Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 12.469,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.133,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 219.277,80 samt Anhang an Reparaturkosten und Schmerzengeld und die Feststellung, daß die beklagte Partei ihm für alle zukünftigen Schäden auf Grund des Unfallereignisses vom 1. Juli 1983 auf der Bundesstraße 78 beim Obdacher Sattel hafte. Er stützt dieses Begehren, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, auf die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes. Der Kläger habe sich am 1. Juli 1983 als Eigentümer und Lenker des PKWs Marke Mercedes 500 mit dem polizeilichen Kennzeichen V 73.230 auf der Bundesstraße 78 auf der Fahrt von Bad St. Leonhard nach Judenburg befunden. Er habe auf der Höhe des Obdacher Sattels beabsichtigt, auf den dort befindlichen Parkplatz zuzufahren. Am Anfang des Parkplatzes sei aber von der Straßenmeisterei Judenburg im Auftrag der beklagten Partei ein Schotterhaufen abgelagert gewesen, der trotz Dunkelheit nicht durch Absperrblöcke oder eine Warnblinkanlage gesichert gewesen sei. Der Kläger sei daher auf den Schotterhaufen aufgefahren, der PKW sei beschädigt, er selbst verletzt worden. Hätte die Straßenmeisterei Judenburg entsprechende Absicherungsmaßnahmen wegen des abgelagerten Schotterhaufens ergriffen, wäre der Unfall sicherlich vermieden worden. Die Absicherung von Gegenständen auf der Straße gehöre zu den Hoheitsaufgaben der Behörde.
Die beklagte Partei wendete unter anderem ein, die Vorschriften des Amtshaftungsgesetzes seien auf den geltend gemachten Anspruch nicht anzuwenden. Die Absicherung von Gegenständen auf der Straße gehöre zu den Aufgaben des Verfügungsberechtigten, hier also zu den Aufgaben der Straßenverwaltung des Bundes.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zu den Instandhaltungspflichten einer Straße gehöre auch die erforderliche Kennzeichnung und Beleuchtung von Verkehrshindernissen sowie das Kenntlichmachen einer Gefahrenstelle. Die Gebietskörperschaft handle dabei in ihrer Eigenschaft als Straßenerhalterin, nicht aber in Ausübung der Hoheitsverwaltung. Die Vorschriften des Amtshaftungsgesetzes fänden keine Anwendung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Bei der Verpflichtung zur Absicherung von Gefahrenquellen auf der Straße handle es sich nicht um eine straßenpolizeiliche Maßnahme, sondern um eine solche des Straßenbetreibers oder Straßenerhalters, der dazu nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung verpflichtet sei. Der Straßenerhalter trete dabei als privates Rechtssubjekt auf. Die Instandhaltung einer Straße sei ebenso wie deren Herstellung keine Angelegenheit der Hoheits-, sondern der Privatwirtschaftsverwaltung. Jeder, der eine Gefahrenquelle schaffe, habe auch die zur Abwendung der daraus einem Dritten drohenden Gefahren nötigen Vorkehrungen zu treffen. Der Straßenerhalter habe alles zu tun, was nach den Erfahrungen des Straßenbaues getan werden könne, um einen Schaden zu verhindern. Er hafte daher bei unterlassener Kennzeichnung und Beleuchtung von Verkehrshindernissen nach privatrechtlichen Normen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung. Es sei zwar richtig, daß der Straßenerhalter gemäß § 98 Abs 4 StVO jene Umstände der Straßenaufsichtsbehörde aufzuzeigen habe, die für die Verkehrssicherung nach der Anlage oder Beschaffenheit der Straße begründet seien und die für die Erlassung einer Verordnung nach § 43 StVO maßgebend sein könnten. Damit werde aber die dem privatrechtlichen Gebiet zuzuordnende Verpflichtung des Straßenerhalters nicht zu einem Einschreiten in Vollziehung von Gesetzen. Die Bekanntgabe des Straßenerhalters führe zum Tätigwerden der Straßenverwaltung im Rahmen ihrer straßenpolizeilichen Funktion; damit werde aber die Tätigkeit des davon verschiedenen Straßenerhalters nicht zu einem hoheitlichen Akt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
In ihr geht er selbst von der zutreffenden Rechtsansicht aus, daß die Instandhaltung einer dem Verkehr übergebenen Straße in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung fällt. Die Gebietskörperschaft hat dabei keine andere Funktion zu erfüllen als ein verkehrssicherungspflichtiger Eigentümer einer Liegenschaft (SZ 54/12 mwN uva; Loebenstein-Kaniak, AHG2 91, 282). Zu den Aufgaben des "Verfügungsberechtigten", also des in Betracht kommenden Rechtsunterworfenen, gehört auch die Kennzeichnung von Verkehrshindernissen (§ 89 Abs 1 StVO) durch Aufstellung von Gefahrenzeichen (ZVR 1980/294; Loebenstein-Kaniak aaO 92), ebenso die Unterlassung von die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdender Ablagerungen (§ 92 Abs 1 StVO). Zur Hoheitsverwaltung gehört hingegen die Veranlassung durch die Behörde, den Verkehr beeinträchtigenden Schutt, Baumaterial, Hausrat u.dgl., wozu sicherlich auch ein auf der Straße befindlicher Schotterhaufen gehören kann, zu entfernen (§ 89 Abs 2 StVO); auch die im Falle der Unaufschiebbarkeit zur Entfernung oder zum Entfernenlassen berechtigten Organe der Straßenaufsicht, des Straßenerhalters, der Feuerwehr oder eines Kraftfahrlinien- oder Eisenbahnunternehmens (§ 89 Abs 3 StVO) handeln in Vollziehung der Gesetze, weil sie insoweit als von der Hoheitsverwaltung in die Pflicht genommen anzusehen sind (Loebenstein-Kaniak aaO 39). Eine Verletzung solcher Pflichten wird Organen der beklagten Partei aber nicht zur Last gelegt. Das Klagebegehren ist vielmehr dahin substantiiert, daß die Haftung der beklagten Partei deshalb in Anspruch genommen wird, weil die Straßenmeisterei Judenburg es unterlassen habe, entsprechende Absicherungsmaßnahmen für den von ihren Organen selbst rechtswidrig angelegten Schotterhaufen zu ergreifen. Auch in dem nach § 8 AHG ergangenen Aufforderungsschreiben wird die mangelnde Kennzeichnung und Absicherung des Schotterhaufens als Haftungsgrund geltend gemacht. Der Kläger macht damit einen ausschließlich aus Unterlassungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung abgeleiteten Schadenersatzanspruch geltend. Eine Haftung der beklagten Partei nach dem Amtshaftungsgesetz wurde durch die Vorinstanzen daher zutreffend abgelehnt, eine solche aus ihrer Privatwirtschaftsverwaltung scheidet aus und wird auch nicht mehr releviert. Soweit der Kläger in den Rechtsmittelverfahren die Haftung der beklagten Partei daraus ableiten will, daß diese als Behörde in Vollziehung der Gesetze es (schuldhaft) unterlassen habe, für die Anordnung eines entsprechenden, auf das Hindernis hinweisenden Verkehrszeichens Sorge zu tragen (§ 98 Abs 3 StVO), handelt es sich um eine unzulässige Neuerung; dieser Rechtsgrund wäre auch durch das Aufforderungsschreiben nach § 8 AHG nicht gedeckt.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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