OGH 4Ob328/87

OGH4Ob328/875.5.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Maier, Dr.Petrag und Dr.Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Wilhelm E***, Verleger, 4400 Steyr, Stadtplatz 36, vertreten durch Dr.Josef Lechner, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagten Parteien 1. Maria T***, Autorin, 4710 Grieskirchen, Stifterstraße 16, 2. Wilhelm H*** Verlag Gesellschaft mbH & Co KG, D-8000 München, Türkenstraße 5/7, vertreten durch Dr.Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung (5 Mio. S) und Urteilsveröffentlichung (500.000 S) infolge Rekurses der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 16.September 1986, GZ 6 R 123/86-19, womit der Revisionsrekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 9.Juli 1986, GZ 6 R 123/86-9, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die zweitbeklagte Partei hat ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit der Behauptung, beide Beklagten hätten gegen das UrhG, das UWG und das ABGB verstoßen, da sie ungeachtet des von ihm mit der Erstbeklagten als Autorin abgeschlossenen Verlagsvertrages über die Herstellung und den Vertrieb des Werkes "Gesundheit aus der Apotheke Gottes" ein nach dem Aussehen verwechselbares und inhaltlich weitgehend gleiches Buch "Maria T***-Heilkräuter aus dem Garten Gottes" im deutschsprachigen Raum herausbrächten und vertrieben, begehrt der Kläger die Beklagten schuldig zu erkennen, die weitere Veröffentlichung und den Vertrieb bzw. den weiteren Verlag und Vertrieb des genannten Werkes zu unterlassen. Weiters beantragt der Kläger, ihn zu ermächtigen, den Urteilsspruch auf Kosten der Zweitbeklagten in den Druckschriften "Börsenblatt für den deutschen Buchhandel", "Anzeiger des österreichischen Buchhandels", "Der Schweizer Buchhandel" und "Das Schweizer Buch" zu veröffentlichen. Das Erstgericht wies die Klage gegen die Zweitbeklagte wegen örtlicher Unzuständigkeit a limine zurück, da die für den geltend gemachten Zuständigkeitstatbestand nach § 93 JN erforderliche Streitgenossenschaft nach § 11 Z 1 ZPO fehle.

Auf Rekurs des Klägers hob das Rekursgericht diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens auch hinsichtlich der Zweitbeklagten auf; weiters sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige. Es vertrat die Ansicht, daß die beanstandete Verletzung des Werknutzungsrechts des Klägers nur im Zusammenwirken der Erstbeklagten als Autorin und der Zweitbeklagten als Verlegerin realisiert werden konnte. Insoweit könne man von einer gemeinsamen, auch im Inland verwirklichten Tathandlung (§ 83 c Abs. 3 JN) und somit auch von einer materiellen Streitgenossenschaft ausgehen. Seit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 erfordere die Annahme einer materiellen Streitgenossenschaft nur noch einen tatsächlichen Zusammenhang der gegenüber den Beklagten geltend gemachten rechtserzeugenden Sachverhalte. Die Existenz eines inländischen Zuständigkeitstatbestandes begründe auch die inländische Gerichtsbarkeit.

Gegen diesen Beschluß erhob die Zweitbeklagte einen Revisionsrekurs mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Revisionsrekurs als unzulässig zurück; es sprach abermals aus, daß der Wert des Streitgegenstandes über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige.

In ihrem gegen diesen Zurückweisungsbeschluß erhobenen Rekurs begehrt die Zweitbeklagte, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die Vorlage des Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof aufzutragen.

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Beklagten ein Rechtsmittel gegen den Beschluß, mit welchem das Rekursgericht dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine wegen Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesene Klage aufträgt, nicht zu. Der Beklagte ist bei der ersten vorläufigen Prüfung der Zuständigkeit, die nach § 230 Abs. 2 ZPO, §§ 41 Abs. 1 und 2, 43 Abs. 1 JN, ausgehend vom Vorbringen des Klägers, von Amts wegen zu erfolgen hat, noch nicht beteiligt; er wird vielmehr auf die einredeweise Geltendmachung der Unzuständigkeit verwiesen, die im Rahmen einer neuerlichen Prüfung nach der Zustellung der Klage zu erfolgen hat (§ 261 Abs. 1 ZPO). Die Verschiedenheit der Grundlagen der genannten Prüfungen macht es erforderlich, sie unterschiedlich zu behandeln (Jud. 61 neu = SZ 27/290 = Arb. 6.125; RZ 1964, 220; RZ 1969, 105; MietSlg. 24.538; MietSlg. 34.658; 2 Ob 663/85 ua). Über die Frage der örtlichen Zuständigkeit wurde durch den Beschluß des Rekursgerichtes daher ebensowenig bindend abgesprochen wie dies der Fall gewesen wäre, wenn das Erstgericht keine Bedenken gegen die Zuständigkeit gehabt und die Zustellung der Klage an die Zweitbeklagte verfügt hätte.

Der Einwand der Rekurswerberin, die im Jud. 61 neu dargelegten Grundsätze erschöpften sich in Zweckmäßigkeitserwägungen, ist unzutreffend. Auch die gegenteilige Meinung Faschings (Kommentar I 262 f Anm. 5; Zivilprozeßrecht Rz 217) hält diese Grundsätze zumindest für den Fall der heilbaren Unzuständigkeit für richtig. Soweit die Rekurswerberin dazu die Frage des Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit als Prozeßhindernis aufwirft, ist ihr entgegenzuhalten, daß Rechtsstreitigkeiten um inländische Immaterialgüterrechte, insbesondere Verletzungsstreitigkeiten, sowie Wettbewerbsverstöße, die sich - wie hier - auf dem österreichischen Markt auswirken, stets vor einem inländischen Gericht geführt werden können, auch wenn der Beklagte im Inland weder Wohnsitz (Sitz) noch Aufenthalt hat (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 911; Seber in ZfRV 1983, 270 ff; JBl. 1980, 211; ÖBl. 1985, 94).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 40 ZPO.

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