OGH 2Ob669/87

OGH2Ob669/8713.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***

f. lli. Zanin s.n.c., Viale della Navigazione Interna, 4935100 Padova, Italien, vertreten durch Dr. Walter Papis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Ingrid T***, Angestellte, und 2.) Martina S***, Angestellte, beide Rosensteingasse 67/1/10, 1170 Wien, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 96.648,15 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 16. Februar 1987, GZ 14 R 73/86-19, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Dezember 1985, GZ 39 Cg 292/84-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat den beklagten Parteien die mit S 4.668,18 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 424,38 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin erwirkte gegen die Firma S*** G*** M.B.H. beim Handelsgericht Wien aufgrund einer Forderung für gelieferte Schuhe ein Versäumungsurteil über einen Betrag von

Lire 8,770.000,-- s.A. In der Folge führte Helmut S***, der Geschäftsführer der S*** G*** M.B.H. war, durch seinen Rechtsvertreter eine Korrespondenz mit dem Rechtsanwalt der Klägerin, in deren Verlauf er auf eine schlechte Geschäftsführung der früheren Geschäftsführerin hinwies und erklärte, er könne nicht beurteilen, welche der geltend gemachten Forderungen zu Recht bestünden, weshalb er um Übermittlung der Unterlagen ersuche. Im Rahmen der weiteren Korrespondenz gab Helmut S*** zu, daß er die Bestellungen bei der Klägerin getätigt habe. Er erklärte, daß die Rechnungsbeträge anerkannt würden und führte aus, die Gesellschaft sei durch die Tätigkeit der früheren Geschäftsführerin praktisch vermögenslos, so daß eine Befriedigung nur eintreten könne, wenn er die Forderungen befriedige. In der Folge kam es zu einer Ratenvereinbarung. Nach Bezahlung mehrerer Raten starb Helmut S*** am 17. Juni 1978. Sein Nachlaß wurde der Erstbeklagten zu einem Viertel und der Zweitbeklagten zu drei Vierteln eingeantwortet. Die Klägerin begehrt mit ihrer am 3. Oktober 1984 eingebrachten Klage die Zahlung des noch offenen Betrages von S 96.648,15 nach dem Verhältnis der Erbteile der Beklagten, also von der Erstbeklagten S 24.162,04 und von der Zweitbeklagten S 72.486,11. Die Beklagten erhoben unter anderem den Einwand der Verjährung. Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Es vertrat die Ansicht, Helmut S*** sei der Schuld der S***

G*** M.B.H. beigetreten, die in der Höhe des Klagsbetrages unberichtigt aushafte. Der Schuldbeitritt unterliege derselben Verjährungsfrist wie die Forderung selbst. Da der dem Schuldverhältnis zugrundeliegende Vertrag in Italien abgeschlossen worden sei, komme italienisches Recht zur Anwendung, nach welchem die ordentliche Verjährungszeit zehn Jahre betrage. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, nach der neuen, durch das IPRG geschaffenen Rechtslage wäre ein Schuldbeitritt als "abhängiges Rechtsgeschäft" im Sinne des § 45 IPRG zu qualifizieren. Die Rechtsprechung vor Inkrafttreten des IPRG habe den Schuldbeitritt jedoch nahezu ausnahmslos getrennt angeknüpft, der Schuldbeitritt sei also nach seinem eigenen örtlichen Recht beurteilt worden. Da Helmut S*** seinen Wohnsitz in Wien und er seine Verpflichtung auch dort zu erfüllen gehabt habe, sei für den Schuldbeitritt österreichisches Recht anzuwenden, und zwar auch für die Verjährung.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Revision zuzulassen und das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagten beantragen, die Revision nicht zuzulassen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin vertritt einerseits die Ansicht, auch nach der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des IPRG wäre italienisches Recht anzuwenden, die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sei zu dieser Frage nicht einheitlich gewesen, andererseits führt sie aus, Helmut S*** sei einer Judikatschuld beigetreten, die erst nach 30 Jahren verjähre. Für den Schuldübernehmer gelte die gleiche Verjährungsfrist wie für den Altschuldner. Bei beiden angeführten Rechtsfragen handle es sich um solche im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO.

Zum anzuwendenden Recht:

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, auf die vor dem Inkrafttreten des IPRG erfolgte Schuldübernahme sei österreichisches Recht anzuwenden, entspricht der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (SZ 46/83; 6 Ob 74/74) und wurde auch von der Lehre gebilligt (Schwimann in Rummel, ABGB, Rdz 4 und 5 zu § 45 IRPG; vgl. auch Schwimann in NZ 1976, 116 ff). Die Frage des anzuwendenden Rechtes stellt daher keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO dar.

Zur Verjährungszeit beim Beitritt zu einer Judikatschuld:

Mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof - abgesehen von der aus dem Jahre 1931 stammenden Entscheidung SZ 13/160, die einen Schuldbeitritt nach § 1409 ABGB betraf - bisher nicht befaßt. Es handelt sich daher um eine Rechtsfrage, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukommt.

Die Revision ist daher zulässig, sie ist aber nicht berechtigt. Gemäß § 1407 ABGB sind die Verbindlichkeiten des Übernehmers mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld eben dieselben. Der Rechtsgrund wird durch die Schuldübernahme nicht berührt (5 Ob 142/69). Die Forderung der Klägerin beruhte auf einem Kaufvertrag. Es ist daher davon auszugehen, daß Helmut S*** die Schuld aus diesem Kaufvertrag übernahm, nicht aber, daß er in eine Judikatsobligation eingetreten ist (vgl. SZ 13/160). Eine Erklärung, der Judikatschuld beizutreten, gab er nach den Feststellungen nicht ab. Ungeachtet des Umstandes, daß die Klägerin gegen den ursprünglichen Schuldner einen Exekutionstitel erwirkt hatte, galt für Helmut S*** als Schuldübernehmer daher die dreijährige Verjährungszeit des § 1486 ABGB.

Aus diesem Grund war der Revision ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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