European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1987:0060OB00602.870.1008.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozesskosten.
Begründung
Unter Bezugnahme auf das schriftliche Angebot des Beklagten vom 30. November 1976 erteilte diesem das A***** mit Schlussbrief vom 30. März 1977 den Auftrag zur Erstellung eines Detailprojektes für das Bauvorhaben "Hachau" im Bereich der Filzmooser Gemeindestraße. Über die von ihm durchgeführten Projektierungsarbeiten legte der Beklagte mit Schreiben vom 10. Februar 1978 an das A***** seine Schlussrechnung. Im Rahmen der Kostenermittlung des von ihm erstellten Detailprojektes "Baulos Hachau" war der Beklagte auf der Preisbasis 1978 zu Gesamtkosten für den Straßenbau von S 16 Mill., für die Grund- und Objektseinlösung inklusive Entschädigungen von S 1 Mill. und für Brückenbauten von S 1 Mill., insgesamt daher zu Gesamtkosten von S 18 Mill., gelangt. Die T***** Gesellschaft mbH legte als Bieterin ein Angebot vom 24. Juni 1979 über eine Angebotssumme von S 17,852.276,10, die weiteren Bieter A***** Baugesellschaft mbH und Werner S***** Gesellschaft mbH erstellten Angebote vom 29. Juni 1979 über Angebotssummen von S 17,215.689,06 und S 18,359.607,43.
Mit Schreiben des A***** vom 2. Dezember 1981, "verfasst" (gemeint wohl: gefertigt) von Hofrat Dipl. Ing. K***** "für die Landesregierung", wurde der Beklagte darauf hingewiesen, dass sich im Zuge der Bauarbeiten für das gegenständliche Baulos große Differenzen zwischen den von ihm in der Massen- bzw. Kostenermittlung ausgewiesenen und den tatsächlichen Massen ergeben hätten. Nach Überprüfung seiner Massenermittlung sei festgestellt worden, dass nicht nur die Aufteilung zwischen "Fels" und "offenem Abtrag" falsch sei, sondern auch Aufsummmierungsfehler vorlägen. Im technischen Bericht des gegenständlichen Projektes sei vom Beklagten vermerkt worden, dass eine Beurteilung anhand von Röschen und Probelöchern vorgenommen worden und durchwegs mit gewachsenem Fels zu rechnen sei. Ausgewiesen sei dann aber nur ein Felsabtrag von 12.000 m3 worden. Der Beklagte wurde daher in dem Schreiben gebeten, diesbezüglich eine Stellungnahme abzugeben.
Der Schluss-Verdienstausweis der A***** Baugesellschaft mbH vom 26. Februar 1982 über das Bauobjekt "Hachau" Filzmooser Gemeindestraße für die Zeit vom Baubeginn bis 30. Juni 1981 wies für die geleisteten Arbeiten einen korrigierten Gesamtverdienst-Betrag von S 31,342.261,83 aus.
Mit der am 17. Jänner 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von S 8,903.914,95 sA. Sie brachte vor, der Beklagte habe im Rahmen der von der klagenden Partei bei ihm in Auftrag gegebenen Erstellung des Detailprojektes über das gegenständliche Straßenbauvorhaben Projektkosten von S 17 Mill veranschlagt. Bei der Endabrechnung habe sich aber herausgestellt, dass die Kosten tatsächlich S 32,225.563,05 ausgemacht hätten. Der Projektierung des Beklagten hätten grobe und weittragende Fehler angehaftet, die ihm als Verschulden zur Last fielen. So habe er einen Felsabtrag von 6.000 m3 gegenüber einem wirklich erforderlichen Abtrag von 59.000 m3 angenommen. Bei korrekter Projektierung und darauf basierender Ausschreibung samt Zuschlag wäre die Kostenbelastung der klagenden Partei "ganz enorm niedriger" gewesen. Sie verlange vom Beklagten den Ersatz der Differenz zwischen dem von ihr tatsächlich geleisteten Aufwand und jenem Aufwand, welchen sie zu leisten gehabt hätte, wenn ihr unter Zugrundelegung der richtigen Kubaturen das beste Angebot vorgelegt und dementsprechend auch angenommen worden wäre. Der Aufwand für ein derartiges "Alternativprojekt" hätte dann nur S 20,353.676,45 betragen. Vom Differenzbetrag seien 25 % in Abschlag zu bringen, weil in diesem Umfang die Gemeinde Filzmoos an den Kosten des Straßenbaues beteiligt gewesen sei.
In der Folge stellte die klagende Partei klar, dass sie dem Beklagten nicht allfällige Ungenauigkeiten der Vermessung sowie der Massenermittlung an sich anlaste, sondern nur die Tatsache der falschen Beurteilung der Abtragmassen im Fels und offenem Abtrag. Sie habe vor der Vorlage des Verdienstausweises der A***** Baugesellschaft mbH vom 26. Februar 1982, welcher am 7. April 1982 beim A***** eingelangt sei, noch gar nicht ermitteln können, ob überhaupt ein Schaden eintreten werde. Ihr Schaden bestehe nämlich gerade nicht in der Kostenüberschreitung, sondern in der Differenz zwischen den tatsächlich geleisteten Zahlungen und den Kosten, die entstanden wären, wenn bei richtiger Schätzung der Aushubmassen ein anderer - insgesamt günstigerer - Bieter den Zuschlag erhalten hätte. Da die A***** Baugesellschaft mbH bei diversen Kosten (gemeint offenbar: Posten) sehr billig angeboten habe und auch einzelne dieser billig angebotenen Posten vom Beklagten falsch geschätzt worden seien, habe die klagende Partei bis zum Vorliegen des Verdienstausweises darauf vertrauen dürfen, dass die A***** Baugesellschaft mbH vielleicht "unter dem Strich" trotz der gewaltigen Kostenüberschreitung doch noch im Vergleich zu den anderen Offerten die günstigere Bieterin sein werde. Dazu komme noch, dass die vorgelegten Verdienstausweise in der Praxis regelmäßig noch deutlich nach unten korrigiert würden. Der Landeshauptmann von Salzburg habe vom Schadenseintritt erst am 17. Dezember 1984 Kenntnis erhalten.
Der Beklagte wendete unter anderem Verjährung ein. Er behauptete, die klagende Partei habe ihm bereits mit Schreiben vom 2. Dezember 1981 die im Zuge der Bauarbeiten aufgetretenen großen Differenzen zwischen den von ihm ermittelten und den tatsächlichen Massen bzw. Kosten vorgeworfen. Dies sei ihm mündlich bereits lange Zeit davor vorgehalten worden.
Das Erstgericht wies das gestellte Klagebegehren zur Gänze ab. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen und vertrat in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, dass dem zuständigen Beamten des A*****, nämlich Hofrat Dipl. Ing. K*****, bereits am 2. Dezember 1981 das Bestehen von großen Differenzen zwischen den vom Beklagten ermittelten und den tatsächlichen Massen, die Unrichtigkeit der Aufteilung zwischen "Fels" und "offenem Abtrag" und auch das Vorliegen anderer Fehler bekannt gewesen seien. Gemäß Art. 34 Abs. 1 des Salzburger Landes-Verfassungsgesetzes 1945 werde die Vollziehung des Landes durch die vom Landtag gewählte Landesregierung ausgeübt. Nach der Rechtsprechung gelte das Wissen eines bevollmächtigten Vertreters einer geschädigten Kapitalgesellschaft nur in Beziehung auf rechtserhebliche Tatsachen, die mit dem spezifischen Vertretungsbereich verbunden seien, bezüglich dessen er tätig geworden sei, als Wissen der Gesellschaft. Hofrat Dipl. Ing. K***** sei für die S***** mit der Sache befasst gewesen. Es sei daher auch hier eine Wissenszurechnung zu Lasten der klagenden Partei vorzunehmen. Die genaue Kenntnis der Schadenshöhe sei nicht erforderlich gewesen. Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Beschluss der Berufung der klagenden Partei Folge. Es hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurück und führte aus: Nach § 1489 ABGB verjährten Schadenersatzansprüche in drei Jahren von der Zeit an, zu welcher der Schaden und die Person des Beschädigers dem Geschädigten bekannt geworden seien. Dies bedeute nach der Rechtsprechung, dass dem Beschädigten alle für das Entstehen des Anspruches maßgeblichen Tatumstände bekannt gewesen seien. Die Verjährungsfrist beginne, wenn dem Geschädigten der Sachverhalt so weit bekannt sei, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg anstellen könne. Er dürfe allerdings nicht so lange warten, bis er Gewissheit über den Erfolg einer angestrebten Klage habe, weil das dem Prozess anhaftende Risiko nicht bewirken könne, dass der Beginn der Verjährungsfrist hinausgeschoben werde. Nach herrschender Ansicht beginne die Verjährungsfrist nicht erst mit dem tatsächlichen Schadenseintritt, sondern grundsätzlich bereits mit Kenntnis des Geschädigten von der schädigenden Handlung, soferne der Schaden in diesem Zeitpunkt schon vorhersehbar gewesen sei. Außerdem sei die Kenntnis der Höhe des Schadens für den Beginn der Verjährung nicht erforderlich, weil mangels Kenntnis der Schadenshöhe der Eintritt der Verjährung durch Feststellungsklage verhindert werden könne. Der die Verjährung Behauptende sei für den Beginn der Verjährungsfrist beweispflichtig.
Erklärungen von Organen des Bundes (oder anderer Gebietskörperschaften) seien nur innerhalb der ihnen eingeräumten Vertretungsmacht verbindlich, wenn deren Umfang durch Gesetz oder öffentlich bekannt gemachte Vorschriften eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise kundgemacht worden sei. Der Straßenbau an allen öffentlichen Straßen mit Ausnahme von Bundesstraßen falle in Gesetzgebung und Vollziehung in den Kompetenzbereich der Länder. Angelegenheiten des Straßenbaues gehörten nicht zur Hoheits-, sondern zur Privatwirtschaftsverwaltung. Nach den in Betracht kommenden bundes- und landesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen vertrete der Landeshauptmann das Land und er sei auch der Vorstand des Amtes der Landesregierung. Dieses gliedere sich in Abteilungen, auf die die Geschäfte nach ihrem Gegenstand und ihrem sachlichen Zusammenhang aufgeteilt würden. Den Abteilungen und Gruppen stünden Beamte des Amtes der Landesregierung vor. Die Zahl der Abteilungen und die Aufteilung der Geschäfte auf sie, im Bedarfsfalle auch die Zusammenfassung der Abteilungen zu Gruppen, werde in der Geschäftseinteilung des Amtes der Landesregierung festgesetzt, die vom Landeshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung erlassen werde. Die Abteilungen des Amtes der Landesregierung besorgten die ihnen nach der Geschäftseinteilung zukommenden Geschäfte, soweit es sich um solche des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes handle, nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung unter der Leitung der Landesregierung und der einzelnen Mitglieder derselben und, soweit es sich um solche der mittelbaren Bundesverwaltung handle, unter der Leitung des Landeshauptmannes. Das Nähere über den Geschäftsgang im Amt der Landesregierung werde durch eine Geschäftsordnung geregelt. In dieser sei insbesondere auch zu regeln, inwieweit der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder derselben unbeschadet ihrer durch die Bundesverfassung und die Landesverfassung geregelten Verantwortlichkeit, sich bei den zu treffenden Entscheidungen oder Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den Landesamtsdirektor, durch die Gruppenvorstände und Abteilungsvorstände oder ausnahmsweise auch einzelne, den Abteilungen zugeteilte Beamte vertreten lassen könnten. Nach § 2 Abs 1 der mit Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 11. November 1974, LGBl Nr 106/1974, erlassenen Geschäftsordnung des A***** habe das Amt der Landesregierung unter der Leitung der Landesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder die der Landesregierung als dem obersten Organ der Vollziehung des Landes zugewiesenen Aufgaben und unter Leitung des Landeshauptmannes oder nach Maßgabe der Geschäftsordnung der Landesregierung in dessen Namen und nach dessen Weisung unter der Leitung anderer Mitglieder der Landesregierung die diesen zugewiesenen Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung sowie nach Maßgabe des Artikels 104 Abs 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 die Geschäfte der Verwaltung des Bundesvermögens (Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes) zu besorgen. Gemäß § 5 Abs 1 und 4 der Geschäftsordnung würden der Landeshauptmann, die Landesregierung oder einzelne Mitglieder der L***** durch den Landesamtsdirektor, die Leiter der Abteilungen des Amtes der Landesregierung oder durch einzelne, den Abteilungen zugeteilte Bedienstete (Sachbearbeiter) vertreten. Soferne nicht eine Vertretung durch den Landesamtsdirektor stattfinde, seien die Leiter der Abteilungen des Amtes der Landesregierung in dem der betreffenden Abteilung nach der Geschäftseinteilung zugewiesenen Geschäftsbereich zur Vertretung berechtigt. Gemäß § 8 Abs 1 und 9 der Geschäftsordnung stünden den Abteilungen des A***** Abteilungsleiter vor und es kämen dem Leiter einer in Unterabteilungen gegliederten Abteilung in Abweichung von den Bestimmungen über die Aufgaben der Abteilungsleiter "jene Rechte und Pflichten zu, die dem Leiter einer Abteilung zukämen, die nicht in Unterabteilungen gegliedert sei" (richtig: "hinsichtlich der Unterabteilungen die Oberleitung zu"). Dem Unterabteilungsleiter kämen unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 8 Abs 9 in Unterordnung unter dem Abteilungsleiter jene Rechte und Pflichten zu, die dem Leiter einer Abteilung zukämen, die nicht in Unterabteilungen gegliedert sei. Nach der mit Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 27. April 1981, LGBl Nr. 44/1981, erlassenen Geschäftseinteilung des A***** sei die Abteilung 6 des A***** für technisches Bauwesen zuständig und das Referat 6/03 mit Rechtsangelegenheiten (Rechtshilfe in behördlichen und gerichtlichen Verfahren; Verwaltungsübereinkommen; Verträge; Schadenersatzforderungen; Rechtsgutachten; rechtliche Ziviltechnikerangelegenheiten) betraut. Die Unterabteilung 6/2 sei für den Straßenbau zuständig.
In Privatrechtsangelegenheiten vertrete der Landeshauptmann das Land. Neben der allgemeinen Vertretungszuständigkeit des Landeshauptmannes komme allerdings noch eine solche der Mitglieder der Landesregierung als Einzelorgane für ihren Ressortbereich in Betracht. Denn von der Ermächtigung des § 3 Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl Nr 289, zur Einführung des Ministerialsystems hätten alle Länder außer Wien Gebrauch gemacht und, abgesehen von bestimmten, der Beschlussfassung der Landesregierung vorbehaltenen Angelegenheiten, die gesamte Landesverwaltung (einschließlich der Privatwirtschaftsverwaltung) ressortmäßig auf die Mitglieder der Landesregierungen verteilt. Als Inhaber von Geschäftsführungskompetenzen seien diese somit die im Kompetenzbereich auch zur Vertretung des Landes berufenen Organe. Für den Umfang der Vertretungsmacht der einzelnen Mitglieder der Landesregierung komme es allein auf die Bestimmung in der Geschäftsordnung an. Somit bedürfe es keiner eigenen privatrechtlichen Bevollmächtigung der Beamten der Landesregierung zur Durchführung bestimmter Geschäfte mehr. Zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben auch der Privatwirtschaftsverwaltung genügten die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 und 3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl Nr 298, und (im vorliegenden Fall) die Bestimmungen der §§ 2 und 5 der Geschäftsordnung des A*****.
Die zu positiven (Willens‑)Erklärungen von Organen von Gebietskörperschaften ergangene Rechtsprechung müsse auch für die Beantwortung der Frage gelten, ob das Wissen eines bestimmten Organes der Gebietskörperschaft zuzurechnen sei. Daraus ergebe sich, dass die für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist entscheidende Kenntnis der Gebietskörperschaft nur dann zuzurechnen sei, wenn das für die Besorgung der entsprechenden Angelegenheiten zuständige Organ diese Kenntnis erlangt habe. Im vorliegenden Fall wäre dies der Leiter der Abteilung 6 des Amtes der Landesregierung, weil zu dessen Referat 6/03 unter anderem "Schadenersatzforderungen" gehörten. Ob der das Schreiben vom 2. Dezember 1981 "für die Landesregierung" unterfertigende Hofrat Dipl. Ing. K***** Leiter dieser Abteilung gewesen sei, sei vom Erstgericht nicht festgestellt worden. Aus der Geschäftszahl dieses Schreibens wäre allerdings der Schluß zu ziehen, daß er Leiter der Unterabteilung 6/2 gewesen sei, die zwar für den Straßenbau, nicht aber für die in diesem Zusammenhang entstehenden Schadenersatzforderungen zuständig sei. Ebenso wie etwa eine Erklärung des Hofrates Dipl. Ing. K*****, auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zu verzichten, dem Land S***** nur dann zugerechnet werden könnte, wenn er Leiter der für die Erledigung von Schadenersatzforderungen zuständigen Abteilung 6 des A***** gewesen wäre, könnte auch sein Wissen über die für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB wesentlichen Umstände dem LAND S***** nur in diesem Falle zugerechnet werden. Dies werde im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein. Überdies könne allein aufgrund des Schreibens vom 2. Dezember 1983 (richtig: 1981) eine den Beginn der Verjährungsfrist in Lauf setzende Kenntnis des maßgebenden Sachverhaltes noch nicht abgeleitet werden. Die klagende Partei stütze ihr Begehren nämlich erkennbar darauf, dass der Kostenvoranschlag der A***** Baugesellschaft mbH im Bereich Felsabtrag relativ teuer, in anderen Bereichen aber billig gewesen sei, so dass diese Gesellschaft als die im Ergebnis Billigstbieterin den Zuschlag erhalten habe, sie aber infolge einer zu geringen Schätzung durch den Beklagten bei der Projektierung im Bereich Felsabtrag im Endergebnis teurer als die anderen Bieter gewesen sei. Insoferne wäre zwar aus der sich aus dem Schreiben vom 2. Dezember 1981 ergebenden Kenntnis von der Fehlschätzung des Beklagten eine für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist hinreichende Kenntnis des Schadens abzuleiten, die klagende Partei habe aber ergänzend vorgebracht, dass der Beklagte auch andere, von der A***** Baugesellschaft mbH billig angebotene Positionen falsch geschätzt habe und sie daher darauf habe vertrauen dürfen, dass diese Gesellschaft "unter dem Strich" doch noch am billigsten gewesen wäre. Auch dieses Vorbringen sei noch prüfungsbedürftig und es könne daher nach dem derzeitigen Verfahrensstand ohne vorherige Beweisaufnahme dazu sowie zur Behauptung des Beklagten, die klagende Partei habe schon wesentlich vor dem 2. Dezember 1981 Kenntnis vom maßgeblichen Sachverhalt gehabt, noch nicht gesagt werden, dass die eingeklagte Forderung verjährt wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss des Berufungsgerichtes vom Beklagten erhobene Rekurs ist zwar wegen des nach § 519 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zutreffend beigesetzten Rechtskraftvorbehaltes zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
Die klagende Partei ist als Gebietskörperschaft "Land" eine juristische Person und als solche sowohl Träger von Privat- als auch von Hoheitsrechten (Aicher in Rummel, ABGB Rz 4 zu § 26). Da sie als juristische Person selbst nicht wahrnehmungs- und handlungsfähig ist, ist auch für sie im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung eine organschaftliche Vertretung notwendig. Es ist daher dem Rekurswerber beizustimmen, dass insoweit die Rechtssätze der Entscheidung SZ 52/167 = GesRZ 1980, 216 auch auf den vorliegenden Fall anwendbar sind. Es stellt sich nämlich auch hier die Frage, welche physische Person von dem gemäß § 1489 ABGB maßgeblichen anspruchsbegründenden Sachverhalt wissen muss, damit diese Kenntnis der klagenden Partei selbst zugerechnet werden kann. Bevor dazu Stellung genommen wird, bedarf aber der von der klagenden Partei geltend gemachte Schadenersatzanspruch noch einer näheren Untersuchung. Es handelt sich dabei um Schadenersatzansprüche wegen Schlechterfüllung (aus einer positiven Vertragsverletzung; vgl. Koziol-Welser, Grundriss7 I, 243 ff) gegen den Beklagten als Vertragspartner, so dass im Sinne des § 1489 ABGB über die Person des Schädigers (des Ersatzpflichtigen) nie Zweifel bestehen konnten (vgl. SZ 56/76). Der Schadenersatzanspruch hat den Zweck, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittene Einbuße zukommen zu lassen. Die primäre Funktion des Schadenersatzrechtes liegt in der Verwirklichung dieses Ausgleichsgedankens (Koziol, Haftpflichtrecht2 I 3). Der Schädiger hat den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne Beschädigung gestellt wäre (SZ 25/132; SZ 43/186; SZ 45/48; SZ 50/26). Der Beklagte kann daher nur für jenen Schaden verantwortlich gemacht werden, der aus der ihm von der klagenden Partei angelasteten mangelhaften Erbringung der in Auftrag gegebenen Erstellung eines Detailprojektes für das konkrete Straßenbauvorhaben, nämlich durch seine fehlerhafte Annahme, dass nur ein Felsabtrag von 6.000 m3 gegenüber einem später tatsächlich erforderlichen Abtrag von 59.000 m3 nötig ist, resultiert. Worin die klagende Partei den ihr zugefügten Schaden nun konkret erblickt, kann entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ihrem bisherigen Vorbringen keineswegs schon mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden. Sie hat nämlich den von ihr ursprünglich geltend gemachten und auf der Basis der Differenz zwischen dem tatsächlichen Aufwand und den Kosten eines "Alternativprojektes" errechneten und um 25 % gekürzten Gesamtschaden von S 11,871.886,60 später dahingehend erläutert, dass ihr Schaden gerade nicht in der Kostenüberschreitung, sondern in der Differenz zwischen den tatsächlich geleisteten Zahlungen und den Kosten bestehe, die entstanden wären, wenn bei richtiger Schätzung der Aushubmassen ein anderer, insgesamt günstigerer Bieter den Zuschlag erhalten hätte. Die drei Bieter hätten nämlich unterschiedliche Preisansätze bei verschiedenen Posten in ihren Offerten aufgewiesen. Dieses Vorbringen lässt aber noch nicht verlässlich erkennen, von welchen konkreten Umständen der geltend gemachte Schaden nun überhaupt abhängen soll und wie die unverändert gebliebene Schadenssumme von der klagenden Partei im einzelnen errechnet wird. Bevor daher das Begehren von der klagenden Partei nicht schlüssig dargetan ist, kann in eine verlässliche Beurteilung der Verjährungsproblematik überhaupt nicht eingetreten werden. Die den Beginn der Verjährungsfrist auslösende maßgebliche Kenntnis muss nämlich den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt insoweit umfassen, dass der Geschädigte eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1489; SZ 56/36 und 76; SZ 57/171 u.a.). Schon aus diesem Grunde erweist sich somit der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichtes als gerechtfertigt.
Was aber die bereits oben angesprochene Frage der Zurechnung des Wissens für eine Gebietskörperschaft anlangt, so hat das Berufungsgericht sowohl die für den Beginn der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB maßgeblichen Rechtsgrundsätze als auch die die aktive Vertretung der klagenden Partei regelnden Rechtsvorschriften umfassend und richtig dargestellt. Sie werden vom Rekurswerber auch gar nicht in Zweifel gezogen, doch meint er, dass danach bereits der Schluss gezogen werden müsse, Hofrat Dipl. Ing. K***** sei für die klagende Partei bzw. den Landeshauptmann bzw. das nach dem Ministerialsystem zuständige Mitglied der Landesregierung im konkreten Aufgabenbereich vertretungsbefugt gewesen. Seine im Brief vom 2. Dezember 1981 dargetane Kenntnis von der Abtragsmassenüberschreitung "Fels" sei daher der klagenden Partei zuzurechnen.
Wenn nach dem bisher Gesagten bereits das Wissen von der tatsächlichen Abweichung der vom Beklagten angegebenen Felsabtragsmassen für die Kenntnis des der klagenden Partei entstandenen Schadens ausreichend gewesen sein sollte, was aber erst nach erfolgter Konkretisierung der anspruchsbegründenden Tatsachenbehauptungen der klagenden Partei beurteilt werden kann, dann wäre dem Beklagten entgegen dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass sich die klagende Partei bereits die Kenntnis des Hofrates Dipl. Ing. K***** vom 2. Dezember 1981 zurechnen lassen müsste. Es bedürfte dann auch keiner Feststellung mehr, ob dieser der Leiter der Unterabteilung 6/2 des A***** gewesen ist, weil es sich diesbezüglich um eine bereits offenkundige Tatsache im Sinne des § 269 ZPO handelt (vgl Österreichischer Amtskalender 1981/82, 210). Als Unterabteilungsleiter kamen Hofrat Dipl. Ing. K***** vielmehr gemäß § 9 Abs 1 der Geschäftsordnung, LGBl Nr 106/1974, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 8 Abs 9 in Unterordnung unter dem Abteilungsleiter jene Rechte und Pflichten zu, die dem Leiter einer Abteilung zukommen, die nicht in Unterabteilungen gegliedert ist. Er war daher gemäß § 5 Abs. 4 der Geschäftsordnung in dem der betreffenden Unterabteilung nach der "Geschäftseinteilung des A*****", LGBl Nr 44/1981, zugewiesenen Geschäftsbereich auch zur Vertretung berechtigt. Dass hier - anders als etwa im § 18 Abs 4 GmbHG und im § 71 Abs 2 letzter Satz AktG - nicht ausdrücklich auf die für den Verjährungsbeginn maßgebliche (SZ 52/167) passive Vertretungsbefugnis (vgl. dazu Schiemer, Handkommentar zum Aktiengesetz2 255) Bezug genommen wird, schadet nichts, weil eine solche schon nach der Natur der Sache von vornherein jeder aktiv vertretungsbefugten Person zukommen muss. Nach der Geschäftseinteilung war der Unterabteilung 6/2 des A***** der Geschäftsbereich "Straßenbau" zugewiesen und umfasste unter anderem die Referate "Verkehrsplanung und Straßenprojektierung" sowie "Straßenneubau". Damit fiele aber die Wahrnehmung der schadensbegründenden Abweichung der vom Beklagten angegebenen Felsabtragsmassen von den tatsächlich im Zuge des Straßenneubaues erforderlichen Massenabtragungen in das sachliche Aufgabengebiet des Unterabteilungsleiters 6/2. Es kann bei dieser Kenntnisnahme im Sinne des § 1489 ABGB nämlich nicht darauf ankommen, ob auch die rechtliche Schlussfolgerung auf das Vorliegen von Schadenersatzansprüchen und deren Verfolgung in sein Aufgaben- und Vertretungsgebiet fällt, weil dies ebensowenig bei einer physischen Person oder einer Kapitalgesellschaft, die keine eigene Rechtsabteilung besitzt, maßgeblich sein könnte. Ob solche rechtliche Schlüsse gezogen werden müssen, gehört nicht mehr zum rein tatsächlich zu verstehenden Wissen des Geschädigten, welches im Sinne des § 1489 ABGB den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist auslöst. Hiefür ist nämlich auch sonst nicht entscheidend, ob sich der Anspruchsberechtigte etwa in einem Irrtum befunden hat, sondern ob ihm objektiv alle für das Bestehen des Anspruches maßgeblichen Umstände bekannt waren (vgl Schubert, aaO, mwN). Ob der Geschädigte daher letztlich einer Rechtsberatung bedürfte, die er sich entweder bei seiner eigenen Rechtsabteilung oder ansonsten bei einem Rechtsanwalt holen müsste, ist somit nach dem anzuwendenden objektiven Beurteilungsmaßstab ohne Belang. Ebensowenig kann es entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes für die hier zu entscheidende Frage der Wissenszurechnung darauf ankommen, ob der passiv Vertretungsberechtigte auch aktiv über den Schadenersatzanspruch verfügungsberechtigt ist oder nicht. Die Zurechnung des Wissens eines passiv Vertretungsberechtigten an eine juristische Person wird nämlich gerade damit gerechtfertigt, dass die Einräumung eines gewissen Aufgabengebietes mit entsprechender Vertretungsbegfugnis, mag diese nun rechtsgeschäftlich oder - wie im vorliegenden Fall - im Wege einer Verordnung geschehen sein, die Verpflichtung mit sich bringt, dafür Sorge zu tragen, dass der solcherart Bevollmächtigte den maßgeblichen Stellen die bei Versehung seines Aufgabengebietes wahrgenommenen rechtserheblichen Tatsachen ohne Verzug berichtet, damit diese in die Lage versetzt werden, die sich aus der Kenntnis dieser Tatsachen ergebenden aktiven Schritte zur Vertretung der juristischen Person, also hier zur Prozessführung, zu unternehmen (vgl SZ 52/167). Die Rechtssache ist daher aus allen diesen Gründen noch nicht entscheidungsreif, so dass sich der angefochtene Aufhebungsbeschluss jedenfalls als gerechtfertigt erweist.
Dem Rekurs musste somit ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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