OGH 15Os111/87

OGH15Os111/8724.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Juli 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Swoboda als Schriftführer in der Strafsache gegen Ulrich AronH*** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 4.Juni 1987, GZ 27 a Vr 38/87-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch die Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem im Schuldspruch bekämpften Urteil - das auch einen unangefochtenen Freispruch enthält - wurde der Angeklagte Ulrich Aron H*** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Lech fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, durch die Sachzueignung sich unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar 1. nachts zum 6. (richtig: 7. - siehe US 6) Jänner 1987

a) dem Dietmar W*** einen Siegelring im Wert von 700 S, b) der Ruth W*** eine hölzerne Göttermaske im Wert von 700 S, 2. am 6.Jänner 1987 nach Eindringen in abgeschlossene Räume, die sich in Gebäuden befanden, mittels widerrechtlich erlangter Schlüssel a) der Anneliese S*** Schmuck im Wert von 17.615 S, b) der Helga S*** Schmuck im Wert von 31.550 S, c) dem Dr.Hans H*** eine Herrenhandtasche mit Schlüsselbund, drei Kugelschreiber und eine Geldtasche mit Kleingeld.

Der Angeklagte meldete gegen dieses Urteil (selbst) am 5.6.1987 Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung an (S 223) und begehrte am folgenden Tag die Zustellung einer schriftlichen Urteilsausfertigung (auch) an ihn selbst (S 225). Urteilsausfertigungen wurden an ihn am 26. Juni 1987 und an den Verteidiger am 29.Juni 1987 zugestellt (S 220; siehe auch S 245). Bereits am 23.Juni 1987 hatte jedoch der Angeklagte im Gefangenenhaus Feldkirch eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und Strafberufung überreicht (S 229 ff), die am 13.Juli 1987 vom Verteidiger des Angeklagten ratihabiert wurde (S 229 unten), wobei eine Aufforderung hiezu (§ 285 a Z 3 StPO) den Akten nicht zu entnehmen ist, sodaß davon auszugehen ist, daß die vierzehntägige Frist des § 285 a Z 3 StPO nicht überschritten wurde. Am 8.Juli 1987 überreichte der Angeklagte eine weitere, als "1. Ausführung zur Strafberufung" bezeichnete Eingabe (ON 46), die ebenfalls von seinem Verteidiger unterfertigt worden ist. Im vorliegenden Fall wäre zwar der vom Angeklagten selbst verfaßte Schriftsatz vom 23.Juni 1987 ursprünglich mangels der Formerfordernisse des § 285 a Z 3 StPO nicht als Nichtigkeitsbeschwerde im formellen Sinn aufzufassen gewesen und es dem Verteidiger freigestanden, innerhalb der durch Zustellung einer Urteilsausfertigung an ihn in Gang gesetzten Rechtsmittelfrist eine Ausführung der vom Angeklagten angemeldeten Rechtsmittel einzubringen (vgl Mayerhofer/Rieder, StPO2, E 13 a zu § 285). Durch Unterfertigung des vom Angeklagten selbst verfaßten Schriftsatzes vom 23.Juni 1987 wurde jedoch dieser zur allein maßgeblichen Rechtsmittelausführung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeiten nach den Z 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO behauptenden Nichtigkeitsbeschwerde kommt jedoch in keiner Richtung Berechtigung zu.

Als Ausführung zum ersterwähnten Nichtigkeitsgrund (Z 3) ist das "rückgreifend auf den § 151 StPO" gemachte Vorbringen zu verstehen, "daß Elemente des Sicherheitsapparates schwer bewaffnet und in trauter Gemeinsamkeit ... vor Gericht erschienen" seien (S 233). Damit wird aber keines der im § 151 StPO angeführten, für den Fall der Verletzung mit Nichtigkeit bedrohten Beweisverbote behauptet; dies ganz abgesehen davon, daß die in der Hauptverhandlung vom 4. Juni 1987 vernommenen Gendarmeriebeamten vom Gericht als Zeugen geladen wurden (S 183) und daher zu erscheinen hatten und kein Grund dafür ersichtlich ist, Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ablegen der Dienstwaffe zu veranlassen (vgl § 228 zweiter Satz StPO).

Die weiteren auf § 281 Abs. 1 Z 3 StPO bezogenen Ausführungen (S 232), mit denen unter Berufung auf § 3 StPO die Unterlassung einer sicherheitsbehördlichen Vernehmung der Vermieterin des Hauses A*** gerügt wird, ein Vorbringen, das inhaltlich auch an anderer Stelle der Nichtigkeitsbeschwerde wiederkehrt (S 235), stellt sich - schon mangels irgendeiner Bezugnahme auf eine der in der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO taxativ bezeichneten Gesetzesstellen - der Sache nach offensichtlich ebenso wie der Hinweis, der Angeklagte habe den Kellner der E***-Bar als Zeugen angegeben, der "sicher die Aushändigung des Schmuckes" (von einem unbekannten Italiener an den Angeklagten) "verfolgt" (S 235, ersichtlich gemeint: wahrgenommen) habe, als Verfahrensrüge im Sinn der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO dar. Zur Geltendmachung einer Verfahrensrüge ist jedoch der Angeklagte mangels eines dafür ausdrücklich vorausgesetzten in der neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 4.Juni 1987 in dieser Richtung gestellten Antrages über den entweder gar nicht oder abweichend erkannt worden wäre, von vornherein nicht legitimiert. Nur am Rande sei darauf verwiesen, daß der im Rahmen sicherheitsbehördlicher Erhebungen ohnedies befragte Kellner der E***-Bar die Verantwortung des Angeklagten nicht zu bestätigen vermochte (S 47).

Ein weiteres, vom Angeklagten auf § 281 Abs. 1 Z 3 StPO bezogenes Vorbringen, wonach die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel nicht geprüft worden seien, vielmehr sei "es" (damit ersichtlich gemeint: die Hauptverhandlung) zu "einer öffentlichen Kundgebung, die zum Inhalt hatte, daß sich ein Dieb in den Maschen des Gesetzes verfangen habe", geworden (S 236), entzieht sich ungeachtet der an sich völlig verfehlten Zitierung der oben angeführten Gesetzesstelle mangels inhaltlich deutlicher und bestimmter Bezeichnung irgendeines Nichtigkeitsgrundes (§ 285 a Z 2 StPO) einer sachbezogenen Erwiderung (vgl Mayerhofer-Rieder2, ENr 32 zu § 285 StPO ua). Gleiches gilt für die der Sache nach als Mängelrüge (Z 5) anzusehende undifferenzierte Behauptung, es sei dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zuwidergehandelt und die Beweismittel seien nicht den Denkgesetzen entsprechend erörtert worden (S 232). Mit dem gleichfalls als Mängelrüge (Z 5) anzusehenden Behauptungen eines "vielsagenden Schweigens betretener Gesetzeshüter" (S 233) und "verworrener Aussagen des Sicherheitsapparates" (S 236) wird hinwieder nur der im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile nicht vorgesehene und daher unzulässige Versuch der Bekämpfung der Beweiswürdigung des Schöffengerichtes vorgenommen, das die Aussagen der Gendarmeriebeamten als schlüssig und glaubwürdig erachtete und der angefochtenen Entscheidung demgemäß zugrunde legte.

Nichts anderes ist aber auch der Einwand einer mangelnden Beweiskraft der am Gendarmerieposten Lech vorgenommenen Gegenüberstellung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin W*** (S 234), bei der die Zeugin den Angeklagten als jene Person wiedererkannte, die in ihr Zimmer eindrang (S 19), und die sie auf ihrer Nacheile weiter beobachtet hatte (S 33); dies ganz abgesehen davon, daß sich das Schöffengericht gar nicht auf diese Gegenüberstellung bezog, sondern auf jene vor dem Untersuchungsrichter (US 11 in Verbindung mit S 45 f), auf die die Zeugin auch in der Hauptverhandlung vom 7.Mai 1987 unter Bekräftigung der Richtigkeit ihrer Angaben verwies (S 178). Der insofern als gesetzmäßige Ausführung einer Mängelrüge (Z 5) zu deutende Einwand, das Gericht sei nicht darauf eingegangen, daß der Angeklagte über genügend Barmittel verfügt habe (S 235), ist hinwieder unberechtigt, weil er für die Entscheidung der Schuldfrage nicht von Bedeutung ist.

Bei der Feststellung der Einkommens- und Vermögenslosigkeit des Angeklagten (US 4) konnte das Erstgericht nämlich überdies von dem in der Hauptverhandlung verlesenen Akteninhalt (S 205) ausgehen, wonach der Angeklagte bei seiner Festnahme kein Bargeld hatte (S 19; siehe auch Übernahmsbericht des Landesgerichtlichen Gefangenenhauses Feldkirch S 39); die Verantwortung des Angeklagten, am Tag zuvor einem unbekannten Italiener Geld übergeben zu haben, wertete das Schöffengericht dagegen mit ausführlicher, keineswegs mit formellen Mängeln behafteten Begründung als unglaubwürdig (US 9 ff). Was der Angeklagte als Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 6 StPO ansieht, ist der Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu entnehmen und bleibt unerfindlich, weil ein Unzuständigkeitsurteil gar nicht erging.

Die Nichtigkeitsgründe der Z 7 und 8 dieser Gesetzesstelle sieht der Angeklagte darin verwirklicht, daß in der Anklageschrift als Tatzeit der zum Nachteil des Dietmar W*** und der Ruth W*** begangenen Diebstähle die Nacht zum 2.Jänner 1987 bezeichnet wurde, dagegen im Urteil die Nacht zum 6.Jänner 1987 (im Urteilstenor; in den Entscheidungsgründen - richtigerweise - die Nacht zum 7.Jänner 1987, siehe US 6 f und US 11).

Dieser Einwand ist jedoch unberechtigt.

Die Zeugin W***, die bei ihrer Vernehmung in der am 7.Mai 1987 durchgeführten Hauptverhandlung ersichtlich keine präzise Erinnerung mehr an das Datum hatte, jedoch auf ihre Angaben vor der Gendarmerie verwies (S 178), hatte bereits in ihrer ersten Vernehmung vor der Gendarmerie am 7.Jänner 1987 die "vergangene Nacht" als Tatzeit bezeichnet (S 33 sowie S 17). Die Bezeichnung des 2.Jänner 1987 als Tatzeit in der Gendarmerieanzeige (S 9), die ohne sonstige aktenmäßige Grundlage erfolgte, stellt sich somit augenscheinlich als bloßer Schreib-, Diktat- oder Flüchtigkeitsfehler dar, der ersichtlich durch eine Flüchtigkeit bei Verfassung der Anklageschrift auch in diese Eingang fand. Damit ändert sich aber nichts an der unter Anklage gestellten Tat als historischem Sachverhalt, über den zu urteilen war und geurteilt wurde (Mayerhofer/Rieder, StPO2, E 31, 33, 34, 35 zu § 262), sodaß weder von einer Anklageüberschreitung, noch von einer Nichterledigung der Anklage - die im übrigen vom Angeklagten gar nicht als Nichtigkeit geltend gemacht werden könnte - gesprochen werden kann. Die Ausführungen zur Rechtsrüge (Z 10 und 11) schließlich entbehren einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Hiezu wäre nämlich erforderlich, daß der vom Gericht festgestellte Sachverhalt mit dem Gesetz verglichen und eine unrichtige Gesetzesanwendung dargestellt würde, nicht aber ein anderer, dem Rechtsmittelwerber genehmerer Sachverhalt. Letzteres unternimmt jedoch der Beschwerdeführer, wenn er augenscheinlich im Bestreben, statt wegen schweren Diebstahls nur wegen Hehlerei oder bedenklichen Ankaufes verurteilt zu werden (S 236 in Verbindung mit S 232), auf seine vom Schöffengericht abgelehnte und daher nicht zur Feststellungsgrundlage gemachte Verantwortung zurückgreift und aus dieser Position den Strafsatz (des § 129 StGB) für nicht anwendbar und damit zugleich auch die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes überschritten hält. Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sofort bei der öffentlichen Beratung zum Teil als offenbar unbegründet, zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 1 und 2 StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO).

Insoweit der Angeklagte in seiner oben bereits erwähnten Eingabe vom 8. Juli 1987 auch - weitere - Ausführungen zur Schuldfrage macht, die ihrem Inhalt nach teils auch als (versuchte) ergänzende Darstellung von Nichtigkeitsgründen anzusehen ist und demnach auch in einem der beiden Schlußanträge auf einen Freispruch abzielt (S 256) ist ihm zu erwidern, daß auf diesen Teil des Vorbringens schon deshalb nicht Rücksicht genommen werden kann, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde vorsieht (Mayerhofer-Rieder2, ENr 36 zu § 285 a StPO ua).

Über die Berufung wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

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