OGH 6Ob635/87

OGH6Ob635/878.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich R***, geboren am 11. November 1943 in Wien, Angestellter, 2500 Baden, Isabellestraße 21/7, vertreten durch Dr. Ernst Wukowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Helga R***, geboren am 19. August 1943 in Wien, Angestellte, 1100 Wien, Van der Nüllgasse 11, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. März 1987, GZ 11 R 46/87-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 2. Dezember 1986, GZ 19 Cg 185/85-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 9. Mai 1962 vor dem Standesamt Wien-Favoriten die beiderseits erste Ehe geschlossen. Ihr entstammen die am 30. Oktober 1962 geborene Tochter Karin, der am 8. April 1964 geborene Sohn Dietmar und die am 11. Februar 1968 geborene Tochter Ingrid. Beide Streitteile sind österreichische Staatsbürger; ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten sie in Wien.

Der Kläger begehrte mit der am 16. Juli 1985 eingebrachten Klage die Scheidung der Ehe ohne jeglichen Verschuldensausspruch. Er brachte vor, seine von ihm am 20. Dezember 1984 zu 32 Cg 389/84 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien wegen Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten seit dem 10. Oktober 1975 gegen die Beklagte eingebrachte Scheidungsklage habe er zurückgezogen, nachdem die Beklagte am 12. April 1985 erklärt habe, sie werde den Kläger an der Rückkehr nicht hindern. Er habe sich daraufhin am 15. April 1985 in die Ehewohnung begeben, die Beklagte habe sich aber geweigert, ihm einen sinnvollen Platz für die Unterbringung seiner Wäsche zur Verfügung zu stellen. Er habe die Nacht auf einer Campingliege verbringen müssen und sei von der Beklagten und den Kindern Karin und Dietmar durch Fernsehen bis 22 Uhr gestört worden. Abendessen habe er keines bekommen. Ab 16. April 1985 sei ihm eine Couch im Wohnzimmer als Schlafstätte zur Benutzung angewiesen worden. Der Kläger, der die ernsthafte Absicht gehabt habe, mit der Beklagten ein geordnetes Eheleben zu beginnen, habe sich über diese vermeintlichen Anfangsschwierigkeiten hinweggesetzt und der Beklagten vorgeschlagen, die großjährige Tochter Karin möge sich um eine eigene Wohnung umsehen, er würde die Ehewohnung auf seine Kosten umbauen lassen. Die Beklagte habe aber erklärt, daß ihre Kinder in der Wohnung bleiben könnten, solange sie wollten und wenn sie 50 Jahre alt würden. Den Versuch des Klägers, mit der Beklagten die Wiederaufnahme von sexuellen Beziehungen zu besprechen, habe diese dahingehend beantwortet, daß sie kein Interesse an sexuellen Kontakten mit ihm habe, es sei ihr egal, wo er schlafe und was er mache. Ende Mai 1985 habe die Beklagte erklärt, sie sei nie damit einverstanden gewesen, daß der Kläger wieder mit ihr zusammenlebe; falls er Gäste bringe, werde sie unverzüglich zur Polizei gehen, um diese aus der Wohnung hinauszuweisen.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und für den Fall der Stattgebung die Feststellung des überwiegenden Mitverschuldens des Klägers. Sie behauptete, der Kläger habe zunächst im Jahre 1975 die Ehegemeinschaft aufgehoben und sei zu seiner damaligen Freundin Brigitte T*** gezogen. Im letzten Jahr habe er eine ehewidrige Beziehung zu Hildegard S*** aufgenommen. Die Beklagte habe sich seiner 1984 eingebrachten und auf § 55 EheG gestützten Scheidungsklage nicht widersetzt, jedoch eine auf Unterhalt gerichtete Widerklage eingebracht. Der Rückziehung des Scheidungsbegehrens sei eine Aussprache der Streitteile vorausgegangen, bei welcher der Kläger den Standpunkt vertreten habe, er werde in die Ehewohnung zurückkommen und allen das Leben zur Hölle machen, wenn die Beklagte nicht auf ihren Unterhaltsanspruch verzichte. Tatsächlich sei der Kläger wenige Tage danach in der Ehewohnung erschienen und habe erklärt, wieder bei der Beklagten und den Kindern wohnen zu wollen. Die Ehewohnung, eine Hausbesorgerdienstwohnung mit drei Wohnräumen, sei aber nach dem 1975 erfolgten Auszug des Klägers zwischen der Beklagten und den drei Kindern entsprechend aufgeteilt worden. Seither schlafe die Beklagte auf einer Couch im Wohnzimmer. Der Kläger habe nunmehr ein eigenes Zimmer haben wollen. Er sei aber an einer Wiederaufnahme des ehelichen Zusammenlebens in keiner Weise interessiert gewesen und habe nur seine Androhung wahrmachen wollen. Er habe sich in keiner Weise an den Lebenshaltungskosten und den Betriebskosten der Wohnung beteiligt und sogar seine Unterhaltsleistungen für die beiden minderjährigen Kinder reduziert. Dennoch habe die Beklagte für den Kläger den Haushalt geführt, für ihn gewaschen, gebügelt und geflickt. Das Frühstück hätten die Streitteile gemeinsam eingenommen. Von dem von der Beklagten für die Kinder gekochten Mittagessen habe sie dem Kläger für den Abend etwas aufgehoben. Der Kläger habe sich aber geweigert, Aufgewärmtes zu essen. Er habe sich das Abendessen - allerdings aus den von der Beklagten eingekauften Lebensmitteln - selbst zubereitet. Schon nach etwa drei Wochen habe der Kläger begonnen, abends spät oder gar nicht nach Hause zu kommen und sei zum Wochenende weggeblieben. Am 28. Mai 1985 habe er ein Bett in die Wohnung gebracht, in dem er jedoch nur einmal geschlafen habe. Bis dahin habe er auf einem Campingbett genächtigt. Seit 29. Mai 1985 habe der Kläger nicht mehr in der Ehewohnung geschlafen, danach sei er noch gelegentlich nach der Arbeit auf ca. eine Stunde zu Besuch gekommen, seit Ende Juni 1985 hätten auch diese Besuche wieder aufgehört.

Im zweiten Rechtsgang stellte der Kläger klar, daß er in erster Linie die Scheidung der Ehe aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten begehre, wobei er deren bisher geltend gemachtes Verhalten anläßlich seiner Rückkehr in die Ehewohnung als Scheidungsgrund gemäß § 49 EheG geltend mache. Hilfsweise begehre er die Ehescheidung gemäß § 55 EheG, falls das Gericht zur Überzeugung kommen sollte, daß es zu der von ihm behaupteten Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft nicht gekommen sei (ON 17, AS 85 und ON 18, AS 93). Die Beklagte stellte daraufhin für den Fall der Ehescheidung nach § 55 EheG den Antrag auf Ausspruch des alleinigen Verschuldens des Klägers an der Zerrüttung.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das auf § 49 EheG gestützte Begehren auf Scheidung aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten ab, indem es spruchmäßig die Feststellung des alleinigen Verschuldens der Beklagten ablehnte. Im übrigen sprach es in Anwendung des § 55 Abs 3 EheG die Scheidung der im Jahre 1962 geschlossenen Ehe der Streitteile aus und stellte gemäß § 61 Abs 3 EheG fest, daß den Kläger das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

1975 zog der Kläger, ohne daß ihm die Beklagte dazu Anlaß gegeben hätte, aus der ehelichen Wohnung aus.

Im Zuge des zu 32 Cg 389/84 des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien geführten Scheidungsverfahrens versuchte der Kläger, von der Beklagten eine einvernehmliche Scheidung mit Unterhaltsverzicht zu erreichen. Als die Beklagte einen Unterhaltsverzicht ablehnte, entgegnete er, dann werde er in die Ehewohnung zurückkehren und sogar mit der Beklagten geschlechtliche Beziehungen aufnehmen, wenn er sich auch überwinden müsse. Dann zog der Kläger die Scheidungsklage zurück und zog nach zehnjähriger Trennung wieder in die Ehewohnung zur Beklagten, um deren Unterhaltsbegehren besser entgegentreten zu können. In der Zeit der Trennung hatte er jeweils zu anderen Frauen intime Beziehungen unterhalten, zuletzt in der Wohnung in Baden, wo er auch jetzt noch wohnt und die er bei seiner Rückkehr in die eheliche Wohnung auch nicht aufgegeben hatte.

Schon bei seinem Einzug sagte er der Beklagten, sie müsse auch die ehelichen Pflichten erfüllen und fragte, wann diese vollzogen werden sollten. Die Beklagte merkte, daß es dem Kläger nicht um die Aufnahme einer echten ehelichen Lebensgemeinschaft ging und verhielt sich daher sehr reserviert.

Die Beklagte kaufte Lebensmittel auch für den Kläger ein, wusch seine Wäsche und machte ihm täglich das Bett. Die Streitteile frühstückten aber nicht gemeinsam, da der Kläger schon früher aufstand als die Beklagte. Diese kochte auch für ihn, allerdings nur mittags, aber der Kläger lehnte es ab, sich das (bereits mittags zubereitete) Essen abends zu wärmen und zu konsumieren. In der ehelichen Wohnung wohnen neben der Beklagten auch noch der Sohn und die Tochter (gemeint wohl: Töchter) je in einem Zimmer. Die Beklagte schläft im Wohnzimmer auf einer Couch. Sonst sind nur noch eine Küche, Bad, WC und ein Abstellraum vorhanden. Der Kläger schlief zunächst auf einer Campingliege im Wohnzimmer, dann brachte er sich ein Bett, welches ebenfalls im Wohnzimmer aufgestellt wurde. Er wollte im Zimmer der Töchter schlafen, und zwar im Bett der jüngeren Tochter, die nur selten in der Ehewohnung übernachtete. Er schlief auch einmal dort, aber die Beklagte und die Kinder waren dagegen. Der Kläger schlief nicht jede Nacht in der ehelichen Wohnung, insbesondere nicht zu den Wochenenden. Nach knapp zwei Monaten zog er wieder aus. Zu sexuellen Beziehungen zwischen den Streitteilen kam es nicht.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, es könne der Beklagten schon deshalb nicht als schwere Eheverfehlung angerechnet werden, daß sie dem finanziellen Manöver des Klägers reserviert gegenübergestanden sei, weil es diesem gar nicht um die Aufnahme einer echten ehelichen Lebensgemeinschaft gegangen sei. Von einer Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft der Ehegatten könne nicht gesprochen werden, da der Kläger keinen ernstlichen Willen dazu gehabt habe und die Streitteile nur nebeneinander in derselben Wohnung gewohnt hätten. Dem Scheidungsbegehren habe daher gemäß § 55 Abs 3 EheG stattgegeben werden müssen, da die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten seit mehr als sechs Jahren aufgehoben sei. Die Zerrüttung der Ehe habe der Kläger allein verschuldet. Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und führte rechtlich im wesentlichen aus, nach zehnjähriger grundloser Trennung könne es keine Basis für die Wiederaufnahme einer Ehegemeinschaft sein, wenn diese von seiten des grundlos ausgezogenen Ehepartners ausschließlich deshalb erfolgt, um den Unterhaltsforderungen des anderen Teiles besser entgegentreten zu können. Im Hinblick auf die festgestellten Äußerungen des Klägers in bezug auf seine Überwindung bei Wiederaufnahme von geschlechtlichen Beziehungen zur Beklagten sei es nur verständlich, daß sich diese zurückhaltend und abweisend verhalten habe. Wenn sich die Beklagte daher dem Kläger gegenüber nach zehnjähriger Trennung und seinem Wiedereinzug in die Ehewohnung, nur um ihren berechtigten Unterhaltsforderungen zu entgehen, reserviert verhalten habe, so könne dies der Beklagten nicht als schwere Eheverfehlung angelastet werden. Der nur aus finanziellen Gründen erfolgte vorübergehende Einzug des Klägers in die Ehewohnung ohne seinen Willen, eine echte eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen, sei nicht als eine echte Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft, sondern nur als kurzfristiges Nebeneinanderwohnen zu bewerten. Eine echte Wiederaufnahme hätte neben einer vollen Wohnungs-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft auch die Wiederherstellung einer geistig-seelischen Lebensgemeinschaft erfordert. Zu all dem sei es aber nicht gekommen. Dem subsidiär gestellten Scheidungsbegehren gemäß § 55 EheG sei daher schon infolge der mehr als zehnjährigen Trennung stattzugeben gewesen. Auch der Anspruch über das alleinige Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe sei gemäß § 61 Abs 3 EheG zu Recht erfolgt, weil dieser die eheliche Wohnung 1975 verlassen habe, ohne daß ihm die Beklagte hiezu Anlaß gegeben hätte, und nichts hervorgekommen sei, was letzterer gleichfalls als schweres Verschulden an der Zerrüttung angerechnet werden könnte. Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung seines primär auf Ehescheidung aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten gerichteten Begehrens, hilfsweise auf Abänderung im Sinne der Abweisung des von der Beklagten gestellten Verschuldensantrages gemäß § 61 Abs 3 EheG oder auf Urteilsaufhebung.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel des Klägers nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Mit seiner Mängelrüge erhebt der Kläger den Vorwurf, die Vorinstanzen, vor allem aber das Berufungsgericht, hätten zur Frage, wann eine Zerrüttung der Ehe eingetreten sei, wer bis zu diesem Zeitpunkt die Zerrüttung verschuldet habe und in welcher zeitlicher Relation hiezu die ihm vorgeworfenen Eheverfehlungen stünden, keinerlei Feststellungen getroffen und insbesondere zu seiner Aussage, wonach er mit der Beklagten vor 1984 ein verhältnismäßig gutes Verhältnis gehabt habe und zwischen ihnen gleichsam vereinbart gewesen sei, daß der Kläger nicht zu Hause wohne und die Beklagte für ihn nicht den Haushalt führe, was seit etwa 1975 so gegangen sei, nicht Stellung genommen. Damit macht der Kläger aber in Wahrheit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zugehörige angebliche Feststellungsmängel geltend, zu deren Vorliegen erst bei Behandlung der Rechtsrüge Stellung zu nehmen sein wird. Es sei aber bereits an dieser Stelle darauf verwiesen, daß es in einem nicht vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren nicht als Feststellungsmangel angesehen werden kann, wenn eine mögliche überschießende Feststellung nicht getroffen wird (EFSlg 49.407). Daß der Auszug des Klägers seit 1975 aber gleichsam einer Vereinbarung der Streitteile entsprochen hätte, ist vom Kläger niemals vorgebracht worden und läge auch nicht in der Richtung seines sonstigen Parteivorbringens.

Soweit der Kläger unter diesem Revisionsgrund im übrigen noch weitere angebliche Feststellungsmängel über die näheren Umstände seiner "Rückkehr" in die Ehewohnung im Frühjahr 1985 geltend macht und in diesem Zusammenhang seine hiefür festgestellte Motivation bestreitet, wendet er sich in Wahrheit gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen. Er übersieht dabei, daß auch im Eheverfahren die Beweiswürdigung in dritter Instanz nicht mehr überprüfbar ist (EFSlg 49.400 u.a.).

In seiner Rechtsrüge vertritt der Kläger die Auffassung, daß die Abweisung seines auf Scheidung der Ehe aus dem alleinigen Verschulden der Beklagten gerichteten Begehrens an einer entsprechenden Feststellungsgrundlage ermangle, und daß im übrigen auch Feststellungen darüber fehlten, in welchem Ausmaß und zu welchem Zeitpunkt die Ehe als zerrüttet zu gelten habe. Dabei übersieht der Rechtsmittelwerber, daß ihm auf der Grundlage der allein maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen der Beweis der von ihm behaupteten sonstigen schweren Eheverfehlungen der Beklagten im Sinne des § 49 EheG nicht gelungen ist. Das Berufungsgericht hat vielmehr zutreffend erkannt, daß das im einzelnen festgestellte Verhalten der Beklagten gegenüber dem Kläger im Frühjahr 1985, welches mit dem Wort "reserviert" zusammengefaßt wurde, schon deshalb keine schwere Eheverfehlung im Sinne des § 49 EheG darzustellen vermag, weil die Beklagte die "Rückkehr" des Klägers in die Ehewohnung als finanziell motiviertes Manöver zur Abwehr ihrer Unterhaltsansprüche erkannte. Sie merkte ja, daß es dem Kläger gar nicht um die Wiederaufnahme einer echten ehelichen Lebensgemeinschaft mit ihr ging. Dies umso mehr, als er ihr vorher, noch im Zuge des Scheidungsverfahrens, bereits die Rückkehr in die Ehewohnung und die Wiederaufnahme geschlechtlicher Beziehungen angedroht hatte, "wenn er sich auch (dazu) überwinden müsse". Ebenso zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß in der kurzfristigen "Rückkehr" des Klägers in die Ehewohnung im Frühjahr 1985 keine den Fristenlauf des § 55 Abs 3 EheG berührende Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft gelegen sein kann. Ebenso wie eine Auflösung der häuslichen Gemeinschaft auch dann anzunehmen ist, wenn die Ehegatten in derselben Wohnung bleiben, persönliche Kontakte zwischen ihnen aber praktisch nicht mehr bestehen (EFSlg 41.233; 41.235 u.a.), kann in der Wiederherstellung eines solchen Zustandes auch keine Wiederaufnahme der häuslichen Gemeinschaft liegen. Denn eine häusliche Gemeinschaft setzt eine Beziehung der Ehegatten voraus, die als Gemeinschaft anzusehen ist. Wechselseitige Unterstützungen der Ehegatten in abgegrenzten Teilbereichen vermögen dabei an der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft nichts zu ändern (3 Ob 617/82, insoweit nicht veröffentlicht). Der Umstand, daß die Beklagte während der kurzen Dauer seines "Gastspieles" in der Ehewohnung auch für ihn Lebensmittel eingekauft, die Wäsche gewaschen und ihm das Bett gemacht hat, vermag daher unter den festgestellten sonstigen konkreten Umständen des kurzfristigen "Zusammenlebens" noch keine häusliche Gemeinschaft zu begründen. Danach ermangelte es vielmehr in jeglicher Hinsicht an einer dem Wesen einer Ehe entsprechenden geistig-seelischen und körperlichen Lebensgemeinschaft. Das festgestellte kurzfristige Nebeneinanderleben der Ehegatten im Frühjahr 1985 kann daher nicht als Wiederaufnahme einer häuslichen Gemeinschaft angesehen werden, weshalb die Voraussetzungen für die vom Kläger subsidiär begehrte Scheidung nach § 55 Abs 3 EheG gegeben sind. Der Ausspruch der Scheidung nach dieser Gesetzesstelle wird von ihm - wie sich aus seinen Rechtsmittelanträgen im Gegensatz zu seiner Rechtsmittelerklärung ergibt - auch gar nicht bekämpft. Er wendet sich vielmehr nur mehr gegen den über Antrag der Beklagten gemäß § 61 Abs 3 EheG erfolgten Ausspruch seines alleinigen Verschuldens an der Zerrüttung der Ehe.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang Feststellungsmängel vor allem über den Zeitpunkt der eingetretenen Zerrüttung geltend macht, so übersieht er, daß für die Annahme des Scheidungstatbestandes nach § 55 Abs 1 bzw. 3 EheG keineswegs eine unheilbare Zerrüttung der Ehe schon seit Beginn der mindestens drei bzw. sechs Jahre zurückliegenden Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft erforderlich ist (EFSlg 41.242 u.a.). Entgegen seiner Auffassung haben die Vorinstanzen vielmehr richtig erkannt, daß ihn, der die häusliche Gemeinschaft der Streitteile, ohne daß ihm die Beklagte dazu Anlaß gegeben hätte, bereits im Jahre 1975 aufgegeben und der seither jeweils zu anderen Frauen intime Beziehungen unterhalten hat, schon deshalb das alleinige Zerrüttungsverschulden im Sinne des § 61 Abs 3 EheG trifft. Jeder Ehegatte ist nämlich verpflichtet, alles in seinen Kräften Stehende zu tun, um sich seine eheliche Gesinnung zu erhalten. Er ist in der Regel dafür verantwortlich, daß seine eheliche Gesinnung schwindet (EFSlg 41.297). Im vorliegenden Fall fehlen auch jegliche Anhaltspunkte dafür, daß es dem Kläger trotz Aufbietens aller sittlichen Kräfte etwa nicht möglich gewesen wäre, sich seine eheliche Gesinnung zu bewahren. Gründe für ein allfälliges Verschulden der Beklagten an der Zerrüttung der Ehe sind nicht festgestellt worden.

Der Revision war daher aus allen diesen Gründen ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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