OGH 7Ob651/87

OGH7Ob651/8724.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Egermann, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache des Antragstellers Klaus K***, Angestellter, Wien 23.,

Heimogasse 49/2/1/4, vertreten durch Dr. Manfred Hintersteininger, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegnerin Ilse V***, Haushalt, Wien 13., Anatourgasse 6, vertreten durch Dr. Peter Fichtenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 12. März 1987, GZ 47 R 789/86-88, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 20.August 1986, GZ 1 F 2/82-69, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit S 15.753,65 bestimmten Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof (S 1.432,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die am 29.Juli 1967 geschlossene Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. November 1981, 12 Cg 337/81 aus dem Alleinverschulden des Antragstellers geschieden. Das Urteil erwuchs am 9.Dezember 1981 in Rechtskraft. Der Ehe entstammen die minderjährigen Kinder Kerstin, geboren am 23.Februar 1969, und Helge, geboren am 5.April 1972, die sich bei der Mutter befinden.

In seinem am 11.Jänner 1982 eingebrachten Aufteilungsantrag vertrat der Antragsteller ursprünglich den Standpunkt, die im Eigentum der Antragsgegnerin stehende Ehewohnung in Wien 13., Speisingerstraße 76/II/1/6 sei in das Aufteilungsverfahren nicht einzubeziehen. Demgegenüber beantragte die Antragsgegnerin die Einbeziehung der Ehewohnung in das Aufteilungsverfahren und die Zuweisung an sie. Der Standpunkt des Antragstellers wurde mit einem Notariatsakt vom 14.März 1975 begründet, demzufolge sich die Antragsgegnerin verpflichtet hatte, vom Antragsteller für die Beschaffung der Wohnung gewährte Kredite zurückzuzahlen. Dementsprechend hatte der Antragsteller zu 1 C 2/82 des Bezirksgerichtes Hietzing einen Betrag von S 895.024,65 und schließlich von S 1,018.062,16 s.A. eingeklagt. Die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges für dieses Begehren wurde in dem genannten Verfahren bejaht. Nach Rechtskraft der diesbezüglichen Beschlüsse machte die Antragsgegnerin von der ihr in Punkt V des Notariatsaktes eingeräumten Lösungsbefugnis Gebrauch und übertrug anstelle der Rückzahlung der Darlehensvaluta samt Wertsicherung die Eigentumswohnung in das Eigentum des Antragstellers. Am 31. August 1985 erfolgte die tatsächliche Übergabe der Eigentumswohnung an den Antragsteller. Nachdem der Antragsteller die Wohnung im November 1985 um S 1,825.000,-- veräußert hatte, wobei er sich die hypothekarischen Lasten im aushaftenden Betrage von S 851.390,-- in Abzug bringen lassen mußte, beantragte die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25.November 1985, ihr anstelle der ehelichen Eigentumswohnung den äquivalenten Geldbetrag von 1 Million Schilling als Ausgleichszahlung zuzusprechen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur mehr das Begehren der Antragsgegnerin auf Leistung einer Ausgleichszahlung für die Ehewohnung sowie die Verpflichtung des Antragstellers zur Rückzahlung zweier Kredite bei der E*** Ö***

S***-C***, die für die Wohnungseinrichtung aufgenommen worden waren. Die Vorinstanzen sprachen der Antragsgegnerin unter Abweisung eines Mehrbegehrens eine Ausgleichszahlung von S 400.000,-- zu und verpflichteten den Antragsteller, die aufgenommenen beiden Kredite wie bisher zurückzuzahlen. Hiebei gingen sie von einem dem Antragsteller nach der Veräußerung der Wohnung verbleibenden Restkaufpreis von S 940.000,-- aus. Hievon sei die vom Antragsteller eingebrachte Erbschaft von S 321.000,-- in Abzug zu bringen. Andererseits sei zugunsten der Antragsgegnerin die von ihr in die Ehe eingebrachte Aussteuer von S 149.000,-- sowie eine Abfertigung von S 6.000,-- anzurechnen. Schließlich habe die Antragsgegnerin in der Zeit von September 1981 bis Juni 1985 allein die Annuitäten für die Wohnung von monatlich S 3.375,-- gezahlt. Diese müßten zur Häfte zu ihren Gunsten angerechnet werden. Berücksichtige man die beiderseitigen Leistungen sowie die Verpflichtung des Antragstellers zur Weiterzahlung der Kredite, verbleibe ein aufzuteilendes Vermögen von rund S 760.000,--. Da die Antragsgegnerin die wirtschaftliche eindeutig schlechtergestellte sei und obendrein die elterlichen Rechte und Pflichten für die beiden aus der Ehe stammenden Kinder ausübe, ihre Mitgiftleistung zu einem früheren Zeitpunkt, sohin mit einer höheren Kaufkraft erfolgte als die Einbringung des ererbten Betrages durch den Antragsteller und außerdem auch das Verschulden an der Ehescheidung nicht ohne Bedeutung sei, sei im gegenständlichen Fall ein geringes Abweichen von einer 50 : 50-Aufteilung hinsichtlich des Aktivpostens von S 760.000,-- der Billigkeit entsprechend (im übrigen kann auf die detaillierten Feststellungen des Erstgerichtes S 219 bis 225 des Aktes verwiesen werden).

Beide Vorinstanzen erachteten das Begehren der Antragsgegnerin auf Ausgleichszahlung als rechtzeitig, weil es sich hiebei nur um ein Begehren handle, das den Antrag der Antragsgegnerin auf Zuweisung der Ehewohnung ersetzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs, den das Rekursgericht für zulässig erklärte, ist nicht gerechtfertigt.

Die Auführungen des Revisionsrekurses bezüglich der angeblichen Verspätung des Antrages der Antragsgegnerin auf Gewährung einer Ausgleichszahlung gehen an der Sache vorbei. Sämtliche im Revisionsrekurs genannten Belegstellen hatten eine erstmalige Antragstellung oder Erweiterung eines Antrages zum Gegenstand. Im vorliegenden Fall ist jedoch unbestritten, daß die Antragsgegnerin im Zuge dieses Verfahrens rechtzeitig im Sinne des § 95 EheG die Einbeziehung der Ehewohnung in das Aufteilungsverfahren verlangt hat. Erst nachdem diese Ehewohnung durch Eigentumsübertragung an den Antragsteller und Veräußerung durch diesen aus der Aufteilungsmasse ausgeschieden war, hat die Antragsgegnerin an ihrer Stelle eine Ausgleichszahlung verlangt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers handelt es sich hiebei nicht um die erstmalige Geltendmachung eines bisher nicht erhobenen Anspruches, sondern nur um die Umwandlung eines bereits verfahrensgegenständlichen Anspruches unter Berücksichtigung der im Laufe des Verfahrens eingetretenen Änderung. Nach § 94 Abs. 1 EheG hat das Gericht, soweit eine Aufteilung nach den vorstehenden Bestimmungen nicht erzielt werden kann, einem Ehegatten eine billige Ausgleichszahlung an den anderen aufzuerlegen. Die Auferlegung einer Ausgleichszahlung ist demnach ein Instrument, das dem Richter in die Hand gegeben wurde, um dem im § 83 Abs. 1 EheG festgesetzten Billigkeitsgebot entsprechen zu können. Die Auferlegung einer Ausgleichszahlung setzt also nicht notwendig einen ensprechenden Antrag eines der Ehegatten voraus, vielmehr kann sie auch von Amts wegen erfolgen (Pichler in Rummel, Rdz 1 zu § 94 EheG). Der Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung enthält sohin notwendig auch den Eventualantrag auf Zuspruch einer Ausgleichszahlung, weil der Richter, entgegen dem gestellten Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung, diese dem anderen Ehegatten zuweisen kann, was, mangels einer anderer Möglichkeit der Erzielung eines billigen Ergebnisses, seine Verpflichtung zur Auferlegung einer Ausgleichszahlung begründet. Wurde bereits im rechtzeitig eingebrachten Aufteilungsantrag der Umfang des aufzuteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens genau abgegrenzt, so kann von einer Verfristung des Aufteilungsanspruches keine Rede sein, auch wenn die Vorschläge über die Art der Durchführung dieser Aufteilung im Verfahren erster Instanz mehrmals auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 95 EheG geändert wurden (8 Ob 505/85). Insbesondere wird man also von einer Versäumnis der Jahresfrist dann nicht sprechen können, wenn infolge Veräußerung eines in das Aufteilungsverfahren einzubeziehenden Gegenstandes an dessen Stelle der erzielte Erlös tritt (8 Ob 539/83, 3 Ob 593 ua.) und daher anstelle des Gegenstandes dieser Erlös oder zwecks billigen Ausgleiches eine Ausgleichszahlung begehrt wird. Richtig haben demnach die Vorinstanzen erkannt, daß das Verlangen der Antragsgegnerin auf Leistung einer Ausgleichszahlung nicht verfristet ist. Bei der Bemessung der Ausgleichszahlung ist davon auszugehen, daß der Antragsteller den der Berechnung der Ausgleichszahlung zugrundegelegten Betrag von S 760.000,-- nur mit der Begründung bekämpft hat, die Ehewohnung sei bei der Ausgleichszahlung nicht zu berücksichtigen. Zieht man jedoch die Ehewohnung in die Berechnung ein, so liegt seitens des Antragsteller kein Argument gegen den genannten Betrag vor. Diesfalls ist also von diesem Betrag auszugehen.

Daß es sich bei der fraglichen Wohnung um die Ehewohnung gehandelt hat, ist nicht strittig. Demnach war diese Wohnung gemäß § 82 Abs. 2 EheG auf jeden Fall in die Aufteilung einzubeziehen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Antragsteller seinerzeit zur Beschaffung der Wohnung Beträge zur Verfügung gestellt hat und daß zwischen den Ehegatten vor Jahren ein Notariatsakt abgeschlossen worden ist, der eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten bezüglich der vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Beträge unter bestimmten Voraussetzungen hält. Vielmehr handelt es sich bei den vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Beträgen um einen Beitrag des Antragstellers zur Ansammlung des ehelichen Gebrauchsvermögens, auf den nach § 83 Abs. 1 EheG bei der Aufteilung und demnach auch bei der Festsetzung einer Ausgleichszahlung Bedacht zu nehmen ist. Berücksichtigt müssen allerdings die beiderseitigen Beiträge werden, wobei nach § 83 Abs. 2 EheG die Führung des gemeinsamen Haushaltes, die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder und jeder sonstige eheliche Beistand als Beitrag zu werten ist. Unbestritten steht fest, daß die Antragsgegnerin auf die Erzielung eines eigenen Erwerbseinkommens verzichtet hat, um sich der Haushaltsführung und der Erziehung der Kinder zu widmen. Den vom Antragsteller zur Verfügung gestellten Beträgen, die er als Darlehen bezeichnet, steht demnach der Anspruch der Antragsgegnerin für die Leistung ihres Beitrages gegenüber. Dazu kommt, daß der Antragsteller ein erhebliches Einkommen erzielt, die Antragsgegnerin dagegen über keinerlei Einkommen verfügt, was vor allem darauf zurückzuführen ist, daß sie sich zur Gänze der Haushaltsführung und Kindererziehung gewidmet hat. Eine weitere Belastung der Antragsgegnerin liegt darin, daß sie weiterhin die Kinder betreuen muß und daher auch aus diesem Grunde kaum in der Lage sein wird, sich in den Arbeitsprozeß einzugliedern, wozu auch ihr fortgeschrittenes Alter beiträgt. Allein diese Umstände rechtfertigen die von den Vorinstanzen vorgenommene Bemessung der Ausgleichszahlung, weil bei dieser eine strenge rechnerische Feststellung nicht erforderlich ist, vielmehr unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu bemessende Pauschalzahlungen festgesetzt werden müssen (7 Ob 613/85, 6 Ob 640/86 ua.) die Verpflichtung des Antragstellers zur Weiterzahlung der aufgenommenen Darlehen entspricht unter diesem Gesichtspunkt ebenfalls der Billigkeit, weil die noch offenen Darlehensbeträge der Berechnung des Betrages von S 760.000,-- zugrundegelegt worden sind.

Richtig ist allerdings, daß im vorliegenden Fall das Verschulden an der Auflösung der Ehe kein Bemessungskriterium für die Ausgleichszahlung wäre, weil ein derartiges Verschulden für die Billigkeitsentscheidung nach § 83 EheG nur dann ein Kriterium sein kann, wenn es für die vermögensrechtliche Entwicklung während der Ehe im weitesten Sinne bedeutsam war, z.B. Verschwendungssucht, eine kostenverursachende Vernachlässigung der Kindererziehung oder der Haushaltsführung oder die Setzung von Scheidungsgründen in der Absicht, bei der Aufteilung gerade jetzt besonders gut abzuschneiden (JBl. 1986, 116 ua.). Derartige Umstände haben nicht zu der Ehescheidung beigetragen. Der Oberste Gerichtshof kann daher der Rechtsansicht der Vorinstanzen, das Alleinverschulden des Antragstellers an der Ehescheidung sei bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung ebenfalls von Bedeutung nicht beitreten. Dies führt aber zu keinem anderen Ergebnis, weil aus den oben aufgezeigten Gründen die festgesetzte Ausgleichszahlung und die Verpflichtung des Antragstellers zur Rückzahlung der beiden erwähnten Kredite auch ohne Berücksichtigung des Ergebnisses des Ehescheidungsverfahrens der Billigkeit entspricht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG.

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