Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird im Umfang der Abweisung des Leistungsbegehrens der zweitklagenden Partei mit einem Betrag von S 300.186,43 samt 4 % Zinsen seit 20. Mai 1981 und der die zweitklagende Partei betreffenden Kostenaussprüche aufgehoben. In diesem Umfang wird dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Partei aufgetragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind als weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung
Am 3. November 1980 ereignete sich auf der Tauernautobahn bei Km 12,2 ein Verkehrsunfall, den Franjo R*** als Lenker des Autobusses mit dem Kennzeichen MÜ-D 883 (D) verschuldete, indem er auf den vor ihm fahrenden LKW mit dem Kennzeichen S-EL 5187 (D) auffuhr. Dabei wurde der Erstkläger als Insasse des von R*** gelenkten Autobusses schwer verletzt. Die Beklagte haftet im Sinne des § 62 KFG für die beim Betrieb dieses Fahrzeuges entstandenen Schäden.
Im vorliegenden Rechtsstreit stellte der Erstkläger ein auf Feststellung der Haftung der Beklagten für seine künftigen Unfallschäden gerichtetes Feststellungsbegehren, über das bereits rechtskräftig abgesprochen wurde. Der Zweitkläger begehrte mit der Behauptung, daß ihm der Erstkläger seine Schadenersatzansprüche aus diesem Verkehrsunfall abgetreten habe, die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 544.351,-- s.A. (Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung, Kosten einer kosmetischen Operation, Pflege- und Aushilfskosten, Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung, Verdienstentgang und Sachschaden). Die Beklagte bestritt unter anderem die aktive Klagslegitimation des Zweitklägers mit der Behauptung, die von diesem behauptete Zession der Leistungsansprüche des Erstklägers widerspreche den devisenrechtlichen Bestimmungen und sei daher nichtig. Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 300.186,43 s.A. an den Zweitkläger und wies dessen auf Zahlung eines weiteren Betrages von S 244.164,67 s.A. gerichtetes Mehrbegehren ab.
Zur Frage der Aktivlegitimation des Zweitklägers stellte es fest, daß der Erstkläger seine Leistungsansprüche an den Zweitkläger abgetreten hat (Beilagen C, AA) und daß die Klagsführung mit Einverständnis des Erstklägers erfolgte.
Dieses Urteil wurde nur von der Beklagten mit Berufung bekämpft. In der Berufungsverhandlung legte der Zweitkläger einen Bescheid der Ö*** N*** vom 17. Oktober 1986 vor, mit dem
die Abtretung der Schadenersatzansprüche des Erstklägers an den Zweitkläger nachträglich bewilligt wurde.
Das Berufungsgericht gab mit dem angefochtenen Urteil der Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes über das vom Zweitkläger gestellte Klagebegehren im Sinne der vollinhaltlichen Abweisung dieses Begehrens ab. Das Berufungsgericht führte bezüglich der Frage der Aktivlegitimation des Zweitklägers im wesentlichen aus, das Erstgericht habe sich mit der Frage, ob die Abtretung der Ansprüche des Erstklägers an den Zweitkläger der devisenbehördlichen Bewilligung bedurft hätte, trotz entsprechender Einwendungen in der Klagebeantwortung nicht befaßt, doch seien die devisenrechtlichen Vorschriften als zwingende Normen des öffentlichen Rechtes jedenfalls zu beachten. Die Abtretung der Ansprüche des Erstklägers an den Zweitkläger ohne devisenbehördliche Bewilligung sei nichtig, weil nach den Verfahrensergebnissen davon auszugehen sei, daß der Erstkläger Devisenausländer sei und auch im Zeitpunkt der Abtretung gewesen sei, während der Zweitkläger und die Beklagte Deviseninländer seien. Der Erstkläger habe im Zeitpunkt der Abtretung, die am 10. November 1980 erfolgt sei, weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gehabt, weshalb er damals Devisenausländer im Sinne des § 1 Abs 1 Z 10 DevG gewesen sei. Gemäß § 3 Z 2 DevG dürfe nur mit Bewilligung über Forderungen eines Ausländers gegen einen Inländer verfügt werden. Zu den Verfügungen im Sinne dieser Gesetzesstelle gehöre auch die rechtsgeschäftliche Zession.
Gemäß § 22 Abs 1 DevG seien den Vorschriften dieses Gesetzes widersprechende Rechtsgeschäfte nichtig. Sie seien jedoch vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an wirksam, wenn die erforderliche Bewilligung nachträglich erteilt werde. Werde auf eine bewilligungspflichtige Leistung geklagt, so sei das Verfahren gemäß § 22 Abs 3 DevG auf Antrag einer Partei zu unterbrechen, bis die Entscheidung der Ö*** N*** vorgelegt werde. Im Hinblick auf die Bewilligungspflicht der Abtretung hätte der Zweitkläger bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz die Bewilligung der Ö*** N*** vorlegen oder die Unterbrechung des Verfahrens bis zur Vorlage der Entscheidung der Ö*** N*** beantragen müssen. Dies sei nicht
geschehen, weshalb das Erstgericht das Zahlungsbegehren des Zweitklägers schon mangels rechtswirkkamen Forderungserwerbes abweisen hätte müssen.
Daran könne auch die vom Zweitkläger in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 3. Dezember 1986 vorgelegte nachträgliche Bewilligung der Ö*** N*** vom 17. Oktober 1986
nichts ändern. Durch diese Bewilligung sei zwar die Abtretung vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an wirksam geworden, doch stelle ein für einen Einzelfall ergangener rechtsgestaltender Verwaltungsbescheid einen Tatbestand dar, der, wenn er in erster Instanz nicht vorgekommen sei, von den Parteien auch im Berufungsverfahren nicht vorgebracht werden dürfe (§ 482 ZPO). Das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot verbiete die Beachtung der nachträglich erteilten devisenbehördlichen Bewilligung. Die erst nach Schluß der Verhandlung in erster Instanz erteilte devisenbehördliche Bewilligung berechtige hingegen zu einer neuen Klage; die Rechtskraft des abweisenden Urteiles in diesem Verfahren stehe der neuerlichen Geltendmachung des vom Zweitkläger gestellten Begehrens nicht entgegen.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Zweitklägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag. Die Beklagte hat eine Revisonsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Zweitklägers keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf die Höhe des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht in Ansehung des Zweitklägers entschieden hat, ohne die im § 503 Abs 2 ZPO normierte Einschränkung der Revisionsgründe zulässig und auch sachlich im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt. Der in der Revision des Zweitklägers vertretenen Rechtsansicht, die Abtretung von gegen die Beklagte gerichteten Schadenersatzforderungen des Erstklägers an ihn hätte auch dann keiner devisenbehördlichen Bewilligung bedurft, wenn der Erstkläger Devisenausländer gewesen wäre, kann allerdings nicht gefolgt werden. Gemäß § 3 Z 2 DevG darf über Forderungen eines Ausländers gegen einen Inländer nur mit Bewilligung verfügt werden. Als Verfügung im Sinne dieser Gesetzesstelle gelten jedenfalls Rechtshandlungen, durch die ein Recht übertragen oder geändert wird (Schwarzer-Csoklich-List, Das österreichische Währungs- und Devisenrecht3 Anm. 1 zu § 3 DevG; 1 Ob 694/55), somit auch eine Inkassozession. Auf die in Kdm. DE 8/82 Z 8 (früher Kdm. DE 8/71 Z 7) erteilte generelle Bewilligung der Ö***
N*** kann sich der Zweitbeklagte entgegen seinen Revisionsausführungen nicht mit Erfolg berufen. Die dort unter lit b und lit c erwähnten Tatbestände haben mit dem Übertragung der Forderung eines Ausländers gegen einen Inländer nichts zu tun. Die in lit a normierte generelle Verfügungsbewilligung hat solche Verfügungen zum Gegenstand, die im Rahmen des die Forderung konstituierenden Grundgeschäftes erfolgen (z.B. Stundungen, Nachlässe, Vereinbarungen über Ratenzahlungen oder dgl.). Beruht aber die Verpflichtung auf einem selbständigen devisenrechtliche bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäft (z.B. Zession der Forderung eines Ausländers gegen einen Inländer), fällt sie nicht mehr unter die hier erteilte generelle Bewilligung (vgl. Schwarzer-Csoklich-List, Devisen- und Mindestreserve-Kundmachungen der Österreichischen Nationalbank 1982, Anm. 8 zu Kdm. DE 8/82 Z 8). Entscheidend für die Beurteilung der Gültigkeit der Abtretung der Schadenersatzansprüche des Erstklägers an den Zweitkläger war somit nach dem Sachstand zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz (vgl. JB. 1953, 521 ua.) die Frage, ob der Erstkläger im Zeitpunkt dieser Abtretung Devisenausländer war oder nicht. Gemäß § 1 Abs 1 Z 9 DevG sind Inländer natürliche Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben oder sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten; gemäß § 1 Abs 1 Z 10 DevG sind Ausländer natürliche Personen, die nicht Inländer sind. Das Erstgericht hat zu dieser Frage keinerlei Tatsachenfeststellungen getroffen. Selbst wenn man im Hinblick auf die Erwähnung der Beilagen C und AA in den Feststellungen des Erstgerichtes davon ausgeht, daß nach diesen Feststellungen die Abtretung der Forderung des Erstklägers an den Zweitkläger am 10. November 1980 erfolgte, ist aus den Feststellungen kein Anhaltspunkt in tatsächlicher Hinsicht dafür zu entnehmen, ob der Erstkläger damals Devisenausländer oder Deviseninländer war. Wenn nun das Berufungsgericht die dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Entscheidungsgrundlagen - ohne Beweiswiederholung bzw. Beweisergänzung - dahin vervollständigte, daß es davon ausging, daß der Erstkläger zum Zeitpunkt der Abtretung seiner Schadenersatzforderung an den Zweitkläger weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, hat es gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen (SZ 25/46; EvBl 1958/219; JBl 1968, 368 uva.; zuletzt etwa 1 Ob 762/82; 1 Ob 701/85) und damit einen Verfahrensmangel im Sinne des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO gesetzt, den der Zweitkläger in seiner Revision mit Recht geltend macht.
Schon dies muß zur Aufhebung der den Zweitkläger betreffenden abändernden Entscheidung des Berufungsgerichtes führen. Das Berufungsgericht wird in diesem Umfang über die Berufung der Beklagten neuerlich abzusprechen haben. Sollte das Berufungsgericht zur Klärung der für die Beurteilung der Gültigkeit der Abtretung der Schadenersatzforderungen des Erstklägers an den Zweitkläger erheblichen Frage der Devisenausländerschaft des Erstklägers im Zeitpunkt der Abtretung nach § 496 Abs 3 ZPO vorgehen, wird es allerdings auf die bereits aktenkundige nachträgliche Bewilligung der Ö*** N*** (Beilage HH) Bedacht zu nehmen
haben (siehe dazu Fasching in Kommentar IV 168 und in Zivilprozeßrecht Rz. 1820; SZ 19/278 ua.). In diesem Fall wird auch zur Berufung der Beklagten noch insoweit Stellung zu nehmen sein, als in ihr die Berechtigung einzelner Ansprüche aus anderen Gründen bestritten wird.
Der Vorbehalt der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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