OGH 6Ob674/85

OGH6Ob674/8522.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Bauer als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H***, vulgo K***, Ramingstein, Keusching 13, vertreten durch Dr. Roderich Santner, Rechtsanwalt in Tamsweg, wider die beklagte Partei Walter L***, Spenglermeister, Gräfeling, Weberhofstraße 2, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Rohringer, Rechtsanwalt in Tamsweg, wegen S 64.762,11 infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 24. Juli 1985, GZ 33 R 94/85-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Tamsweg vom 17. Dezember 1984, GZ C 80/84 -12, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte vom Beklagten (ein ursprünglich auch gegen Martin H*** erhobenes Begehren wurde im weiteren nicht aufrecht erhalten) die Bezahlung eines Betrages von (eingeschränkt) S 64.762,11 s.A. Er behauptete, er sei Jagdpächter der Kühfeldhochalpe in Kendlbruck, die im Eigentum einer Alpsgenossenschaft stehe. Diese Jagd habe er an Martin H*** und den Beklagten unterverpachtet, wobei sich die Unterpächter verpflichtet hätten, die Zahlung des Pachtschillings zu übernehmen. Der Beklagte habe den für die Jagdpacht 1984 fälligen Betrag in der Höhe des Klagebegehrens trotz Aufforderung nicht bezahlt. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und brachte vor, der Kläger habe Martin H*** und ihm sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag übertragen, wozu auch das Recht der Jagdleitung gehöre. Der Kläger habe jedoch Martin H*** die Jagdleitung entzogen und diese selbst übernommen, wodurch die Jagdausübung durch die Subpächter unzumutbar erschwert worden sei. Der Subpachtvertrag gelte daher als aufgelöst und das Jagdgebiet stehe dem Kläger wieder zur Verfügung. Jedenfalls sei aber der Pachtschilling so lange nicht zu bezahlen, als die Jagdleitung nicht den Subpächtern übertragen werde. Der vereinbarte Pachtschilling erreiche das Dreifache des Ortsüblichen, so daß Verkürzung über die Hälfte vorliege. Im übrigen sei zwischen dem Beklagten und dem Kläger vereinbart worden, daß Gewinn und Verlust aus der Jagd 1 : 1 geteilt werden sollten, wobei durch die Subpachtvereinbarung lediglich anstelle des Klägers Martin H*** als Subpächter eingetreten sei; mit diesem sei genau abgerechnet worden.

Das Erstgericht erklärte das Verfahren für nichtig und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Dazu führte es aus, daß nach den Klagsbehauptungen die Verpachtung einer Eigenjagd im Sinne der §§ 5 und 7 des Salzburger Jagdgesetzes vorliege. Werde der Pachtschilling für die Pacht einer Eigenjagd zur festgesetzten Zeit nicht oder nicht zur Gänze erlegt, so habe der Vorsitzende der Jagdkommission die Anzeige hierüber an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten, die dem Pächter mit Bescheid die Zahlung innerhalb von zwei Wochen unter Androhung der zwangsweisen Einbringung und, wenn dies zweckmäßig erscheine, auch unter Androhung der Auflösung des Pachtverhältnisses aufzutragen habe (§ 39 Abs 4, § 33 Abs 2 des Salzburger Jagdgesetzes). Es sei kein Grund ersichtlich, daß für die Erteilung dieses Auftrages bei einer im übrigen unzulässigen gänzlichen Unterverpachtung nicht die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig wäre. Die Durchsetzung des geltend gemachten Anspruches habe daher im Verwaltungsverfahren zu erfolgen, so daß der Rechtsweg unzulässig sei.

Das Rekursgericht gab dem vom Kläger gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs Folge, hob ihn ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens auf, wobei es den weiteren Rekurs gegen diese Entscheidung für zulässig erklärte.

Es führte aus, daß die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheidend davon abhänge, ob ein zivilrechtlicher Anspruch geltend gemacht werde, also eine bürgerliche Rechtssache, eine Streitigkeit des Privatrechtes vorliege. Der Begriff Privatrecht werde weder von der Verfassung noch einem anderen Gesetz definiert, so daß in mehreren Theorien die Ausführung des Begriffes entwickelt worden sei. Die Subjektstheorie stelle auf den Träger des Rechtes ab, ob dieser in den Kreis der öffentlich-rechtlichen oder der privat-rechtlichen Subjekte gehöre. Der Kläger mache als natürliche Person einen Anspruch aus einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Beklagten geltend. Diese Umstände sprächen für einen zivilrechtlichen Anspruch. Auch über die sogenannte Unterwerfungstheorie gelange man zu einem privat-rechtlichen Anspruch, weil sich die Partner gleichberechtigt gegenübergestanden seien und kein Verhältnis von Über- und Unterordnung bei Vertragsschluß vorgelegen sei. Das gleiche Ergebnis ergäbe sich bei Anlegung der Grundsätze der Interessentheorie. Eine ausdrückliche gesetzliche Verweisung des geltend gemachten Anspruches vor einer anderen Behörde als die ordentlichen Gerichte sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, zumal nach den Bestimmungen des Salzburger Jagdgesetzes eine Unterverpachtung oder Weiterverpachtung überhaupt unzulässig und darauf abzielende Verträge unwirksam seien. Es wäre geradezu widersprüchlich, wenn der Gesetzgeber dennoch ausdrücklich eine gesetzliche Verweisung vor eine andere Behörde als die ordentlichen Gerichte zur Durchsetzung von Ansprüchen als unwirksamen Verträgen vorgenommen hätte. Seit dem Inkrafttreten des Art. 6 MRK seien dem Gesetzgeber überdies verfassungsrechtliche Schranken dahingehend gesetzt, daß er zivilrechtliche Ansprüche vor die Gerichte verweisen müsse. Fehle es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Verweisung, wie im vorliegenden Fall, dann stelle sich Art. 6 MRK ebenfalls als Generalklausel dar, die zivilrechtliche Ansprüche dem Gericht zuweise. Mangels einer ausdrücklichen Verweisung der Sache in die Kompetenz der Verwaltungsbehörden sei daher der Rechtsweg zulässig. Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag, den Beschluß dahingehend abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde.

Die klagende Partei hat eine Rekursbeantwortung nicht erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Der Oberste Gerichtshof hat zu 6 Ob 140/73 (MietSlg 25.501) in Übereinstimmung mit der Lehre den Grundsatz vertreten, daß für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges entscheidend sei, ob der Streitgegenstand nach privat-rechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Es ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens maßgebend, doch muß auch die Natur des geltend gemachten Anspruches berücksichtigt werden. Das Jagdrecht ist grundsätzlich ein Privatrecht. Es ist mit dem Grundeigentum untrennbar verbunden (§ 1 Abs 3 Salzburger Jagdgesetz 1977 - im folgenden kurz: SJG). Für Streitigkeiten aus einer Jagdpachtung sind daher die Gerichte zur Entscheidung berufen, wenn nicht durch ausdrückliche Vorschrift die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden angeordnet ist (siehe auch Fasching, Komm. I, 91). Von diesem Grundsatz geht auch der Rekurswerber aus, wobei er dazu die damit in Einklang stehende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zitiert. Er verweist jedoch darauf, § 33 Abs 2 SJG ausdrücklich normiere, daß dann, wenn der Pachtschilling zur festgesetzten Zeit nicht oder nicht zur Gänze erlegt werde, hierüber Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten sei, die dem Pächter mit Bescheid die Zahlung innerhalb von zwei Wochen unter Androhung der zwangsweisen Einbringung aufzutragen habe. Damit habe der Landesgesetzgeber eindeutig und zweifelsfrei bestimmt, daß Streitigkeiten über die Nichtzahlung eines Jagdpachtschillings in die ausschließliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde fielen. Es mache keinen Unterschied, ob der Anspruch auf Zahlung des Pachtschillings auf einen Jagdpachtvertrag, auf eine Subpachtvereinbarung oder auf irgend eine andere Rechtsgrundlage gestützt werde. Der Bestimmung des § 33 SJG könne nicht entnommen werden, daß diese Gesetzesbestimmung für den Fall einer Unterverpachtung keine Geltung haben solle.

Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden. Das Salzburger Jagdgesetz 1977 regelt bezüglich der Jagdverpachtung nur die Rechtsverhältnisse für den Fall der Verpachtung der Jagd durch die Grundeigentümer. Dabei werden unterschiedliche Bestimmungen für den Fall der Verpachtung einer Gemeinschaftsjagd einerseits und der Verpachtung einer Eigenjagd andererseits getroffen, wobei für den letzteren Fall wieder Sonderbestimmungen für den Fall der Verpachtung von Eigenjagden, deren Eigentümer Agrargemeinschaften sind, vorgesehen sind.

§ 33 Abs 2 SJG bestimmt, daß dann, wenn der Pachtschilling zur festgesetzten Zeit nicht oder nicht zur Gänze erlegt wird, der Vorsitzende der Jagdkommission die Anzeige hierüber an die Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten hat, die dem Pächter mit Bescheid die Zahlung innerhalb von zwei Wochen unter Androhung der zwangsweisen Einbringung aufzutragen hat. § 39 Abs 1 SJG regelt die Verpachtung einer Jagd im Eigenjagdgebiet (Eigenjagd) oder in einem Teil desselben. Dabei finden die Bestimmungen der §§ 30, 31, 36 und 37 Abs 1 SJG sinngemäß mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle der Jagdkommission der Eigentümer des Eigenjagdgebietes tritt, ein Vorpachtrecht einer Jagdgesellschaft gemäß § 30 Abs 1 zweiter Satz SJG nicht in Betracht kommt und § 37 für die Auflösung des Pachtvertrages durch den Verpächter gilt, wobei auch die Nichterfüllung einer Verpflichtung, für die eine Kaution gemäß § 32 Abs 3 haftet, als Auflösungsgrund gilt. § 39 Abs 4 SJG trifft Sonderbestimmungen für den Fall der Verpachtung der Jagd durch Agrargemeinschaften, die Eigentümer eines Eigenjagdgebietes sind. Für diesen Fall ist die sinngemäße Anwendung unter anderem des § 33 SJG bestimmt (§ 39 Abs 4 Satz 4 SJG).

Das Salzburger Jagdgesetz regelt abschließend die Verpachtung der Jagd vom unmittelbaren Grundeigentümer an den Jagdberechtigten, wobei überdies das besondere Verfahren zur Einbringung des Pachtschillings durch die Verwaltungsbehörde nur für den Fall der Verpachtung einer Gemeinschaftsjagd oder die Verpachtung einer Jagd, deren Eigentümer eine Agrargemeinschaft ist, vorgesehen ist. Diese Fälle sind insofern gleich gelagert, als als Verpächter eine Personenmehrheit auftritt, die durch eine öffentlich-rechtliche Beziehung verbunden ist (Gemeinschaftsjagdgebiet § 8 SJG, Agrargemeinschaft §§ 15, 35 FlurverfassungsgrundsatzG). Für diesen Fall hat der Gesetzgeber die Einbringung des Pachtschillings mit Hilfe der Verwaltungsbehörden für erforderlich erachtet. Der grundsätzlich privatrechtliche Charakter des Jagdrechtes kommt jedoch in den ersten Absätzen des § 39 (insbesondere Abs 3) SJG zum Ausdruck, zumal bei der Verpachtung einer Eigenjagd in anderen Fällen (sofern nicht eine Agrargemeinschaft Eigentümer der Eigenjagd ist) das verwaltungsbehördliche Verfahren zur Einbringung des Pachtschillings nicht vorgesehen ist. Für diesen Fall fehlt die Zitierung des § 33 Abs 2 SJG.

Nach den Behauptungen der Klage ist der Kläger Pächter der im Eigentum einer Alpsgenossenschaft stehenden Eigenjagd Kühfeldhochalpe in Kendlbruck und hat diese Jagd unter anderem an den Beklagten unterverpachtet. Eine analoge Anwendung der Bestimmung des § 33 SJG kommt in diesem Fall nicht in Frage. Einerseits untersagt § 39 Abs 4, der diesbezüglich auf § 35 Abs 1 verweist, die gänzliche Unterverpachtung einer von einer Agrargemeinschaft gepachteten Eigenjagd. Der grundsätzliche privatrechtliche Charakter des Jagdrechtes verbietet eine extensive Interpretation von Bestimmungen über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden. Eine Bestimmung, die für einen vom Gesetz determinierten Tatbestand festgelegt ist, kann nicht im Wege der Analogie auf einen vom Gesetz ausdrücklich für unzulässig erklärten Sachverhalt ausgedehnt werden. Dies umso mehr, als den Klagebehauptungen eine rein privat-rechtliche Beziehung zwischen den Streitteilen zugrunde liegt, die jedes öffentlich-rechtlichen Elementes entbehrt, das den Anlaß dafür bildet, daß für die Einbringung des Pachtschillings in den Fällen der §§ 33 Abs 2 und 39 Abs 4 SJG die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden vorgesehen wurde.

Zutreffend ist daher das Rekursgericht zum Ergebnis gelangt, daß der Rechtsweg für das erhobene Begehren offen steht. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

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