Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Beklagte, ein Baumeister, stellte dem Kläger (Besteller) auftragsgemäß durchgeführte Arbeiten zur Errichtung eines Kellergeschoßes auf dessen Liegenschaft am 5. Dezember 1983 mit dem Betrag von S 413.961,63 in Rechnung. Nach Bemängelung dieser Rechnung als überhöht unterfertigte der Kläger am 9. Juli 1984 einen auf die Summe von S 225.780,-- vom Beklagten ausgestellten Wechsel, den der Kläger aber nicht einlöste. Der beklagte Baumeister erwirkte zu 25 Cg 337/84 des Erstgerichtes vom 30. August 1984 einen Wechselzahlungsauftrag, gegen den der Kläger fristgerecht Einwendungen aus dem Grundgeschäft und auch dahin erhob, daß der Wechselnehmer den Wechsel vereinbarungswidrig ausgefüllt habe. Seinen Einwendungen aus dem Grundgeschäft zufolge sei der verrechnete Betrag dreimal höher als der mündliche Kostenvoranschlag gewesen. Er behauptete, da der Beklagte trotz Einschaltens eines Sachverständigen nicht bereit gewesen sei, den Rechnungsbetrag zu reduzieren, habe er einen gerichtlich beeideten Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragen müssen, der einen um S 43.000,-- überhöhten Rechnungsbetrag festgestellt habe. Der Beklagte habe den Wechsel nur als Deckungswechsel erhalten und hätte ihn nur bei Entstehen einer Schuld ausfüllen und präsentieren dürfen. Obwohl der Kläger bei der Präsentation bereit war, einen um S 43.000,-- verminderten Betrag zu zahlen, habe der Beklagte diese Zahlung nicht angenommen.
Nachdem sich auf Grund von Zeugenaussagen die Unrichtigkeit der Einwendungen aus dem Wechselgeschäft (vertragswidrige Ausfüllung) herausgestellt hatte und der Kläger als Partei vernommen zugeben mußte, daß das Wechselformular vor Unterfertigung als Akzept ausgefüllt war, zog er in der Tagsatzung vom 29. November 1984 seine Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag zurück, der damit rechtskräftig wurde.
Mit der vorliegenden, am 11. November 1986 beim Erstgericht erhobenen Klage forderte der Kläger, insbesondere unter Berufung auf § 1435 ABGB, aber auch aus jedem anderen Rechtsgrund, vom Beklagten einen Betrag von S 71.594,87 samt 12 % Zinsen seit 16. Jänner 1986 und brachte dazu vor: Im Zusammenhang mit der Rücknahme seiner Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag sei es zu keiner Vereinbarung gekommen, daß damit alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Bauvorhaben verglichen sein sollten; er habe zwar seine Schuld laut Wechselzahlungsauftrag abgestattet, habe aber, da er von Anfang an die Vermutung gehabt hätte, eine überhöhte Rechnung gelegt erhalten zu haben, diese neuerlich durch einen anderen Sachverständigen überprüfen lassen; diese Überprüfung habe eine nicht berechtigte Verrechnung des nunmehr eingeklagten Betrages ergeben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen rechtskräftig entschiedener Rechtssache zurück.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß der Kläger den mit der Klage geltend gemachten Anspruch bereits in seinen Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag geltend gemacht habe; damit sei zur Abklärung des Grundgeschäftes bereits einmal darüber verhandelt worden. Er habe seine Einwendungen, die er neuerlich zum Prozeßgegenstand machen wolle, zurückgezogen und damit die Rechtskraft des Wechselzahlungsauftrages herbeigeführt, weshalb der neuerlichen Geltendmachung res judicata entgegenstehe. Infolge Rekurses des Klägers hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes auf und trug dem Erstrichter die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund auf. Das Rekursgericht führte aus, die materielle Rechtskraft, die zur Zurückweisung eines weiteren Klagebegehrens wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache im Sinne des § 411 ZPO führe, liege nur bei Identität des Anspruches, Identität der Parteien und Identität des rechtserzeugenden Sachverhaltes vor. Bei Identität des Anspruches sei nicht vom materiellrechtlichen Anspruch, sondern nur prozeßrechtlich vom Urteilsgegenstand auszugehen. Identität liege demnach nur dann vor, wenn das neu gestellte Begehren sowohl inhaltlich dieselbe Leistung, Feststellung oder Rechtsgestaltung fordere, wie die rechtskräftig zuerkannte Leistung usw., als auch die zur Begründung des neuen Begehrens vorgetragenen rechtserzeugenden Tatsachen dieselben seien, auf die sich auch die rechtskräftige Entscheidung gründe, sodaß sie auch zwangsläufig dieselbe rechtliche Beurteilung zur Folge haben müßten. Dementsprechend liege nach ständiger Judikatur keine Identität zwischen dem auf einen bestimmten Betrag gerichteten Begehren aus einem Vertrag und dem Begehren auf denselben Betrag vor, der aus einem im Zusammenhang damit übergebenen Wechsel abgeleitet werde. Es lägen zwei verschiedene Forderungen vor, die allerdings rechtlich insofern zusammenhängen, als durch die Zahlung einer Forderung auch die andere erlösche. Der Beklagte könne zwar gegen die Erlassung des Wechselzahlungsauftrages auf Betreiben des Gläubigers aus dem Grundgeschäft nicht nur Einwendungen nach Wechselrecht (§ 17 WG), sondern auch aus dem Grundgeschäft erheben, ziehe er diese in der Folge zurück, dann erwachse nur der Wechselzahlungsauftrag in Rechtskraft. Das Gericht habe damit nur über die zum Wechselzahlungsauftrag führenden rechtserzeugenden Umstände rechtskräftig abgesprochen, ohne auf die Einwendungen gegen das Kausalverhältnis einzugehen. In der Lehre (Dolinar, "Wechselanspruch und Ansprüche aus dem Kausalverhältnis", ÖJZ 1978, 449 ff und die dort angeführte Literatur) werde zwar der Wechselanspruch und die kausale Forderung als ein Streitgegenstand angesehen, weil das Begehren in beiden Fällen im Kern denselben wirtschaftlichen Leistungsinhalt betreffe. Diese gegen die herrschende Judikatur vertretene Ansicht könne vom Rekursgericht im Anlaßfall nicht geteilt werden, da hier nicht von dem dieser Meinung zugrundeliegenden Regelfall ausgegangen werden könne. Im Anlaßfall habe der Unternehmer (hier Beklagter) zunächst nur seine wechselrechtlichen Ansprüche gegen den Besteller (nunmehrigen Kläger) geltend gemacht und einen Wechselzahlungsauftrag erwirkt. Der Besteller habe nicht nur seine Einwendungen aus dem Wechselrecht - vertragswidrige Wechselausfüllung - erhoben, sondern auch Einwendungen aus dem Kausalverhältnis erhoben und behauptet, das begehrte Entgelt entspreche nicht dem Anbot. Er habe nach Zugeständnis, daß seine wechselrechtlichen Einwände ins Leere gehen, letztere zurückgezogen. Damit sei gemäß der §§ 559, 552 Abs. 5 und 484 Abs. 2 ZPO der Verlust dieses Rechtsmittels (Einwendung gegen den Wechselzahlungsauftrag) verbunden gewesen und der Beklagte sei auch kostenersatzpflichtig geworden. Der Wechselzahlungsauftrag sei damit von selbst in Rechtskraft erwachsen, ohne daß das Gericht in die Lage gekommen wäre, über die Einwendungen des Klägers aus dem Grundgeschäft durch eine Entscheidung abzusprechen. Damit liege aber eine Entscheidung über den Anspruch des Unternehmers auf Zahlung einer Wechselsumme, keinesfalls aber eine solche über Einwendungen aus dem Kausalverhältnis vor. Wenn der Besteller daher in der Folge eine als wahre Schuldigkeit gegebene Sache mit der Behauptung vom Unternehmer zurückfordere, die rechtliche Grundlage sie zu behalten habe aufgehört (§ 1435 ABGB), oder er habe aus Irrtum eine Sache geleistet, wozu der Unternehmer gegen den Besteller kein Recht habe (§ 1431 ABGB), so könne in diesem Anspruch keine Identität mit dem Anspruch des Unternehmers auf Zahlung einer Wechselforderung begründet sein. Da bei Erlassung des Wechselzahlungsauftrages trotz Rücknahme der Einwendungen daraus nicht über das Kausalverhältnis abgesprochen worden sei, sei jene Entscheidung nicht für den Kondiktionsanspruch des Bestellers präjudiziell. Der Feststellung eines solchen Kondiktionsanspruches stünde nach Meinung des Rekursgerichtes der Anspruch des Unternehmers aus einem im Zusammenhang mit dem Kausalverhältnis erwirkten Wechselzahlungsauftrag nicht entgegen. In diesem Zusammenhang könne nicht gesagt werden, daß durch die Zahlung der Wechselschuld der Kondiktionsanspruch verloren gehe, da letzterer ja die Zahlung, und damit die Erfüllung des präjudiziellen Anspruches, voraussetze. Daraus leite sich aber zwangsläufig ab, daß die Rechtskraft des Wechselzahlungsauftrages der Geltendmachung eines Kondiktionsanspruches nicht entgegenstehen kann. Die Klage hätte daher nicht von vorneherein wegen rechtskräftig entschiedener Streitsache ohne weitere Beweisaufnahmen zurückgewiesen werden dürfen.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes. Der Beklagte führt aus, es seien bereits im Verfahren 25 C 337/84 sämtliche Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag erhoben und über die Einwendungen des Klägers, daß die Abrechnung überhöht erfolgt sei, Beweise aufgenommen worden. Auf Grund dieser Beweisaufnahmen habe sich jedoch die Richtigkeit der Abrechnung ergeben und der Beklagte habe seine Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag zurückgezogen. Hätte er dies nicht getan, hätte das Erstgericht über die Einwendung des Klägers aus dem Grundgeschäft mit Urteil absprechen müssen, nachdem in der Sache selbst dem Grunde nach verhandelt worden war. Die Zurückziehung der Einwendungen sei auf Grund des Umstandes erfolgt, daß sowohl aus dem Grundgeschäft, als auch aus dem Wechsel seitens des damaligen Beklagten keine Aussicht auf einen Prozeßerfolg zu erblicken gewesen sei. Es sei in weiterer Folge in der Streitverhandlung vom 29. November 1984 ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen worden, mit welchem sämtliche Ansprüche aus dem Bauvorhaben verglichen worden seien. Dieser Vergleich, der im Rahmen der Streitverhandlung geschlossen, nicht jedoch protokolliert worden sei, sei im Korrespondenzweg mit Schreiben des damaligen Klagsvertreters, Dr. Rudolf D***, an den Gegenvertreter, Dr. Franz Z***, vom 30. November 1984 bestätigt worden. Daraus ergebe sich aber, daß der neuerlichen Geltendmachung des Anspruches res judicata entgegenstehe.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Geltendmachung wechselmäßiger Ansprüche kann in der Weise erfolgen, daß der Kläger die Einleitung des Streitverfahrens in der für Gerichtshöfe vorgeschriebenen Art und mit den in den §§ 555, 556 ZPO bestimmten Beschleunigungen und Einschränkungen begehrt. Besitzt er jedoch die nötigen wechselrechtlichen Urkunden, und zwar in äußerlich unbedenklicher Urschrift, dann kann er schon in der Klage die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages (§ 557 ZPO) begehren. Gegen den Wechselzahlungsauftrag kann der Beklagte nur Einwendungen erheben, und zwar gegen einen Kläger, der nicht auch Gläubiger aus dem Grundgeschäft ist, nur Einwendungen aus dem Wechsel selbst, es sei denn, daß der Kläger beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil des Schuldners gehandelt hätte (Art. 17 WG; anders beim Inkassowechsel: Art. 18 Abs. 2 WG). War der Wechsel jedoch bei der Begebung unvollständig (Blankowechsel) und wurde er den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt, dann kann die Nichteinhaltung dieser Vereinbarungen dem Inhaber nur entgegengesetzt werden, wenn er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt (Art. 10 WG). Aus dieser Beschränkung der möglichen materiellen Einwendungen gegen einen Wechselzahlungsauftrag ergibt sich, daß mit dem über die Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages ergehenden Urteil keineswegs auch über den aus dem Grundgeschäft abzuleitenden Anspruch entschieden wird. Die Ausstellung eines Wechsels über eine bestehende Schuld schafft nämlich dann, wenn sie - was im Zweifel anzunehmen ist - dazu dienen soll, neben das den Verpflichtungsgrund enthaltende materielle Geschäft (Grundgeschäft) ein abstraktes zu setzen, einen neuen Rechtsgrund für den Anspruch des Gläubigers. Nur auf diesen neuen Rechtsgrund des abstrakten Wechselgeschäftes beruft sich der Kläger, wenn er die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages begehrt. Da nun sowohl der auf Grund eines solchen Wechsels erlassene Wechselzahlungsauftrag als auch ein im Sinne des Klagebegehrens ergehendes Urteil über die aus dem Grundgeschäft geschuldete Leistung die Verpflichtung des Beklagten ausspricht, dem Kläger eine bestimmte Geldsumme zu zahlen, kann nicht gesagt werden, daß der Gegenstand des in beiden Verfahren strittigen Anspruches verschieden wäre; wohl aber unterscheidet sich der Rechtsgrund des in beiden Verfahren geltend gemachten Anspruches. Nach ständiger Rechtsprechung besteht zwischen der Forderung aus dem Grundgeschäft und der Forderung aus einem diesbezüglichen Deckungswechsel keine Identität. Es liegen vielmehr verschiedene Forderungen vor, die nur insoferne in einem Zusammenhang stehen, als durch die Zahlung der einen Forderung auch die andere erlischt. Die Hingabe des Wechsels verschafft dem Gläubiger die wechselmäßige Haftung des Schuldners. Zur Forderung aus dem Grundgeschäft tritt die formal abstrakte Forderung aus dem Wechsel hinzu. Es fehlt daher der gemeinsame Rechtsgrund und demnach die Nämlichkeit der Forderung, die die Voraussetzung für die Einrede der Rechtskraft bildet (vgl. JBl. 1980, 488; SZ 11/5; SZ 12/17; SZ 26/217; SZ 33/83; SZ 45/131; EvBl. 1960/336 ua.).
Im vorliegenden Fall erwuchs durch die Zurückziehung der Einwendungen der Wechselzahlungsauftrag in Rechtskraft, ohne daß, wie das Rekursgericht richtig erkannte, das Gericht überhaupt in die Lage gekommen wäre, über die Einwendungen des Klägers aus dem Grundgeschäft durch eine Entscheidung abzusprechen. Entgegen der Meinung des Revisionsrekurses liegen daher die Voraussetzungen für die Annahme einer entschiedenen Streitsache nicht vor. In der Auffassung, daß die Rechtskraft des Wechselzahlungsauftrages der Geltendmachung des Kondiktionsanspruches durch den Kläger nicht entgegensteht, kann daher keine unrichtige rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes erblickt werden. Auf die Einwendung eines angeblich erfolgten Vergleichsabschlusses war im derzeitigen Verfahren, das nur die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache zum Gegenstand hatte, nicht einzugehen. Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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