Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 16. November 1942 geborene Kläger war von 1971 bis offenbar richtig Ende April 1982 in Österreich als Bauhilfsarbeiter beschäftigt. In seiner Heimat Jugoslawien ist der Kläger keiner sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen. Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das auf Gewährung einer Invaliditätspension ab 1. Mai 1985 gerichtete Begehren des Klägers ab. Es traf dazu über den eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus folgende Feststellungen: Der Kläger ist nur mehr in der Lage, leichte und mittelschwere Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen, vorwiegen in geschlossenen Räumen bei einer täglichen Arbeitszeit von 8 Stunden zu verrichten. Zu vermeiden sind übermäßige Staub- und Rauchentwicklung am Arbeitsplatz. Einmal während eines Arbeitstages soll er Gelegenheit haben, eine warme Mahlzeit zu sich zu nehmen. Die Einnahme kleinerer Mahlzeiten muß nicht streng alle zwei Stunden erfolgen; es genügen dazu die üblichen Ruhepausen. Kleine Mahlzeiten, etwa ein Stück Brot, können gelegentlich auch ohne Unterbrechung der Arbeit eingenommen werden. Heben und Tragen von Lasten ist bis zu einem Gewicht von 10 kg, fallweise bis 20 kg, möglich. Bückbelastungen sollen über 1/3 der Arbeitszeit nicht hinausgehen. Zu vermeiden sind Arbeiten an exponierten, absturzgefährdeten Stellen wie Leitern und Gerüsten sowie Arbeiten unter ständigem starken Zeitdruck wie z.B. Akkord- oder Fließbandarbeiten sowie eine ständige starke Lärmentwicklung am Arbeitsplatz. Bezüglich des Anmarschweges zur Arbeitsstätte bestehen keine Einschränkungen. Im weiteren stellte das Erstgericht die Anforderungen an die Tätigkeiten eines Geschirrspülers, Hausburschen und Verpackungsarbeiters dar. Als Tätigkeit des Verpackungsarbeiters stehen im Vordergrund Einfetten, Einölen und Anstreichen von Produkten, die der Korrosion oder sonstiger Beschädigung ausgesetzt sind, Einordnen, Einlegen, Einschlichten in Kartons und sonstige Behältnisse, Beilegen von Gebrauchsanweisungen, Garantiescheinen, Werbematerial, auch Einwickeln oder Ausfüttern als Vorsorge gegen Bruch (Glas, Keramik usw.). Verschließen, Verschnüren, Versehen mit Bandeisen usw., Beschriften mit Schablonen für Versand- oder Lagerhaltung, viel händische Arbeit mit Handwerkszeug auch an Verpackungsmaschinen, leichte Körperarbeit im Sitzen und Stehen, vielfach auch wechselseitig möglich, Heben und Hantieren zumeist nicht mehr als 10 kg, vielfach auch nur bis 5 kg, Transport mit Laufband oder Rollenstraße (kein Tragen), Arbeit in leicht vorgebeugter Haltung (Kontrolle der Arbeitsvorgänge mit den Augen). Dabei überwiegen Arbeitsplätze mit Streß durch Arbeitsdruck gegenüber solchen mit besonderer Sorgfalt ohne Zeitdruck. Aufmerksamkeit, Ausdauer und Gedächtnis durchschnittlichen Maßes sind ausreichend. Die Tätigkeiten eines Verpackungsarbeiters in der industriellen und gewerblichen Produktion werden in ständig zunehmendem Maße von Maschinen bewerkstelligt, wobei die menschliche Arbeitskraft lediglich den Gang der Maschine kontrolliert und etwa auftretende Fehler (Stillstand, Fehlleistung beim Verpackungsvorgang usw.) behebt. Dies bedingt zwar Aufmerksamkeit und durchschnittliche Reaktionsfähigkeit, aber nicht ständigen stärkeren Zeitdruck. Es gibt daneben aber auch in vielen Handelsbetrieben (Detailhandel) Verpackungstätigkeiten, bei denen die vom Kunden ausgewählten Waren an einem Packtisch befördert, dort für die Mitnahme eingesackt und verpackt und dem Kunden nach Vorweis einer Quittung ausgehändigt werden. Dabei handelt es sich um überwiegend körperliche Leichtarbeit ohne ständigen stärkeren Zeitdruck.
Hiezu führte das Erstgericht aus, daß die Frage, ob die Voraussetzungen für die begehrte Leistung erfüllt seien, ausgehend von der Bestimmung des § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen seien. Der Kläger sei zwar nicht mehr imstande, weiterhin als Bauhilfsarbeiter zu arbeiten, sei jedoch in der Lage, als Verpackungsarbeiter sowie als Hausbursch und Geschirrspüler - genauere Feststellungen zu diesen Tätigkeiten finden sich im Urteil des Erstgerichtes - tätig zu sein. Dem erhobenen Begehren komme daher keine Berechtigung zu. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit und gab dem Rechtsmittel im übrigen nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln. Wohl werde das berufskundliche Gutachten nicht allen im ersten Rechtsgang erteilten Ergänzungsaufträgen gerecht; bei Darstellung des Berufsbildes des Geschirrspülers seien Fragen offen geblieben. Dies stehe jedoch der Spruchreife nicht entgegen. Aufgrund der im zweiten Rechtsgang getroffenen Feststellungen über die Tätigkeit eines Verpackungsarbeiters sei klargestellt, daß der Kläger diese Arbeiten verrichten könne. Damit sei eine Verweisung jedenfalls auf diese Tätigkeit möglich. Da es nicht entscheidend sei, ob er daneben auch noch andere Verweisungstätigkeiten verrichten könne, stelle die nicht vollständige Klärung von Details der Tätigkeit eines Geschirrspülers keinen relevanten Verfahrensmangel dar. Der Kläger sei zumindest als Verpackungsarbeiter auf den Arbeitsmarkt verweisbar, sodaß das Erstgericht sein Begehren zu Recht abgewiesen habe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinn einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit der Revisionswerber Widersprüche im Gutachten des berufskundlichen Sachverständigen aufzuzeigen versucht, und sich dagegen wendet, daß die Vorinstanzen dieses Gutachten ihren Feststellungen zugrunde legten, und das Berufungsgericht keine Beweiswiederholung durchführte, wird in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung bekämpft. Ein Eingehen auf diese Ausführungen ist dem Revisionsgericht verwehrt.
Einen Verfahrensmangel erblickt der Revisionswerber darin, daß ungeprüft geblieben sei, ob eine hinreichende Zahl von Arbeitsplätzen für Verpackungsarbeiter zur Verfügung stehe, bei denen die Arbeit nicht unter ständigem stärkeren Zeitdruck zu verrichten sei. Der damit geltend gemachte Feststellungsmangel liegt jedoch nicht vor.
Das Erstgericht hat festgestellt, daß in vielen Handelsbetrieben (Detailhandel) Verpackungsarbeiter beschäftigt werden, die die von den Kunden ausgewählten, an einen Packtisch beförderten Waren einsacken, zu verpacken und sodann dem Kunden gegen Vorweis einer Quittung auszuhändigen haben. Es handelt sich dabei überwiegend um körperlich leichte Arbeiten ohne stärkeren Zeitdruck. Genauere Feststellungen über die Zahl von Arbeitsplätzen dieser Art waren entbehrlich. Die in Frage stehende Tätigkeit wird unmittelbar vor den Augen der Öffentlichkeit verrichtet; in einer Vielzahl von größeren Geschäften, insbesonders Warenhäusern, werden Arbeitskräfte dieser Art beschäftigt und es kann aufgrund dieser, als bekannt vorauszusetzenden Tatsache davon ausgegangen werden, daß in Gesamtösterreich eine solche Zahl von Arbeitsplätzen dieser Art für Verpackungsarbeiter zur Verfügung steht, daß eine Verweisung auf diese Tätigkeit jedenfalls zulässig ist.
Auch aus den Ausführungen des Revisionswerbers, mit denen er geltend macht, daß es ihm als 45jährigem Gastarbeiter nicht gelingen werde, einen Arbeitsplatz dieser Art zu erhalten, ist für seinen Standpunkt nichts gewonnen. Für die Frage, ob Invalidität im Sinne des Gesetzes besteht, ist nur entscheidend, ob der Versicherte in der Lage ist, eine auf dem Arbeitsmarkt angebotene Tätigkeit zu verrichten; nicht entscheidend ist aber, ob es ihm gelingt, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erlangen. Ist er im Hinblick auf das erhobene Leistungskalkül imstande, eine Tätigkeit zu verrichten, für die am Arbeitsmarkt eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen zur Verfügung steht, ist er jedoch nicht in der Lage, einen konkreten Arbeitsplatz zu erlangen, so ist der Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit, nicht jedoch der der Invalidität gegeben. Die Voraussetzungen, die § 255 Abs 3 ASVG für die Gewährung der Invaliditätspension normiert, liegen daher nicht vor, sodaß der Revision ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 2 Z 1 lit b ASGG.
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