OGH 8Ob589/87

OGH8Ob589/8727.8.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Maier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma N*** & D***, Bauprojektierungsgesellschaft mbH, Speckbacherstraße 29, 6020 Innsbruck, vertreten durch Dipl. Vw. DDr. A.Santner - Dr.Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dipl. Vw. Helmut K***, Steuerberater, Marktstraße 37, 6850 Dornbirn, vertreten durch Dr. Manfred de Bock, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Unterlassung (Streitwert S 16.000,-) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 24.März 1987, GZ 1 b R 34/87-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 29.Dezember 1986, GZ C 270/86 -10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, den Beklagten zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu verhalten, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erkannte den Beklagten schuldig, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, daß das zufahrtsbehindernde und verbotswidrige Abstellen seines Fahrzeuges mit dem Kennzeichen

V 83.858 oder eines anderen von ihm gehaltenen Fahrzeuges im gesamten Bereich der Zufahrt zur Liegenschaft Egger-Lienz-Straße 22-24, 6020 Innsbruck, insbesondere im Halteverbotsbereich vor den Müllcontainern und den Garagenzufahrten unterbleibt. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, daß die Passivlegitimation des Beklagten gegeben sei, weil von ihm Abwehrmaßnahmen gegen das verkehrsbehindernde Abstellen seines Fahrzeuges erwartet werden konnten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge.

Es nahm eine Beweiswiederholung vor und stellte fest:

Der Beklagte kaufte den PKW V 83.858 und stellte ihn seinen beiden Söhnen Peter und Thomas, die in Innsbruck studierten, zur Verfügung. Die Söhne wohnten in der der Ehegattin des Beklagten gehörenden Wohnung im Wohnungseigentumsobjekt Egger-Lienz-Straße 22-24. Der PKW wurde sowohl von den beiden Söhnen des Beklagten als auch ab und zu von deren Freunden gefahren, was dem Beklagten bekannt war. Der Beklagte sagte seinen Söhnen ausdrücklich, daß sie so zu fahren haben, daß es zu keinerlei Beanstandungen kommen kann. Er verbot ihnen jedoch weder die Weitergabe an Dritte, noch trug er ihnen auf, bei Überlassung des Fahrzeuges an Dritte diese anzuleiten, beim Lenken des Fahrzeuges sich rechtmäßig zu verhalten. Eine diesbezügliche Behauptung wurde auch nicht aufgestellt.

In der Zeit von April 1986 bis spätestens 11.August 1986 wurde der PKW im Halteverbotsbereich und verkehrsbehindernd abgestellt; sowohl der Zugang zu den Müllcontainern als auch die Zufahrt zu den Garagen war dadurch behindert. Dieses verkehrswidrige Abstellen erfolgte durch Peter und Thomas K***, die Söhne des Beklagten. Daß auch deren Freunde, die das Fahrzeug benützten, dieses dort verkehrswidrig abgestellt hätten, war nicht feststellbar. Der Hausmeister der Klägerin wies am PKW des Beklagten mehrfach durch Anbringung eines Zettels darauf hin, daß das Abstellen von Fahrzeugen verboten sei. Dem Beklagten war bis zur Einbringung der Klage das verkehrswidrige Abstellen seines Fahrzeuges nicht bekannt. Weder er noch seine Ehegattin waren mit diesem Fahrzeug in Innsbruck gefahren. Er erteilte seinen Söhnen nie Aufträge zu Fahrten in Innsbruck; diese unternahmen auch nie Fahrten im Interesse des Beklagten in Innsbruck. Die Ehegattin des Beklagten wurde nie vom verkehrsbehindernden Abstellen des Fahrzeuges verständigt. Der Beklagte machte seine Söhne mehrfach darauf aufmerksam, daß sie sich verkehrsgerecht verhalten sollen, ohne daß es einen konkreten Anlaß für diese Ermahnungen gab. Das Fahrzeug des Beklagten wurde zwar seit Klagseinbringung nicht mehr verkehrsbehindernd abgestellt; es ist jedoch Wiederholungsgefahr gegeben, zumal Peter K*** nach wie vor in der erwähnten Wohnung seiner Mutter in Innsbruck wohnt und ein wiederholtes verkehrswidriges Abstellen nicht ausgeschlossen werden kann.

Rechtlich verwies das Berufungsgericht auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes EvBl 1982/93, wonach mit einer Eigentumsfreiheitsklage auch derjenige in Anspruch genommen werden kann, der ihm mögliche Vorkehrungen gegen Störungen unterläßt und wonach der Beklagte zu beweisen habe, daß er die Störung nicht verhindern konnte. Den Halter eines Kraftfahrzeuges treffe auch die Verpflichtung, auf den Dritten im Sinne einer Unterlassung einzuwirken. Dies habe der Beklagte nicht getan, weshalb er für die Störungshandlungen verantwortlich sei. Da eine eingehendere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in dem dargestellten Belang fehle, sei die Revision zuzulassen.

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof hat auch bei der Entscheidung über eine ordentliche Revision - im Zulassungsbereich gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO - zunächst zu prüfen, ob die Revision nach dieser Bestimmung überhaupt zulässig ist. Das Revisionsgericht ist hiebei nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 3 ZPO gebunden (§ 508 lit a Abs 1 ZPO).

Von entscheidender Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit ist die Rechtsfrage, ob dem Beklagten aufgetragen werden kann, Vorkehrungen zur Verhinderung des verkehrswidrigen Abstellens seines Fahrzeuges zu treffen. Dazu hat der Oberste Gerichtshof in einem grundlegenden, vom Berufungsgericht selbst seiner Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnis EvBl 1982/93 ausgeführt, daß solche Vorkehrungen zur Verhinderung von Störungen von jenem verlangt werden können, der dazu in der Lage ist, sie aber dennoch (geflissentlich) unterläßt. Ein solcher Fall liegt hier vor:

Der Beklagte ließ es dabei bewenden, daß seine beiden Söhne das ihnen von ihm anvertraute Fahrzeug so abstellten, daß die Zufahrt zur Liegenschaft der Klägerin monatelang beeinträchtigt war. Es steht außer Zweifel und wurde auch durch die Prozeßergebnisse nicht widerlegt, daß der Beklagte in der Lage ist, dagegen Abhilfe zu schaffen. Er steht aber selbst noch in der Revision auf dem ungerechtfertigten Standpunkt, daß es lebensfremd sei, von ihm als Fahrzeughalter und Vater der die Störung verursachenden Söhne auch nur die geringsten Vorkehrungen dagegen zu verlangen, daß Eingriffshandlungen wie die geschilderten in Hinkunft hintangehalten werden. Er lehnt damit offenkundig jede Verantwortung hiefür ab. Ein solches Verhalten ist der Veranlassung von Eingriffshandlungen durch Schaffung der Voraussetzungen für Eingriffe dritter Personen, wie sie der bisherigen Rechtsprechung zugrundelagen, gleichzuhalten. Der Prozeßstandpunkt des Beklagten rechtfertigt aber auch die Annahme der Wiederholungsgefahr, zumal er keine Umstände vorbrachte, die den Schluß rechtfertigen könnten, daß eine neuerliche Blockierung der Einfahrt der Klägerin nicht zu befürchten sei. Bei Beurteilung der Wiederholungsgefahr ist nicht engherzig vorzugehen, es genügt die ernstliche Besorgnis ähnlicher Eingriffe (MietSlg.30.060, 29.040; SZ 48/45; EvBl 1972/20; SZ 33/130 ua). Das Beharren auf dem Standpunkt, zur Einwirkung auf seine Söhne weder verpflichtet noch in der Lage zu sein, läßt die Wiederholungsgefahr als gegeben erscheinen (vgl. EvBl 1980/21; SZ 48/45). All dies wurde jedoch schon in der oben dargestellten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes mit ausführlichen Judikaturzitaten dargelegt. Die zweite Instanz hat sich ausdrücklich dieser Rechtsprechung angeschlossen. Es besteht daher kein Grund für die Annahme, daß die Entscheidung des Rechtsfalles von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, für die eine Rechtsprechung fehlt. Dies hat zur Folge, daß die vorliegende Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zuzulassen und sohin als unzulässig zurückzuweisen war. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung die Unzulässigkeit der Revision nicht geltend gemacht; die Rechtsmittelschrift war aher zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht erforderlich, was nach den zitierten Bestimmungen einen Kostenersatzanspruch ausschließt.

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