OGH 5Ob356/87

OGH5Ob356/8720.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Petrag als Richter in der Konkurssache der T*** I*** S*** UND L***

Gesellschaft mbH, 8786 Rottenmann, infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr. Harald W. J***, Rechtsanwalt in Leoben, Parkstraße 3, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom 30. Juli 1987, GZ 3 R 151/87-92, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 6. Mai 1987, GZ S 27/83-84, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Am 1. Juli 1982 wurde über das Vermögen der nachmaligen Gemeinschuldnerin T*** I*** S*** UND

L*** GmbH (im folgenden kurz T*** GmbH) zu Sa 35/82 des Erstgerichtes das Ausgleichsverfahren eröffnet. Am 20. Juli 1982 meldete die Ö*** L*** AG in diesem Verfahren unter

anderem eine per 1. Juli 1982 mit S 7,228.477,70 aushaftende Kreditforderung an, deren Feststellung in der dritten Klasse der Konkursforderungen sie für den Fall des nachfolgenden Anschlußkonkurses beantragte.

Bereits am 23. Juni 1982 hatte die Ö*** L*** AG

in dem zu Sa 49/82 des Handelsgerichtes Wien über das Vermögen der B*** A*** GmbH eröffneten Ausgleichsverfahren unter anderem eine Forderung von S 7,480.657,96 mit dem Antrag angemeldet, diese Forderung für den Fall des nachfolgenden Anschlußkonkurses in der dritten Klasse der Konkursforderungen festzustellen. Die genannte Forderung wurde darauf gestützt, daß die Ausgleichsschuldnerin durch Mitfertigung eines Blankoakzepts samt Ermächtigungsschreiben die Haftung für die eingangs erwähnte Forderung gegen die T*** GmbH übernommen habe.

Nach Einstellung des zu Sa 35/82 des Erstgerichtes eröffneten Ausgleichsverfahrens am 7. April 1983 wurde über das Vermögen der T*** GmbH am 13. April 1983 der Anschlußkonkurs eröffnet. Die von der Ö*** L*** AG angemeldete Forderung

wurde antragsgemäß festgestellt.

Am 2. April 1985 legte der Masseverwalter dem Erstgericht einen Verteilungsentwurf vor, in dem die Berücksichtigung der Forderungen dritter Klasse mit 10 % vorgesehen war und die Forderung der Ö*** L*** AG nur mit S 5,419.407,45 in Ansatz

gebracht wurde (ON 52). Letzterer Vorgangsweise lag die einhellige Auffassung des Gläubigerausschusses zugrunde, daß diese Gläubigerin auf ihre im vorliegenden Verfahren angemeldete Forderung aus dem Ausgleichsverfahren über das Vermögen der B*** A*** GmbH (Sa 49/82 des Handelsgerichtes Wien) eine Ausgleichsquote erhalten habe, weshalb die 10 %ige Ausschüttungsquote nur noch von dem solchermaßen verminderten Forderungsbetrag zu errechnen sei (ON 50). Gegen diesen Verteilungsentwurf erhob die Ö***

L*** AG Erinnerungen im wesentlichen dahin, daß die Gemeinschuldnerin vorliegenden Verfahrens und die B*** A*** GmbH bezüglich der hier angemeldeten Forderung infolge der gemeinsamen Unterfertigung eines Wechsels Solidarschuldner seien und sie daher gemäß § 18 Abs 1 KO den ganzen Betrag der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin noch ausständigen Forderung geltend machen könne. Die erst später aus dem Insolvenzverfahren der Solidarschuldnerin B*** A*** GmbH erlangte Quotenzahlung von S 1,806.129,42 sei daher im vorliegenden Verteilungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Außerdem sei diese Quotenzahlung gemäß § 1416 ABGB zur Abdeckung der nach Ausgleichs- bzw. Konkurseröffnung anerlaufenen Zinsen verwendet worden, weil die Ö*** L*** AG zur weiteren

Geltendmachung von Zinsen auch für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens berechtigt sei. Mit den Eingängen aus dem Ausgleichsverfahren der B*** A*** GmbH seien nicht einmal diese weiter in Ansatz gebrachten Zinsen abgedeckt worden; umso weniger habe eine Reduzierung der Kapitalforderung stattgefunden. Aus diesen Gründen sei im vorliegenden Konkursverfahren die auf die Ö*** L*** AG entfallende Quote vom Gesamtbetrag der angemeldeten und anerkannten Forderung zu berechnen (ON 56).

In der Gläubigerversammlung (offenbar richtig: Gläubigerausschußsitzung) vom 8. Mai 1985 zog der Masseverwalter unter Hinweis auf eine inzwischen zutage getretene weitere Masseforderung beträchtlicher Höhe den Verteilungsentwurf hinsichtlich der Forderungen zweiter und dritter Klasse als nicht mehr erfüllbar zurück. Dazu wurde im Protokoll festgehalten, daß sich damit die von der Ö*** L*** AG als einer Gläubigerin dritter Klasse erhobenen Bemängelungen erledigt hätten (ON 58).

Nach in der Folge durchgeführter Berichtigung der Masseforderungen sowie der Forderungen erster und zweiter Klasse legte der Masseverwalter dem Erstgericht am 25. Februar 1987 für die Verteilung der restlichen Masse von S 1,198.826,97 an die Gläubiger dritter Klasse einen neuen Verteilungsentwurf vor, demzufolge diese Gläubiger eine Quote von 9,73 % erhalten sollten (ON 80). In diesem neuen Verteilungsentwurf wurde die Forderung der Ö*** L*** AG mit S 5,058.180,70 in Ansatz gebracht und dementsprechend der an diese Gläubigerin auszuzahlende Betrag mit

S 491.926,66 ausgewiesen. Dazu führte der Masseverwalter im Entwurf aus, die ursprünglich mit S 7,228.477,70 angemeldete Forderung sei mit der Ö*** L*** AG auf einen Betrag von

S 7,225.536,-- abgestimmt worden. In Anrechnung auf diese Forderung habe die Ö*** L*** AG aus dem Ausgleich der

B*** A*** GmbH in der Zeit zwischen 13. Juli 1983 und Juni 1985 Quotenzahlungen von zusammen S 2,167.355,30 erhalten. Ihre Restforderung betrage daher nur noch S 5,058.180,70. Mit Beschluß vom 9. April 1987 (ON 83) verständigte das Erstgericht die Gläubiger von dem neuen Verteilungsentwurf. Es setzte die Frist für die allfällige Anbringung von Erinnerungen mit 14 Tagen fest und ordnete die Tagsatzung zur Verhandlung über den Verteilungsentwurf und etwaige Erinnerungen für den 6. Mai 1987 mit dem Beifügen an, daß Anträge, Erklärungen und Einwendungen, zu deren Anbringung eine Tagsatzung bestimmt sei, von gehörig geladenen und nicht erschienen Personen nachträglich nicht mehr vorgebracht werden könnten. Das Erstgericht verfügte die Zustellung dieses Beschlusses unter anderem an alle Gläubiger und veranlaßte weiters den (am 16. April 1987 erfolgten) Anschlag an der Gerichtstafel. Zur Tagsatzung vom 6. Mai 1987 (ON 84) erschienen nur der Masseverwalter und die Vertreter der Gläubigerschutzverbände. Das Erstgericht stellte fest, daß gegen den Verteilungsentwurf keine Erinnerungen erhoben wurden, verkündete den Beschluß auf Genehmigung des Entwurfes und beauftragte den Masseverwalter, die Verteilung durchzuführen. Eine Bekanntmachung dieses Beschlusses durch Anschlag an der Gerichtstafel, aber auch eine Zustellung des Beschlusses an die Ö*** L*** AG hat nach der Aktenlage nicht

stattgefunden.

In der Folge nahm der Masseverwalter die Verteilung an die Gläubiger dritter Klasse gemäß dem Verteilungsentwurf ON 80 vor und erstattete hierüber am 22. Mai 1987 Bericht (ON 85). Am 29. Mai 1987 (ON 86) und 17. Juni 1987 (ON 88) beantragte die Ö*** L*** AG unter Hinweis auf ihre seinerzeitigen, zum ursprünglichen Verteilungsentwurf (ON 52) erhobenen Erinnerungen (ON 56) gemäß § 130 Abs 4 KO die Zustellung des Beschlusses über die Genehmigung des vom Masseverwalter gelegten Verteilungsentwurfes. Mit Note vom 7. Juli 1987 (ON 89) übermittelte das Erstgericht der Ö*** L*** AG den (neuen) Verteilungsentwurf

des Masseverwalters (ON 80). Es verwies darauf, daß die einschreitende Gläubigerin gegen diesen Entwurf keine Erinnerungen erhoben habe und auch in der Tagsatzung vom 6. Mai 1987 nicht eingeschritten sei und daß in dieser Tagsatzung nach Feststellung, daß niemand Erinnerungen erhoben habe, der Masseverwalter um die Vornahme der Verteilung ersucht worden sei. Der Masseverwalter habe inzwischen bereits den Vollzug der Verteilung berichtet und es sei keine Masse mehr vorhanden.

Gegen diese Note des Erstgerichtes sowie gegen den Beschluß vom 6. Mai 1987 über die Genehmigung des Verteilungsentwurfes und die Anweisung des Masseverwalters zur Vornahme der Verteilung erhob die Ö*** L*** AG mit dem Antrag Rekurs, diese Beschlüsse aufzuheben bzw. dermaßen abzuändern, daß die auf die Rekurswerberin entfallende 9,73 %ige Quote auf der Grundlage ihrer angemeldeten und festgestellten Forderung von S 7,228.477,70 berechnet und zuerkannt werde.

Das Rekursgericht wies den Rekurs, soweit er sich gegen die Note des Erstgerichtes vom 7. Juli 1987 (ON 89) richtete, zurück und gab ihm im übrigen dahin Folge, daß der Beschluß des Erstgerichtes vom 6. Mai 1987 (ON 84) aufgehoben und dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wird. Es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteigt und das Verfahren in erster Instanz erst nach Rechtskraft seines Beschlusses fortzusetzen ist. Das Rekursgericht führte, soweit dies im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung ist, aus:

Der erstgerichtliche Beschluß vom 6. Mai 1987 (ON 84) sei rechtzeitig angefochten worden, weil seine gesetzmäßige Bekanntmachung im Sinne des § 130 Abs 4 erster Satz KO, an die allein sich gemäß § 174 Abs 2 KO die Wirkungen der Zustellung knüpfen (SZ 27/281, EvBl 1958/46, EvBl 1964/232, EvBl 1970/367 uva), bisher nicht stattgefunden habe. Gemäß § 130 Abs 2 KO sei ein vom Masseverwalter vorgelegter Verteilungsentwurf zu genehmigen, wenn nach dem Ergebnis der Prüfung ein Bedenken dagegen nicht obwaltet und wenn Erinnerungen nicht vorgebracht oder bei der Tagsatzung zurückgezogen worden sind. Das Gesetz fordere somit zwei Voraussetzungen für die Genehmigung des Entwurfes; allein die Tatsache, daß - wie im Anlaßfall - gegen den Entwurf keine Einwendungen erhoben wurden, rechtfertige daher noch nicht die Genehmigung. Das Konkursgericht habe vielmehr auch in einem solchen Fall überdies von Amts wegen die ihm durch § 130 Abs 1 KO zur Pflicht gemachte Prüfung des Entwurfes vorzunehmen bzw. deren Ergebnisse in der Frage der Genehmigungsfähigkeit des Entwurfes mit zu berücksichtigen. Seien schon nach dem Inhalt des Entwurfes Bedenken gegen seine Richtigkeit am Platz, könne also seine Genehmigung ungeachtet dessen, daß Erinnerungen nicht erhoben wurden, nicht stattfinden. Werde ein Gläubiger durch den Entwurf bzw. die Verteilung auf solcher Basis gesetzwidrig benachteiligt, so könne er sich daher wegen der amtswegigen Prüfungspflicht des Konkursgerichtes gegen die Genehmigung des Entwurfes selbst dann zur Wehr setzen, wenn er keine Erinnerungen erhoben hat. Daran vermöge auch der in den Beschluß über die Fristsetzung zur Anbringung von Erinnerungen und die Anberaumung einer Tagsatzung aufgenommene Beisatz im Sinne des § 175 Abs 2 KO nichts zu ändern. Eine (hier nach Art. XI § 2 Z 1 lit i IRÄG zulässige) Aufforderung nach § 175 Abs 3 KO habe das Erstgericht in seinen Beschluß vom 9. April 1987 (ON 83) nicht aufgenommen. Aus der Unterlassung von Erinnerungen gegen den neuerlichen Verteilungsentwurf des Masseverwalters und aus der Nichtteilnahme der Rekurswerberin an der Tagsatzung vom 6. Mai 1987 könne somit auch eine die nachträgliche Geltendmachung der Unrichtigkeit des Entwurfes bwz. des ihn genehmigenden Beschlusses verhindernde Zustimmung der Rekurswerberin nicht abgeleitet werden.

Mit Recht und nach dem oben Ausgeführten zulässigerweise mache die Rekurswerberin geltend, daß auch der Genehmigung des neuen Verteilungsentwurfes des Masseverwalters die Vorschrift des § 18 Abs 1 KO entgegenstehe. Der Masseverwalter habe nämlich auch in diesem Entwurf von der Forderung der Rekurswerberin die im Ausgleichsverfahren der B*** A*** GmbH erlangten

Quotenzahlungen in Abzug gebracht. Aus den bezüglichen Anmerkungen des Masseverwalters im Verteilungsentwurf ON 80 gehe hervor, daß es sich dabei um mehrere Zahlungen ab 13. Juli 1983, daher insgesamt um solche gehandelt habe, die nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erfolgt seien. Da aber gemäß § 18 Abs 1 KO der Gläubiger im Falle der Solidarhaftung mehrerer Schuldner für diesselbe Forderung bis zu seiner vollen Befriedigung gegen jeden Schuldner, der sich im Konkurs befindet, den ganzen Betrag der zur Zeit der Konkurseröffnung noch ausständigen Forderung geltend machen könne, im Anlaßfall jedoch die Quotenzahlungen aus dem Insolvenzverfahren der B*** A*** GmbH insgesamt erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin geleistet wurden, seien sie hier im Verteilungsverfahren unberücksichtigt zu lassen (Bartsch-Pollak3 I 109 in Verbindung mit II 207; Bartsch-Heil4 Rz 223). Der Rekurswerberin gebühre daher die Berechnung ihrer 9,73 %igen Verteilungsquote auf der Basis der gesamten zur Zeit der Konkurseröffnung noch aushaftenden Forderung, bezüglich derer im übrigen bisher offen geblieben sei, ob es sich, wie die Rekurswerberin geltend macht, um die gesamte anerkannte Forderung von S 7,228.477,70 oder um eine laut Anmerkung des Masseverwalters in ON 80 infolge einvernehmlicher Abstimmung auf S 7,225.536,-- reduzierte Forderung handeln solle. Jedenfalls aber sei die Berechnung des auf die Rekurswerberin entfallenden Betrages wegen ungerechtfertigten Abzuges der im Ausgleichsverfahren der B*** A*** GmbH erlangten Quotenzahlungen verfehlt. Dies wäre für das Erstgericht schon bei pflichtgemäßer Prüfung des Verteilungsentwurfes im Sinne des § 130 Abs 1 KO umso eher erkennbar gewesen, als ihm bereits die zum seinerzeitigen Verteilungsentwurf vorgebrachten Erinnerungen der Gläubigerin Ö*** L*** AG vorlagen, worin schon auf die Unzulässigkeit des Abzuges der Ausgleichsquoten von ihrer im Konkurs angemeldeten und anerkannten Forderung hingewiesen worden war. Der Verteilungsentwurf ON 80 hätte somit keinesfalls genehmigt werden dürfen. Daß das Erstgericht überdies schon vor Rechtskraft seines Beschlusses die Vornahme der Verteilung auf solcher Basis veranlaßte, vermöge nichts an der Tatsache zu ändern, daß die Rekurswerberin mit derartiger Verteilung erheblich benachteiligt worden sei. Sie verlange daher zu Recht die Beseitigung des angefochtenen Beschlusses und die Vornahme einer dem Gesetz entsprechenden Verteilung.

Das Erstgericht werde daher im weiteren Verfahren dem Masseverwalter die Vorlage eines neuen, die Gläubiger dritter Klasse betreffenden Verteilungsentwurfes abzufordern haben, worin mit Bezug auf die Rekurswerberin deren gesamte zur Zeit der Konkurseröffnung noch ausständige Forderung als Berechnungsgrundlage der auf sie entfallenden Verteilungsquote dient. Hinsichtlich dieses neuen Verteilungsvorschlages werde sodann wieder gemäß § 130 KO zu verfahren sein und das Erstgericht werde auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen haben, daß die Rekurswerberin mit dem ihr gebührenden Betrag tatsächlich voll zum Zuge komme. Der Rechtskraftvorbehalt stütze sich auf §§ 527 Abs 2 und 502 Abs 4 ZPO. Die Entscheidung des Falles hänge von Rechtsfragen ab, denen zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukomme, so etwa von der Frage der Anwendbarkeit des § 18 Abs 1 KO im Falle der Solidarschuld aus einem Wechsel wegen der Divergenz zwischen der zumindest weiter zurückliegenden Judikatur einerseits - neuere Rechtsprechung zum Thema sei dem Rekursgericht nicht zugänglich - und der von der Rechtslehre vertretenen gegenteiligen Auffassung andererseits (siehe Bartsch-Pollak3 II 206 mit Fußnote 5). Außerdem mangle es - soweit für das Rekursgericht ersichtlich - an einer höchstgerichtlichen Judikatur zum Thema, ob und inwieweit im Falle der amtswegigen Prüfung eines (neuen) Verteilungsentwurfes (§ 130 KO) auf seinerzeitige, gegenüber dem neuen Entwurf mangels Erstattung von neuerlichen Erinnerungen jedoch nicht mehr erhobene Einwände im Sinne von die Genehmigung hindernden Bedenken zurückzugreifen sei. Gegen den unter Rechtskraftvorbehalt gefaßten Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Masseverwalters mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 6. Mai 1987 (ON 84). Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Zunächst ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß die Entscheidung des Erstgerichtes vom 6. Mai 1987 (ON 84) gemäß § 130 Abs 4 KO durch Anschlag an der Gerichtstafel bekanntzumachen gewesen wäre. Die Entscheidung des Konkursgerichtes über die Genehmigung des Verteilungsentwurfes des Masseverwalters ist entgegen der Auffasssung des Revisionsrekurswerbers auch dann gemäß § 130 Abs 4 KO durch Anschlag an der Gerichtstafel bekanntzumachen, wenn Erinnerungen nicht vorgebracht oder bei der Tagsatzung zurückgezogen worden sind (vgl. Bartsch-Heil4 Rz 322; Bartsch-Pollak3 I 589; Petschek-Reimer-Schiemer 629 f). Eine Verspätung des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Genehmigungsbeschluß wäre mangels Zustellung des Beschlusses an die Ö*** L*** AG im übrigen auch dann zu verneinen,

wenn man die Meinung vertreten wollte, daß § 130 Abs 4 KO auf diesen Beschluß nicht anzuwenden sei.

Das Rekurgericht hat ferner richtig erkannt, daß das Erstgericht ungeachtet dessen, daß die Ö*** L*** AG gegen den Verteilungsentwurf ON 80 keine Erinnerungen erhob und zur Tagsatzung vom 6. Mai 1987 nicht erschien, auch die materielle Richtigkeit des Verteilungsentwurfes von Amts wegen prüfen und dabei die gegen den ursprünglichen Verteilungsentwurf eingebrachten Erinnerungen dieser Konkursgläubigerin berücksichtigen hätte müssen. Dies ergibt sich nicht nur aus der besonderen Vorschrift des § 130 Abs 1 und 2 KO, sondern auch aus der allgemeinen Vorschrift des § 173 Abs 5 KO, auf die im § 130 Abs 3 KO sogar ausdrücklich hingewiesen wird (vgl. Bartsch-Heil4 Rz 322; zur amtswegigen Vorprüfung und zweiten amtlichen Prüfung des Verteilungsentwurfes - insbesondere auch unter Berücksichtigung verspäteter Erinnerungen - siehe ferner Bartsch-Pollak3 I 585 und 588; Wegan 144 f). Aus dem vorerwähnten Verhalten der Ö*** L*** AG kann hier deren

Zustimmung zum Verteilungsentwurf ON 80 und ein daraus folgender Ausschluß der Möglichkeit, die Genehmigung dieses Verteilungsentwurfes erfolgreich mit Rekurs zu bekämpfen, gleichfalls nicht abgeleitet werden. Der gegenteiligen, auf Petschek-Reimer-Schiemer 626 ff (welche Autoren aber selbst die Meinung vertreten, daß Erinnerungen eines nicht Legitimierten dem Konkurskommissär Anlaß zu eigenen Bedenken geben können) gestützten Auffassung des Revisionsrekurswerbers kann wegen des im Insolvenzverfahren - auch bei der Entscheidung über den Verteilungsentwurf - geltenden Untersuchungsgrundsatzes nicht gefolgt werden.

Auch in der Sache selbst tritt der Oberste Gerichtshof der Ansicht des Rekursgerichtes bei. Die Beantwortung der Frage, ob die der Ö*** L*** AG zustehende Verteilungsquote vom

ganzen Betrag der zur Zeit der Konkurseröffnung noch ausständigen Konkursforderung zu berechnen oder der Berechnung der genannte Betrag, vermindert um die seit der Konkurseröffnung aus dem Ausgleich der B*** A*** GmbH auf diese Forderung erhaltenen Beträge, zugrundezulegen ist, hängt davon ab, ob infolge des Umstandes daß die B*** A*** GmbH die wechselrechtliche Mithaftung für die Kreditschuld der Gemeinschuldnerin übernommen hat, die Gemeinschuldnerin und die B*** A*** GmbH der Konkursgläubigerin Ö*** L*** AG als Gesamtschuldner im Sinne des § 18 KO gegenüberstehen oder durch diese Haftungsübernahme ein Absonderungsrecht oder diesem gleichgestelltes Recht der Konkursgläubigerin (vgl. § 10 Abs 2 und 3, § 48 Abs 3, § 132 KO) begründet worden ist (vgl. die Glosse von Bartsch zu Rspr. 1927/179 sowie Schell, Die Rechtsstellung des Rimessengläubigers im Konkurs- und Ausgleichsverfahren, Mitteilungen des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers 1930, 13 ff). Ersteres ist der Fall. Die Anwendung der Bestimmungen über die Gesamtschuld setzt nur eine gemeinschaftliche Schuld, aber nicht deren Entstehung aus demselben Rechtsgrund voraus; eine Solidarschuld kann sich auch aus jeweils verschiedenen, bei den einzelnen Verpflichteten vorliegenden Rechtsgründen ergeben; eine Unterscheidung zwischen echten und unechten Gesamtschulden ist dem ABGB fremd (Mayrhofer in Ehrenzweig3 II/1, 92 f, Gschnitzer in Klang2 IV/1, 277 f; EvBl 1980/218; SZ 56/21 ua). Der vorliegende Sachverhalt ist mit dem Fall, daß der Ausgleichsgläubiger (Konkursgläubiger) vom Ausgleichsschuldner (Gemeinschuldner) Kundenrimessen erhalten hat, in welchem Fall die Rechtsprechung den Gläubiger als Ausfallsgläubiger behandelt (siehe die in MGA 296 unter Nr. 8 zu § 18 AO abgedruckten Entscheidungen), nicht vergleichbar.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen, ohne daß es noch erforderlich gewesen wäre, darauf einzugehen, ob die Ö*** L*** AG im Falle der Qualifikation ihrer

Stellung als Absonderungsgläubigerin oder dieser gleichgestellter Gläubigerin berechtigt gewesen wäre, die von der B*** A*** GmbH nach der Anschlußkonkurseröffnung über das Vermögen der Gemeinschuldnerin erhaltenen Quotenzahlungen gemäß § 1416 ABGB zur Abdeckung der nach Ausgleichs- bzw. Anschlußkonkurseröffnung anerlaufenen Zinsen zu verwenden.

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