OGH 7Ob701/87

OGH7Ob701/8729.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** D*** & Co AG, Salzburg, Griesgasse 11, vertreten durch Dr. Franz Kreibich u.a., Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Katharina T***, Gastwirtin, Klagenfurt, Josef Gruberstraße 10 a, vertreten durch Dr. Michael Mülner u.a., Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen restl. 95.216,65 S s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9. Juli 1987, GZ. 5 R 129/87-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 31. März 1987, GZ. 16 Cg 16/86-17, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinem abändernden Teil (Zuspruch von 95.216,65 S s.A.) und im Kostenpunkt aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Der Klagenfurter Autohändler Karl G*** steht wegen der Finanzierung von Fahrzeugkäufen mit der Klägerin in ständiger Geschäftsverbindung.

Am 13. Dezember 1984 kaufte die Beklagte bei Karl G*** einen PKW Suzuki Hardtop. Mangels Eigenmittel nahm sie zur Finanzierung des Gesamtkaufpreises ein Darlehen bei der Klägerin auf, wobei die Krediturkunde gleichzeitig mit dem Kaufvertrag unterfertigt wurde. Nach Inhalt dieser Urkunde betrug der Kaufpreis 156.300 S, die Anzahlung 31.300 S und der Restkaufpreis 125.000 S. Dazu kamen 6,8 % zuschlagsmäßige Zinsen im Betrag von 34.000 S, eine Verwaltungsgebühr von 6.250 S, eine Auskunftsgebühr von 500 S sowie eine Stempelgebühr von 120 S. Den sich daraus ergebenden Gesamtbetrag von 165.870 S sollte die Beklagte in 48 Monatsraten zu 3.455,60 S ab 1. Jänner 1985 am Ersten eines jeden Monates bei Terminsverlust bezahlen. Ferner verpflichtete sich die Beklagte 1.000 S an Kreditsteuer, 4.150 S als Einmalprämie für die Restkreditversicherung und 18 % Zinsen pro Jahr zu zahlen. Entgegen dem Inhalt der Krediturkunde hat die Beklagte keine Anzahlung geleistet. Vielmehr erhielt G***, der den PKW mit 129.900 S fakturierte, von der Klägerin am 13. Dezember 1984 den Kaufpreis von 125.000 S in Form eines Schecks.

Nach Punkt 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die einen wesentlichen Bestandteil des Kreditvertrages bilden (Beilage A), ist die Klägerin, falls auf das Kreditverhältnis das Konsumentenschutzgesetz nicht anzuwenden ist, berechtigt, den Terminverlust ohne vorherige Mahnung als gegeben anzusehen und alle noch aushaftenden Teilzahlungen einschließlich aller Nebengebühren zu fordern, wenn der Kreditnehmer mit der Bezahlung auch nur einer Leistung oder mit der Zahlung von Versicherungsprämien aus Versicherungen für die im Vorbehalts- oder Sicherungseigentum der Klägerin stehende Sachen in Verzug gerät.

Der Wagen wurde der Beklagten unter Eigentumsvorbehalt G*** verkauft. G*** hat seinerzeit vereinbarungsgemäß seinen Eigentumsvorbehalt der Klägerin abgetreten.

Unbestritten ist im Revisionsverfahren, daß unter Zugrundelegung der von der Beklagten geleisteten Zahlungen noch ein Kreditbetrag von 95.216,65 S s.A. offen wäre. Die Beklagte hat der Zahlungsvereinbarung nicht entsprochen.

Während das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen hat, sprach das Berufungsgericht unter Abweisung eines nicht mehr strittigen Mehrbegehrens von 8.541,50 S s.A. der Klägerin 95.216,65 S s.A. zu. Hiebei vertrat es die Rechtsansicht, auf das vorliegende Rechtsgeschäft seien die Bestimmungen des § 16 KSchG nicht anzuwenden, weshalb die Klägerin den eingetretenen Terminsverlust ohne die im § 13 KSchG vorgesehene qualifizierte Mahnung geltend machen könne. Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist gerechtfertigt.

Strittig ist im Revisionsverfahren, ob im vorliegenden Fall § 13 KSchG gilt. Sollte dies nicht der Fall sein, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Klägerin aufgrund der oben dargestellten Geschäftsbedingungen berechtigt war, den Terminsverlust geltend zu machen. Daß in diesem Falle die Klägerin berechtigt wäre, den ihr vom Berufungsgericht zugesprochenen Betrag zu verlangen, kann auch die Beklagte nicht bestreiten. Wäre dagegen § 13 KSchG anzuwenden, so wäre die Sache noch nicht entscheidungsreif, weil das Erstgericht eine qualifizierte Mahnung der Klägerin nicht festgestellt, das Berufungsgericht, ausgehend von seiner Rechtsansicht, zu der diesbezüglichen Feststellungsrüge in der Berufung jedoch nicht Stellung genommen hat.

Das Schwergewicht der Revision liegt auf der Rechtsbehauptung, § 13 KSchG sei nicht nur auf Abzahlungsgeschäfte, sondern auch auf andere Verbraucherverträge anzuwenden. Dies ist richtig, weil die genannte Bestimmung in Abschnitt II des KSchG (Allgemeine Regeln) aufscheint, der sich auf alle Verbrauchergeschäfte bezieht (Krejci in Rummel, Rz 7 zu § 13 KSchG, Schilcher in Krejci, Handbuch zum KSchG, 457, EvBl. 1986/54). Daraus ergibt sich aber, daß im vorliegenden Fall Terminsverlust nur geltend gemacht werden könnte, wenn die Voraussetzungen des § 13 KSchG vorliegen sollten. Nicht nur der Vertrag der Beklagten mit Karl G*** ist ein Verbrauchergeschäft im Sinne des § 1 KSchG, sondern auch der Darlehensvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin, weil die Klägerin das Darlehen als Unternehmerin im Rahmen ihres Betriebes gewährt hat und auf die Beklagte die Voraussetzungen für eine Unternehmereigenschaft nicht zutreffen. Die Beklagte ist also auch gegenüber der Klägerin Verbraucherin im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 KSchG.

Aus dem aufgezeigten Grund erweist sich die Sache als noch nicht spruchreif, weil das Berufungsgericht zu der in der Berufung enthaltenen Rüge der erstgerichtlichen Feststellung bezüglich des Fehlens einer qualifizierten Mahnung nicht Stellung genommen hat. Eine solche Behandlung der Tatsachenrüge der Berufung wird vom Berufungsgericht nachzuholen sein. Nur wenn sich herausstellen sollte, daß sämtliche Voraussetzungen des § 13 KSchG erfüllt sind, könnte der Klage ein Erfolg beschieden sein.

Käme man hingegen zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen des § 13 KSchG erfüllt sind, dann wäre allerdings der zweite Teil der Rechtsrüge der Revision nicht gerechtfertigt, weil das Berufungsgericht richtig erkannt hat, daß es sich bei dem Vertrag zwischen der Beklagten und Karl G*** nicht um ein Abzahlungsgeschäft im Sinne des § 16 Abs 1 KSchG gehandelt hat. Nach der genannten Bestimmung gelten die §§ 18 bis 25 KSchG nur für Abzahlungsgeschäfte, bei denen das Gesamtentgelt 150.000 S nicht übersteigt oder bei der Vertragsschließung nicht feststeht, daß es 150.000 S übersteigen wird. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob beim Gesamtentgelt nur der eigentliche Kaufpreis oder auch die Zinsen und sonstigen Spesen zu berücksichtigen sind. Das Berufungsgericht vertritt unter Berufung auf Krejci (in Rummel Rz 22 zu § 18 KSchG) die letztere Rechtsansicht. Dies ist schon aufgrund des Gesetzeswortlautes zwingend. § 16 Abs 3 KSchG setzt nämlich fest, daß das Gesamtentgelt im Sinne dieser Bestimmung aus dem Entgelt, das bei sofortiger Barzahlung zu entrichten wäre (Barzahlungspreis) und allen Zinsen und sonstigen Zuschlägen besteht. Die betragliche Begrenzung der Schutzbestimmungen für Abzahlungsgeschäfte beruht auf der Erwägung, daß derartige Geschäfte bis zu einer gewissen Größe im allgemeinen typische Konsumentengeschäfte sind, die in der Regel ohne allzu große Überlegungen abgeschlossen werden. Bei größeren Geschäften wird dagegen im allgemeinen größere Vorsicht angewandt, weshalb hier der besondere Schutz der §§ 18 ff. KSchG nicht erforderlich ist. Die Festsetzung eines Betrages als Grenze zwischen schutzwürdigen und nicht schutzwürdigen Abzahlungsgeschäften ist demnach ausschließlich eine Schutzmaßnahme zugunsten des Verbrauchers. Es ist daher nicht gerechtfertigt, sie je nach der Person des dem Verbraucher gegenüberstehenden Gegners anders zu definieren. Bestimmt also § 16 Abs 3 KSchG, daß das im Abs 1 genannte Gesamtentgelt nicht nur den Barzahlungspreis allein, sondern alle Zinsen und sonstigen Zuschläge enthält, so kann dies nicht nur gelten, wenn die Zahlungen an den Unternehmer des Abzahlungsgeschäftes selbst zu leisten sind, sondern auch dann, wenn der Verbraucher die Zahlungen infolge Drittfinanzierung an den Geldgeber zu entrichten hat. Die auf eine angebliche Analogie gestützte Argumentation der Revision führt an der Sache vorbei. § 16 KSchG enthält die Allgemeinen Bestimmungen für Abzahlungsgeschäfte. Soweit die Folgebestimmungen keine Abweichungen enthalten, ist § 16 KSchG direkt und nicht analog anzuwenden. Da § 18 KSchG keine Definition des Gesamtentgeltes enthält, gilt also § 16 für die in § 18 KSchG genannten Fälle unmittelbar. Mangels einer Gesetzeslücke kommt demnach eine analoge Anwendung der nur für die Fälle des § 19 KSchG dort aufgenommenen Definition der Wertgrenze hier nicht in Frage.

Ergibt sich demnach, daß infolge Einhaltung der Bestimmungen des § 13 KSchG von der Klägerin Terminsverlust geltend gemacht werden kann, so ist auf die weiteren Einwendungen der Beklagten nicht Bedacht zu nehmen, weil mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 16 Abs 1 KSchG § 18 KSchG hier nicht anwendbar ist, die Beklagte daher lediglich aus ihrem Verhältnis zu G*** abgeleitete Einwendungen der Klägerin nicht entgegensetzen kann. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 KSchG.

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