Spruch:
- 1.) Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
- 2.) Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Tulln vom 14. März 1979, Sch 9/79-2, wurde die Ehe der Kindeseltern geschieden. Auf Grund des im Scheidungsverfahren geschlossenen, pflegschaftsbehördlich genehmigten Vergleiches vom 14. März 1979 befinden sich Christina und Barbara in Pflege und Erziehung der Mutter und der am 11. Oktober 1969 geborene Roland in Pflege und Erziehung des Vaters. Am 27. August 1986 beantragte der eheliche Vater, den von ihm für Christina und Barbara zu leistenden monatlichen Unterhaltsbetrag von je S 2.600,-- auf je S 480,-- herabzusetzen, weil er arbeitslos und gesundheitlich nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit wie in früheren Jahren nachzugehen. Mit einem weiteren Schriftsatz vom gleichen Tag beantragte er, ihn von seiner Unterhaltsleistung für die beiden Kinder zu befreien.
1.) Mit Beschluß vom 7. Oktober 1986, ON 318, bestellte das Erstgericht Dr. Volkmar MAY zum Sachverständigen und ersuchte ihn, den ehelichen Vater auf dessen Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit zu untersuchen und hierüber ein Gutachten zu erstatten.
Dr. MAY erstattete das ihm aufgetragene Gutachten am 28. Oktober 1986.
Am 19. November 1986 erhob der Vater gegen den Beschluß ON 318 Rekurs und Vorstellung mit dem erkennbaren Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß Dr. MAY als Sachverständiger enthoben und an seiner Stelle ein Sachverständiger aus dem Gebiet der Kardiologie und der Orthopädie mit der Erstattung eines medizinischen Gutachtens beauftragt werde.
Das Erstgericht wies die Vorstellung zurück.
Die zweite Instanz wies auch den Rekurs zurück. Zwar sei im Verfahren außer Streitsachen ein Beschluß, mit dem ein Sachverständiger zur Erstattung von Befund und Gutachten bestellt werde, anfechtbar, und es schade im Hinblick auf die Bestimmung des § 11 Abs 2 AußStrG auch nicht, daß der Rekurs nach Ablauf der vierzehntägigen Rekursfrist angebracht worden sei. Dem Rekurswerber fehle jedoch das Rechtsschutzinteresse, weil Dr. MAY das ihm aufgetragene Gutachten bereits erstattet habe.
Rechtliche Beurteilung
In dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs rügt es der eheliche Vater als eine Nichtigkeit (Verletzung des rechtlichen Gehörs), daß seine Anträge auf Beiziehung von Sachverständigen aus dem Gebiet der Kardiologie und Orthopädie sowie auf Zusendung des Sachverständigengutachtens übergangen worden seien. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. MAY verstoße gegen zwingende Denkgesetze. Führe nämlich der Sachverständige aus, der eheliche Vater fühle sich nach seinen eigenen Angaben durchaus arbeitsfähig für alle Tätigkeiten, etwa eines Angestellten, nicht hingegen zur Ausübung eines Berufs im Management, weil solche Berufe mit unregelmäßiger Arbeitszeit und beträchtlichem Streß verbunden seien, und diese Angaben erschienen durch die vorliegenden medizinischen Befunde durchaus gedeckt, so hätte er wissen müssen, daß der Vater nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz gar nicht beim Arbeitsamt arbeitsuchend gemeldet sein dürfte, wenn er nicht täglich 8 Stunden arbeitsfähig wäre.
Gegenstand des Beschlusses des Erstgerichtes war allein die Bestellung des Sachverständigen Dr. Volkmar MAY mit dem Auftrag, ein Gutachten über die Arbeitsfähigkeit des Vaters zu erstatten. Nach der Erstattung des Gutachtens durch diesen Sachverständigen kann dem Antrag, ihn zu entheben und an seiner Stelle einen anderen Sachverständigen zu bestellen, nicht mehr entsprochen werden. In dem Rechtsmittel des Vaters kann deshalb nur das Begehren auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen (sowie auf Übersendung des vorliegenden Gutachtens) erblickt werden.
War es aber aus dem dargestellten Grund nicht mehr möglich, Dr. MAY als Sachverständigen zu entheben und an seiner Stelle einen anderen Sachverständigen mit der Gutachtenserstattung zu beauftragen, dann hat die zweite Instanz den Rekurs des Vaters mit Recht zurückgewiesen, weil ein Rechtsschutzbedürfnis an einer Umbestellung nicht mehr besteht.
2.) Mit Beschluß vom 28. Jänner 1987, ON 332, wies das Erstgericht den Antrag des Vaters auf Unterhaltsherabsetzung oder Enthebung ab (Pkt. 1.) und sprach aus, daß der den beiden Kindern mit den Beschlüssen vom 12. September 1986, ON 308 und 309, für die Zeit vom 1. Juni 1986 bis 31. Mai 1989 gewährte Unterhaltsvorschuß von je S 2.600,-- monatlich, aber auch die in den genannten Beschlüssen angeordnete Innehaltung mit der Auszahlung per 1. Oktober 1986 aufrecht bleiben. Das Erstgericht führte aus, der Vater sei zwar arbeitslos und beziehe nur eine geringe Arbeitslosenunterstützung, doch sei er arbeitsfähig für alle Tätigkeiten etwa eines Angestellten, und es seien ihm vom Arbeitsamt auch schon mehrere Arbeitsplätze vorgeschlagen worden. Es sei daher von der Anspannungstheorie Gebrauch zu machen und die Unterhaltspflicht des Vaters auf der Grundlage eines von ihm erzielbaren Einkommens von S 15.000,-- monatlich netto festzusetzen gewesen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und setzte die vom Vater zu leistenden Unterhaltsbeiträge und dementsprechend auch die gewährten Unterhaltsvorschüsse ab 1. September 1986 für Christina auf monatlich S 2.500,-- und für Barbara auf monatlich S 2.100,-- herab. Das Rekursgericht kam zum Ergebnis, daß zwar die Anspannungstheorie auch für die Zeit ab August 1986 anzuwenden sei, daß jedoch das fiktive Einkommen des Vaters nicht mit S 15.000,-- netto monatlich, sondern nur mit S 10.000,-- netto monatlich angenommen werden könne. Der Herabsetzungsantrag sei deshalb zum Teil berechtigt. Der vom Vater gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs ist, da eine Entscheidung der zweiten Instanz über die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche vorliegt, gemäß § 14 Abs 2 AußStrG unzulässig. In Fragen der Unterhaltsbemessung ist jede Anfechtungsmöglichkeit ausgeschlossen (EFSlg 49.864); es sind daher selbst Rekursgründe im Sinne des § 16 AußStrG nicht zu prüfen (EFSlg 44.602). Zur Bemessung gehört die Beurteilung der Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten, der zur Deckung dieser Bedürfnisse vorhandenen Mittel, die vor der Leistung des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen sind (wie Vermögen, Arbeitsfähigkeit des Unterhaltsberechtigten, Leistungen anderer Personen) und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (JB 60; EFSlg 49.862; auch die im Revisionsrekurs genannte Entscheidung EFSlg 49.876 nahm einen Rechtsmittelausschluß an). Dazu gehört auch die Beurteilung der Frage, ob die Anspannungstheorie anzuwenden ist (EFSlg 49.872), wie weit die Unterhaltspflicht eines Elternteils die Unterhaltspflicht des anderen beeinflußt (EFSlg 49.874), ob Kreditrückzahlungen (EFSlg 49.882) oder der Mietzins eine Abzugspost darstellen, sowie die Berücksichtigung anderer Sorgepflichten (EFSlg 49.876).
Richtig ist allerdings, daß Fragen verfahrensrechtlicher Voraussetzungen nicht zur Bemessung gehören (EFSlg 49.902). Die unrichtige Beurteilung derartiger Fragen (wie etwa der Rechtsmittelbefugnis 2 Ob 501/85, der Anfechtbarkeit verfahrensleitender Verfügungen im Außerstreitverfahren 8 Ob 646/85, oder der Besetzung des Gerichtes 8 Ob 552/82 ua) hat der Vater jedoch nicht aufgezeigt. Es ist auch nicht ersichtlich, daß das Rekursgericht - was nach einzelnen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (EFSlg 49.893, 39.755, 19.027) die Zulässigkeit des Revisionsrekurses zur Folge habe, da keine Bemessungsfrage vorliege - aus rechtlichen Gründen die nach dem Gesetz für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Grundlagen verkannt hätte. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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