Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und festgestellt:
Das Urteil des Strafbezirksgerichts Wien vom 5.Juli 1985, 12 U 3715/84-14, verletzt die Bestimmung des § 390 Abs. 1 StPO. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Strafbezirksgerichts Wien vom 5.Juli 1985, GZ. 12 U 3715/84-14, wurde Pia K*** von der wider sie vom Privatankläger Ingo-Bernd L*** wegen Vergehens nach § 111 Abs. 1 StGB erhobenen Anklage gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen. Ein Ausspruch über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers unterblieb. Dieses Urteil (welches außerdem die Verurteilung des Zweitbeschuldigten Sepp K*** wegen Vergehens nach § 111 Abs. 1 StGB und dessen Verfällung in den Kostenersatz gemäß § 389 StPO enthielt) wurde im freisprechenden Teil vom Privatankläger mit Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld angefochten. In der auch insoweit das Urteil erster Instanz bestätigenden Berufungsentscheidung vom 13. November 1985, AZ. 13 b Bl 1349/85, unterließ das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Fehlens der grundsätzlichen Entscheidung über die Kostenersatzpflicht nach § 390 Abs. 1 StPO im Ersturteil einen Ausspruch der Ersatzpflicht des Privatanklägers hinsichtlich der Kosten des Pia K*** betreffenden Rechtsmittelverfahrens.
Das Urteil vom 5.Juli 1985 wurde vom Strafbezirksgericht Wien mit Beschluß vom 17.Dezember 1985 (ON 32) nachträglich durch Aufnahme des unterbliebenen Ausspruchs, der Privatankläger habe gemäß § 390 Abs. 1 StPO die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen, sofern diese sich auf den Freispruch der Erstbeschuldigten Pia K*** beziehen, ergänzt. In Stattgebung einer vom Privatankläger erhobenen Beschwerde wurde dieser Beschluß vom Landesgericht für Strafsachen wegen Unzulässigkeit der Berichtigung eines bereits Gegenstand einer Rechtsmittelentscheidung gewesenen Urteils ersatzlos aufgehoben (Beschwerdeentscheidung vom 18.Juni 1986, AZ. 13 b Bl 589/86).
Rechtliche Beurteilung
Die Unterlassung des Ausspruchs über die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers im Urteil vom 5.Juli 1985 verletzt das Gesetz im § 390 Abs. 1 StPO: Darnach ist bei Beendigung eines Privatanklageverfahrens auf andere Weise als durch ein verurteilendes Erkenntnis dem Privatankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen. Im übrigen mußte die Beschwerde verworfen werden.
Entgegen dem ausdrücklichen Antrag der Generalprokuratur war die Entscheidung nämlich nicht mit konkreter Wirkung auszustatten. Die zur Zeit der Urteilsverkündung durch einen im Gerichtssaal anwesenden Rechtsanwalt vertretene, freigesprochene Pia K*** hat es unterlassen, das Urteil im Kostenpunkt anzufechten (§§ 392 Abs. 1, 447 Abs. 1 StPO). Die Folgen dieser Unterlassung sind fraglos zwischen der freigesprochenen Beschuldigten und ihrem Vertreter zu regeln.
Schon in Anbetracht der unterbliebenen Anfechtung konnte einem den Zustand der Rechtskraft verändernden - im Ermessen des Obersten Gerichtshofs stehenden - Eingriff iS des § 292, letzter Satz, StPO nicht nähergetreten werden. Darnach hat die Frage, ob die Durchbrechung der Rechtskraftwirkung zu Lasten der Rechtssicherheit mittels einer Entscheidung zum Nachteil der unbestritten erworbenen Rechte Dritter im Kostenpunkt überhaupt zulässig wäre, auf sich zu beruhen (siehe erst jüngst 11 Os 73,74/85 = RiZ. 1986/10; 11 Os 150,151/85; ferner RiZ. 1972 S. 205, 1978 S. 36, 9 Os 136/75). Es besteht kein Anlaß, von dieser bis in die letzte Zeit (mit Ausnahme von 9 Os 33-36/87) aufrechterhaltenen Rechtsprechung abzugehen.
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