Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, der klagenden Partei S 17.600 samt 9,5 % Zinsen seit 14. Oktober 1985 binnen 14 Tagen zu bezahlen, abgewiesen wird.
Die klagende Partei ist schuldig, dem Beklagten die mit S 4.647,06 (darin S 422,46 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit S 6.375,48 (darin S 488,68 Umsatzsteuer und S 1.000 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 4.219,20 (darin S 247,20 Umsatzsteuer und S 1.500 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten den Ersatz eines von ihr für die Weiterbenützung einer Dienstwohnung durch den Beklagten nach der am 31. Mai 1985 erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgelegten Mietzinses in Höhe von S 17.600. Der Beklagte habe ersucht, die Wohnung noch zwei Monate behalten zu dürfen und er habe sich verpflichtet, der Klägerin den vorgeschriebenen Mietzins zu ersetzen.
Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Zwischen den Streitteilen sei nach der Räumung der Wohnung ein gerichtlicher Vergleich geschlossen worden, in dem ausdrücklich festgestellt worden sei, daß keinerlei wechselseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mehr bestehen. Da alle Ansprüche verglichen worden seien, habe die Klägerin aus der kurzfristigen Weiterbenützung der Dienstwohnung nichts mehr zu fordern.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:
Nach dem zwischen den Streitteilen am 4. Juli 1984 abgeschlossenen Angestelltendienstvertrag verpflichtete sich die Klägerin unter anderem zur unentgeltlichen Beistellung einer Dienstwohnung an den Beklagten. Die Klägerin mietete dazu eine Wohnung und überließ diese dem Beklagten zur Benützung. Schon im Dezember 1984 kam es zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten zu Gesprächen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Am 28. Dezember 1984 wurde eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit 30. Juni 1985 vereinbart. Bei dieser Besprechung ersuchte der Beklagte den Geschäftsführer der Klägerin, die Dienstwohnung auch noch nach dem 30. Juni 1985 benützen zu dürfen, da seine Kinder in Zell am See die Schule besuchten. Der Geschäftsführer der Klägerin war damit einverstanden, er meinte aber, daß der Beklagte dann ab 1. Juli 1985 den vollen Mietzins an die Klägerin entrichten müßte. Spätestens am 14. Juli 1985 räumte der Beklagte die Wohnung.
Inzwischen hatte der Beklagte am 21. Juni 1985 zu Cr 49/85 des Erstgerichtes eine Klage wegen ausstehenden Lohnes erhoben, gegen welchen die Klägerin beträchtliche Schadenersatzansprüche aufrechnungsweise eingewendet hatte. In der Tagsatzung vom 13. September 1985 schlossen die Streitteile folgenden Vergleich:
"1. Die beklagte Partei verpflichtet sich, der klagenden Partei sämtliche Lohnzahlungen bis 31. Mai 1985, das ist der Betrag von
S 51.336 netto, sowie einen Prozeßkostenbeitrag von S 10.000 binnen 8 Tagen ....... zu bezahlen.
2. Die beklagte Partei sowie die Firma K*** Beherbergungsgesellschaft mbH verzichten auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen den Kläger aus dem Dienstverhältnis.
3. Festgestellt wird, daß das Dienstverhältnis zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei per 31. Mai 1985 einvernehmlich beendet wurde, und daß aus diesem Dienstverhältnis keine wie immer gearteten Ansprüche über den Klagsbetrag hinaus, wechselseitig bestehen."
Dem bei dieser Tagsatzung anwesenden Geschäftsführer der Klägerin war bekannt, daß der Beklagte die ihm überlassene Dienstwohnung über den 31. Mai 1985 hinaus benützt hatte. Er war der Meinung, daß mit dem Vergleich sämtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnis bis 31. Mai 1985 verglichen wurden, nicht aber andere Ansprüche. Hingegen verstand der Beklagte ebenso wie sein Vertreter den Vergleich dahin, daß damit alle Ansprüche zwischen den Streitteilen bis zum Tag des Vergleichsabschlusses, sohin auch die Ansprüche der Klägerin aus der Weiterbenützung der Dienstwohnung durch den Beklagten bereinigt und verglichen sein sollten. Gesprochen wurde über die Dienstwohnung aber nicht. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Vergleich nur eine Bereinigungswirkung hinsichtlich aller jener Ansprüche zukomme, die bis zum einvernehmlich festgelegten Ende des Arbeitsverhältnisses entstanden seien. Nach dem 31. Mai 1985 sei jedoch der Rechtsgrund für die Benützung der Dienstwohnung weggefallen, so daß der Beklagte seinen Benützungsanspruch nicht mehr auf ein Arbeitsverhältnis stützen könne. Mit dem Arbeitsverhältnis nicht zusammenhängende Forderungen seien nicht verglichen worden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG für zulässig. Im Berufungsverfahren wendete der Beklagte eine Gegenforderung von S 24.000 aufrechnungsweise ein. Er sei noch bis Februar 1986 als gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Klägerin tätig gewesen. Sollten entgegen seiner Absicht, nicht alle gegenseitigen Ansprüche zwischen den Streitteilen verglichen worden sein, begehre er ein angemessenes Entgelt von S 3.000 pro Monat.
Das Berufungsgericht stellte ergänzend fest, daß die Eintragung des Beklagten als gewerberechtlicher Geschäftsführer zwar erst am 27. Februar 1986 gelöscht worden sei, daß der Beklagte aber nach dem 31. Mai 1985 keine faktische Tätigkeit ausgeübt habe. Im übrigen billigte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, es ergebe sich schon aus dem Wortlaut des Vergleiches, daß damit nur gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verglichen worden seien. Über die Dienstwohnung sei nicht gesprochen worden. Der Benützungstitel sei mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses erloschen und der Beklagte habe für die Wohnung ab 1. Juni 1985 ein angemessenes Benützungsentgelt zu leisten, welches in Höhe des von der Klägerin zu leistenden Mietzinses als vereinbart zu gelten habe. Eine Gegenforderung stehe dem Beklagten nicht zu, da er nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses tatsächlich keine Geschäftsführertätigkeit mehr ausgeübt habe. Überdies sei sein Begehren auf Entgelt für eine gegen die Vorschrift des § 39 Abs 2 GewO verstoßende Geschäftsführung, die mit keinerlei Arbeitsleistung verbunden sei, sittenwidrig. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung bezieht sich die Bereinigungswirkung eines anläßlich der Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses abgeschlossenen Vergleiches im Zweifel auf alle aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden oder damit zusammenhängenden gegenseitigen Forderungen. Die Bereinigungswirkung umfaßt, wie ein Umkehrschluß aus dem zweiten Satz des § 1389 ABGB ergibt, insbesondere auch solche Ansprüche, an welche die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses zwar nicht gedacht haben, an die sie aber denken konnten (Wolff in Klang2 VI 284; Ertl in Rummel ABGB § 1389 Rz 1; Arb. 9.209; RZ 1977/14; MietSlg 33.242 mwH; EFSlg 43.554 mwH ua).
Soweit die Streitteile in ihrem vor dem Erstgericht geschlossenen Vergleich festhielten, daß aus diesem Arbeitsverhältnis keine "wie immer gearteten" Ansprüche über den Klagebetrag hinaus "wechselseitig" bestehen, haben sie damit zweifelsfrei den Zweck verfolgt, alle aus der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüche vergleichsweise zu regeln. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann den Vorinstanzen aber nicht beigepflichtet werden, daß sich aus der einvernehmlichen Festlegung des formellen Endes des Arbeitsverhältnisses zwangsläufig eine Aufspaltung der zwischen den Streitteilen bestehenden Ansprüche ergeben habe.
Die Überlassung der Dienstwohnung war Bestandteil des Entgelts des Beklagten und sohin ein wesentlicher Teil des Arbeitsvertrages. Bereits im Dezember 1984 vereinbarten die Streitteile eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses mit 30. Juni 1985 und der Geschäftsführer der Klägerin wies darauf hin, daß der Beklagte ab 1. Juli 1985 für die Weiterbenützung der Wohnung Miete zahlen müsse. Die Erlaubnis, die Wohnung weiter zu benützen, war als kurzfristiger Räumungsaufschub anzusehen und sollte nur dazu dienen, daß die Kinder des Beklagten noch die Schule in Zell am See weiterbesuchen konnten. Demgemäß kam es bereits spätestens nach 14 Tagen nach der in Aussicht genommenen Lösung des Arbeitsverhältnisses zur Räumung der Wohnung. Ein allfälliges Untermietverhältnis über das Ende des Arbeitsvertrages hinaus war nie beabsichtigt. Daraus folgt, daß die kurzfristige Weiterbenützung der Dienstwohnung auch nach dem 30. Juni 1985 noch im unmittelbaren Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses stand. Auch wenn die zwischen den Streitteilen vorerst abgeschlossene Vereinbarung durch den nachfolgenden Vergleich ihre Gültigkeit verlor, ändert dies nichts daran, daß der einvernehmlichen Vorverlegung des Endes des Arbeitsverhältnisses um einen Monat auch hinsichtlich des Entgelts für die Weiterbenützung der Dienstwohnung erhebliche Bedeutung zukam. Da auch der Geschäftsführer der Klägerin im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses wußte, daß der Beklagte die Dienstwohnung tatsächlich noch weiter benützt hatte, hätte es von seiner Seite eines klaren Vorbehaltes bedurft, wenn er die daraus resultierenden Ansprüche nicht mitverglichen haben wollte. Er kann sich jedenfalls nicht auf den Vorbehalt des § 1389 zweiter Satz ABGB berufen. Hingegen konnte der Beklagte vielmehr im Sinne des § 914 ABGB nach der Übung des redlichen Verkehrs mit Recht annehmen, daß auch diese mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Zusammenhang stehenden Ansprüche mitbereinigt wurden (EvBl 1969/304). Die Klägerin hätte dem Einwand der verglichenen Sache sohin nur durch ausreichende, konkrete und schlüssige Prozeßbehauptungen und entsprechende Beweise begegnen können, daß ihr ihre Ansprüche vom Beklagten im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses geflissentlich verheimlicht worden seien oder daß sie beim Vergleichsabschluß an diese Ansprüche nicht habe denken können. Behauptungen in dieser Richtung wurden jedoch nicht aufgestellt und aus den Feststellungen ergibt sich Gegenteiliges. Die Klägerin brachte dazu lediglich vor, daß die Ansprüche aus der Weiterbenützung der Dienstwohnung beim Vergleichsabschluß nicht erörtert und nicht verglichen worden seien. Darauf kommt es aber nicht an (Koziol-Welser Grundriß8 I 273; EvBl 1977/266). Da schon die Klageforderung nicht zu Recht besteht, ist die eingewendete Gegenforderung nicht weiter zu prüfen. Die Kostenentscheidungen sind in den §§ 41 bzw. 41 und 50 ZPO begründet.
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