Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:
Es wird festgestellt, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand der klagenden Partei für zwei Drittel ihrer künftigen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 29. März 1984 haften, die erstbeklagte Partei jedoch nur im Rahmen des den PKW mit dem Kennzeichen W 212.689 betreffenden Haftpflichtversicherungsvertrages. Das Mehrbegehren der klagenden Partei auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand in Ansehung eines weiteren Drittels ihrer künftigen Unfallschäden wird abgewiesen.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Verfahrens in erster Instanz den Betrag von S 20.501,84 (darin Barauslagen von S 1.733,33 und Umsatzsteuer von S 1.706,23) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Die Kosten des Berufungsund des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde am 29. März 1984 als Mitfahrer in dem vom Zweitbeklagten gehaltenen und gelenkten PKW mit dem Kennzeichen W 212.689 bei einem Verkehrsunfall auf der Horitschoner Landesstraße Nr. 2045 bei Km 8.23 schwer verletzt. Die Erstbeklagte ist der Haftpflichtversicherer dieses Kraftfahrzeuges. Der Zweitbeklagte wurde wegen dieses Verkehrsunfalles mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 17. Jänner 1985, 9 E Vr 622/84-21, des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 zweiter Fall (§ 81 Z 2) StGB schuldig erkannt. Es wurde ihm zur Last gelegt, durch Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Vorsicht und Aufmerksamkeit, insbesondere durch Einhaltung einer im Hinblick auf den gegebenen Straßenverlauf (Rechtskurve) überhöhten Geschwindigkeit, sodaß er mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte, wodurch sich das Fahrzeug schließlich mehrmals überschlug, fahrlässig die Verletzung des Klägers herbeigeführt zu haben, nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorhergesehen hat, daß ihm mit der Lenkung seines Kraftfahrzeuges eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen geeignet war.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand (der Erstbeklagten nur im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages) für alle Schäden aus diesem Verkehrsunfall im wesentlichen mit der Begründung, daß das Alleinverschulden im Hinblick auf die strafgerichtliche Verurteilung den Zweitbeklagten treffe. Das Feststellungsinteresse des Klägers ergebe sich aus den Dauerfolgen der ihm beim Unfall zugefügten Verletzung (Querschnittlähmung). Ein Mitverschulden des Klägers liege nicht vor. Der Kläger habe seine Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall zwar ursprünglich an den Verein für Vorsorge und Hilfe in Schadensfällen abgetreten, doch sei eine Rückzession erfolgt.
Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, dem Kläger mangle die aktive Klagslegitimation, weil er seine Ansprüche aus diesem Verkehrsunfall unwiderruflich dem Verein für Vorsorge und Hilfe in Schadensfällen abgetreten habe. Den Kläger treffe ein mit einem Drittel zu bewertendes Mitverschulden, weil er trotz erkennbarer Alkoholisierung des Zweitbeklagten mit diesem mitgefahren sei. Hinsichtlich allfälliger zukünftiger Schmerzengeldansprüche treffe ihn ein Mitverschulden im Ausmaß eines (weiteren) Drittels, weil er den Sicherheitsgurt nicht angelegt habe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Am 29. März 1984 rüsteten sowohl der Kläger als auch der Zweitbeklagte ab. Aus diesem Anlaß wurde vom Kläger noch in der Kaserne ca. ein halber Liter Wein konsumiert, während der Zweitbeklagte dort einen "Spritzer" trank. Über den Alkoholkonsum des Zweitbeklagten in der Kaserne machte der Kläger keine Wahrnehmung. Der Kläger und der Zweitbeklagte begaben sich dann mit ca. 20 anderen Personen in ein Gasthaus in Eisenstadt, wo der Kläger zwei Krügel Bier konsumierte. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits mit Franz S*** vereinbart, daß dieser ihn nach Hause führen solle. Es war vereinbart, daß S*** aus diesem Anlaß keinen Alkohol konsumiert. In weiterer Folge begab sich die gesamte Runde in ein weiteres Gasthaus in Eisenstadt, wo ein Mittagessen eingenommen wurde. Während dieses Mittagessens trank der Kläger wieder zwei Krügel Bier, der Zweitbeklagte ein Krügel Bier. Auch hier nahm der Kläger nicht wahr, daß der Zweitbeklagte alkoholische Getränke zu sich nahm. In der Runde gab es außer Franz S*** noch weitere Personen, die wegen der bevorstehenden Lenkung eines Fahrzeuges keine alkoholischen Getränke konsumierten. Gegen 16.00 Uhr suchten der Kläger, der Zweitbeklagte, S*** und einige weitere Personen den Keller des K*** in Deutschkreuz auf. Dort tranken sowohl der Kläger als auch der Zweitbeklagte Wein. Im Zuge dieses Aufenthaltes im Keller stellten sich die fünf oder sechs noch anwesenden Personen auch einmal im Kreis auf und prosteten einander zu. Aber auch bei dieser Gelegenheit wurde zumindest von S*** kein Alkohol konsumiert. Dem Kläger war auch zu diesem Zeitpunkt nicht bewußt, daß der Zweitbeklagte Alkohol konsumierte. Desgleichen machte der Zweitbeklagte keine Wahrnehmung dahingehend, ob bzw. in welchen Mengen der Kläger Alkohol konsumierte. Tatsächlich haben sowohl der Kläger als auch der Zweitbeklagte im Keller des K*** Wein konsumiert. Während zu diesem Zeitpunkt der Zweitbeklagte maximal mittelstark alkoholisiert war, war der Kläger, der im Verlauf des Tages Alkohol nur deshalb konsumierte, weil er damit rechnete, daß ihn Franz S*** vereinbarungsgemäß nach Hause führen würde, bereits erheblich alkoholisiert. Infolge seiner eigenen Alkoholisierung bemerkte der Kläger auch nicht, daß der Zweitbeklagte unter Alkoholeinfluß stand, weshalb ihn einige Personen von der Abfahrt aus Deutschkreuz mit dem eigenen PKW abhalten wollten. Warum sich zu diesem Zeitpunkt der Kläger entschloß, mit dem Zweitbeklagten in dessen Fahrzeug mitzufahren, läßt sich nicht feststellen. Vor dem Unfall schnallten sich weder der Kläger noch der Zweitbeklagte, der im Unfallszeitpunkt einen Blutalkoholwert von zumindest 1,4 %o aufwies, an. Infolge der Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit geriet der Zweitbeklagte mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn ab, worauf das Fahrzeug gegen einen Baum stieß und sich sodann mehrfach überschlug. Vor dem Abkommen von der Fahrbahn hielt der Zweitbeklagte mit seinem PKW eine Geschwindigkeit von ca. 100 km/h ein.
Der Kläger erlitt bei diesem Unfall einen Verrenkungsbruch des ersten Lendenwirbelkörpers mit einer Rückenmarkverletzung und daraus resultierender Querschnittlähmung sowie einen Bruch der rechten neunten und zehnten Rippe. Diese Verletzungen führten zu gesundheitlichen Dauerschäden und zur Möglichkeit von Spätschäden. Infolge der Unterlassung der Anlegung der Sicherheitsgurten wurden der Kläger und der Zweitbeklagte bei Anprall des Fahrzeuges gegen den Baum durch die Windschutzscheibe geschleudert. Wäre dies nicht geschehen, dann wäre infolge der nachfolgenden massiven Deformierungen des Fahrzeuges infolge des dreimaligen Überschlagens mit schwersten, unter Umständen auch tödlichen Verletzungen der Insassen zu rechnen gewesen. Es ist durchaus möglich, daß durch das Herausschleudern der Insassen vor dem weiteren Aufschlagen des Fahrzeuges noch ärgere Verletzungen vermieden wurden. Bei derart gravierenden Unfallabläufen hat der Sicherheitsgurt keine große Bedeutung mehr, weshalb bei angelegtem Sicherheitsgurt die Verletzungen des Klägers nicht geringer gewesen wären. Der Kläger hat am 29. März 1985 allfällige Ansprüche aus diesem Verkehrsunfall dem Verein für Vorsorge und Hilfe in Schadensfällen abgetreten. Am 12. März 1986 wurden die abgetretenen Ansprüche rückzediert.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß den Kläger kein Mitverschulden treffe. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, daß er sich in einen erheblich alkoholisierten Zustand versetzt habe, weil vorher mit Franz S*** vereinbart worden sei, daß er mit diesem mitfahre und daß dieser keinen Alkohol trinke. Er habe also nicht damit rechnen müssen, daß er sich in einem erheblich alkoholisierten Zustand einem alkoholisierten Fahrzeuglenker anvertrauen werde, dessen Alkoholisierung er auf Grund seiner eigenen Alkoholisierung nicht feststellen konnte. Es sei dem Kläger ferner nicht anzulasten, daß er den Alkoholkonsum des Zweitbeklagten nicht wahrgenommen habe. Dies sei bei einer größeren Gruppe, deren Mitglieder zum Teil keinen Alkohol zu sich genommen hätten, verständlich. Schließlich begründe es auch kein Mitverschulden, daß der Kläger den Sicherheitsgurt nicht verwendet habe, weil im gegenteiligen Fall nicht mit weniger schweren Unfallsfolgen, sondern unter Umständen sogar mit ärgeren Verletzungen zu rechnen gewesen wäre. Da der Kläger wegen der zu erwartenden künftigen Unfallfolgen ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten habe, sei daher dem Klagebegehren stattzugeben.
Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000 übersteigt.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen behaupteter Verfahrensmängel und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich.
Rechtlich führte es im wesentlichen aus, daß die Rückzession der Schadenersatzansprüche des Klägers feststehe.
Der Kläger habe wegen seiner eigenen Alkoholisierung die des Zweitbeklagten nicht bemerkt. In einem solchen Fall müsse er sich kein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn ihm nach der Sachlage kein Vorwurf daraus gemacht werden könne, daß er sich durch Alkoholgenuß in einen Zustand versetzt habe, in dem er im Zeitpunkt, als er sich dem Lenker zur Fahrt anvertraute, dessen Fahrtüchtigkeit nicht mehr beurteilen habe können. Dies sei dann der Fall, wenn er in dem Zeitraum, in dem er sich dem seine Urteilsfähigkeit aufhebenden Alkoholkonsum hingegeben habe, noch in Betracht ziehen habe müssen, in der Folge in dem von einem alkoholbeeinträchtigten Fahrer gelenkten Auto mitgenommen zu werden. Gerade diese Ausnahme treffe aber für den Kläger zu, weil er zur Zeit des Alkoholkonsums damit gerechnet habe und damit rechnen habe dürfen, daß ihn S*** mit seinem Fahrzeug nach Hause bringen werde. Dem Kläger wäre im übrigen wegen der Alkoholisierung des Zweitbeklagten ein Mitverschulden auch dann nicht anzulasten, wenn man nicht davon ausginge, daß er dessen Alkoholisierung infolge seiner eigenen Alkoholisierung nicht mehr erkennen habe können. Einerseits habe die Alkoholisierung des Zweitbeklagten nicht einen solchen Grad erreicht, daß sie jedermann leicht auffallen hätte müssen; andererseits entspreche es durchaus den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß Mitglieder einer größeren Gruppe nicht darauf achteten, welche Alkoholmenge jeder einzelne in der Gruppe zu sich nehme und daß ihnen daher die von den einzelnen Mitgliedern genossene Alkoholmenge nicht bekannt sei. Es bestünden daher hier jedenfalls Zweifel, daß der Kläger wegen des Verhaltens des Zweitbeklagten oder der Kenntnis der von diesem genossenen Alkoholmenge auf dessen Alkoholisierung schließen hätte müssen. Solche Zweifel gingen aber zu Lasten der beweispflichtigen Beklagten.
Den Kläger treffe daher nicht deshalb ein Mitverschulden, weil er in dem Fahrzeug des durch Alkohol beeinträchtigten Zweitbeklagten mitgefahren sei. Dasselbe gelte für das Mitverschulden wegen der Verletzung der Pflicht zum Gebrauch des Sicherheitsgurts. Dieses sei nämlich gemäß Art. III Abs 1 der 3. KFG-Novelle soweit nicht gegeben, als der Geschädigte beweise, daß die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurts eingetreten wäre. Nach den getroffenen Feststellungen sei dem Kläger aber dieser Beweis gelungen.
Das Erstgericht habe daher zutreffend dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpfen sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben "und zur Beweiswiederholung und Beweisergänzung zurückzuverweisen"; hilfsweise beantragen sie die Abänderung des angefochtenen Urteiles dahin, "daß unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel für alle zukünftigen Ansprüche und zwei Drittel für alle zukünftigen Schmerzengeldansprüche lediglich die Haftung der Beklagten für zwei Drittel aller übrigen zukünftigen Ansprüche mit Ausnahme der Schmerzengeldansprüche und einem Drittel für zukünftige Schmerzengeldansprüche festgestellt werde."
Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig, sachlich aber nur teilweise berechtigt. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Rechtsrüge der Beklagten ist nicht zu folgen, soweit in ihr darzutun versucht wird, daß dem Kläger die aktive Klagslegitimation mangle und daß ihm wegen Nichtgebrauchs des Sicherheitsgurts ein Mitverschulden hinsichtlich allfälliger künftiger Schmerzengeldansprüche anzulasten sei. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurden dem Kläger die ursprünglich dem Verein für Vorsorge und Hilfe in Schadensfällen abgetretenen Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall rückzediert; die Ausführungen in der Rechtsrüge der Beklagten zur angeblich mangelnden Aktivlegitimation des Klägers gehen von einem anderen Sachverhalt aus, sodaß zu ihnen nicht Stellung zu nehmen ist. Gemäß Art. III Abs 1 der 3. KFG-Novelle ist ein Mitverschulden im Sinne dieser Gesetzesstelle soweit nicht gegeben, als der Geschädigte beweist, daß die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurts eingetreten wäre. Diesen Beweis haben die Vorinstanzen in tatsächlicher Hinsicht als erbracht angesehen; eine Bekämpfung dieses ausschließlich dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Fragenkomplexes ist im Revisionsverfahren nicht mehr möglich.
Hingegen kann den Revisionsausführungen der Beklagten insoweit Berechtigung nicht abgesprochen werden, als sie ein dem Kläger anzulastendes Mitverschulden von einem Drittel wegen Mitfahrens mit dem alkoholisierten Zweitbeklagten behaupten.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die bloße Kenntnis des Fahrgastes, daß der Lenker des ihn befördernden Kraftfahrzeuges überhaupt Alkohol zu sich genommen hat, zur Annahme eines Mitverschuldens nicht ausreicht. Den Fahrgast, der sich einem infolge Alkoholgenusses fahruntüchtigen Lenker anvertraut und bei einem von diesem verschuldeten Unfall Schaden erleidet, trifft nur dann ein Mitverschulden, wenn er von der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung Kenntnis hatte oder aus den Umständen Kenntnis haben mußte. Die Erkennbarkeit einer derartigen Alkoholisierung kann sich für den Fahrgast entweder aus dem wahrnehmbaren Verhalten des Lenkers oder daraus ergeben, daß ihm die vom Lenker genossene Alkoholmenge bekannt war. Es ist nach den Umständen des Einzelfalles zu prüfen, ob der Fahrgast bei Berücksichtigung der Erfahrungen des täglichen Lebens damit rechnen mußte, daß sich der Lenker durch den Alkoholgenuß in einem seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Zustand befand. Zweifel darüber, ob diese Annahme gerechtfertigt gewesen wäre, gehen zu Lasten des Haftpflichtigen, den die Beweislast für das Mitverschulden des Fahrgastes trifft (ZVR 1981/52; ZVR 1985/8 mwN uva). Den Geschädigten, der sich vor Antritt der Fahrt betrank und damit außerstande setzte, nachzuprüfen, ob er sich dem Lenker eines Kraftwagens anvertrauen durfte, trifft im Sinne des § 1307 ABGB ein Mitverschulden an dem ihm zugestoßenen Unfall, der durch den ungeeigneten Lenker herbeigeführt wurde. Nur dann müßte sich der Geschädigte in einem solchen Fall kein Mitverschulden anrechnen lassen, wenn ihm nach der Sachlage kein Vorwurf daraus gemacht werden könnte, daß er sich duch Alkoholgenuß in einen Zustand versetzte, in dem er im Zeitpunkt, als er sich dem Lenker zur Fahrt anvertraute, dessen Fahrtüchtigkeit nicht mehr beurteilen konnte. Dies ist dann der Fall, wenn er in dem Zeitraum, in dem er sich dem seine Urteilsfähigkeit aufhebenden Alkoholkonsum hingab, noch nicht in Betracht ziehen mußte, in der Folge in einem von einem ungeeigneten Lenker gelenkten Auto mitgenommen zu werden (ZVR 1981/191; ZVR 1985/30 mwN uva).
Die Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze auf den im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt ergibt folgendes:
Der Kläger nahm mit mehreren Kameraden an einer ausgedehnten Zechtour teil, mit der die Beendigung der Präsenzdienstzeit der Teilnehmer gefeiert werden sollte. Da sich diese Zechtour auf einen größeren räumlichen Bereich erstreckte (Eisenstadt - Deutschkreuz), mußte der Kläger, der über kein eigenes Fahrzeug verfügte, von vornherein damit rechnen, für die Zurücklegung der im Rahmen dieser Zechtour zu überwindenden Strecken und zuletzt für die Heimfahrt auf die Mitfahrmöglichkeit im Kraftfahrzeug eines Kameraden angewiesen zu sein. Wenn der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen mit Franz S*** vereinbarte, daß dieser ihn nach Hause fahren solle und daß dieser keinen Alkohol konsumieren werde, war damit noch in keiner Weise sichergestellt, daß der Kläger nicht im Rahmen dieser Zechtour auch mit dem Fahrzeug eines anderen Kameraden mitfahren würde und daß sich S*** bei Antritt der Heimfahrt tatsächlich in einem fahrtüchtigen Zustand befinden werde. Tatsächlich ereignete sich der hier zu beurteilende Unfall, als der Kläger im Rahmen dieser Zechtour im Fahrzeug eines anderen Kameraden, nämlich des Zweitbeklagten, mitfuhr. Ebensowenig, wie der Kläger infolge seiner eigenen Alkoholisierung eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit des Zweitbeklagten erkennen konnte, hätte er eine solche bei S*** erkennen können. Unter diesen Umständen kann aber keineswegs gesagt werden, daß dem Kläger bei ihm zumutbarer durchschnittlicher Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten kein Vorwurf daraus gemacht werden könnte, daß er sich durch Alkoholgenuß in einen Zustand versetzte, in dem er eine alkoholbedingte Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit eines Kraftfahrzeuglenkers, in dessen Fahrzeug er mitfuhr, nicht mehr erkennen konnte; er mußte vielmehr, als er sich dem seine Urteilsfähigkeit aufhebenden Alkoholkonsum hingab, durchaus in Betracht ziehen, in der Folge von einem ungeeigneten Kraftfahrzeuglenker mitgenommen zu werden. Der Kläger kann sich daher nicht mit Erfolg auf seine eigene Alkoholisierung berufen, um den gegen ihn gerichteten Mitschuldeinwand abzuwehren.
Daß sich der Zweitbeklagte während der Fahrt, die zum Unfall führte, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand (§ 5 Abs 1 StVO), steht auf Grund seiner strafgerichtlichen Verurteilung bindend fest. Entgegen der Rechtsmeinung der Vorinstanzen hätte der Kläger aber, wäre er nicht selbst alkoholisiert gewesen, diesen Zustand des Zweitbeklagten bei von ihm zu fordernder durchschnittlicher Sorgfalt in zweifelsfreier Weise erkennen können und müssen. Denn wenn auch der Kläger nach den Feststellungen der Vorinstanzen nicht wußte, daß der Zweitbeklagte Alkohol konsumiert hatte (obwohl sich die Zechgenossen im Keller des K*** etwa im Kreis aufstellten und einander zuprosteten), war das Verhalten des Zweitbeklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen immerhin so, daß ihn einige Kameraden (wegen seiner Alkoholbeeinträchtigung, die sie erkannten) davon abhalten wollten, mit seinem PKW von Deutschkreuz wegzufahren. Wenn andere Teilnehmer an der Zechtour die Alkoholbeeinträchtigung des Zweitbeklagten erkannten, ist unerfindlich, warum der Kläger bei nicht durch eigenen Alkoholgenuß getrübtem Urteilsvermögen nicht zur gleichen Erkenntnis hätte kommen können und müssen. Zumindest die Versuche seiner Kameraden, den alkoholisierten Zweitbeklagten an der Inbetriebnahme seines PKW zur Abfahrt aus Deutschkreuz zu hindern, hätten für den Kläger bei durchschnittlicher Sorgfalt ein ausreichender Anlaß dafür sein müssen, die alkoholbedingte Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit des Zweitbeklagten zu erkennen und die Mitfahrt in seinem Fahrzeug abzulehnen.
Geht man somit von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, dann ist dem Kläger im Sinne der dargestellten ständigen Rechtsprechung ein Mitverschulden anzulasten, das im Hinblick darauf, daß es in erster Linie Sache des Kraftfahrzeuglenkers ist, sein Fahrzeug nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb zu nehmen, mit einem Drittel ausreichend und zutreffend bemessen ist. Es waren daher in teilweiser Stattgebung der Revision der Beklagten die Urteile der Vorinstanzen wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz beruht auf § 43 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.
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