Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit S 33.540,62 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 9.000,- und die Umsatzsteuer von S 2.230,97) je zur Hälfte binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten sind zu gleichen Teilen Eigentümer der Liegenschaft EZ 629 KG Hallein. Diese Liegenschaft besteht aus den Grundstücken 397/4 Acker, 400/6 Wiese, 400/14 Wiese sowie 698/2 Baugrund mit dem Wohn- und Geschäftshaus Davisstraße 26, ist insgesamt 932 m 2 groß und hatte im hier maßgeblichen Zeitpunkt Juli 1979 einen Verkehrswert von S 3,619.800,--.
Der Kläger behauptet, mit den Beklagten vereinbart zu haben, daß ihm diese die Liegenschaft bis spätestens 31. Dezember 1979 um S 3,100.000,-- verkaufen. Sie seien am 5. Juni 1979 mündlich übereingekommen, daß hierüber ein schriftlicher Vorvertrag errichtet und beiderseits unterfertigt werden soll. Die schriftliche Abfassung des Vertrages habe man dem Rechtsanwalt Dr. Ernst B*** übertragen, bei dessen Information am 4. Juli 1979 lediglich die Frage offenblieb, wie die vereinbarten Leib- bzw. Zeitrentenzahlungen valorisiert werden sollen. In der Folge sei man sich auch darüber einig geworden, worauf Dr. Ernst B*** die Vertragsurkunde mit dem genauen Inhalt der Vereinbarung ausgefertigt habe. Nunmehr weigerten sich die Beklagten, das Schriftstück zu unterfertigen. Der Kläger begehre daher von den Beklagten den Abschluß eines der Abmachung entsprechenden Kaufvertrages über die Liegenschaft EZ 629 KG Hallein und dessen Ausfertigung in verbücherungsfähiger Form. Er stütze dieses Begehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund. Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestreiten, dem Kläger jemals den Verkauf ihrer Liegenschaft zugesagt zu haben. Sie seien lediglich bereit gewesen, über einen Verkauf der Liegenschaft zu sprechen und den von Rechtsanwalt Dr. Ernst B*** aufgesetzten Entwurf eines Vorvertrages zu studieren. Die schriftliche Festlegung unter Unterfertigung eines (bereits abgeschlossenen) Vertrages, sei es auch nur eines Vorvertrages, sei nicht vereinbart worden. Im Falle der Stattgebung des Klagebegehrens werde begehrt, den Kläger Zug um Zug zur Zahlung der in der Zwischenzeit fällig gewordenen Kaufpreisraten zu verurteilen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Auffassung, daß eine inhaltlich dem schriftlich aufgesetzten Vorvertrag (Beilage ./B) entsprechende Willenseinigung der Streitteile über den Verkauf der Liegenschaft EZ 629 KG Hallein erwiesen sei. Zu dieser Einigung sei es im Juli 1979, und zwar letztlich dadurch gekommen, daß die Zweitbeklagte dem Vertragsverfasser Dr. Ernst B*** im eigenen und im Namen des Erstbeklagten die Verkaufsbereitschaft für den Fall erklärte, daß der Kläger ihren Vorschlag über die Wertsicherung der monatlichen Kaufpreisraten akzeptiere. Das habe der Kläger getan. Daß die Streitteile vor Unterfertigung der Vertragsurkunde nicht gebunden sein wollten, sei im Zweifel nicht anzunehmen, weil die Schriftform beim Verkauf einer Liegenschaft in der Regel nur die Verbücherungserfordernisse erfülle und Beweiszwecken diene. Die Einreden der Beklagten gegen die Zulässigkeit des Klagebegehrens und die Gültigkeit des Vertrages (insbesondere die Behauptung der Geschäftsunfähigkeit) hätten sich alle als unzutreffend erwiesen. Den Kaufpreis habe der Kläger erst nach Unterfertigung eines verbücherungsfähigen Kaufvertrages zu zahlen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 300.000,-- übersteigt. Da es Bedenken gegen die erstrichterliche Beweiswürdigung hatte, wiederholte es sämtliche Beweise und gelangte danach zu folgenden Feststellungen:
Die Beklagten hatten bis zum Jahresende 1979 einen Mieter für die Liegenschaft, der ihnen S 15.400,-- monatlich zahlte. Sie waren an einer Neuvermietung interessiert und suchten ab Jänner 1979 ständig nach einem anderen Mieter für das freiwerdende Objekt, überlegten aber auch die Möglichkeit eines Verkaufes. Im Mai 1979 erfuhr der Kläger vom bereits leerstehenden Objekt und bekundete den Beklagten seine Kaufabsicht. Obwohl die Beklagten ihr Haus lieber vermietet hätten, ließ der allein an einem Kauf interessierte Kläger nicht locker. Er bedrängte die Beklagten so sehr, daß sie sich bereits Anfang Juni 1979 auf ernsthafte Verkaufsverhandlungen einließen. Sie nannten dem Kläger vorerst eine Preisvorstellung von S 3,500.000,--.
Am 5. Juni 1979 sind sich die Streitteile grundsätzlich über den Kaufpreis (S 3,100.000,--, überwiegend zahlbar in Form einer wertgesicherten Zeitrente) und darüber einig geworden, daß ein schriftlicher Vorvertrag errichtet werden soll. Der Vorschlag dazu kam vom Kläger. Eine endgültige Einigung über den Kaufvertragsabschluß wurde am 5. Juni 1979 nicht erzielt und war auch noch gar nicht möglich, weil einige Vertragspunkte ungeklärt waren. Die Beklagten wollten vor der Unterfertigung der erst auszufertigenden Vertragsurkunde nicht gebunden sein, worüber sich auch der Kläger im klaren war. Der Kläger erhielt allerdings vom Erstbeklagten die Schlüssel zum Kaufobjekt, um es genauer besichtigen und vermessen zu können.
Am 4. Juli 1979 kamen die Streitteile in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. Ernst B*** zusammen, der dazu ausersehen war, den Vertrag schriftlich abzufassen. Dr. B*** nahm ohne weiteres Zutun die Willenseinigung der Streitteile entgegen und hielt sie in einer Aktennotiz fest. Ausdrücklich offengelassen wurde lediglich die Wertsicherung der monatlichen Kaufpreisraten, über die noch keine Einigung möglich war. Inwieweit die üblichen Nebenabreden eines Kaufvertrages erörtert wurden (etwa der Ausschluß einer Vertragsanfechtung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes), ist nicht mehr festzustellen. Die ganze Unterredung dauerte höchstens 20 Minuten und endete mit dem Ergebnis, daß Dr. Ernst B*** erklärte, einen Vertragsentwurf auszuarbeiten und ihn den Parteien zur Überprüfung zuzuschicken.
Kurze Zeit später informierte der Kläger den Vertragsverfasser, daß eine Einigung mit den Beklagten über die Antennenmitbenützung zustandegekommen sei, und wie er sich die Wertsicherung der Kaufpreisraten vorstelle. Dr. Ernst B*** verfaßte daraufhin einen Vorvertrag, in dem er alle Informationen verwertete und die Wertsicherungsklausel nach eigenen Vorstellungen formulierte. Diese Vertragsurkunde ist den Beklagten zugegangen.
Wiederum einige Tage später, jedenfalls noch im Juli 1979, überbrachte die Zweitbeklagte dem Vertragsverfasser eine schriftlich aufgesetzte Erklärung mit folgendem Wortlaut:
"Die Ehegatten Wilhelm und Franziska F*** sind bereit, Herrn Rochus S*** das Betriebsobjekt in Hallein, Davisstraße zu verkaufen, falls sie sich über die Wertbeständigkeit des gesamten Kapitals einigen können.
Zur Wertsicherung wird der Index der Verbraucherpreise für einen städtischen Arbeitnehmerhaushalt durchschnittlicher Größe und durchschnittlichen Einkommens (VPI I), der vom Österreichischen Statistischen Zentralamt monatlich verlautbart wird oder ein an seine Stelle tretender Index zum Stichtag ... Entsprechend dieser Wertsicherungsvereinbarung sind demnach höhere oder niedrigere Zahlungen zu leisten. Wertschwankungen plus oder minus sind voll anzurechnen und sind jeweils bis zum 20. Februar folgenden Jahres vom gestundeten Kapital, derzeit S 2,000.000,--, zu verrechnen. Die Differenzen innerhalb des Jahres werden jeweils am Jahresende zwischen Käufer und Verkäufer verrechnet. Zur Berechnung der Differenz wird der Jahresdurchschnitt herangezogen. Der Käufer kann höhere Rückzahlungen nur dann leisten, wenn der Verkäufer oder dessen Erbnachfolger damit einverstanden sind."
Der Text dieser Wertsicherungsklausel stammt vom Steuerberater der Beklagten, Dkfm. Dr. Ludwig D***. Die Zweitbeklagte machte den Vorvertragsabschluß mit dem Kläger davon abhängig, daß sich dieser der vorgeschlagenen Wertsicherung und der Regelung vorzeitiger Rückzahlungsmöglichkeiten unterwirft. Ob sie vom Erstbeklagten bevollmächtigt war, Erklärungen in seinem Namen abzugeben, läßt sich nicht mehr feststellen. Es ist auch ungeklärt, ob die Beklagte von Dr. Ernst B*** ausdrücklich nach einer Spezialvollmacht zum Abschluß des Vorvertrages gefragt wurde und das Vorliegen einer derartigen Vollmacht bestätigte. Feststeht nur, daß die Frage der Bevollmächtigung angeschnitten wurde.
Der Kläger wäre nicht bereit gewesen, lediglich den Liegenschaftsanteil eines der Ehegatten F*** zu erwerben. Der Kläger erklärte sich mit der gewünschten Wertsicherungsklausel und dem Wegfall vorzeitiger Zahlungsmöglichkeiten einverstanden. Daraufhin verfaßte Dr. Ernst B*** den Vorvertrag Beilage ./B und übermittelte ihn den Parteien zur Unterschrift. Diese Urkunde gibt die wesentlichen Ergebnisse der Vertragsverhandlungen richtig wieder.
Die Beklagten verweigern die Unterfertigung der Vertragsurkunde. Sie haben auch während der Vertragsverhandlungen nicht mit ihren Bemühungen aufgehört, einen Mieter für das streitgegenständliche Objekt zu finden. Sie standen seit Februar 1979 im Kontakt mit einen Mietinteressenten und erteilten im August 1979 einem weiteren Mietinteressenten nur deshalb eine Absage, weil sie eine Auseinandersetzung mit dem Kläger fürchteten. Am 22. August 1979 verlangten sie vom Kläger die Rückgabe der Hausschlüssel. Seit 1982 haben sie ihre Liegenschaft wieder vermietet, und zwar um S 19.800,-- wertgesichert.
Zusammenfassend stellte das Berufungsgericht im Rahmen seiner Ausführungen zur Beweiswürdigung noch fest, daß die Beklagten vor der Unterfertigung des in Aussicht gestellten schriftlichen Vertrages nicht gebunden sein wollten. Dem Kläger muß dies klar gewesen sein, weil er selbst den Zeugen Franz und Hildegard S*** gegenüber das Zustandekommen einer Willenseinigung verneinte, obwohl zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungsergebnisse vom 5. Juni 1979 bereits vorlagen. Der scheinbare Widerspruch zwischen der weitgehenden "Einigung" der Streitteile am 5. Juni 1979 und der darauf folgenden Verneinung eines Vertragsabschlusses erklärt sich damit, daß sich alle Beteiligten klar waren, eine Bindung der Beklagten erst mit der Vertragsunterzeichnung annehmen zu können. Rechtlich war das Berufungsgericht der Auffassung, daß sich die Streitteile darüber einig waren, das Ergebnis ihrer Verhandlungen in einer Urkunde festzuhalten. Schon dieser Umstand spreche dafür, daß ein Formvorbehalt im Sinne des § 884 ABGB gemeint war. Demnach hätte der Kläger nachzuweisen gehabt, daß die beiderseits gewünschte Urkunde über den Vorvertrag nur Beweiszwecken dienen sollte. Hätten die Parteien die Errichtung eines schriftlichen Kaufvertrages vereinbart, käme dem Kläger zugute, daß eine solche Vereinbarung für sich allein noch nicht den Vorbehalt der Schriftform bedeutet, weil mit der Herstellung einer Tabularurkunde üblicherweise reine Beweiszwecke verfolgt werden. Hier handle es sich aber um den Fall, daß sich die Streitteile zum schriftlichen Abschluß eines Vorvertrages verpflichtet haben. Die Auslegungsregel des § 884 ABGB besage daher, daß sich die Parteien vor der Unterfertigung der Vertragsurkunde nicht binden wollten. Unabhängig davon habe sich herausgestellt, daß zumindest die Beklagten die Vereinbarung, von Dr. Ernst B*** eine unterschriftsreife Vertragsurkunde ausarbeiten zu lassen, als Vorbehalt der Schriftform verstanden haben. Sie wollten erst mit der Unterfertigung der Vertragsurkunde gebunden sein. In einem solchen Fall schafften die gesetzlichen Bestimmungen klare Verhältnisse. Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so werde vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen (§ 884 ABGB). Ein Vertrag, für den das Gesetz oder der Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, komme erst durch die Unterschrift der Parteien zustande (§ 886 ABGB). Solange derartigen Formerfordernissen nicht Genüge getan wird, sei der Vertrag nicht zustandegekommen, sodaß kein Vertragsteil die Erfüllung des Vertrages verlangen kann.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagten beantragen in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des berufungsgerichtlichen Verfahrens und des Vorliegens von Aktenwidrigkeiten behauptet der Kläger Verstöße des Berufungsgerichtes, die jedoch nicht vorliegen, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).
Seine Rechtsrüge gründet er im wesentlichen darauf, daß sich aus den Feststellungen in ihrem Zusammenhalt die erzielte Willensübereinstimmung zwischen den Vertragsparteien und die Verpflichtung der Beklagten zur Unterfertigung des Vorvertrages und in der weiteren Folge des Hauptvertrages ergebe. Er übersieht aber, daß das Berufungsgericht nach Wiederholung der Beweise ausdrücklich feststellte, daß die Beklagten vor der Unterfertigung der erst auszufertigenden Vertragsurkunde nicht gebunden sein wollten, worüber sich auch der Kläger im klaren war (AS 465). Alle Beteiligten gingen davon aus, daß eine Bindung der Beklagten erst mit der Vertragsunterzeichnung anzunehmen ist (AS 472). Es handelt sich daher im vorliegenden Fall nicht darum, daß etwa als Ergebnis der Beweislastverteilung angenommen werden müßte, daß eine Bindung der Beklagten vor Erfüllung der vereinbarten Form nicht beabsichtigt war; die Beweisergebnisse haben vielmehr ausdrücklich die Klärung dahin erbracht, daß die Beklagten vor der Unterfertigung des schriftlichen Vertrages überhaupt nicht gebunden sein sollten, ein Standpunkt, der unter Berücksichtigung der landläufigen Gewohnheiten von juristisch nicht sehr versierten Personen durchaus gebräuchlich ist. Daran ändert auch nichts, daß sie mehrfach ihre Verkaufsbereitschaft erklärten und die Zweitbeklagte diese von der Einigung über die "Wertbeständigung des gesamten Kapitals" abhängig machte, dem der Kläger zustimmte.
Wie das Berufungsgericht daher richtig erkannte, ist der vom Kläger als Grundlage seines Begehrens behauptete Vertrag daher (noch) nicht zustandegekommen, was zur Folge hat, daß der Kläger die Erfüllung des Vertrages nicht verlangen kann. Damit erübrigt sich die Behandlung der vom Kläger in der Revision weiters relevierten Fragen, ob die Zweitbeklagte den Erstbeklagten in der Abgabe von Erklärungen gegenüber dem Kläger wirksam vertreten konnte oder nicht. Selbst bei Annahme von wirksamen Vertretungshandlungen ihrerseits änderte dies nichts daran, daß allen Beteiligten klar war, daß der Vertrag zu seiner Wirksamkeit die Unterschrift der Beklagten erforderte.
Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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