OGH 3Ob519/87

OGH3Ob519/879.9.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Helga B***, Angestellte, Wien 2., Vereinsgasse 25/2/13, vertreten durch Dr. Andreas Steiger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Iring E***, Kaufmann, Wels, Steinbrechstraße 15, vertreten durch Dr. Martin Stossier ua, Rechtsanwälte in Wels, wegen restl. 33.031,72 S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 14. Jänner 1987, GZ 48 R 533/86-25, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 21.Juli 1986, GZ 49 C 402/85-20, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind als weitere

Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Die Klägerin war vom 1.9.1978 bis 30.4.1985 Mieterin einer Wohnung im Haus des Beklagten. Im Mietvertrag vom 28.8.1978 war festgelegt, daß Änderungen am Mietgegenstand der vorherigen ausdrücklichen und schriftlichen Genehmigung des Vermieters bedürfen und daß auf Kosten des Mieters durchgeführte Änderungen (Verbesserungen) bei Beendigung des Mietverhältnisses nach Wahl des Vermieters entweder kostenlos im Mietgegenstand zu belassen seien oder vom Mieter auf eigene Kosten der frühere Zustand wiederherzustellen sei (Punkte 13 und 14 des Mietvertrages). Die Klägerin begehrte gemäß § 10 MRG den Ersatz folgender Aufwendungen:

1. Wasserleitungsinstallationen S 6.790,--

2. Durchlauferhitzer S 3.900,--

3. Einbauabwäsche S 2.580,--

4. Brauseanlage S 2.340,--

5. Zubau am Waschtisch S 1.398,--

6. Waschmaschinenanschluß S 390,--

7. Gasleitung zum Durchlauferhitzer S 2.520,--

8. Fliesen S 1.604,--

9. Ölofen S 3.200,--

10. Elektroinstallationen S 10.640,--

11. WC-Anlage S 1.230,--

zusammen S 36.592,--

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Der Beklagte anerkannte zur Pos.2 einen Teilbetrag von

S 3.561,28 und wurde mit Teilanerkenntnisurteil vom 19.9.1985 zur

Zahlung dieses Betrages samt 4 % Zinsen seit dem Klagstag verurteilt.

Die Klägerin begehrt aus dem Restbetrag von S 33.031,72 (richtig: S 33.030,72) wegen Inanspruchnahme eines Bankkredites 8,5 % Zinsen seit dem Klagstag (Ausdehnung S 67 d.A.). Der Beklagte beantragte die Abweisung des nicht anerkannten Teiles des Klagebegehrens und wendete vor allem ein, daß die Vereinbarung gemäß den Punkten 13 und 14 des Mietvertrages trotz zwischenzeitigen Inkrafttretens des MRG wirksam sei. Er sei von den Änderungen am Mietobjekt nicht verständigt worden. Die begehrten Beträge seien überhöht. Die Arbeiten seien unsachgemäß und ohne Bewilligung der Baubehörde ausgeführt worden. Es handle sich auch um nach § 10 MRG nicht ablösepflichtige Investitionen. Weil die Aufwendungen von der Mutter der Klägerin bestritten worden seien, liege auch fehlende aktive Klagslegitimation vor.

Die Klägerin bestritt diese Einwendungen und machte geltend, daß der Beklagte den Klagsanspruch dem Grunde nach zumindest schlüssig anerkannt habe.

Das Erstgericht fällte ein Zwischenurteil und erkannte zu Recht, daß der von der klagenden Partei geltend gemachte Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen gemäß § 10 MRG dem Grunde nach zu Recht bestehe.

Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die nach Beginn des Mietverhältnisses vorgenommenen Verbesserungen nicht angezeigt. Mit Schreiben vom 18.12.1984 gab sie diese aber mit dem Betrag von S 44.650,-- bekannt. Mit Schreiben vom 9.5.1985 bot die beklagte Partei einen Betrag von S 20.000,--, welches Anbot die klagende Partei aber ablehnte. Nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens, das den Klagsbetrag von S 36.592,-- auswies, anerkannte die beklagte Partei mit Schreiben vom 19.6.1985 die Positionen 1, 4, 7, 8 und 10 als ablösepflichtig, falls entsprechende Rechnungen gelegt würden. Eine solche Vorlage erfolgte nicht. Die geltend gemachten Investitionen wurden von der Mutter der Klägerin als "Aussteuer" für diese finanziert. Es handelte sich durchwegs um Investitionen, die üblicherweise bei Anmietung einer Wohnung vorgenommen werden, um diese auf den üblichen Standard zu bringen.

Das Erstgericht bejahte die aktive Klagslegitimation und verneinte ein Anerkenntnis, weshalb die Voraussetzungen nach § 10 MRG geprüft werden müßten. Ein Vorausverzicht auf diese Rechte sei nach dem Mietrechtsgesetz nicht möglich, was auch für Altverträge gelte. Der Ersatzanspruch bestehe daher dem Grunde nach zu Recht. Das Berufungsgericht hob dieses Zwischenurteil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes über die Klagslegitimation, das fehlende Anerkenntnis und die Unwirksamkeit des Vorausverzichtes. Ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs könne aber nur gefällt werden, wenn für jeden Anspruchsteil feststehe, daß zumindest ein Teilbetrag zu Recht bestehe. Für jede der elf Positionen müsse weiters geprüft werden, ob es sich um Investitionen handle, die als wesentliche Verbesserung über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen seien. Weiters müsse festgestellt werden, ob die Klägerin innerhalb von sechs Monaten nach Zurückstellung des Mietgegenstandes dem Beklagten einen Mieter namhaft gemacht habe, der zur Befriedigung des Ersatzanspruches nach § 10 Abs.1 MRG bereit wäre, oder ob der Beklagte die Wohnung sonst neu vermietet oder verwertet habe, weil der Ersatzanspruch gemäß § 10 Abs.5 MRG nur dann fällig wäre und gerichtlich geltend gemacht werden könnte.

Gegen den Aufhebungsbeschluß erhebt nur der Beklagte Rekurs. Er bekämpft einerseits die Auffassung über die Unwirksamkeit des Vorausverzichts, andererseits die amtswegige Prüfung der Voraussetzungen nach § 10 Abs.5 MRG.

Dieser Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Bestimmung des § 10 Abs.6 MRG betreffend die Unwikrsamkeit eines Vorausverzichtes des Hauptmieters auf den Ersatzanspruch nach § 10 Abs 1 MRG ist mangels einer anderen Übergangsbestimmung gemäß § 43 MRG - die der Gesetzgeber bei der bekannten Übung, solche Vorausverzichte abzuschließen, sonst wohl ausdrücklich getroffen hätte - auch auf Mietverträge anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sind. Der im Mietvertrag enthaltene Vorausverzicht auf den Ersatz von Aufwendungen auf die gemietete Wohnung ist daher nicht rechtswirksam.

Die im Rekurs zitierte Entscheidung des achten Senates JBl.1986,

390 (= RdW 1986, 175) betraf einen Mietvertrag über Geschäftslokale

und eine Wohnung, ohne daß ein Überwiegen des Wohnzweckes erkennbar

wäre, weshalb die Bestimmungen des § 10 MRG nicht unmittelbar

anzuwenden waren (Meinhart, ImmZ 1986, 198 Anm.2). Soweit aber in

dieser Entscheidung der Rechtssatz aufgestellt wurde, die Vorschrift

des § 10 Abs.6 MRG könne sich nur auf nach Inkrafttreten des MRG

geschlossene Verträge beziehen, tritt der erkennende Senat einer

solchen Auffassung nicht bei, sondern schließt sich der

gegenteiligen Auffassung an, die der Oberste Gerichtshof in der

Entscheidung des 7.Senates, JBl.1985, 236 (= MietSlg.36.264/27)

vertreten hat (vgl. auch MietSlg.36.265/51).

Durch das Mietrechtsgesetz wurden die Rechte und Pflichten

beider Parteien des Mietvertrages teils zu ihren Gunsten teils zu

ihrem Nachteil geändert. Mit Recht verweist Iro in seiner Anmerkung

zu RdW 1986, 175 darauf, daß es nicht angehe, einzelne

Tatbestandsmerkmale nach der neuen, andere aber nach der alten Rechtslage zu beurteilen. Da der Anspruch auf Aufwandersatz nach § 10 MRG erst bei der Beendigung des Mietverhältnisses entsteht, konnte diese Verbindlichkeit auch nicht etwa unter der Herrschaft des alten Gesetzes durch einen damals zulässigen Verzicht schon erloschen sein, sondern der in einer bestimmten Weise konstruierte gesetzliche Anspruch nach dem neuen Recht konnte nur von einem Verzicht erfaßt werden, der auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Rechtes wirksam war. Dies ist keine Frage des Zurückwirkens von Gesetzen iSd § 5 ABGB, sondern es geht iSd weiteren Ausführungen von Iro um einen Dauersachverhalt, nämlich um das Fortwirken des früheren Vorausverzichtes für die Zeit nach Inkrafttreten des MRG. Inwieweit die Voraussetzungen des § 10 Abs.5 MRG von Amts wegen geprüft werden dürfen, muß hier nicht untersucht werden; denn die klagende Partei hat in der Tagsatzung vom 28.5.1986 ohnedies ausdrücklich behauptet, daß die strittige Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses mit der klagenden Partei "sehr schnell" weiter vermietet worden sei.

Der weiteren zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichtes, es müsse schon im Verfahren über den Grund des Anspruches geklärt werden, ob es sich um Investitionen handle, die im Sinne des § 10 Abs.1 und 3 MRG eine wesentliche Verbesserung darstellen und über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, setzt der Rekurswerber nichts entgegen. Daß diese Voraussetzungen bei jeder der elf Positionen der Klage bestehen, muß allerdings nicht schon im Verfahren über den Grund des Anspruches geklärt werden, weil hier nicht mehrere selbständige Ansprüche (wie etwa Sachschaden, Heilungskosten, Verdienstentgang und Schmerzengeld in einem Schadenersatzprozeß; vgl. dazu Fasching, ZPR Rz 1429), sondern ein einheitlicher Anspruch auf Ersatz aller Aufwendungen im Sinne des § 10 MRG geltend gemacht wird.

Auf die Frage desrAnerkenntnisses kommt die klagende Partei in dritter Instanz nicht mehr zurück. Mangels Annahme des von der beklagten Partei im Schreiben vom 19.6.1985 (Blg F) angebotenen bedingten Teilanerkenntnis durch die klagende Partei und Erfüllung der von der beklagten Partei gesetzten Bedingung (Vorlage von Rechnungen) läge im übrigen nur ein deklaratives Anerkenntnis vor, das nicht unabhängig von der sonstigen Rechtslage zur Begründung des Klagsanspruches ausreichen könnte.

Die klagende Partei bekämpft auch nicht mehr die zutreffende Rechtsansicht, daß die klagende Partei den Anspruch nach § 10 MRG trotz des Umstandes geltend machen kann, daß ihr die Mittel zu den einzelnen Aufwendungen von dritter Seite beigestellt wurden; denn es liegt nicht der Fall vor, daß Dritte Investitionen leisteten (MietSlg.37.268), sondern daß Dritte dem Mieter Geldbeträge zur Verfügung stellten, damit der Mieter Investitionen leisten könne (MietSlg.37.267/35).

Da die Erhebung des Rekurses teilweise zur Klärung strittiger Rechtsfragen dieses Rechtsstreites beitrug, war gemäß § 52 Abs.1 ZPO auszusprechen, daß die Kosten des Rekursverfahrens als weitere Verfahrenskosten zu behandeln sind.

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