OGH 12Os120/87

OGH12Os120/8722.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Oktober 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bernscherer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dietmar U*** und Roland S*** wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Dietmar U*** und Roland S*** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4.März 1987, GZ 26 Vr 126/87-11, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen werden zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Dietmar U*** und Roland S*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Dietmar U*** und Roland S*** des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB schuldig gesprochen, weil sie am 5.Dezember 1986 in Fügenberg im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) Gabriele E*** mit Gewalt, indem sie sie in einen PKW zerrten, mit ihr auf einen abgelegenen Parkplatz fuhren, sie dort im Auto festhielten und gewaltsam teilweise auszogen, zum außerehelichen Beischlaf mit Dietmar U*** nötigten. Dieses Urteil wird von beiden Angeklagten mit einer gemeinsam ausgeführten, auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung bekämpft.

Gestützt auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund machen die Beschwerdeführer geltend, daß das Erstgericht den Vorsatz auf Herbeiführung eines Geschlechtsverkehrs und die Feststellung des Zeitpunktes der Fassung dieses Entschlusses nicht begründet hat. Mit diesen Ausführungen übergehen sie jedoch, daß das Schöffengericht seine entscheidungswesentlichen Feststellungen auf die für glaubhaft befundene Aussage der Gabriele E*** gestützt und der leugnenden Verantwortung der beiden Angeklagten mit ausführlicher Begründung keinen Glauben geschenkt hat (S 7 f der Urteilsausfertigung). Die Beschwerdeführer zeigen somit keine formalrechtlichen Nichtigkeitsgründe durch den Hinweis auf diese begründenden Tatumstände auf (Mayerhofer-Rieder2 § 281 StPO, ENr. 31). Als Feststellungsmangel (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bzw. 10 StPO) wird gerügt, daß die Annahme des Erstgerichtes, die Angeklagten hätten ein sexuelles Erlebnis herbeiführen wollen, nicht ausreiche, den zum Verbrechen der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 2 StGB erforderlichen Vorsatz zu begründen, übergehen aber dabei die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen, daß beide Angeklagten vorhatten, mit Gabriele E*** einen Geschlechtsverkehr herbeizuführen, daß sie das sich wehrende Mädchen gegen ihren Willen an den Oberarmen erfaßten, in den PKW zogen, auf die Hinterbank schoben, und daß Dietmar U*** mit Unterstützung des Zweitangeklagten Gabriele E*** auszog und mit Gewalt einen Geschlechtsverkehr vollzog (S 6 ff der Urteilsausfertigung). Aus diesen Feststellungen ergibt sich somit eindeutig, daß der Vorsatz der Angeklagten auf gewaltsame Erzwingung des Geschlechtsverkehrs schon im Zeitpunkt der Gewaltanwendung vorhanden war, und daß sie vorsätzlich zusammengewirkt haben, um E*** gegen ihren Willen zu einem Geschlechtsverkehr zu zwingen, der dann auch von Dietmar U*** ausgeführt wurde. Bei dieser Sachlage ist es auch nicht von entscheidender Bedeutung, daß nach Vollzug des Beischlafs durch U*** der Zweitangeklagte S*** von seiner ursprünglichen Absicht, ebenfalls gewaltsam einen Geschlechtsverkehr mit E*** durchzuführen, abgegangen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert das Festhalten an dem gesamten, im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleichung mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und den Nachweis, daß das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen ist. Auch die Rechtsrügen sind nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil sie nicht von den Tatsachenfeststellungen des Urteils ausgehen (Mayerhofer-Rieder, aaO, § 281 StPO, ENr. 26 bis 30). Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits in nichtöffentlicher Beratung als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs 1 Z 1 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO sofort zurückzuweisen.

Bei der Anmeldung der Berufungen haben die Berufungswerber die Punkte des Erkenntnisses, durch die sie sich beschwert finden, nicht bezeichnet. Ausgeführt wurden die Berufungen nur hinsichtlich Schuld. Im Verfahren über Rechtsmittel gegen Urteile der Schöffengerichte ist jedoch die Bekämpfung der Schuldfrage unzulässig.

Die Berufungen waren daher gemäß §§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO ebenfalls in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.

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