OGH 7Ob598/87 (7Ob599/87)

OGH7Ob598/87 (7Ob599/87)14.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Gerhard W***, Glasschleifer, Harmanschlag 59, geboren am 1.Dezember 1946, vertreten durch Dr. Franz Wielander, Rechtsanwalt in Gmünd, wider die beklagte und widerklagende Partei Maria W***, Hausfrau, Weitra, Brühlzeile 124, geboren am 6.August 1950, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 5.März 1987, GZ 1 R 7/87-26, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 29. Oktober 1986, GZ 5 Cg 5, 7/86-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte und widerklagende Partei ist schuldig, der klagenden und widerbeklagten Partei die mit 5.657,85 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 514,35 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile haben am 24. November 1979 miteinander die Ehe geschlossen. Dieser Ehe entstammt der am 18. Februar 1980 geborene Markus.

Die Vorinstanzen haben die Ehe aus beiderseitigem, ohne Ausspruch eines überwiegenden Verschuldens geschieden. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Die Eheleute wohnten vorerst im Hause Harmanschlag 85, in dem auch die jetzt 85-jährige Mutter des Klägers (Widerbeklagten) wohnt. Diese ist herzleidend und bedarf häufig einer Betreuung, die oft auch die Anwesenheit der Pflegeperson über Nacht in ihrer Wohnung erfordert. Deshalb übernachtete der Kläger, so lange die Ehegatten noch in Harmanschlag wohnten, öfter bei seiner Mutter. Auch nach der Übersiedlung nach Weitra waren Übernachtungen bei der Mutter des Klägers erforderlich. Der Kläger ist allerdings auch sonst ohne zwingenden Grund über Nacht bei seiner Mutter geblieben. Überhaupt hat er viel Freizeit seiner Mutter gewidmet.

Ab Anfang der Achtzigerjahre verfolgte die Beklagte (Widerklägerin) den Kläger ohne Grund mit Eifersucht, wobei sie ihm heftige Szenen auch schon dann macht, wenn er eine andere Frau nur grüßt oder auf der Straße freundliche Worte mit ihr wechselt. Auch den angeblichen weiblichen Partnern des Klägers macht die Beklagte immer wieder heftige Szenen. Dadurch kam es zwischen den Ehegatten wiederholt zu Streitigkeiten, in deren Verlauf die Beklagte den Kläger beschimpfte. Das hiedurch verursachte schlechte Verhältnis der Ehegatten veranlaßte die Beklagte, im März oder April 1983 dazu, ein Haus in Weitra zu kaufen, um für den Fall ihres Wegzuges eine Bleibe zu haben. Der Kläger erfuhr von diesem Hauskauf von dritter Seite. Obwohl er darüber nicht erfreut war, half er der Beklagten bei der Adaptierung. Als der Kläger im Juli 1983 wieder einige Zeit bei seiner Mutter nächtigte, zog die Beklagte ohne Vorankündigung mit dem Kind in das Haus in Weitra. Obwohl die Ehegatten in der Folge die eheliche Gemeinschaft in Weitra wieder aufnahmen, kam es bald zu neuerlichen Spannungen, weil sie ihr früheres Verhalten wieder aufnahmen. Ende April oder Anfang Mai 1986 zog der Kläger aus dem Haus der Beklagten in Weitra aus. Anlaß hiefür war wieder eine Eifersuchtsszene der Beklagten.

Nach dem Auszug des Klägers aus dem Hause in Weitra verweigerte ihm die Beklagte den Kontakt zum Kind (im übrigen kann auf die detaillierten Feststellungen des Erstgerichtes verwiesen werden). Die Vorinstanzen bewerteten das beiderseitige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe gleichteilig.

Die von der Beklagten lediglich gegen die Annahme ihres Verschuldens an der Ehezerrüttung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Nach den getroffenen Feststellungen hat die Beklagte durch ihre grundlose Eifersucht und später auch dadurch, daß sie dem Kläger einen Kontakt zum ehelichen Kind verweigerte, erheblich zur Zerrüttung der Ehe beigetragen. Hiebei handelte es sich nicht um entschuldbare Reaktionen, weil von solchen nur dann gesprochen werden könnte, wenn sich ein Ehepartner als unmittelbare Folge eines grob ehewidrigen Verhaltens des anderen dazu hinreißen läßt, in einer verständlichen Gemütsbewegung, die die Zurechnung seines Handelns als Verschulden ausschließt, seinerseits Eheverfehlungen zu setzen (EFSlg. 33.889 ua). Die Handlungen der Beklagten gingen aber weit über bloß entschuldbare Reaktionen auf die Kontakte des Klägers zu seiner Mutter hinaus. Sie wurden daher mit Recht als Eheverfehlungen der Beklagten gewertet.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Verschuldensteilung müssen die beiderseitigen Eheverfehlungen in ihrem Zusammenhang gesehen werden (EFSlg. 20.510 ua), wobei vor allem zu berücksichtigen ist, wer mit der schuldhaften Zerstörung der Ehe den Anfang gemacht hat (EFSlg. 11.951 ua). Ein Ausspruch nach § 60 Abs. 2 EheG hat nur zu erfolgen, wenn das Verschulden des einen Ehegatten das des anderen eindeutig überwiegt und offenkundig hervortritt (EFSlg. 43.691, 41.282 ua).

Im vorliegenden Fall steht keineswegs fest, daß die Zerrüttung der Ehe in erster Linie und vorwiegend durch das Verhalten des Klägers hervorgerufen worden ist. Sicherlich war das häufige Fernbleiben des Klägers von zu Hause für die Ehe nicht günstig, doch liegt es auf der Hand, daß das völlig unangemessene und damit in keinem sichtbaren Zusammenhang stehende Verhalten der Beklagten mindestens im gleichen Ausmaß zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat. Aus diesem Grunde fehlt es an den Voraussetzungen für den Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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