikums möglich ist. Wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ist ein strenger Maßstab anzulegen. Aus dem Wortlaut und aus dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung muß ausreichend deutlich hervorgehen, auf welche Preise zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1984, 99 mwN; ÖBl 1984, 17; ÖBl 1984, 77; ÖBl 1984, 156; ÖBl 1986, 66 uva; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht 330 mwN FN 66; vgl auch Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht141146 Rz 295 zu § 3 dUWG). Diesen Anforderungen entsprechen die beanstandeten "statt"-Preisankündigungen nicht, weil sie sowohl im Sinne der Deutung des Erstgerichtes als auch im Sinne der Auslegung des Rekursgerichtes verstanden werden können.

Die Worte "Olympus...Spiegelreflexkamera...komplett mit Zoom-Objektiv...statt zusammen S 10.980,--" können bei einem erheblichen Teil des Publikums den Eindruck erwecken, daß damit ein Gesamtpreis gemeint ist, deutet doch das Wort "komplett mit" auf eine Einheit hin, während das Wort "zusammen" das begriffliche Gegenteil von "einzeln" ist. Wer aber den Preis von S 10.980,-- als Gesamtpreis versteht, kann, wenn diese Fotoartikel im Set um S 5.980,-- angeboten werden, unter dem Gesamtpreis nur den früheren Setpreis verstehen.

Gewiß kann bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise beim Lesen der beanstandeten Ankündigung auch jener Eindruck entstehen, den das Rekursgericht angenommen hat. Bei einigen weiteren Kameraangeboten desselben Prospektes sind nämlich die Preise des Gehäuses und des Objektivs einzeln angeführt und dann mit den Worten "statt zusammen" die Summe dieser Einzelpreise dem Setpreis ("im Set nur ...") gegenübergestellt. Daraus können Teile des Publikums den Schluß ziehen, daß auch der im beanstandeten Angebot mit den Worten "statt zusammen" angekündigte Preis ein aus der Summe der Einzelpreise gebildeter Gesamtpreis ist. Dieser Schluß ist aber nicht der einzig Mögliche, kann doch das Fehlen einer Aufschlüsselung der Einzelpreise bei der beanstandeten "statt"-Preisankündigung auch das Gegenteil bedeuten, nämlich, daß hier auch schon der höhere Preis ein Gesamtpreis im Sinne des "Setpreises" war (siehe die denselben Sachverhalt betreffende E 4 Ob 370/87).

Damit hat aber die beklagte Partei nicht ausreichend deutlich klargestellt, auf welche Preise sie bei dem beanstandeten Angebot zu Vergleichszwecken Bezug genommen hat; es kann sich hiebei sowohl um den früheren Setpreis als auch um den unverändert gebliebenen Einzelpreis handeln. Beide Auslegungen können von einem erheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise ernsthaft in Betracht gezogen werden, so daß die beklagte Partei die ungünstigere Auslegung gegen sich gelten lassen muß (ÖBl 1977, 10; ÖBl 1979, 128; ÖBl 1984, 75). Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 78, 393 Abs 1, 402 EO, §§ 40, 50 ZPO.

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