OGH 9Os45/87

OGH9Os45/8713.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Dipl.Ing.Gerhard K*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde des Finanzamtes Kitzbühel als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4.September 1986, GZ 28 Vr 1164/86-74, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Tschulik, des Vertreters des Finanzamtes Dr. Trager und des Verteidigers Dr. Herzka, bedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Landschaftsarchitekt Dipl.Ing.Edmund K*** von der Anklage, er habe in Kitzbühel, Kirchberg/Tirol und anderen Orten hinsichtlich der Monate April, Mai, Juni, Juli, September, November und Dezember 1984 fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1,509.272 S bewirkt, wobei er dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten habe, und hiedurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen bediente sich der Angeklagte zur Erledigung aller ihn selbst sowie die von ihm und seiner Ehegattin Marion geführten Firmen betreffenden steuerlichen Angelegenheiten in Österreich des beeideten Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters Dr.Herbert G***. Im Rahmen seines Mandats als Steuerberater war dieser auch beauftragt, für den Angeklagten bzw für die österreichische Firma der Eheleute K*** die erforderlichen Umsatzsteuervoranmeldungen beim zuständigen Finanzamt Kitzbühel abzugeben. Nachdem der Angeklagte seinem Steuerberater alle Unterlagen zur Verfügung gestellt und ihn über die Geschäftstätigkeit der Firmen informiert hatte, wurden von Dr.G*** in den Monaten April bis Dezember 1984 Umsatzsteuervoranmeldungen mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuerschuld in Höhe von 3,011.418 S beim Finanzamt Kitzbühel eingereicht, welche insbesondere einen Auftrag des Besitzers des "Sporthotels Gut B***", Anton M***, zur Errichtung eines Golfplatzes, einer Beregnungsanlage und einer Rollrasenverlegung betrafen. Nachdem es während der Ausführung dieses Auftrages zwischen dem Auetraggeber Anton M*** und dem Angeklagten Dipl.Ing.K*** zu großen Differenzen gekommen war, legte der Angeklagte am 5.November 1984 über Empfehlung seines Rechtsanwaltes Dr.R*** die Schlußrechnung für den fertiggestellten, nur hinsichtlich der gleichzeitig vereinbarten Pflegearbeiten noch nicht erfüllten Auftrag. Da der Angeklagte Anhaltspunkte dafür hatte, daß Anton M*** die an ihn gestellte Rechnung nicht bzw nicht in voller Höhe bezahlen, jedoch seinerseits den Vorsteuerabzug geltend machen werde, befürchtete der Angeklagte, nicht in der Lage zu sein, die Umsatzsteuerschuld zu begleichen, worauf er sich ua an das Finanzamt Kitzbühel wandte, das hierauf in der Zeit vom 5.Dezember 1984 bis 13.März 1985 eine Umsatzsteuerrevision durchführte. Diese ergab, daß Dipl.Ing.Edmund K*** für April bis Dezember 1984 Umsatzsteuervoranmeldungen mit einer Umsatzsteuerschuld von insgesamt 4,520.690 S hätte einreichen müssen. Gegenüber den tatsächlich abgegebenen Voranmeldungen ergab sich demnach ein Verkürzungsbetrag betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen in Höhe von 1,509.272 S. Nach Überzeugung des Erstgerichtes war dem Angeklagten Dipl.Ing.Edmund K*** klar, daß mit der Legung der Schlußrechnung die Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt entstanden war und vorausbezahlt oder zumindest vorangemeldet hätte werden müssen. Er hat über alle steuerlich relevante Punkte seinen Steuerberater Dr.G*** informiert und hat ihm - auch in diesem Zusammenhang - den Auftrag erteilt, die entsprechende steuerliche Erledigung zu veranlassen. Damit habe der Angeklagte aber ordnungsgemäß gehandelt, zumal er darauf vertrauen habe dürfen, daß auch der Steuerberater die übernommenen Agenden ordnungsgemäß und den einschlägigen Bestimmungen entsprechend erledigen werde. Wenn das zuständige Finanzamt nach Durchführung einer Betriebsprüfung zur Auffassung gelangte, daß seitens des Angeklagten eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen bewirkt worden ist, so lägen diesem Ergebnis offenbar unterschiedliche Rechtsansichten des Steuerberaters des Angeklagten und des zuständigen Finanzamtes zugrunde. Ein vorsätzliches oder gar wissentlich schuldhaftes Handeln des Angeklagten sei bei dieser Sachlage nicht erwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Freispruch wird vom Finanzamt Kitzbühel als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Den Beschwerdeausführungen zuwider haften dem angefochtenen Urteil weder Begründungs- noch Feststellungsmängel an. Daß der Angeklagte seinem Steuerberater Dr.G*** alle für die Erstattung der Umsatzsteuervoranmeldungen relevanten Unterlagen rechtzeitig und vollständig zur Verfügung gestellt hat, wurde vom Erstgericht auf die Verantwortung des Angeklagten und die damit übereinstimmenden Angaben des Zeugen Dr.G*** gegründet und findet in diesen Verfahrensergebnissen Deckung. Soweit die Beschwerde demgegenüber eine Aktenwidrigkeit reklamiert, verkennt sie offenbar das Wesen dieses Anfechtungsgrundes; setzt dieser doch voraus, daß in den Entscheidungsgründen als Inhalt einer Aussage (oder einer Urkunde) etwas angeführt wird, was deren Inhalt nicht bildet (vgl Mayerhofer-Rieder StPO 2 ENr 185 zu § 281 Z 5), wovon vorliegend aber keine Rede sein kann.

Bei der Urteilsannahme hinwieder, der Umsatzsteuerverkürzung liege offenbar eine unterschiedliche Rechtsauffassung des Angeklagten und seines Steuerberaters einerseits und des Finanzamtes andererseits zugrunde, handelt es sich um eine denkrichtige Schlußfolgerung, die das Erstgericht - beweiswürdigend - aus mängelfrei ermittelten Prämissen gezogen hat und die darum einer Anfechtung aus der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO entzogen ist. In rechtlicher Hinsicht geht das Urteil ohnedies davon aus, daß sämtliche Leistungen, über die der Angeklagte am 5.November 1984 Rechnung gelegt hat, spätestens in die Umsatzsteuervoranmeldung für November 1984 aufzunehmen gewesen wären und daß durch die Unterlassung der Abgabe entsprechender Umsatzsteuervoranmeldungen objektiv der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG verwirklicht wurde. Indem die Rechtsrüge dies negiert, ist sie nicht gesetzmäßig ausgeführt. Feststellungen darüber, "was der Zeuge Dr.G*** dem Angeklagten Gegenteiliges gesagt haben könnte, was ihn von dieser Meinung hätte abbringen können", waren durch die Verfahrensergebnisse nicht indiziert; desgleichen auch nicht Konstatierungen darüber, was der Zeuge Dr.G*** unter dem (im Umsatzsteuergesetz nicht vorkommenden) Begriff der "gedeckten Rechnung" versteht. Es wäre Sache des Vertreters des Finanzamtes gewesen, in der Hauptverhandlung diesen Ausdruck durch eine entsprechende Befragung des Zeugen klarzustellen und sodann im Rechtsmittel darzulegen, aus welchen Erwägungen die beschwerdeführende Finanzstrafbehörde diesen Umstand als relevant ansieht.

Die weiteren Beschwerdeausführungen zur Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO negieren die Feststellung der Tatrichter, wonach der Angeklagte weder seine Verpflichtung zur Abgabe richtiger und vollständiger Umsatzsteuervoranmeldungen vorsätzlich verletzt noch Umsatzsteuervorauszahlungen wissentlich verkürzt hat, sodaß der subjektive Tatbestand des ihm angelasteten Finanzvergehens nicht erfüllt ist; sie bringen demnach den in Rede stehenden materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit als zur Gänze unbegründet zu verwerfen.

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