Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung
Die Kläger waren Inhaber der Modeboutique "New York", die sie in gemieteten Geschäftsräumlichkeiten im Hause Salzburg, Rainerstraße 24 betrieben. Im Mai 1985 beschlossen sie, das Geschäft aufzugeben. Im Sommer 1985 kam es zwischen den Klägern und dem Beklagten zu Verhandlungen. Die Streitteile einigten sich schließlich darauf, daß der Beklagte die gesamte Geschäftseinrichtung zu einem Gesamtpreis von 240.000,-- S und den Restwarenbestand zu einem Gesamtpreis von 42.000,-- S übernehmen sollte. Vor Abschluß dieser Vereinbarung hatte der Beklagte sowohl das Geschäftslokal als auch den Restwarenbestand mehrmals besichtigt und zur Verringerung des Warenbestandes die Durchführung eines Abverkaufes verlangt. Dieser fand bis 14. September 1985 mittag statt. Noch am selben Tag wurde das Geschäftslokal an den Beklagten übergeben. Am 16. September 1985 zahlte der Beklagte die erste Rate der Ablöse für die Geschäftseinrichtung von 120.000,-- S. Die zweite, am 30. September 1985 fällige Rate in gleicher Höhe und den in Raten bis längstens 10. Dezember 1985 fälligen Betrag von 42.000,-- S für den restlichen Warenbestand zahlte der Beklagte nicht.
Die Kläger begehren vom Beklagten die Zahlung der restlichen 162.000,-- S samt Anhang. Eine Mietrechtsablöse sei nicht vereinbart worden.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung. Die Kläger hätten ausdrücklich erklärt, daß sie einer Überlassung der Mietrechte an ihn nur dann zustimmen würden, wenn er unter dem Titel "Ablöse Geschäftseinrichtung" 240.000,-- S bezahle. Nach Zahlung der ersten Rate habe er dann mit dem Eigentümer des Geschäftslokales einen neuen Mietvertrag geschlossen. Nach Übergabe des Geschäftslokales habe sich herausgestellt, daß die Einrichtung in völlig desolatem und großteils völlig unbrauchbarem Zustand gewesen sei. Er habe die Einrichtung praktisch zur Gänze ersetzen müssen. Da die Geschäftseinrichtung nahezu völlig wertlos gewesen sei, sei die von den Klägern geforderte Ablöse hiefür tatsächlich eine gemäß § 27 MRG ungültige und verbotene Ablöse für die Mietrechte der Kläger. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, mache er Verkürzung über die Hälfte geltend. Die Geschäftseinrichtung sei bei ihm gelagert und könne den Klägern jederzeit zurückgestellt werden. Auch die von ihm übernommenen Waren seien völlig wertlos und unverkäuflich gewesen. In eventu wende er die bereits bezahlte Ablöse von 120.000,-- S sowie die Kosten für Aufräumungs- und Investitionsarbeiten von 50.000,-- S, die durch den völlig desolaten und vertragswidrigen Zustand des Bestandobjektes aufgelaufen seien, aufrechnungsweise gegen die Klageforderung ein.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klageforderungen zu Recht, die Gegenforderungen hingegen nicht zu Recht bestünden, und verurteilte den Beklagten (von der rechtskräftigen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens abgesehen) im Sinne der Klage. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß von einer Mietrechtsablöse im Sinne des § 17 MG (gemeint wohl: § 27 MRG) nie die Rede gewesen sei. Außerdem seien nur solche Ablösezahlungen verboten, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung auf Seite des weichenden Mieters führten. Dies sei aber hier nicht der Fall, weil dem Beklagten sehr wohl eine gleichwertige Gegenleistung zugekommen sei, deren Bewertung unter Kaufleuten der freien Vereinbarung unterliege. Eine allfällige Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes wäre gemäß § 351 a HGB unbeachtlich. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil (mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens) auf und verwies die Rechtssache im Umfang der Aufhebung unter Rechtskraftvorbehalt zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und führte zur Mängel- und Rechtsrüge des Beklagten aus:
Als Verfahrensmangel rüge der Beklagte, daß das Erstgericht seinem Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Einrichtungsfach nicht stattgegeben habe. Durch einen Sachverständigen hätte erwiesen werden können, daß die dem Beklagten überlassene Geschäftseinrichtung nahezu wertlos sei und damit mangels einer gleichwertigen Gegenleistung für die von ihm geforderten 240.000,-- S eine unzulässige Vereinbarung gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG vorliege. Nach der noch darzulegenden Rechtsansicht des Berufungsgerichtes komme es auf den Wert der vom Beklagten übernommenen Geschäftseinrichtung entscheidend an. Soweit daher das Erstgericht, ausgehend von einer vom Berufungsgericht nicht gebilligten Rechtsansicht, Erörterungen über den Wert der vom Beklagten übernommenen Geschäftseinrichtung und des Warenbestandes unterlassen habe, liege ein Verfahrensmangel gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO vor.
In der Rechtsrüge wiederhole der Beklagte seine Ansicht, daß die von ihm verlangte Ablöse gemäß § 27 Abs 1 Z 1 MRG mangels einer gleichwertigen Gegenleistung ungültig und verboten sei. Das Erstgericht habe daher zu Unrecht eine Prüfung des Wertes der Gegenleistung für die Geschäftsablöse von 240.000,-- S unterlassen. Zu dieser Ansicht des Beklagten sei zu sagen, daß im Verhältnis zum scheidenden Mieter von § 27 Abs 1 Z 1 MRG solche Ablösezahlungen des neuen Mieters erfaßt würden, die zu einer unzulässigen Vermögensvermehrung des weichenden Mieters führten, weil ihnen keine gleichwertigen Gegenleistungen von seiner Seite gegenüberstünden. Der Vormieter dürfe sich vom neuen Mieter nur den noch vorhandenen Wert von Investitionen und den Wiederbeschaffungswert von Einrichtungsgegenständen zum Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes vergüten lassen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 27 MRG; Popper-Teufelhart, Handbuch des Immobilienrechts 126 f; Schuppich, Die Neuordnung des Mietrechts 159 f; Zingher, Mietengesetz18, 77 f; Feil, Lexikon des Mieten- und Wohnungsrechtes, Ablöse; MietSlg. 28.274, 33.304, 33.305, 34.397, 34.398, 35.526). Bezüglich des Wertes der abgelösten Investitionen und Fahrnisse sei ein objektiver Maßstab anzulegen. Es sei der gemeine Wert (Verkehrswert) dieser Gegenstände zum Zeitpunkt der Überlassung an den Nachmieter für die Frage entscheidend, ob es an einer gleichwertigen Gegenleistung fehle. Weiche der vereinbarte Betrag in nennenswertem Ausmaß vom Verkehrswert ab, dann fehle es an einer gleichwertigen Gegenleistung (MietSlg. 36.371/52). Nach dem Wortlaut des § 27 Abs 1 MRG komme es nicht darauf an, daß die dem Vormieter versprochene Ablöse als Gegenleistung für die Aufgabe der Mietrechte, deren Übertragung gemäß § 12 Abs 3 MRG oder die Ausübung eines allfälligen Weitergaberechtes zugunsten des neuen Mieters gewidmet werde. Es genüge vielmehr, daß sich der neue Mieter aus Anlaß des Mieterwechsels gegenüber dem Vormieter oder einem anderen zu einer Leistung verpflichte. Soweit dieser keine gleichwertige Gegenleistung gegenüberstehe, sei die Vereinbarung ungültig. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht erweise sich das erstinstanzliche Verfahren als mangelhaft, weil der Wert der von den Klägern erbrachten Gegenleistungen nicht erörtert worden sei. Der Ansicht des Erstgerichtes, dies sei auch deshalb nicht notwendig, weil sich der Beklagte gemäß § 351 a HGB auf eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht berufen könnte, sei nicht zu folgen. Der zwingende Charakter des § 27 MRG schließe nämlich in seinem Anwendungsbereich die Geltung des § 351 a HGB aus; andernfalls könnte das Ablöseverbot nur allzu leicht umgangen werden (MietSlg. 36.371/52).
Der aufgezeigte Verfahrensmangel im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO erfordere die Aufhebung des Ersturteils. Zur Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, ob für eine Anwendung des § 27 MRG bereits ein bloß tatsächlicher Zusammenhang zwischen Mieterwechsel und Ablösevereinbarung genüge, sei, soweit für das Berufungsgericht überschaubar, seit Inkraftreten des Mietrechtsgesetzes noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ergangen. Ebenso fehle es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Verhältnis zwischen § 27 MRG und § 351 a HGB.
Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt ergangenen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der Kläger mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht eine neue Entscheidung über die Berufung aufzutragen.
Der Beklagte beantragt in seiner Rekursbeantwortung, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, diesem nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der Kläger ist im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichtes zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Die Kläger beharren zusammengefaßt auf ihrem Standpunkt, daß die Streitteile lediglich eine Ablöse der Geschäftseinrichtung und des Restwarenbestandes vereinbart hätten und in den dafür angesetzten Beträgen eine Mietrechtsablöse nicht enthalten gewesen sei; eine allfällige Verkürzung über die Hälfte sei gemäß § 351 a HGB unbeachtlich. Dem ist nachstehendes entgegenzuhalten:
Nach § 27 Abs 1 Z 1 erster Halbsatz MRG (früher gleichlautend § 17 Abs 1 lit a erster Halbsatz MG; dazu, daß § 27 Abs 1 MRG im wesentlichen § 17 Abs 1 MG entspricht, vgl. Würth-Zingher, MRG2, Anm. 1 zu § 27, Würth in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 27 MRG, MietSlg. 37.386/35, 37.389 ua) sind Vereinbarungen ungültig und verboten, wonach der neue Mieter dafür, daß der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat. Das Gesetz meint damit Vereinbarungen zwischen neuem Mieter und früherem Mieter, wonach ersterer letzterem (oder einem anderen) für die bloße Aufgabe des Mietgegenstandes durch den früheren Mieter (wodurch der neue Mieter die Möglichkeit erhält, über diesen Mietgegenstand selbst einen Mietvertrag mit dem Vermieter abzuschließen) oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung des früheren Mieters etwas zu leisten hat (vgl.Ohmeyer in JBl 1931, 493 f; Swoboda, Kommentar zum Mietengesetz2, 168). Maßgebend ist dabei nicht, ob die Leistung für die Aufgabe des Mietgegenstandes (und die Ermöglichung des Abschlusses eines neuen Mietvertrages) gefordert und gegeben wird oder ob die Vereinbarung nur im tatsächlichen Zusammenhang mit der Übergabe des Mietgegenstandes durch den früheren Mieter und der Übernahme des Mietgegenstandes durch den neuen Mieter getroffen wird. Solche Vereinbarungen können sich in den verschiedensten Tatbeständen verkörpern und hinter den mannigfachsten Rechtsformen verbergen (Ohmeyer aaO); die rechtliche Konstruktion ist bedeutungslos (Würth in Rummel, Rz 3 zu § 27 MRG, MietSlg. 28.273 ua). Wesentlich ist, daß die Leistung in Ausnützung des Vermögens- und Seltenheitswertes des Mietrechtes gefordert und gegeben wird (Ohmeyer aaO), daß eine (annähernd) gleichwertige Gegenleistung des früheren Mieters (die das Gesetz jedoch nicht in der Aufgabe des Mietgegenstandes erblickt) fehlt (Würth aaO). Wenn der frühere Mieter von Geschäftsräumen im tatsächlichen Zusammenhang mit der Aufgabe des Mietgegenstandes durch ihn und dessen Übernahme durch den neuen Mieter von diesem für die zurückgelassene Geschäftseinrichtung und den noch vorhandenen Warenbestand eine den Wiederbeschaffungswert übersteigende Leistung verlangt und zugesagt erhält - eine Übertragung des Unternehmens der Kläger auf den Beklagten fand nicht statt - liegt daher hinsichtlich der den Wiederbeschaffungswert offensichtlich übersteigenden Leistung (soferne nicht ein Aufwand in Betracht kommt, den der Vermieter dem früheren Mieter nach § 10 MRG zu ersetzen hat) eine ungültige und verbotene Vereinbarung im Sinne des § 27 Abs 1 Z 1 MRG vor, ohne daß früherer und neuer Mieter auch eine Leistung des neuen Mieters für die Aufgabe des Mietgegenstandes durch den früheren Mieter vereinbaren hätten müssen. Durch § 27 Abs 1 Z 1 MRG sind lege non distinguente auch Personen geschützt, für die die Ablösevereinbarung ein Handelsgeschäft ist. Der im § 351 a HGB normierte Ausschluß der Anfechtung von Rechtsgeschäften nach § 934 ABGB wegen Verkürzung über die Hälfte läßt die auf einer anderen Ebene gelegene Regelung des § 27 MRG unberührt.
Es war daher dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.
Der Vorbehalt der Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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