OGH 9ObA73/87

OGH9ObA73/8730.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Oder und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Erwin R***, Angestellter, Wien 12., Am

Schöpfwerk 29/12/2/21, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Fa. M*** Gesellschaft mbH, Wien 1., Milchgasse 1, vertreten durch Dr. Günther S***, Sekretär der Kammer der gewerblichen Wirtschaft, Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, dieser vertreten durch Dr. Wolfgang Aigner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 31.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.April 1987, GZ 31 Ra 21/87-14, womit das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 21.August 1986, GZ 10 Cr 93/86-9, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er als Urteil zu lauten hat:

Es wird festgestellt, daß es sich bei der vom Kläger am 25. April 1985 und 16.September 1985 im Ausmaß von insgesamt 4 Stunden für die Erfüllung von Aufgaben in seiner Funktion als Mitglied des Betriebsrates in Anspruch genommene Freizeit um eine im Sinne des § 116 ArbVG erforderliche Freizeit unter Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes handelt.

Das Mehrbegehren, es werde festgestellt, daß es sich bei der vom Kläger in der Zeit vom 24.Oktober 1984 bis 2.Dezember 1985 im Ausmaß von weiteren insgesamt 17,5 Stunden für die Erfüllung von Betriebsratsaufgaben in Anspruch genommene Freizeit um eine erforderliche Freizeit gemäß § 116 ArbVG unter Anspruch auf Fortzahlung des Entgeltes handelt, wird abgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.369,85 bestimmten Prozeßkosten (darin S 154,35 Umsatzsteuer und S 1.672,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist seit 14.Dezember 1983 Mitglied und seit 4. September 1984 Vorsitzender des Angestelltenbetriebsrates der Beklagten, deren Betriebsgegenstand die Branchen Handel mit Büromaschinen, graphisches Gewerbe und wirtschaftliches Werbewesen umfaßt. Der Kläger ist auch Mitglied des Fachgruppenausschusses Büromaschinenhandel in der Gewerkschaft der Privatangestellten. Er nahm an verschiedenen Veranstaltungen von kollektivvertragsfähigen Körperschaften teil und begehrte hiefür die Gewährung von bezahlter Freizeit nach § 116 ArbVG.

Er begehrt letztlich die Feststellung von 21,5 Stunden an Freizeit gemäß § 116 ArbVG im Zeitraum vom 24.Oktober 1984 bis 2. Dezember 1985 und zwar:

2,75 Stunden am 24.Oktober 1984

2,75 Stunden am 12.Dezember 1984

3 Stunden am 30.Jänner 1985

2,5 Stunden am 15.Februar 1985

insgesamt 4 Stunden am 25.April 1985 und 16.September 1985

3 Stunden am 16.Oktober 1985

3,5 Stunden am 2.Dezember 1985.

Die Beklagte anerkannte das Klagebegehren bezüglich der auf 25. April 1985 und 16.September 1985 entfallenden 4 Stunden (AS 33) und wandte im übrigen ein, daß die Veranstaltungen nicht einmal mittelbar der Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten gedient hätten.

Das Erstgericht gab der Klage statt und stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Gegenstand der Fachgruppensitzung vom 24.Oktober 1984 waren Berichte, Kollektivvertragsverhandlungen, Mitgliederwerbung, Betriebsratswahlen und Allfälliges. Bei dieser Sitzung wurden unter anderem die bevorstehenden Kollektivvertragsverhandlungen, spezifische Probleme der Arbeitnehmer in der Branche und im besonderen auch die Auswirkungen auf die Beklagte erörtert. Gegenstand der Fachgruppensitzung vom 12.Dezember 1984 war der Bericht über die abgeschlossenen Kollektivvertragsverhandlungen und Berichte aus den Betrieben, Erörterung von Entscheidungen der Gerichte, des Einigungsamtes und der Sozialversicherung. In dieser wie auch in anderen Sitzungen wurden jeweils die Berichte der Betriebsräte über im Betrieb anstehende Probleme entgegengenommen und erörtert.

Gegenstand der Fachgruppensitzung vom 30.Jänner 1985 waren Reaktionen zum Kollektivvertragsabschluß, Betriebsratsseminar der Fachgruppe und organisatorische Fragen. Der Kläger erstattete Bericht über die Reaktion der Arbeitnehmer der Beklagten auf den neuen Kollektivvertrag.

Gegenstand der von der Gewerkschaft der Privatangestellten für 15. Februar 1985 einberufenen Informationskonferenz für Betriebsräte im graphischen Gewerbe war die am 1.April 1985 in Kraft tretende Herabsetzung der Wochenarbeitszeit im graphischen Gewerbe auf 38 Stunden. Die Gewerkschaft vertrat die Ansicht, daß auch den kaufmännischen Angestellten im graphischen Gewerbe eine entsprechende Verkürzung der Wochenarbeitszeit gewährt werden müsse. Bei der Informationskonferenz sollte die weitere Vorgangsweise zur Durchsetzung dieser Forderung besprochen werden.

Bei der von der Gewerkschaft der Privatangestellten für 16. Oktober 1985 einberufenen Sitzung sollte eine Stellungnahme der Betriebsräte zu den bevorstehenden Kollektivvertragsverhandlungen und den darin aufzustellenden Forderungen eingeholt werden. Der Kläger sollte in diesem Zusammenhang die in seinem Betrieb anstehenden Probleme und Forderungen darlegen.

Gegenstand der Fachgruppensitzung vom 2.Dezember 1985 waren Berichte, Kollektivvertragsverhandlungen, Betriebsrätekonferenz, Neuwahl der Ausschußmitglieder und Betriebsratswahlen. Bei jeder Ausschußsitzung standen Belange der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer zur Debatte; der Kläger hatte als Betriebsratsvorsitzender seinen Betriebsbericht zu erstatten und seine Meinung zu äußern. Es wurden "spezifische Probleme des Betriebes (der Branche) besprochen".

Zuletzt wurden am 17.Juni 1985 Gut- und Minusstunden des Klägers abgerechnet, wobei die dem Kläger zugeordneten Minus-Stunden, darunter auch die Teilnahme an den Fachgruppensitzungen, mit 3 Urlaubstagen kompensiert wurden.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, daß die Teilnahme an den Fachgruppensitzungen für die Erfüllung der dem Kläger als Betriebsratsvorsitzenden obliegenden Verpflichtungen erforderlich gewesen sei.

Das Berufungsgericht hob das Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, vertrat aber die Rechtsansicht, die vom Betriebsrat erfüllenden Obliegenheiten rechtfertigten eine Feststellung nach § 116 ArbVG nur dann, wenn konkrete Anhaltspunkte im Programm darauf hinwiesen, daß Tagesordnungspunkte zur Sprache kommen, die in den Obliegenheitsbereich des Betriebsrates eines bestimmten Betriebes fielen. Würden nur nebenher Angelegenheiten des Betriebes erörtert, werde nicht das Erfordernis erfüllt, daß die Veranstaltung unmittelbar der Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten diene. Kollektivvertragsverhandlungen könnten nur dann eine Freistellung nach § 116 ArbVG bewirken, wenn die Veramstaltung der Erörterung der im Kollektivvertrag zu veranlassenden, den Betrieb betreffenden Maßnahmen diene. Die Teilnahme zum Zwecke der allgemeinen Erörterung der Gegenstand von Kollektivvertragsverhandlungen bildenden Themen, auch wenn sie auf den konkreten Betrieb Auswirkungen zeitigen könnten, reiche nicht aus. Im fortgesetzten Verfahren seien hinsichtlich der Termine 24.Oktober 1984, 12.Dezember 1984, 30. Jänner 1985, 15.Februar 1985, 16.Oktober 1985 und 2.Dezember 1985 konkrete Feststellungen zu treffen, ob die Veranstaltung unmittelbar zur Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten stattgefunden hätten oder ob betriebsbezogene Angelegenheiten nur nebenbei erörtert wurden.

Gegen diesenBeschluß richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, ihn im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die beklagte Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig.

Da das Datum der Entscheidung des Berufungsgerichtes nach dem 1. Jänner 1987 liegt, ist die Zulässigkeit des Rekurses gemäß § 101 Abs 2 ASGG nach den §§ 45 Abs 4 und 46 Abs 2 ASGG zu beurteilen. Die Setzung des Rechtskraftvorbehaltes hat das Berufungsgericht mit dem Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 2 Z 1 ASGG begründet; es ist daher offenbar davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen des § 46 Abs 2 Z 2 ASGG (Streitwert von mehr als S 30.000,--) nicht vorliegen. Da sich der Oberste Gerichtshof nur in einer einzigen, mehr als 10 Jahre zurückliegenden Entscheidung mit der Frage beschäftigt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Gewerkschaftsveranstaltung Freizeit gemäß § 116 ArbVG zu gewähren ist, liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn der zitierten Gesetzesstelle vor.

Der Rekurs des Klägers ist im Ergebnis auch berechtigt. Da die Rechtssache bezüglich der von der beklagten Partei anerkannten Zeiten (insgesamt 4 Stunden) am 25.April 1985 und am 16. September 1985 jedenfalls spruchreif ist, war die Aufhebung diesbezüglich nicht gerechtfertigt. In diesem Umfang war das Ersturteil daher wiederherzustellen.

Im übrigen ist der Rekurs lediglich so weit berechtigt, als er sich gegen die Aufhebung des Ersturteils richtet.

Zu Unrecht wendet sich der Rekurswerber allerdings gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes. Er übersieht, daß der Betriebsrat gemäß §§ 38 und 39 ArbVG (nur) die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern hat; es gehört aber nicht zu seinen in den §§ 89 ff ArbVG näher umschriebenen Aufgaben, an der überbetrieblichen Interessenvertretung mitzuwirken. Die Bestimmung des § 39 Abs 2 ArbVG, wonach die Belegschaftsorgange bei Verwirklichung ihrer (betrieblichen) Interessenvertretungsaufgaben im Einvernehmen mit den zuständigen kollektivvertragsfähigen Körperschaften vorgehen sollen, kann (auch unter Bedachtnahme auf Abs 4 dieser Gesetzesstelle) als Empfehlung des Gesetzgebers an die Belegschaftsorgane gewertet werden, sich bei Erfüllung der ihnen durch das Arbeitsverfassungsgesetz übertragenen Aufgaben von den überbetrieblichen Arbeitnehmerverbänden beraten zu lassen (siehe Strasser in Floretta-Strasser, Kommentar zum Arbeitsverfassungsgesetz 247 f). Dies hat auch der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung Arb. 9.535 = SZ 49/122 zum Ausdruck gebracht. Die Teilnahme an einer von der zuständigen Gewerkschaft damals einberufenen Betriebsrätekonferenz, in der über den Stand der im Zuge befindlichen Lohnverhandlungen gesprochen wurde - wobei die veranstaltende Gewerkschaft bestrebt war, entsprechende Basisinformationen von ihren Mitarbeitern zu erhalten - und weiters erörtert wurde, ob und in welcher Weise auf die Arbeitgeber Druck auszuüben sei, um ein positives Verhandlungsergebnis zu erzielen, wurde vom Obersten Gerichtshof als nicht unmittelbar der Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten dienend qualifiziert. Die gewonnenen Erkenntnisse sollten nämlich nicht eine Hilfe für das weitere Verhalten der Organe der Arbeiterschaft des Betriebes sein, deren Erlangen dem gesetzlichen Aufgabenbereich der Mitglieder dieser Organe zugeordnet werden könnte, sondern eine Hilfe für die außerbetriebliche Interessenvertretung. Ein Freistellungsanspruch gemäß § 116 ArbVG kann für die Teilnahme an einer Gewerkschaftsveranstaltung über Kollektivvertragsfragen nur dann zugebilligt werden, wenn Gegenstand die Erörterung von im Kollektivvertrag zu verankernden, den Betrieb (speziell) betreffenden Maßnahmen bildet, insbesondere wenn es sich um den Abschluß eines sogenannten Firmenkollektivvertrages handelt (vgl. Floretta in Floretta-Strasser aaO 784 sowie ihm folgend Arb. 9.535). Die auf den einzelnen Betrieb bezogenen Aufgaben des Betriebsrates ergeben sich insbesondere aus den §§ 38, 39 ArbVG. Die vom Rekurswerber angestrebte Ausweitung auf Gewerkschaftsveranstaltungen, die der Erörterung von alle Betriebe betreffenden sozialpolitischen Zielen, der Vorbereitung von Kollektivvertragsverhandlungen oder der Erörterung ihrer Ergebnisse dienen, läßt sich den im Arbeitsverfassungsgesetz genannten Agenden der Belegschaftsvertretungen und der vorgenannten, den §§ 38, 39 ArbVG zu entnehmenden Grundsätzen nicht zuordnen. Die Teilnahme an einer derartigen Veranstaltung vermag daher einen Freizeitgewährungsanspruch nach § 116 ArbVG nicht zu begründen. Die vom Rekurswerber aus der obgenannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zitierte Stelle spricht nicht für, sondern gegen die vom Kläger angestrebte Auslegung. Gegenstand dieses Verfahrens war auch die Teilnahme an einer von der zuständigen Gewerkschaft veranstalteten Informationskonferenz am 11. Oktober 1974, deren Tagesordnung die Erörterung der generell schlechter werdenden wirtschaftlichen Situation in den Betrieben und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Akkordsatz vorsah. Der Oberste Gerichtshof verneinte einen Freistellungsanspruch des Klägers, weil in seinem Betrieb eine Herabsetzung der Akkordsätze weder angekündigt noch beabsichtigt war. Die Festlegung der Akkordsätze erfolgte demnach nicht mit Kollektivvertrag, sondern gemäß § 96 Abs 1 Z 4 ArbVG durch Betriebsvereinbarung. Der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist daher nur zu entnehmen, daß die Belegschaftsvertretungen jener Betriebe, in denen eine Änderung dieser in ihre Kompetenz fallenden Regelungen beabsichtigt war, in Erfüllung ihrer gesetzlichen Obliegenheiten handelten, wenn sie sich vorher von der zuständigen Interessenvertretung beraten ließen. Keinesfalls läßt sich daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß es zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates gehört, die Interessenvertretung vor Abschluß von Kollektivverträgen zu beraten, auch wenn der Kollektivvertrag (naturgemäß) Auswirkungen auf den betreffenden Betrieb hat.

Schließlich wurde auch das Feststellungsinteresse des Klägers vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht bejaht. Da wegen der strittigen Zeiten bisher kein Abzug vom Entgelt des Klägers vorgenommen wurde, sondern diese Zeiten als Minus-Stunden gewertet und vom Urlaubsguthaben des Klägers abgezogen wurden, ist ein Leistungsbegehren noch nicht möglich, sodaß ein Feststellungsinteresse auch dann gegeben ist, wenn eine Klärung nur bezüglich der in der Vergangenheit liegenden streitgegenständlichen Zeiten erfolgt. Der Umstand, daß die beklagte Partei die strittigen Zeiten offenbar einseitig als Urlaub wertete und damit insbesondere gegen § 4 UrlG verstieß, kann vom Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen werden, weil es für die Entscheidung über das ausdrücklich auf den § 116 ArbVG beschränkte Feststellungsbegehren ohne Bedeutung ist, ob sie für den Urlaubs- oder den Entgeltanspruch des Klägers präjudiziell ist.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes reichen die Feststellungen des Erstgerichtes aus, um die Sache abschließend zu beurteilen.

Der Kläger brachte zur Begründung seines Feststellungsbegehrens lediglich vor, daß er sich im Interesse des Betriebes und der Angestellten der Beklagten über die in Betracht kommenden Kollektivverträge und deren vorgesehenen Veränderungen laufend zu informieren und die Wünsche und Beschwerden aus dem Betriebsbereich den kollektivvertragsfähigen Körperschaften auf Arbeitnehmerseite nahezubringen hatte. Dieses Vorbringen wurde mit Schriftsatz ON 5 dahin ergänzt, daß bei sämtlichen Sitzungen wichtige, den Betrieb betreffende Fragen besprochen wurden, wie zB die Kollektivvertragspolitik, die Einfluß auf die innerbetriebliche Gehaltspolitik habe. So habe bei der Sitzung vom 12.Oktober 1985 der Kläger die Aufgabe gehabt, die Stellungnahme der betroffenen Belegschaft (zur Kollektivvertragspolitik) einzubringen; es seien daher wichtige, den Betrieb betreffende Fragen besprochen worden. Lediglich bezüglich des ohnehin anerkannten Termines 25.April 1985 wurde behauptet, daß es sich um keine Sitzung gehandelt habe; der Kläger habe beim zuständigen Fachgruppensekretär wegen der Kündigung eines Kollegen eine Rechtsauskunft eingeholt.

Bezüglich der noch strittigen Zeiten hat der Kläger vorgebracht, daß sie unmittelbar der Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten im oben dargelegten Sinne gedient hätten, noch hat das Beweisverfahren Anhaltspunkte in dieser Richtung ergeben. Unter Bedachtnahme auf sein tatsächliches Vorbringen kann dem Berufungsgericht daher nicht beigepflichtet werden, daß zur Frage, ob die Veranstaltungen unmittelbar zur Erörterung betriebsbezogener Angelegenheiten stattgefunden haben oder betriebsbezogene Fragen nur nebenbei erörtert wurden, weitere Beweisaufnahmen und Feststellungen erforderlich seien. Nach den Feststellungen dienten vielmehr die strittigen Veranstaltungen weder der Beratung des Klägers bei Erfüllung der ihm bzw. dem Betriebsrat nach dem ArbVG übertragenen Aufgaben noch der Verankerung einer nur den Betrieb der Beklagten betreffenden Regelung im Kollektivvertrag; daß derartige Probleme nebenbei erörtert wurden, reicht zur Begründung eines Anspruches nach § 116 ArbVG nicht aus (vgl. Arb. 9.535, wonach es auf den Zweck der Veranstaltung ankommt).

Damit erweist sich die Sache als im Sinne einer Abweisung des noch strittigen Teiles des Feststellungsbegehrens als spruchreif. Im Rahmen eines Rekurses nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO ist die Spruchreife von Amts wegen wahrzunehmen, ohne daß es eines auf die Sachentscheidung gerichteten Rekursantrages bedarf. Die Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof kann auch zum Nachteil des Rekurswerbers erfolgen; sie verstößt trotzdem nicht gegen das Verbot der reformatio in peius, weil der Rekurswerber mit seinem Aufhebungsbegehren im Rekurs Recht bekommen hat (Fasching ZPR Rz 1.983 sowie ÖBl. 1985, 14 und 1 Ob 609/85). Im vorliegenden Fall bildet auch der Umstand, daß in der Berufung Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes bekämpft wurden, kein Hindernis für eine Sachentscheidung, weil sich das Berufungsgericht mit der Beweisrüge auseinandergesetzt und die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes übernommen hat. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.

Da die Beklagte ungeachtet ihres Teilanerkenntnisses das stattgebende Urteil des Erstgerichtes zur Gänze bekämpft hat, ist bezüglich dieses rund 1/5 des Klagebegehrens umfassenden Teiles von einem Unterliegen für das gesamte Verfahren auszugehen. Der Beklagten waren daher lediglich 60 % ihrer Kosten sowie 80 % der von ihr aufgewendeten Gebühren (abzüglich von 20 % der vom Kläger getragenen Gebühren) zuzuerkennen.

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