Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 16.309,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 3.840 S Barauslagen und 1.133,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der W*** P*** OHG, im Jahre 1972 mehrere Darlehen gewährt. Zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung waren Ökonomierat Josef P*** und seine Tochter Herta K*** die Gesellschafter der OHG. Beide waren gemeinsam vertretungsbefugt. Dr. Hermann K*** war damals bei der OHG angestellt. Anfang 1973 wurde er Gesellschafter. Ab diesem Zeitpunkt war jeder Gesellschafter für die Gesellschaft selbständig vertretungsbefugt. Im Herbst 1973 trat Ökonomierat Josef P*** aus der Gesellschaft aus. Seit Herbst 1983 besteht eine Kommanditgesellschaft, bei der Herta K*** nur mehr Kommanditistin ist. Einziger Komplementär ist Dr. Hermann K***.
Ökonomierat P*** war bis Ende Februar 1981 Kuratoriumsmitglied der Beklagten. Zu diesem Zeitpunkt schied er als zweiter Stellvertreter des Oberkurators aus.
In den einzelnen Darlehensverträgen war eine jährliche Verzinsung von 7,5 % vorgesehen. Ferner war vorgesehen, daß zusätzlich ein Verwaltungskostenbeitrag eingehoben werden könne, dessen Höhe, Einhebung und Verrechnungsart jeweils von den satzungsmäßigen Organen der Beklagten bestimmt wird. Zwischen den Parteien wurde damals vereinbart, daß der Verwaltungskostenbeitrag derzeit nicht eingehoben werde. Die Grundlage für die Verrechnung des Verwaltungskostenbeitrages wurde zwischen den Parteien nicht besprochen.
Als in den folgenden Jahren das Zinsniveau weltweit überproportional anstieg, beschloß das Kuratorium der Beklagten, um einen Kursverfall zu verhindern, Zinsen und Verwaltungskostenbeiträge bei sämtlichen Hypothekardarlehen anzuheben bzw. Verwaltungskostenbeiträge einzuheben und zwar generell für sämtliche Darlehen.
In der Folge wurden der Klägerin höhere Zinsen und höhere Halbjahresannuitäten vorgeschrieben. Mit Schreiben vom 28.1.1974 verständigte die Beklagte die Klägerin erstmals davon, daß der derzeitige Darlehenszinsfuß von 7,5 % p.a. durch Einhebung eines Verwaltungskostenbeitrages mit Wirkung der nächsten Fälligkeit auf 8 % p.a. angehoben werde. Die Erhöhung wurde damit begründet, daß sich seit längerer Zeit die Kosten der Geldbeschaffung laufend erhöht hätten und die Beklagte nun nicht mehr in der Lage sei, diese Mehrkosten aus eigenem zu tragen. Gleichzeitig wies die Beklagte darauf hin, daß andere Kreditinstitute bereits vor längerer Zeit eine Anhebung der Darlehenszinsen vornehmen hätten müssen. Bei telefonischen Anfragen ihrer Kunden im Hinblick auf derartige Schreiben verwies die Beklagte auf die Entwicklung auf dem Geldmarkt, die sie aus ökonomischen Überlegungen zwinge, nunmehr einen Verwaltungskostenbeitrag einzuheben.
In der Folge kam es mehrfach zu weiteren Erhöhungen der der Klägerin vorgeschriebenen Darlehenszinsen. Diese Erhöhungen wurden der Klägerin jeweils mitgeteilt. Auf eines dieser Schreiben vom 31.5.1974 reagierte die Klägerin mit Schreiben vom 26.6.1974 dahin, daß ihr die Entwicklung am Geldmarkt bekannt sei und sie selbstverständlich bereit sei, den notwendigen Konsequenzen nach Möglichkeit zu folgen und der Realität Rechnung zu tragen, d.h. eine Kreditzinserhöhung in Kauf zu nehmen. Sie ersuchte jedoch um Kreditzinsenerhöhung in geringerem Ausmaß, zumal ihr Kredit.... gesichert sei. Tatsächlich entsprach die Beklagte diesem Ersuchen und reduzierte den vorgeschriebenen Zinssatz.
Auch in der Folge wurden immer wieder durch Schreiben der Beklagten der Klägerin Zinssatzerhöhungen bekanntgegeben, wobei ursprünglich mitgeteilt wurde, daß der Verwaltungskostenbeitrag, um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, gemeinsam mit der Verzinsung in Rechnung gestellt werde, so daß sich ein einheitlicher Zinssatz ergebe, während später überhaupt nur mehr von einer Erhöhung der Kreditzinsen die Rede war. Gegen diese Vorgangsweise hat die Klägerin nie protestiert, sie hat vielmehr nur fallweise ersucht, die Erhöhung in geringerem Ausmaß vorzunehmen. Sie leistete auch die Zahlungen entsprechend den jeweiligen Vorschreibungen unter Berücksichtigung allfälliger Reduktionen. Erstmals im Jahre 1983 wies die Klägerin darauf hin, daß zwischen den Parteien ein fixer Zinssatz von 7,5 % vereinbart sei und ersuchte um Gutschrift des zuviel in Rechnung gestellten Betrages. Darüber kam es zu keiner Einigung (im übrigen kann auf die detaillierten Feststellungen des Erstgerichtes auf den Seiten 142 bis 150 d.A. verwiesen werden). Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Rückzahlung von 301.000 S s.A. als jenen Betrag, den sie über die vereinbarten, 7,5 % Zinsen hinaus geleistet habe. Ferner verlangt sie die Feststellung, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, höhere Zinsen als 7,5 % p.a. und entsprechende Halbjahresraten zu verlangen. Bezüglich des Feststellungsbegehrens wurde auch ein Eventualbegehren dahin erhoben, es werde festgestellt, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, der Klägerin neben den Zinsen in der Höhe von 7,5 % p. a. einen Verwaltungskostenbeitrag, unter welcher Bezeichnung auch immer, in Rechnung zu stellen.
Die Vorinstanzen haben sowohl die Hauptbegehren als auch das Eventualbegehren abgewiesen, wobei sie die Rechtsansicht vertraten, zwischen den Streitteilen sei es zumindest schlüssig zu einer nachträglichen Vereinbarung dahin gekommen, daß die Beklagte berechtigt sei, der Klägerin der allgemeinen Steigerung des Zinsenniveaus entsprechende höhere Zinsen in Rechnung zu stellen. Der Beklagten könne weder eine Irreführung noch ein sittenwidriges Vorgehen vorgeworfen werden.
Die von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß generell ausdrückliche und stillschweigende Erklärungen bezüglich ihrer einen Vertrag begründenden Wirkung gleichstehen (Rummel Rdz 9 zu § 863). Für die Frage, ob eine schlüssige Willenserklärung vorliegt, ist demnach nicht die innere Absicht der Parteien, sondern, ebenso wie bei ausdrücklichen Erklärungen, nur ihr objektives Verhalten von Belang (Koziol-Welser7 I, 84, SZ 54/163 u.a.). Auch die in der Revision zitierten Belegstellen sprechen nicht für die gegenteilige Rechtsansicht der Klägerin, sondern für die Richtigkeit der Rechtsausführungen der Vorinstanzen. Die in EvBl.1980/99 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes legt ausdrücklich dar, daß für schlüssige Erklärungen ebenfalls die Vertrauenstheorie und nicht die Willenstheorie gilt. Dem entsprechen auch die Ausführungen Bydlinskis (Privatautonomie, 37 ff), der eine Einschränkung nur dahin macht, daß mindestens eine der beiden Parteien die Absicht haben muß, einen Vertrag zu schließen. Daß diese Absicht auch auf seiten desjenigen vorliegen muß, aus dessen Handlung schlüssig ein Vertragswille abgeleitet wird, sagt diese Stelle nicht. Sie betont vielmehr ebenfalls die Richtigkeit der Vertrauenstheorie.
Im vorliegenden Fall mußte daher nicht geprüft werden, welche Absicht die Klägerin bei der Verfassung der verschiedenen Antwortschreiben an die Beklagte hatte. Vielmehr waren diese Schreiben nach ihrem objektiven Inhalt zu beurteilen. Es mußte ferner nicht geprüft werden, was die Parteien seinerzeit unter "Verwaltungskostenbeitrag" verstanden hatten bzw. verstehen hätten müssen. Ebenso konnte eine Prüfung der Frage unterbleiben, ob dieser Ausdruck so unbestimmt ist, daß diesbezüglich ein Dissens angenommen werden könnte. Der durch die Unbestimmtheit entstehende Mangel (Dissens) ist nämlich "heilbar" im Sinne eines neuen Vertragsschlusses, wenn ein späteres Verhalten nach § 863 ABGB eindeutige Schlüsse auf den jetzt gegebenen bestimmten Bindungswillen zuläßt (Rummel Rdz 5 zu § 869). Grundsätzlich richtig sind die Ausführungen der Revision bezüglich der Voraussetzungen, die an das Erfordernis der Schlüssigkeit einer Handlung gestellt werden müsse. Es ist bei der Beurteilung dieser Frage tatsächlich große Vorsicht geboten und ein strenger Maßstab anzulegen. § 863 ABGB gesteht einer Handlung schlüssige Wirkung nur dann zu, wenn sie nur in einer ganz bestimmten Richtung eindeutig verstanden werden kann. Mit diesen Erwägungen ist für die Klägerin jedoch nichts gewonnen. Sie geht nämlich bei der Ausführung der Revision fast durchwegs von einem feststellungsfremden Sachverhalt aus. Legt man den festgestellten Sachverhalt der rechtlichen Beurteilung zugrunde, so gelangt man, wie die Vorinstanzen, zu dem Ergebnis, daß die Klägerin zumindest schlüssig einer jeweiligen Erhöhung der Kreditzinsen zugestimmt hat. Geht man nämlich von den verschiedenen, in diesem Verfahren vorgelegten Schreiben aus, ergibt sich, daß die Beklagte zwar die ursprüngliche Erhöhung unter dem Titel "Verwaltungskostenbeitrag" vorgenommen, jedoch deutlich zu verstehen gegeben hatte, daß in Wahrheit eine Überwälzung der auf dem allgemeinen Kreditmarkt eingetretenen Zinsenerhöhungen auf die Klägerin erfolgen sollte (siehe beispielsweise die Beilagen 1, 2). In der Folge wurde dann überhaupt nur mehr von einer Erhöhung der Verzinsung gesprochen (Beilagen 3, 6, 7). Die Klägerin konnte diese Schreiben gar nicht anders verstehen, als daß die Beklagte unter dem Titel "Verwaltungskostenbeitrag" eine Erhöhung der Kreditzinsen vornimmt. Tatsächlich hat sie die Schreiben der Beklagten auch in diesem Sinne verstanden, wie sich aus ihren Antwortschreiben ergibt (z.B. Schreiben vom 26.6.1974 Beilage 3 sowie die telefonischen Äußerungen Dris. K*** Beilage IV und V). Diese festgestellten Umstände lassen also erkennen, daß die Beklagte eindeutig vorerst unter dem Titel "Verwaltungskostenbeitrag" und später ohne jede Umschreibung eine Erhöhung der Kreditzinsen im Hinblick auf das gestiegene internationale Zinsenniveau verlangte, daß dies von der Klägerin so verstanden wurde und daß die Klägerin gegen diese Absicht nie remonstriert, vielmehr der Forderung der Beklagten entsprochen hat. Sie hat lediglich einige Male um eine Reduzierung der beabsichtigten Erhöhung ersucht, welchem Ersuchen des öfteren entsprochen worden ist. Damit hat aber die Klägerin ein Verhalten gesetzt, das von der Beklagten nur als Zustimmung zu einer Auslegung oder Änderung des ursprünglichen Vertrages in dem Sinn, daß die Beklagte berechtigt sei, entsprechend dem internationalen Zinsenniveau die Höhe der Kreditzinsen zu verändern, verstanden werden konnte. Da die Revision diese Umstände bei ihren Ausführungen nicht berücksichtigt, weicht sie, wie bereits dargelegt, vom festgestellten Sachverhalt ab. Nur durch ein derartiges Vorgehen ist ihre Kritik an der vorinstanzlichen Entscheidung verständlich. Wie bereits ausgeführt wurde, waren die jeweiligen Forderungen der Beklagten für die Klägerin eindeutig verständlich und wurden von der Klägerin auch, wie sich aus den festgestellten Antwortschreiben ergibt, in diesem Sinne verstanden. Von einer Irreführung kann daher keine Rede sein. Vor allem hätte der Beklagten bei der Reaktion der Klägerin auf die jeweiligen Schreiben ein allfälliger Irrtum nicht auffallen können.
Auch die Ausführungen der Revision über eine notwendige Inhaltskontrolle im Zusammenhang mit der Frage, welche erhöhten Verwaltungskosten der Beklagten aufgelaufen sind, entsprechen nicht dem Gesetz, weil sie von den vorinstanzlichen Feststellungen abweichen. Hier unternimmt die Klägerin überhaupt den unzulässigen Versuch einer Bekämpfung der vorinstanzlichen Feststellungen. Es erübrigt sich daher ein weiteres Eingehen auf diese Frage. Vielmehr kann diesbezüglich auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen werden. Da die Beklagte klar erkennbar mit dem Ausdruck "Verwaltungskostenbeitrag" nur die erhöhten Zinsen meinte, ist es unerheblich, ob und welche Verwaltungskosten sie hatte, weil nur Zinsen, nicht aber andere Kosten überwälzt werden sollten.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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