Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Kosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer land- und forstwirtschaftlicher Liegenschaften, die er auf Grund eines Schenkungsvertrages auf den Todesfall vom 31. März 1984 von dem am 10. April 1984 verstorbenen Landwirt Franz T*** erworben hat. Dieser hatte die Liegenschaften mit Pachtvertrag vom 19. Dezember 1975 dem Beklagten verpachtet. Nach seinem Punkt III kann dieser Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von zwei Monaten zum 30. September aufgekündigt werden. Der Kläger begehrt vom Beklagten die geräumte Übergabe der Liegenschaften und bringt vor, er habe den Pachtvertrag am 9. Juli 1984 zum 30. September 1984 aufgekündigt. Der Beklagte weigere sich, den Pachtgegenstand zurückzustellen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Franz T*** habe in einer Ergänzung zum Pachtvertrag vom 14. September 1979 auf das Kündigungsrecht verzichtet. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen:
In einer maschinschriftlichen, von Franz T***
unterfertigten Erklärung vom 26. November 1977 bestimmte Franz T***, daß der am 14. Dezember 1975 mit dem Beklagten geschlossene Pachtvertrag zugunsten des Beklagten unkündbar sei. Am 14. September 1979 wurde zwischen Franz T*** und dem Beklagten ein "Abänderungs- und Ergänzungsvertrag" zum Pachtvertrag vom 19. Dezember 1975 geschlossen. In Punkt 3 dieses Vertrages wurde Punkt III des Vertrages vom 19. Dezember 1975, der die Einjährigkeit des Pachtvertrages und die zweimonatige Kündigungsfrist bestimmte, außer Kraft gesetzt und durch folgende Regelung ersetzt:
"Der Pachtvertrag wird für die Zeitdauer bis zur Übernahme meiner Liegenschaft durch Otto T*** abgeschlossen. Der Tod eines Vertragsteils bewirkt keine Beendigung des Vertragsverhältnisses. Mein Rechtsnachfolger kann den Vertrag erst mit der Übergabe der Liegenschaft an Otto T*** lösen."
(Nach einem Übergabsvertrag aus 1934 und einem Testament aus 1966 sollte Stefanie T***, die Mutter des Beklagten, ihren Bruder Franz T*** beerben. Der Beklagte war als Nacherbe nach seiner Mutter vorgesehen und galt als Hofnachfolger). In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, der Bestandvertrag sei durch den Tod des Voreigentümers Franz T*** nicht aufgehoben worden. Der Kläger, der bei einer Schenkung auf den Todesfall nach dem Tod des Erblassers wie ein Vermächtnisnehmer zu behandeln sei, sei als Rechtsnachfolger des Franz T*** in den Bestandvertrag eingetreten und an die vereinbarte Unkündbarkeit gebunden.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt. Der Kläger sei als Erwerber der Bestandliegenschaften im Sinne des § 1120 ABGB anzusehen. Dadurch, daß der Erwerber einer Liegenschaft in bestehende Bestandverträge eintrete, erführen diese nur insoferne eine inhaltliche Änderung, als sie kraft Gesetzes in Bestandverträge von unbestimmter Dauer mit gesetzlichen Kündigungsfristen und -terminen übergingen. Der Kläger sei daher an einen zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten allenfalls vereinbarten Kündigungsverzicht nicht gebunden, sodaß der Frage, ob ein Kündigungsverzicht zwischen dem Voreigentümer und dem Beklagten vereinbart wurde, keine Bedeutung zukomme. Die gesetzliche Kündigung der zum Teil forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften hätte aber nach § 560 Abs 1 Z 2 lit a ZPO unter Einhaltung einer einjährigen Kündigungsfrist zum 30. November erfolgen müssen. Die vom Kläger ausgesprochene Aufkündigung entspreche daher nicht dem Gesetz und sei aus diesem Grund unwirksam.
Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, es im Sinn der Klage abzuändern.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Mit Recht hat das Berufungsgericht die Ansicht vertreten, daß der Kläger als Einzelrechtsnachfolger des Voreigeftümers an einen Kündigungsverzicht seines Vorgängers nicht gebunden ist. Die Vorschrift des § 1120 ABGB ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung dahin zu verstehen, daß der Erwerber der Liegenschaft in den vom Voreigentümer geschlossenen Vertrag eintritt, wobei das Bestandverhältnis ohne Rücksicht auf andere Vertragsbestimmungen in ein solches von unbestimmter Dauer mit gesetzlicher Kündigungsfrist verwandelt wird (Klang in Klang2 V 130; Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 und 6 zu § 1120; MietSlg 28.169, 33.188, 36.198 uva). Den Revisionsausführungen ist jedoch darin beizupflichten, daß der Erwerber nur an die Vereinbarung längerer als der gesetzlichen Kündigungsfristen (und an einen späteren als den gesetzlichen Kündigungstermin) nicht gebunden ist (Würth aaO), daß ihm dagegen aber kürzere vertragliche Fristen zustatten kommen
(Klang aaO 129, MietSlg 21.236 ua).
Sollte deshalb der zwischen Franz T*** und dem Beklagten abgeschlossene Pachtvertrag in seinem Punkt III (Kündigungsfrist und -termin) entsprechend den Feststellungen des Erstgerichtes durch einen in der Folge vereinbarten Kündigungsverzicht seitens des Franz T*** abgeändert worden sein, wäre zwar der Kläger an diesen Verzicht nicht gebunden. Daraus ergäbe sich aber nicht, daß die zuvor bestandene Regelung von Kündigungsfrist und -termin wieder wirksam wird, weil diese doch von den Vertragspartnern einvernehmlich aufgehoben und durch eine andere ersetzt worden wäre. Kündigungsfrist und -termin wären in diesem Fall vielmehr vertraglich nicht geregelt, so daß die Kündigung nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolgen müßte.
Sollte dagegen entgegen den Feststellungen des Erstgerichtes Punkt III des Pachtvertrages nicht durch die Vereinbarung eines Kündigungsverzichtes abgeändert worden sein, wären die vertraglichen Bestimmungen über Kündigungsfrist und -termin aufrecht, so daß eine Kündigung auf ihrer Grundlage vorgenommen werden könnte. Die Frage, ob zwischen dem Voreigentümer Franz T*** und dem Beklagten ein Kündigungsverzicht vereinbart wurde, ist aus diesem Grund entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes für die Entscheidung des Rechtsstreites von Bedeutung. Das Berufungsgericht hat sich deshalb mit der vom Kläger ausdrücklich bekämpften Feststellung der Vereinbarung eines Kündigungsverzichts zu Unrecht nicht auseinandergesetzt.
Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.
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