OGH 8Ob542/87

OGH8Ob542/8725.11.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) J***-F*** und H*** Gesellschaft mbH, und 2.) C*** F***

Gesellschaft mbH, beide Neubaugasse 25, 1070 Wien, beide vertreten durch Dr. Kurt Böhm, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei T***-F***-V*** und Produktionsgesellschaft mbH, Lindengasse 56, 1070 Wien, vertreten durch Dr. Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen 155.004,73 S sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20. November 1986, GZ 2 R 216/86-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Handelsgerichtes Wien vom 31. Juli 1986, GZ 38 Cg 431/85-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Rechtssache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an

das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung

Die klagenden Gesellschaften hatten gegen den F***-K***-V***, Linz, der das Lichtspieltheater "Das andere Kino" betrieben hatte, Forderungen für gelieferte Filme. Die erstklagende Partei beantragte zur Hereinbringung ihrer Forderung von 18.593,13 S samt Anhang aufgrund eines vollstreckbaren Versäumungsurteiles die Exekution durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der Fahrnisse des Vereines sowie durch Pfändung des von diesem Verein betriebenen Lichtspieltheatergewerbes samt der diesem Gewerbebetrieb zugrundeliegenden Konzession und Zwangsverwaltung dieses Gewerbes samt Konzession, wobei es zur Übernahme dieses Amtes Direktor Franz Ü*** vorschlug. Das Bezirksgericht Linz bewilligte mit Beschluß vom 14.Juni 1983 die beantragte Exekution (12 E 12.010/84). Mit Beschluß vom 1.August 1983 bewilligte dasselbe Gericht der zweitklagenden Partei eine gleichartige Exekution zur Hereinbringung ihrer Forderung von 70.326,66 S samt Anhang aufgrund eines Versäumungsurteils und eines Beschlusses (12 E 6410/83). Die Beklagte erwarb im September 1983 die Mietrechte an den Kinoräumlichkeiten des Vereines. Am 28.November 1983 schlossen die Streitteile (die klagenden Parteien als "JC" und die Beklagte als "T***" bezeichnet) folgende Vereinbarung:

1.) JC haben gegen den F***-K***-V*** Linz (Verein), der einen Kinobetrieb mit dem Titel "Das andere Kino" in Linz, Zollamtstraße 1, geführt hat, Exekution geführt und haben in Vollzug dieses, insbesondere die für den Kinobetrieb erforderliche Kinokonzession für den Standort Zollamtstraße 1, 4020 Linz, gepfändet.

2.) T*** beabsichtigt nach bereits erfolgtem Erwerb der Mietrechte für die Kinolokalitäten vom Hauseigentümer das Kino wieder zu eröffnen. JC erklären sich bereit, alle Rechte, welche aus der Konzessionspfändung folgen, T*** zur Verfügung zu stellen und werden alle gewünschten Erklärungen, insbesondere gegenüber der Konzessionsbehörde abgeben, um die Aufnahme des Kinobetriebes durch T*** zu ermöglichen. JC sind auch bereit die Bestellung von T*** oder dessen von ihr namhaft gemachten Geschäftsführer, zum Zwangsverwalter beim Exekutionsgericht zu beantragen.

3.) Als Gegenleistung wird T*** laufende Zahlungen in Höhe von 5 % (fünf Prozent) der erzielten Gesamtkinoeinnahmen, ab dem Zeitpunkt der Betriebswiedereröffnung, auf der Berechnungsgrundlage der Mehrwertsteuer, an JC zur Abdeckung deren exekutiv betriebener Forderung gegen den Verein, und zwar J*** in Höhe von 18.593,13 S samt Anhang und C***-F*** in Höhe von 115.259,86 S samt Anhang, jeweils bis zum 10. eines Monats zu leisten.

4.) T*** beabsichtigt den Betrieb des Kinos durch Einbau wenigstens eines weiteren Kinosaals zu erweitern.

J***-Filmverleih und Vertriebsges.m.b.H. hat in diesem Zusammenhang erklärt, sich an dem Kinobetrieb (Punkt 2) dann beteiligen zu wollen. T*** gewährt J*** demgemäß eine Option zum Erwerb von 50 % der Anteile an diesem Kinobetrieb bei gleichen Rechten und Pflichten auf Basis der hälftigen Tragung aller Kosten und Investitonen sowie Gewinnbeteiligung" (Beilage ./A). Mit Beschluß vom 16.Mai 1984 bestellte das Bezirksgericht Linz als Exekutionsgericht Direktor Franz Ü*** zum Zwangsverwalter (12 E 12.010/84-15). Dieser schloß am 10.Oktober 1984 mit der Beklagten einen Vertrag über die pachtweise Überlassung der Kinokonzession des Vereins gegen einen monatlichen Betrag von 2.000 S (ON 1, 8 und 12).

Der Beweggrund zum Abschluß dieser Vereinbarung lag für die klagenden Parteien u.a. darin, ihren wirtschaftlichen Nachteil so gering wie möglich zu halten; die Beklagte war an einer Geschäftsbeziehung mit den klagenden Parteien interessiert. Die klagenden Gesellschaften begehren von der Beklagten die Bezahlung von 155.004,73 S samt Anhang unter Hinweis auf ihre Forderungen gegen den F***-K***-V*** und ihre gegen diesen unternommenen Exekutionsschritte sowie unter Berufung auf den Vertrag Beilage ./A. Die Beklagte habe die Mietrechte für das Kino und die notwendige Einrichtung erworben, um das Kino selbst betreiben zu können. Die Beklagte habe sodann mit ihnen die - in der Klage wiedergegebene - Vereinbarung vom 28.November 1983 geschlossen. In der Folge hätten sie die Verpachtung der Kinokonzession an die Beklagte (durch den bestellten Zwangsverwalter) veranlaßt. Obwohl sie ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt hätten, habe die Beklagte nur 17.110,38 S bezahlt. Ihre Einnahmen könnten nur geschätzt werden. 5 % hievon müßten mit mindestens 178.500 S angenommen werden. Deshalb hätten sie die gesamten offenen, im einzelnen aufgeschlüsselten Forderungen der klagenden Parteien gegen den F***-K***-V*** Linz zu begleichen. Die klagenden Parteien brachten ergänzend u.a. noch folgendes vor:

Vor der Vereinbarung Beilage ./A hätten sie - um ihre durch prekäre Verhältnisse bei dem genannten Verein gefährdeten Forderungen hereinzubringen - mit dem Verein auch über einen Kauf des Lichtspieltheaters verhandelt. Der Kauf sei aber zunächst dadurch problematisch geworden, daß sie erfahren hätten, die nunmehrige Beklagte habe bereits hinsichtlich der Mietrechte an den Kinoräumen Zusagen des Vermieters. Da das Kinounternehmen samt Konzession aber noch vor dem Mietrechtsverlust für sie gepfändet worden sei, hätten sie überlegt, welche Schritte unternommen werden könnten, um aus der Pfändung des Kinounternehmens heraus dessen Fortbetrieb, insbesondere auch durch Programmierung aus ihrem umfänglichen Filmstock zu sichern, dem Hauseigentümer ihrerseits ein Mietanbot zu stellen oder wenigstens die Bezahlung ihrer Forderungen durch einen Unternehmensnachfolger herbeizuführen. In diesem Stadium habe sie auch von der Absicht der nunmehrigen Beklagten erfahren, die dem genannten Verein unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Siemens-Kinoeinrichtung zu kaufen und das Kino bald wieder zu eröffnen. Nachdem Kontakte mit der Beklagten ergeben hätten, daß diese eine Einigung mit ihnen anstrebte, und auch daran interessiert gewesen sei, auf längere Zeit einen Partner für das Projekt - allenfalls auch für die Errichtung eines Kino-Centers - zu finden, sei es zur Einigung vom 28.November 1983 gekommen. Die Beklagte habe das Lichtspielthater unter dem eingeführten Namen weiterbetrieben und sich hiebei der Konzession des Vereins bedient. Hätte sie die klagenden Parteien je aufgefordert, die Exekution 12 E 12.010/84 des Bezirksgerichtes Linz einzustellen, z.B. weil sie eine originäre Konzession angestrebt oder erlangt hätte, dann hätten dies die klagenden Parteien unverzüglich getan. Sie seien ja verpflichtet gewesen, alle gewünschten Erklärungen, insbesondere gegenüber der Konzessionsbehörde abzugeben. Offenbar aber habe die Beklagte das Konzessionsprovisorium einem Ansuchen um Konzessionserteilung vorgezogen. Die Vereinbarung Beilage ./A sei keinesfalls sittenwidrig. Der Satz von 5 % des Umsatzes sei angemessen. Kinokonzessionen könnten auch losgelöst von einem Unternehmen bestehen und verwertet werden. Die Oberösterreichische Landesregierung habe als Konzessionsbehörde die Verpachtung der Konzession des Vereins an die Beklagte durch den Zwangsverwalter genehmigt (ON 8 und 10).

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe im September 1983 von den (Zahlungs-) Schwierigkeiten des Vereins erfahren und Kenntnis davon erhalten, daß die Rückzahlung offener Verleihmieten an die beklagte Partei in Frage gestellt sei. Zur Vermeidung größerer Schäden habe sie bei der Oberösterreichischen Landesregierung den Antrag auf Übertragung der Lichtspielkonzession an sie gestellt. Im Vertrauen auf die Zusage dieses Amtes habe sie einen Mietvertrag mit der Hausinhabung über die Kinoräumlichkeiten samt angeschlossener Gaststätte geschlossen. Erst danach habe sie von der erstklagenden Partei erfahren, daß die Konzessionsrechte im Exekutionswege auf sie übergegangen seien und nur mit einem Pachtvertrag an die Beklagte übertragen werden könnten. Die Beklagte habe die Abmachung Beilage ./A in Unkenntnis der Sach- und Rechtslage zur Vermeidung weiterer finanzieller Verluste geschlossen. Nachher habe sie vom Zwangsverwalter erfahren, daß die Konzession nur im Exekutionsverfahren an die Beklagte übertragen werden könnte. Sie habe den mit dem Zwangsverwalter vereinbarten Pachtzins regelmäßig und fristgerecht eingezahlt. Da die klagenden Parteien nicht über die Konzession persönlich verfügen und sie auch nicht vergeben oder verpachten konnten, stehe dem eingeklagten Betrag keine Gegenleistung gegenüber. Mit der Exekution sei zwar die Konzession zu Gunsten der erstklagenden Partei gepfändet, durch die Einschaltung des Zwangsverwalters aber ihrer Verfügung entzogen gewesen. Die Beklagte habe nur von diesem die Pachtrechte erwerben können.

Das Erstgericht sprach in dem auf den Grund des Anspruches eingeschränkten Verfahren aus, daß das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Bei der rechtlichen Beurteilung des bereits wiedergegebenen Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß zunächst der Einwand der Beklagten, die klagenden Parteien hätten über die Konzession nicht verfügt und sie auch nicht rechtsgeschäftlich verwerten dürfen, zu prüfen sei. Die Pfändung des Kinogewerbes und der ihr zugrundeliegenden Kinokonzession sei gesetzmäßig erfolgt und rechtswirksam geworden. Mit der Bewilligung der Pfändung hätten die klagenden Parteien ein Befriedigungsrecht erlangt, das in seiner Wirkung dem eines Pfandrechtes gleichkomme. Es sei durchaus üblich, daß bei Bestehen eines Unternehmens auch auf die Konzession Exekution geführt werde. Würden die Geschäftseinrichtungen und die anderen zur Unternehmensführung notwendigen Unternehmensgegenstände im Exekutionsweg verkauft und verwertet, so erfolgte eine Exekutionseinstellung, weil das gewerbliche Unternehmen als Exekutionsobjekt nicht mehr vorhanden sei. Die Exekution auf die Konzession bleibe aber aufrecht und könne verwertet werden. Daraus ergebe sich, daß die klagenden Parteien entgegen dem Standpunkt der Beklagten über die Konzession hätten verfügen können. Die gegenteilige Ansicht der Beklagten sei unbegründet gewesen. Der Vertrag sei ordnungsgemäß und mangelfrei zustandegekommen. Ein Willensmangel liege nicht vor. Der Vertrag verstoße nicht gegen die guten Sitten. Dies habe die Beklagte auch gar nicht behauptet. Die Beklagte müsse daher den Vertrag gegen sich gelten lassen. Sie allein habe es zu vertreten, daß sie mit dem Zwangsverwalter einen Pachtvertrag über die Kinokonzession geschlossen und nicht im Sinne der Vereinbarung laut Beilage ./A vorgegangen sei. Wäre die Beklagte am Erwerb einer originären Konzession interessiert gewesen, hätte sie sich nur in diesem Sinn an die klagende Partei zu wenden gehabt, die zur Einleitung und Durchführung der entsprechenden Schritte verpflichtet gewesen wäre. Der Einwand der Beklagten, nur der Zwangsverwalter wäre zu Rechtsgeschäften über die Konzession berechtigt gewesen, sei unerheblich, weil die Klage auf die Vereinbarung Beilage ./A gegründet sei, die rechtsbeständig sei. Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies, wobei es die Revision zuließ. Den Rechtsausführungen der Beklagten, die Vereinbarung zwischen den Streitteilen sei nach § 878 ABGB ungültig, weil die klagenden Parteien als betreibende Gläubiger über die Konzession nicht hätten verfügen können, sei beizupflichten. Nach § 878 ABGB könne das, was geradezu unmöglich sei, nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden. Nach heute herrschender Meinung verstehe man unter dem Begriff des "geradezu Unmöglichen" das rechtlich Unmögliche und das faktisch Absurde. Von anfänglicher rechtlicher Unmöglichkeit im Sinne des § 878 ABGB könne jedenfalls in den Fällen gesprochen werden, die dem tatsächlich absurden Leistungsversprechen vergleichbar seien. Danach seien solche Versprechen nichtig, deren Erfüllung der Rechtsordnung evidentermaßen unbekannt sei, wie z.B. die Veräußerung eines physischen Hausanteiles. Die Veräußerung einer fremden Sache sei hingegen, wie sich auch aus § 366 Satz 2 ABGB ergäbe, nicht ungültig. Insbesondere könne ein Miteigentümer sich wirksam zum Verkauf der ganzen Sache verpflichten. Nach der Rechtsprechung sei Unmöglichkeit der Leistung dann nicht gegeben, wenn damit zu rechnen sei, daß der Verkäufer die (teilweise) fremde Sache nachträglich erwirbt oder sich die zur Veräußerung erforderliche Ermächtigung des anderen Hälfteeigentümers zu verschaffen vermöge. Der vorliegende Fall sei jedoch anders gelagert. Die klagenden Parteien hätten der Beklagten gegenüber weder behauptet, Inhaber der Kinokonzession zu sein, noch hätten sie zugesagt, diese sich verschaffen zu wollen, um sie der Beklagten übertragen zu können. Sie hätten vielmehr von Anfang an klargelegt, daß diese Konzession zu ihren Gunsten gepfändet worden sei (Punkt 1 des Vertrages); sie hätten auch zugesagt, "alle Rechte, welche aus der Konzessionspfändung folgen", der Beklagten zur Verfügung zu stellen (Pkt. 2). Die klagenden Parteien hätten aufgrund ihrer Exekutionsanträge ein Pfandrecht an den gewerblichen Unternehmen sowie der Konzession erworben (Heller-Berger-Stix 2432 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ein Pfandrecht sei das dingliche Recht, das dem Gläubiger eingeräumt werde, aus einer Sache Befriedigung zu erlangen, wenn die Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt werde (§ 447 ABGB). Das richterliche Pfandrecht habe lediglich die Bedeutung, daß die im Zuge eines Verwertungsverfahrens erzielten Erlöse dem betreibenden Gläubiger im Range seines erworbenen Pfandrechtes zugewiesen würden (z.B. §§ 125, 334 Abs 2, 340 Abs 2 EO; Heller-Berger-Stix 894 und 2446 ff). Keinesfalls erwerbe ein betreibender Gläubiger durch die über seinen Antrag erfolgte Pfändung das Recht, selbst über das Pfandobjekt zu verfügen, insbesondere dieses an einen Dritten zu veräußern. Im übrigen könnte der betreibende Gläubiger auch nicht sein (richterliches) Pfandrecht übertragen, weil Pfandrechte immer nur zusammen mit der gesicherten Forderung übertragen werden könnten (Koziol-Welser7 II 115). Die klagenden Parteien hätten somit der Beklagten eine Leistung versprochen, zu der sie aus rechtlichen Gründen nicht imstande gewesen seien. Als (bloße) Pfandgläubiger sei es nicht in ihrer Macht gestanden, der Beklagten Rechte an der Konzession zur Verfügung zu stellen und ihr durch Abgabe irgendwelcher Erklärungen, insbesondere solcher gegenüber der Konzessionsbehörde das Recht an der Konzession und damit an der Aufnahme des Kinobetriebes zu verschaffen. Sei die Vereinbarung vom 28. November 1983 aber ungültig, so könnten die klagenden Parteien daraus nicht die eingeklagten vertraglichen Ansprüche erfolgreich geltend machen. Die klagenden Gesellschaften hätten ihr in der Klage erstattetes Vorbringen, sie hätten die Verpachtung der Kinokonzession an die Beklagte veranlaßt (AS 2), in erster Instanz nicht aufrechterhalten und selbst vorgebracht, die Beklagte habe - ohne Zutun der Klägerinnen - mit dem gerichtlich bestellten Zwangsverwalter einen Pachtvertrag über die Konzession abgeschlossen. Auch aus den Feststellungen ergäbe sich in keiner Weise eine Mitwirkung der Klägerinnen an dem Pachtvertrag der Beklagten. Den klagenden Parteien könne nicht beigepflichtet werden, wenn sie sich in der Berufungsbeantwortung darauf stützten, die Beklagte sei nie behindert gewesen, "die - vergröbernd ausgedrückt - beigestellte Kinobewilligung nicht auszuüben". Die Beklagte habe bis zur Betriebseinstellung und Aufgabe des Kinobetriebs die kinogesetzliche Deckung gehabt. Demgegenüber sei darauf zu verweisen, daß die rechtliche Grundlage für den Kinobetrieb durch die Beklagte der mit dem Zwangsverwalter abgeschlossene Pachtvertrag gewesen sei und nicht die Vereinbarung Beilage ./A. Dem Zwangsverwalter, der der Beklagten "die kinogesetzliche Deckung" verschafft habe, habe sie ohnehin die vereinbarte Gegenleistung von monatlich 2.000 S erbracht. Soweit die Beklagte das Kino schon vor der Pacht betrieben haben sollte, habe dies eine rechtliche Deckung aus dem Vertrag mit der Klägerin nicht ableiten können. Die exekutionsrechtliche Zulässigkeit der von den klagenden Parteien beantragten und vom Bezirksgericht Linz bewilligten Konzessionspfändung habe die Beklagte - entgegen den Ausführungen der Klägerin im Rechtsmittelverfahren - nicht in Abrede gestellt. Dieser Frage komme für die hier zu fällende Entscheidung ebensowenig Bedeutung zu wie jener, ob nach dem oberösterreichischen Kinogesetz für denselben Standort mehr als eine Konzession verliehen werden könne. In Stattgebung der Berufung sei daher das angefochtene Zwischenurteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern gewesen.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß soweit überblickbar rechtsgeschäftliche Abmachungen über die Verwertung richterlicher Pfandrechte noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gewesen seien.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Gesellschaften mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Zwischenurteiles abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Bei Beurteilung der Zulässigkeit der Revision ist vorerst davon auszugehen, daß die in der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von jeweils monatlich 5 % der Betriebseinnahmen als in rechtlichem Zusammenhang stehend zusammenzurechnen sind, der Streitwert somit im Zulassungsbereich liegt. Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist auch im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages berechtigt. In ihrer Rechtsrüge wenden sich die klagenden Gesellschaften gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der Vereinbarung Beilage ./A, insbesondere gegen dessen Annahme, die von ihnen in der Vereinbarung Beilage ./A übernommene Leistung sei geradezu unmöglich im Sinne des § 878 ABGB. Es gehe hier nicht um ihre Möglichkeit, zugunsten der Beklagten Rechte "an der Konzession" zu verschaffen, sondern darum, ob sie in der Lage gewesen seien, "Schritte zu setzen", um im Ergebnis die "Aufnahme des Kinobetriebes durch die Beklagte zu ermöglichen". Hätten sie nicht die Bestellung des Zwangsverwalters herbeigeführt, so hätte dieser auch nicht den Pachtvertrag mit der Beklagten (Beilage ./1) abschließen können. Die Vereinbarung Beilage ./A halte sich im Rahmen des zwischen Kaufleuten zulässigen Freiraumes. Die klagenden Parteien hätten weder eine Konzession noch ein Pfandrecht veräußert. Laut Beilage ./A sei es nur zu einer "Abstimmung" gekommen, wie die klagenden Parteien im Interesse der Erfüllung dieser Vereinbarung von ihren Gläubigerrechten im Rahmen der Exekutionsordnung Gebrauch machen würden. Ein nach § 878 ABGB zu beurteilender Fall liege daher nicht vor.

Diesen Revisionsausführungen ist jedenfalls der Vorwurf zu entnehmen, das Berufungsgericht habe den wahren Sinn der getroffenen Vereinbarung Beilage ./A nicht erkannt. Dem ist insofern beizupflichten, als das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung allein vom Wortsinn der in der Vereinbarung dargestellten Rechtsstellung der klagenden Parteien als aus der Pfändung der "Kinokonzession" Berechtigte ausgegangen ist und es unterlassen hat, die Vereinbarung in ihrer Gesamtheit zu beurteilen und den wahren Willen der Parteien zu erforschen. Bei der nach § 914 ABGB erforderlichen Feststellung der Absicht der Parteien darf auch nicht eine einzelne Erklärung herausgegriffen und diese allein der Auslegung zugrundegelegt werden, es müssen vielmehr alle Bestimmungen der Vereinbarung in ihrem Zusammenhang und auch der Zweck der Vereinbarung beachtet werden (vgl. JBl. 1978, 387 ua), wobei es allerdings primär nicht auf den Willen des Erklärenden, sondern auf das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers ankommt (vgl. Koziol-Welser8 I 86 und Rummel in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 914 je samt Rechtsprechungsnachweis). Eine Anwendung dieser Grundsätzte auf den vorliegenden Fall ergibt, daß die nunmehr klagenden Parteien sich in der Vereinbarung Beilage ./A nicht nur auf das von ihnen erworbene Pfandrecht an der "Kinokonzession" und die sich daraus ergebende Rechtsstellung berufen haben, sondern auch auf die von ihnen beantragte Zwangsverwaltung des Kinounternehmens; denn sie haben sich auch bereit erklärt, beim Exekutionsgericht die Bestellung der nunmehrigen Beklagten oder dessen von ihr namhaft gemachten Geschäftsführer zum Zwangsverwalter zu beantragen. Es geht daher nicht an, die von den klagenden Parteien in der genannten Vereinbarung übernommene Leistung(en) ausschließlich unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtsstellung zu betrachten, die sich aus der von ihnen erwiragen Pfändung der "Kinokonzession" ergibt. Bedenkt man, daß die klagenden Parteien als betreibende Gläubiger im Rahmen der ihnen bewilligten Zwangsverwaltung des Kinobetriebes durchaus rechtlich die Möglichkeit hatten, auf den Gang des Verfahrens, insbesondere die Bestellung der Person des Zwangsverwalters und auf eine mögliche Verpachtung im Zuge der Zwangsverwaltung Einfluß zu nehmen (vgl. Heller-Berger-Stix 960 f), so wäre es durchaus denkbar, daß der Beklagten nach der Absicht der Vertragsteile von den klagenden Parteien alle rechtlichen Möglichkeiten in ihrer Eigenschaft als betreibende Gläubiger in den Exekutionsverfahren gegen den F***-K***-V*** Linz zur Verfügung gestellt werden sollten. Der Vereinbarung vom 28.November 1983 lassen sich aber weiters noch auch Anhaltspunkte hinsichtlich des Zweckes der Vereinbarung entnehmen. Die Beklagte hatte den Wunsch nach einer baldigen Eröffnung des Kinobetriebes und damit ein Interesse an einer positiven Unterstützung der nunmehr klagenden Parteien bei der Realisierung dieses Wunsches; die klagenden Parteien waren bestrebt, eine Möglichkeit zu finden, ihre offenen Forderungen gegen ihren Schuldner rascher einbringlich zu machen. Dem entspricht im wesentlichen auch das nunmehrige Prozeßvorbringen der klagenden Parteien. Demgegenüber hat die Beklagte behauptet, vorerst der Meinung gewesen zu sein, die Lichtspielkonzession selbst erhalten zu können; erst aus einem Schreiben der erstklagenden Partei habe sie entnommen, daß die Konzessionsrechte im Exekutionsweg auf diese übergegangen seien. In Unkenntnis der Sach- und Rechtslage habe der Geschäftsführer der Beklagten zur Vermeidung weiterer finanzieller Verluste eine Vereinbrung über die "Verleihung der Konzession gemäß Beilage ./A" abgeschlossen. Angesichts des doch differenzierten Inhaltes der Vereinbarung Beilage ./A und des - teilweise widersprechenden Sachvorbringens der Streitteile - durften es die Vorinstanzen im Zuge des Interpretationsvorganges nicht unterlassen, die Absicht der Parteien bei Vertragsabschluß zu erforschen und auch konkrete Feststellungen darüber zu treffen. Erst dann, wenn Klarheit über alle im Verfahren relevierten Umstände, aus welchen Schlüsse auf die Absicht der Parteien gezogen werden können, besteht (vgl. Gschnitzer in Klang2 IV/1 406; HS 9681/2; MietSlg. 35.100 ua), wird eine abschließende Beurteilung dahin möglich sein, welche Leistung die klagenden Parteien nach der Vereinbarung Beilage ./A erbringen sollten, ob sie ihren Verpflichtungen auch tatsächlich nachgekommen sind und das Recht haben, von der Beklagten die in der Vereinbarung festgelegte Gegenleistung zu begehren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Vereinbarung eines Entgelts für Leistungen der betreibenden Parteien im Rahmen des hier geschlossenen Vertrages wohl dann unwirksam wäre, wenn sie darauf hinausgelaufen wäre, die Erträgnisse aus der Zwangsverwaltung zu schmälern.

Damit erweist sich aber die Rechtssache noch nicht spruchreif und die Revision im Sinne des subsidiär gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher die Absicht der Parteien bei Vertragsabschluß im aufgezeigten Sinn zu erforschen und Feststellungen darüber zu treffen haben. Weiters wird es auch erforderlich sein, in geeigneter Weise - etwa durch Einsichtnahme in die Exekutionsakten - Feststellungen darüber zu treffen, ob die nunmehr klagenden Parteien ihren in der Vereinbarung Beilage ./A übernommenen Verpflichtungen im Sinne ihres Vorbringens nachgekommen sind (vgl. etwa ON 13 in 12 E 1210/84 des Bezirksgerichtes Linz). Abschließend sei noch bemerkt, daß bei Zweifeln am objektiven Aussagewert einer Erklärung jener Auslegung der Vorzug zu geben ist, die eine wirksame und sinnvolle Anwendung der strittigen Bestimmung ermöglicht (vgl. MietSlg. 29.109/8, 30.127 ua); undeutliche Vertragsbestimmungen müssen dabei so ausgelegt werden, daß sie keinen Widerspruch enthalten und wirksam sind (vgl. EvBl. 1975/198; MietSlg. 30.127 ua).

Es mußte daher der Revision Folge gegeben und die Rechtssache nach Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen an das Erstgericht zurückverwiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 5 ZPO.

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