OGH 8Ob520/87

OGH8Ob520/878.7.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Vogel, Dr.Kropfitsch und Dr.Zehetner als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Johanna R***, Sekretärin, Jägermayerstraße 17, 2540 Bad Vöslau, vertreten durch Dr.Otto Philp, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Franz Zellhofer, Chemiearbeiter, Columbusgasse 49/3/8, 1100 Wien, vertreten durch Dr.Adalbert Laimer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 30.September 1986, GZ. 44 R 59/86-25, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 17.Jänner 1986, GZ. 1 F 6/85-17, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibt bzw. bestätigt wird, wird in seinem Punkt II) 5) dahin abgeändert, daß er in diesem Umfang zu lauten hat:

"Das Sparbuch des Österreichischen Creditinstitutes Nr.323-56257 mit einem Einlagenstand von S 111.770,80 mehr oder weniger verlbeibt im Alleineigentum der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner einen Betrag von S 43.000,-- binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen."

Die Kosten des Verfahrens in erster Instanz, des Rekursverfahrens und des Verfahrens über den Revisionsrekurs werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 31.Mai 1985, 36 Cg 119/84-26, aus beiderseitigem gleichteiligem Verschulden geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft der Streitteile wurde bereits im Juni 1984 aufgelöst. Der Ehe entstammen zwei Kinder, nämlich die am 16.Juli 1981 geborene Tochter Andrea und der am 28. Oktober 1982 geborene Sohn Thomas, die sich in Pflege und Erziehung der Mutter befinden.

Innerhalb der im § 95 EheG normierten Jahresfrist beantragte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse.

Das Erstgericht entschied, daß die Ehewohnung 1100 Wien, Columbusgasse 49/3/8 (mit 95/2270-Anteilen an der Liegenschaft EZ 210 KG Favoriten verbundenes Wohnungseigentum) im Alleineigentum der Antragstellerin verbleibt (Punkt 1). Es erlegte der Antragstellerin eine binnen 4 Wochen zu leistende Ausgleichszahlung in der Höhe von S 175.000,-- auf (Punkt 2). Das Mehrbegehren des Antragsgegners auf Leistung einer weiteren Ausgleichszahlung wies es ab (Punkt 3). Es trug dem Antragsgegner auf, die Ehewohnung binnen 6 Wochen nach Erhalt der Ausgleichszahlung zu räumen und der Antragstellerin zu übergeben. In diesem Zusammenhang räumte es der Antragstellerin das Recht ein, über das Sparbuch Nr.323-56257 beim ÖCI zu verfügen (Punkt 4). Es ordnete an, daß der in der Ehewohnung vorhandene Hausrat und die Einrichtungsgegenstände im Alleineigentum der Antragstellerin verbleiben, jedoch mit Ausnahme des Fernsehers, der Tonfilmkamera, des Tonprojektors, der Stereoanlage und des Autos (Punkt 5). Mit dem auf die Räumung folgenden Monatsersten habe die Antragstellerin den bei der Bausparkasse der Österreichischen Spar-Cassen aufgenommenen Bausparkredit Nr.48639321-6 und den bei der CA-BV aufgenommenen Wohnungsverbesserungskredit Nr.10/433.423 aus eigenem zurückzuzahlen und diesbezüglich den Antrasgegner schad- und klaglos zu halten (Punkt 6).

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Antragstellerin ist auf Grund eines Kaufvertrages vom 29. September 1976 Alleineigentümerin der Ehewohnung. Für diese Wohnung mußte ein Betrag von S 350.000,-- bezahlt werden, der durch einen Kredit bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse aufgebracht wurde. An Nebenkosten entstanden S 28.000,-- für Grunderwerbssteuer und S 35.000,-- für Anwaltskosten, Provision und Eintragungsgebühr. Für diesen Kredit wurden von Dezember 1976 bis Juli 1979 (32 Monate) monatlich rund S 3.000,-- an Zinsen bezahlt, das sind insgesamt S 96.000,--. Zur Anschaffung eines Bausparvertrages diente ein Kredit von S 110.000,--, der bis 16.August 1978 zurückgezahlt wurde. Der gesamte Betrag einschließlich Zinsen betrug S 140.000,--. Die Bausparsumme von S 350.000,-- wurde am 30.April 1979 bereitgestellt. Das Bausparguthaben diente der Rückzahlung des bei der Ersten Österreichischen Spar-Casse aufgenommenen Kredites. Für diesen Bausparkredit mußte ab 1.August 1979 monatlich ein Betrag von S 1.554,-- bezahlt werden. Für einen Wohnungsverbesserungskredit über S 86.000,-- waren ab 20.Mai 1979 monatlich S 800,-- zu zahlen. Die für die Wohnung bis zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft insgesamt bezahlten Beträge machen S 437.932,-- aus. Im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft hafteten der Bausparkredit mit S 114.939,28 und der Wohnungsverbesserungskredit mit S 49.023,95 aus.

Der Verkehrswert der Ehewohnung beträgt S 490.000.--. Bei Vermietung der Wohnung an einen Dritten wäre ein monatlicher Mietzins von S 2.500,-- zuzüglich Betriebskosten, Steuern und Abgaben angemessen.

Die Streitteile lernten einander Ende 1975 kennen und gingen Ende 1976 eine Lebensgemeinschaft ein. Die Ehe schlossen sie am 29. Juli 1977.

Bei Eingehen der Lebensgemeinschaft verkaufte der Antragsgegner seine Wohnung in Hainfeld um S 50.000,--. Von seiner früheren Firma erhielt er eine Zahlung in der Höhe von S 25.000,-- bis S 30.000,--. Diese Beträge verwendete er zur Ablöse der in der Ehewohnung vorhanden gewesenen Möbel. Der Rest ging zur teilweisen Rückzahlung des Kredites von S 110.000,-- und für die Bezahlung der Anwaltskosten auf.

Das Einkommen des Antragsgegners betrug zur Zeit der Eheschließung ca. S 8.000,-- zuzüglich rund S 2.300,-- für Überstunden. Dieses Einkommen war belastet mit Alimentationsschulden für den Sohn aus erster Ehe in der Höhe von S 270,-- monatlich und für die Tochter in der Höhe von S 1.000,--. Derzeit verdient der Antragsgegner rund S 10.400,-- monatlich; Überstunden macht er nicht mehr. Zu den angeführten Alimentationsverpflichtungen kommen jetzt ab Mai 1985 Alimentationszahlungen von monatlich S 3.000,-- für die Kinder aus der Ehe mit der Antragstellerin.

Die Antragstellerin verdiente bei Eingehen der Ehe rund S 12.000,-- netto unter Berücksichtigung der Sonderzahlungen. Bei der Geburt ihres Kindes Andrea ging sie in Karenzurlaub, der ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes Thomas im November 1983 endete. Das Karenzgeld betrug monatlich rund S 3.500,--. Nach dem Karenzjahr wurde sie gekündigt; sie ist seit April 1984 arbeitslos. Bis 5. Jänner 1986 bezog sie Notstandshilfe.

Im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft hatte der Antragsgegner Ersparnisse in der Höhe von S 6.061,67 auf dem Überbringersparbuch des ÖCI Nr.323-25823.

Die Antragstellerin konnte sich wegen der Auszahlung aus einem Bausparvertrag in der Höhe von S 57.092,78, einer Abfertigung von der Firma M*** in der Höhe von S 56.882,40 und wegen Zahlungen der Austria Krankenversicherung in der Höhe von S 41.000,-- S 141.770,80 ersparen. Dieser Betrag wurde von ihr auf dem Sparbuch des ÖCI Nr.323-56257 eingelegt. Dieses Sparbuch befindet sich im Einvernehmen der Streitteile beim Vertreter der Antragstellerin in Verwahrung. Von diesem Sparbuch wurden nach der Ehescheidung S 30.000,-- abgehoben, und zwar zur Bezahlung von Anwaltskosten in der Höhe von S 20.000,-- für die Antragstellerin und in der Höhe von S 10.000,-- für den Antragsgegner. Weitere Ersparnisse hatten die Streitteile bei der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht. Bereits nach Eingehen der Lebensgemeinschaft wirtschafteten die Streitteile in der Art, daß die Antragstellerin hauptsächlich die Rückzahlung der Kredite und den Aufwand für die Wohnung trug, während der Antragsgegner die Kosten für ihren Lebensaufwand übernahm. Allerdings übernahm der Antragsgegner die Mithaftung für den Bauspar- und den Wohnungsverbesserungskredit und zahlte auch seit längerer Zeit die Raten für den Bausparvertrag in der Höhe von monatlich S 1.554,--. Das Einkommen der Streitteile wurde ihren Gehaltskonten gutgeschrieben und grundsätzlich von jedem der Streitteile alleinverantwortlich verwaltet. Ab Juni 1984 trägt der Antragsgegner sämtliche Kosten der Ehewohnung und zahlt auch die Kreditraten. Der Antragsgegner stellte sein gesamtes nach Abzug der Alimentationszahlungen verbleibendes Einkommen unter Abzug seiner persönlichen Aufwendungen für den Lebensaufwand der Familie zur Verfügung.

Während der Ehe wurde im September 1981 ein PkW Marke Passat, Baujahr 1977, um S 46.000,-- angeschafft, für den die Antragstellerin S 30.000,-- aus den Ersparnissen beisteuerte. Der Wert dieses PKW im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft betrug S 12.500,--. Der Wert der übrigen dem Antragsgegner zugesprochenen Gegenstände beträgt S 20.000,--. Der Wert im einzelnen aufgezählter in der Wohnung verbliebener und der Antragstellerin zugesprochener Möbel und Hausratsgegenstände beträgt rund S 20.000,--.

Rechtlich führte das Erstgericht im wesentlichen aus, daß der Hausrat und das eheliche Gebrauchsvermögen (mit Ausnahme der Ehewohnung) zu wertmäßig annähernd gleichen Teilen aufgeteilt worden sei. Was die Ehewohnung anlange, sei davon auszugehen, daß der Antragsgegner rund 40 % und die Antragstellerin rund 60 % des Aufwandes getragen habe. Weil der Antragsgegner die Wohnung verlassen müsse, sei es billig, daß ihm 40 % des für die Ehewohnung getätigten Aufwandes ersetzt würden, das sei bei einer Gesamtsumme von S 437.932,-- ein Betrag von S 175.000,--. Es entspreche auch der Billigkeit, daß die Antragstellerin nach Räumung der Ehewohnung durch den Antragsgegner alle mit der Wohnung verbundenen Lasten allein übernehme. Die Ehewohnung habe deswegen der Antragstellerin zu verbleiben, weil diese die Kinder in ihrer Pflege und Erziehung habe und es dem alleinstehenden Antragsgegner leichter möglich sein werde, unter Zuhilfenahme der Ausgleichszahlung eine ensprechende Wohnmöglichkeit zu finden. Das Sparguthaben beim ÖCI mit einer Restsumme von rund S 110.000,-- habe der Antragstellerin zu verbleiben; die dem Antragsgegner von der ursprünglichen Summe bereits ausbezahlten S 10.000,-- stellten eine angemessene Ausgleichszahlung dar. Die Antragstellerin könne im Hinblick auf ihre derzeitige schlechte Einkommenslage nicht zu einer S 175.000,-- übersteigenden Ausgleichszahlung verpflichtet werden. Diese Entscheidung des Erstgerichtes wurde von beiden Streitteilen mit Rekurs bekämpft.

Das Rekursgericht gab mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs des Antragsgegners keine Folge; hingegen gab es dem Rekurs der Antragstellerin teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es die der Antragstellerin auferlegte Ausgleichszahlung mit S 130.000,--, davon s 70.000,-- zahlbar binnen 6 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung, der Rest von S 60.000,-- zahlbar in 40 Monatsraten a S 1.500,-- beginnend mit dem der Rechtskraft der Entscheidung folgenden Monatsersten, festzsetzte und das Mehrbegehren des Antragsgegners abwies. Es verpflichtete den Antragsgegner zur Räumung der Ehewohnung binnen 6 Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Das Guthaben auf dem Sparbuch des ÖCI Nr.323-56257 in der Höhe von S 111.770,80 mehr oder weniger sprach es in der gesamten Höhe der Antragstellerin zu; dieses Sparbuch verbleibe in ihrem Alleineigentum. Das Sparbuch des ÖCI Nr. 323-25823 mit einer Einlagenhöhe von S 6.061,67 mehr oder weniger verbleibe im Alleineigentum des Antragsgegners. Schließlich erkannte das Rekursgericht die Antragstellerin mit dem der Rechtskraft der Entscheidung folgenden Monatsersten schuldig, den bei der Bausparkasse der Österreichischen Spar-Cassen aufgenommenen Bausparkredit Nr. 48639321-6 sowie den bei der CA-BV aufgenommenen Wohnungsverbesserungskredit Nr.10/433423 aus eigenem zurückzuzahlen und diesbezüglich den Antragsgegner schad- und klaglos zu halten. Das Rekursgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig.

Rechtlich führte das Rekursgericht im wesentlichen aus, daß bei Festsetzung der von der Antragstellerin für die Überlassung der Ehewohnung zu leistenden Ausgleichszahlung anzustreben sei, die Folgen der Scheidung in wirtschaftlicher Hinsicht in einer für beide Teile möglichst ausgeglichenen Weise zu regeln und die wirtschaftliche Grundlage der nunmehr getrennten Lebensführung für beide Teile so gut wie möglich zu sichern. Bezüglich des Umfanges der Beiträge der Ehegatten im Sinne des § 83 EheG sei dem Erstgericht zu folgen. Der Schätzwert der Wohnung betrage S 490.000,--; die bisherigen tatsächlichen Aufwendungen beliefen sich auf S 437.932,--. Da noch ein Betrag von rund S 165.000,-- aushafte, errechne sich der gesamte Aufwand für die Wohnung mit rund S 603.000,--. Die Wertminderung von S 113.000,-- sei anteilsmäßig in Abzug zu bringen; 40 % davon seien S 45.200,--. Stelle man diesen Betrag in Relation zur Ausgleichszahlung, so errechne sich ein angemessener auch die Wertminderung berücksichtigender Teilbetrag von S 130.000,--, der dem Antragsgegner ausgleichend zuzukommen habe. Der ursprüngliche Einlagenstand des der Antragstellerin zuzusprechenden Sparbuches von S 141.770,80 setze sich aus der Auszahlung eines auf die Antragstellerin lautenden Bausparvertrages in der Höhe von S 57.092,78, aus einer Abfertigung von S 56.882,40 und aus Zahlungen der Austria Krankenversicherung in der Höhe von S 41.000,-- zusammen. Es handle sich hier einerseits um eheliche Ersparnisse; andererseits sei besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten Bedacht zu nehmen. Dieser Betrag setze sich aus Leistungen zusammen, die ausschließlich von der Antragstellerin angesammelt worden seien, noch dazu aus Leistungen höchstpersönlicher Art wie einer Firmenabfertigung. Dem gegenüber sei das dem Antragsgegner zugewiesene Sparbuch mit einer Einlage von S 6.061,67 ein persönliches Sparbuch des Antragstellers. Dem entsprechend sei nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Billigkeit unter Aufrechterhaltung des bisherigen Eigentums an den ehelichen Ersparnissen der Antragstellerin das ihr zugesprochene Sparbuch mit dem nunmehr reduzierten Betrag zuzüglich der bereits dazu bezogenen S 20.000,-- zuzueignen, während dem Antragsgegner das ihm zugesprochene Sparbuch zuzüglich der bereits erhaltenen S 10.000,-- verbleibe. Da die Antragstellerin keine weiteren Ersparnisse besitze, sei evident, daß sie den ihr zugesprochenen Betrag faktisch zur Gänze für die Ausgleichszahlung an den Antragsgegner verwenden werde müssen.

Eine den Betrag von S 130.000,-- übersteigende Ausgleichszahlung sei der Antragstellerin nicht zumutbar. Sie sei derzeit beschäftigungslos, Mutter von zwei Kindern, lebe von der Notstandshilfe und sei praktisch mit der Rückzahlung des Wohnungskredites bis zur zumutbaren Leistungsgrenze belastet. Eine weitere Verschuldung sei ihr nicht zumutbar und würde ihre Existenzgrundlage und die ihrer Kinder gefährden. Dem alleinstehenden Antragsgegner werde es möglich sein, mit dem zugesprochenen Betrag seine Existenzgrundlage im motwendigen Ausmaß abzusichern und eine noch adäquate Wohnmöglichkeit zu finden. Gege diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß 1) der Antragstellerin für die Überlassung der Ehewohnung eine Ausgleichszahlung von S 200.000,-- auferlegt werde, 2) die Antragstellerin dem Antragsgegner aus den von ihr verwahrten ehelichen Ersparnissen einen Betrag von S 70.000,-- zu überlassen habe und 3) die Räumungsfrist für die Ehewohnung mit 6 Monaten ab Erhalt der Ausgleichszahlung bestimmt werde.

Die Antragstellerin hat eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag erstattet, dem Revisionsrekurs des Antragsgegners keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Sinne des § 332 Abs 1 AußStrG zulässig und auch sachlich teilweise berechtigt.

Soweit sich der Antragsgegner mit seinen Rechtsmittelausführungen gegen die der Antragstellerin für die Ehewohnung auferlegte Ausgleichszahlung wendet und darzutun versucht, daß diese Ausgleichszahlung mit S 200.000,-- zu bemessen sei, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden.

Das Wesen der Ausgleichszahlung im Sinne des § 94 EheG liegt darin, durch eine Geldzahlung einen billigen Ausgleich dafür zu schaffen, daß eine reale Aufteilung in dem sich unter Berücksichtigung des § 83 EheG ergebenden Verhältnis nicht möglich ist (EFSlg 49010 ua). Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrages jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens Bedacht zu nehmen (EFSlg 41420, 49014 uva). Allerdings hat sich die Aufteilung nicht starr an den von beiden Teilen geleisteten Beiträgen zum letztlich erwirtschafteten Vermögen zu orientieren, sondern soll ein für beide Teile tragbares, den Umständen des Einzelfalles gerecht werdendes Ergebnis herbeiführen, durch das der ausgleichsberechtigte frühere Ehegatte angemessen, aber in einer dem Zahlungspflichtigen wirtschaftlich zumutbaren Weise abgefunden wird (EFSlg 43800, 49015 ua.).

Wenn im vorliegenden Fall die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, daß der Beitrag der Antragstellerin zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens (§ 83 EheG) mit 60 %, jener des Antragsgegners aber mit 40 % zu bewerten sei, ist darin ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen. Denn es kann nicht übersehen werden, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen in der Zeit von der Eheschließung (29.Juli 1977) bis zur Geburt der mj. Andrea (16.Juli 1981) das von der Antragstellerin bezogene Einkommen das des Antragsgegners bedeutend überstieg, wozu noch kommt, daß der Antragsgegner zusätzlich mit Sorgepflichten für seine Kinder aus erster Ehe belastet war. Wenn sich dieser Zustand nach der Geburt der Tochter der Streitteile bis zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Juni 1984 auch insoweit änderte, daß die Antragstellerin zwar nur mehr ein geringeres Einkommen bezog, ihr Beitrag aber auch für diesen Zeitraum im Hinblick auf die Führung des Haushaltes und die Pflege und Erziehung der Kinder als gleichwertig angesehen werden muß, erscheint es doch im Hinblick auf das bedeutende wirtschaftliche Übergewicht der Antragstellerin in den ersten vier Ehejahren, in denen erfahrungsgemäß der Ansammlung des ehelichen Gebrauchsvermögens besonderes Augenmerk geschenkt werden muß, im Sinne des § 83 Abs 1 EheG gerechtfertigt, ihren Beitrag insgesamt mit 60 % und jenen des Antragsgegners mit 40 % zu bewerten.

Zieht man in Betracht, daß einerseits der Verkehrswert der der Antragstellerin überlassenen Wohnung S 490.000,-- beträgt, andererseits aber die Antragstellerin mit der Rückzahlung der noch offenen Kreditraten belastet wird (im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft hafteten noch offene Kredite von rund S 165.000,-- aus), dann entspricht die der Antragstellerin auferlegte Ausgleichszahlung von S 130.000,-- ziemlich genau 40 % des um die von der Antragstellerin zu tragenden offenen Kredite verminderten Verkehrswertes der Ehewohnung und damit der Beitragleistung des Antragsgegners. Zu einer Erhöhung dieser Ausgleichszahlung oder zu einer Änderung der vom Rekursgericht festgesetzten Zahlungsmodalitäten besteht daher kein Anlaß. Die Tatsache, daß der Antragsgegner nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Kreditraten für die Ehewohnung aus eigenen Mitteln zurückzahlte, ändert daran nichts; für diese Zahlungen hat der Antragsgegner ein wirtschaftliches Äquivalent dadurch erhalten, daß er ja die Ehewohnung auch allein bewohnte.

Dem Antragsgegner kann auch nicht gefolgt werden, soweit er mit seinem Rechtsmittel die Festsetzung einer Frist zur Räumung der Ehewohnung von 6 Monaten ab Erhalt der Ausgleichszahlung anstrebt. Denn damit würde die Antragstellerin durch einen ihr nicht zumutbaren langen Zeitraum an der ihr zustehenden Benützung der Ehewohnung gehindert und nicht nur ihren Interessen, sondern auch den Interessen der Kinder der Streitteile (§ 83 Abs 1 EheG) in unzumutbarer Weise zuwidergehandelt. Dem Antragsgegner muß zumindest seit der Entscheidung des Erstgerichtes (Jänner 1986) klar sein, daß er in absehbarer Zeit die Ehewohnung zu räumen hat. In der Festsetzung der Räumungsfrist von 6 Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung ist daher eine unbillige Belastung des Antragsgegners nicht zu erkennen.

Mit Recht wehrt sich der Antragsgegner aber gegen die von den Vorinstanzen getroffene Regelung hinsichtlich der ehelichen Ersparnisse, nämlich der beiden Sparbücher. Eheliche Ersparnisse sind gemäß § 81 Abs 3 EheG Wertanlagen, die die Ehegatten während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft angesammelt haben und die ihrer Art nach üblicherweise für eine Verwertung bestimmt sind. Dies trifft auf die beiden hier in Frage stehenden Sparguthaben zu. Der Umstand, daß auf dem der Antragstellerin zugesprochenen Sparbuch Beträge eingelegt wurden, die sie während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft aus einem Bausparvertrag, aus einer Abfertigung und aus Zahlungen der Austria Krankenversicherung bezog, kann nicht dazu führen, daß diese Ersparnisse in einer den Bestimmungen des § 83 Abs 1 EheG widersprechenden Weise aufzuteilen wären. Denn es kann einen Ehegatten nicht gegenüber dem anderen begünstigen, wenn er ihm während aufrechter Ehe zugekommene Leistungen nicht für Zwecke des ehelichen Haushaltes, sondern zur Ansammlung ehelicher Ersparnisse im Sinne des § 81 Abs 3 EheG verwendet. Auch für die Aufteilung derartiger Ersparnisse sind die Grundsätze des § 83 Abs 1 EheG maßgebend, in erster Linie also Gewicht und Umfang des Beitrages jedes der Ehegatten. Nicht aber kann entscheidend sein, ob etwa derartige Ersparnisse nur aus den Einkünften eines Ehegatten angesammelt wurden, während die des anderen zur Bestreitung der Lasten der ehelichen Haushaltsführung verwendet wurden.

Dies führt im vorliegenden Fall zu folgender Berechnung:

An ehelichen Ersparnissen waren im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden:

Sparbuch der Antragstellerin S 141.770,80

Sparbuch des Antragsgegners S 6.061,67

S 147.832,47

Davon hat der Antragsgegner im Sinne seines oben bewerteten

Beitrages 40 % zu erhalten, das sind rund S 59.000,--. Nach den

getroffenen Feststellungen hat er bereits S 10.000,-- vom Sparbuch

der Antragstellerin erhalten; rund S 6.000,-- erhält er durch die

Zuweisung des Guthabens aus seinem Sparbuch. Er hat daher noch einen

Betrag von S 43.000,-- aus den ehelichen Ersparnissen zu erhalten.

Die Zahlung dieses Betrages an den Antragsgegner war der Antragstellerin, der im übrigen das Verfügungsrecht über das Guthaben aus ihrem Sparbuch einzuräumen war, aufzutragen. In diesem Sinne war der angefochtene Beschluß in teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses des Antragsgegners abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens in erster Instanz, des Rekursverfahrens und des Verfahrens über den Revisionsrekurs beruht auf § 234 AußStrG.

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