OGH 7Ob535/87

OGH7Ob535/8730.4.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Angst und Dr. Niederreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Nicole K***, Haushalt, Wiener Neustadt, Grazer Straße 71, vertreten durch Dr. Norbert Kosch, Dr. Ernst Schilcher, Dr. Jörg Beirer und Dr. Roman Kosch, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei R*** N*** reg.Gen.m.b.H., Neudörfl, Hauptstraße 26, vertreten durch Dr. Ernst Fasan, Dr. Wolfgang Weinwurm, Dr. Erwin Lorenz und Dr. Manfred Moser, Rechtsanwälte in Neunkirchen, wegen S 256.581,45 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. November 1986, GZ 14 R 16/86-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 23. Oktober 1985, GZ 2 b Cg 350/85-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.943,45 (darin S 823,95 an Umsatzsteuer und S 2.880 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei schloß am 3. November 1977 mit dem Handelsvertreter Robert S*** einen Kreditvertrag ab, mit dem sie ihm einen Kredit in der Höhe von S 155.000 einräumte. Der Kreditbetrag sollte in monatlichen Raten von S 5.912, beginnend mit 20. Dezember 1977, von Robert S*** zurückgezahlt werden, was aber nicht geschah.

Die W***-Automatenvertriebs Gesellschaft m.b.H. (in der Folge GesmbH) hatte die Bürgschaft für diesen Kredit gegenüber der beklagten Partei übernommen. Auch von ihr konnte der aushaftende Betrag nicht einbringlich gemacht werden.

Bruno W***, der Vater der Klägerin, der Alleingesellschafter der GesmbH war, hat bei der beklagten Partei gelegentlich auch Haftungen für Kunden der GesmbH übernommen. Eine Bürgschaft für den Kredit an Robert S*** ging er aber nicht ein.

Der Nachlaß des am 17. April 1978 verstorbenen Bruno W*** wurde zu 3/4 der Klägerin und zu 1/4 der Verlassenschaft nach seiner Witwe, der am 14. April 1980 verstorbenen Barbara W***, eingeantwortet. Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrer Mutter Barbara W***.

Die Klägerin begehrt die Zahlung von 256.581,45 s.A. und bringt vor, die beklagte Partei habe diesen Betrag zu Unrecht aus zwei von Bruno W*** zur Sicherung seiner persönlichen Verpflichtungen gegenüber der beklagten Partei verpfändeten Ansprüchen aus Lebensversicherungsverträgen einbehalten. Bruno W*** habe die Übernahme einer Haftung als Bürge und Zahler für Robert S*** ausdrücklich abgelehnt.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung der Klage und wendet ein, sie sei infolge einer von Bruno W*** für die GesmbH übernommenen Bürgschaftsverpflichtung und auf Grund der mit ihm vereinbarten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditinstitute (AGBKr)" berechtigt gewesen, den Klagebetrag einzubehalten.

Das Erstgericht gab der Klage - mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens, das es unbekämpft abwies - statt und traf folgende Feststellungen:

Mit "Pfandvertrag" vom 21. März 1973 verpfändete Bruno W*** zur Sicherstellung des ihm von der beklagten Partei gewährten Kredites diesem Institut unter Übergabe der Versicherungspolizze seine sämtlichen ihm aus dem mit der Raiffeisenlebensversicherungs AG abgeschlossenen Versicherungsvertrag vom 31. März 1971 über S 300.000 zustehenden Ansprüche. Weiter verpfändete er der beklagten Partei den ihm aus dem mit der R*** AG abgeschlossenen Vertrag

vom 1. März 1976 zustehenden Anspruch.

Bruno W*** hat einen Wechsel blanko unter der Überschrift "Als Bürge für den Bezogenen" gefertigt. Bezogener ist die GesmbH. Dieser Wechsel wurde erst im Verlauf des vorliegenden Verfahrens von der beklagten Partei vervollständigt. Als Ausstellungstag trägt die Urkunde das Datum 7. September 1976, als Fälligkeitszeitpunkt ist der 2. Juli 1984 angeführt. Der Wechsel weist weiter den Zahlungsort Neudörfl, als Zahlstelle die beklagte Partei und als Summe den Betrag von S 256.581,45 auf. In der gleichfalls von Bruno W*** und der GesmbH gefertigten "Wechselverpflichtungserklärung für Schuldner" vom 7. September 1976 sind insbesondere die Voraussetzungen für die Ausfüllungsermächtigung der beklagten Partei enthalten. Diese Erklärung gibt die "Verpflichtung" des Bruno W*** für die GesmbH vollständig und richtig wieder. Mit Kreditvertrag vom 7. September 1978 räumte die beklagte Partei der GesmbH einen Kredit von S 500.000 ein.

Mit Bruno W*** "vereinbarte" die Beklagte die Geltung der AGB der Österreichischen Kreditunternehmungen, wobei sich diesbezüglich nur ein nicht näher feststellbarer Hinweis auf der Unterschriftenprobenkarte befand.

Im Kreditvertrag vom 7. September 1976 zwischen der beklagten Partei und der GesmbH findet sich ein Hinweis auf die AGB des Kreditgebers. Danach gelten "in allen übrigen Belangen" die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers in der jeweils gültigen Fassung. Unter einem bestätigt der Kreditnehmer deren "zustimmende Kenntnisnahme". Desgleichen verweist Punkt 8. des Bürgschaftsvertrages vom 3. November 1977 auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers. Auch im Kreditvertrag der beklagten Partei mit Robert S*** vom 3. November 1977 findet sich - es handelt sich um das gleiche Formular wie beim Kreditvertrag der beklagten Partei mit der GesmbH - ein Hinweis auf die AGB des Kreditgebers in der bereits wiedergegebenen Art. Der zur Besicherung des Kredites an Robert S*** von der GesmbH als Bürge gefertigte Wechsel ist nicht vervollständigt; er weist allein die firmenmäßige Zeichnung der GesmbH "Als Bürge für den Bezogenen" auf. Bruno W*** war sowohl in den Geschäftsbeziehungen zur beklagten Partei wie auch sonst für die GesmbH tätig, ohne aber deren Geschäftsführer zu sein. Die ausdrückliche Erteilung einer Vollmacht an Bruno W*** durch den Geschäftsführer ist nicht erwiesen. Im eigenen Namen tätigte Bruno W*** keine Geschäfte in der Automatenbranche nach Gründung der GesmbH, obwohl er einen Gewerbeschein hatte.

Die beklagte Partei holte keine Auskünfte über die Bonität von Robert S*** ein, bevor sie ihm das Geld aus dem Kreditvertrag auszahlte, da dies für die beklagte Partei infolge ihrer Geschäftsverbindung "mit Bruno W*** bzw. der GesmbH" "uninteressant" war.

Ob Bruno W*** der beklagten Partei zu irgendeinem Zeitpunkt mitteilte, er lehne eine Haftung für Robert S*** ab, kann nicht festgestellt werden.

Um den 7. November 1978 überwies die R***-V*** AG

die Leistung aus den Versicherungsverträgen des Bruno W*** in der Gesamthöhe von S 610.924 an die beklagte Partei. Mit diesem Betrag eröffnete die beklagte Partei am 16. November 1980 ein Sparbuch, "Lebensversicherung"; dieses wurde auf Grund eines Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes Wiener Neustadt vom 16. März 1981 gepfändet. In der Folge jedoch gelang es der beklagten Partei unter Hinweis auf ihren "Pfandvorrang", sich aus dem Sparbuch für den "Kredit Robert S***" zu befriedigen. Sie verbuchte als "Kassa-Einzahlung" am 2. Oktober 1981 zugunsten "S*** Robert Restzahlung" den Betrag von S 256.581,45.

Punkt 23. der AGBKr hat folgenden Wortlaut:

"(1) Die Kreditunternehmung hat ihren Kunden gegenüber jederzeit Anspruch auf die Bestellung oder angemessene Verstärkung bankmäßiger Sicherheiten für alle Verbindlichkeiten, auch soweit sie bedingt, befristet oder noch nicht fällig sind.

(2) Die in die Innehabung irgendeiner Stelle der Kreditunternehmung gelangten, insbesondere auch die ihr zur Sicherstellung übertragenen Werte oder Wertgegenstände jeder Art (z.B. Wertpapiere, Sammeldepotanteile, Schecks, Wechsel, Devisen, Waren, Konnossemente, Lager- und Ladescheine, Konsortialbeteiligungen, Bezugsrechte und sonstige Rechte jeder Art einschließlich der Ansprüche des Kunden gegen die Kreditunternehmung selbst) sind, soweit gesetzlich zulässig, für alle gegenwärtigen und künftigen - auch bedingten, befristeten oder noch nicht fälligen - Ansprüche der Kreditunternehmung gegen den Kunden und seine Firma verpfändet, gleichviel, ob sie aus gewährten Krediten aller Art einschließlich übernommener Haftungen, Darlehen, diskontierten oder akzeptierten Wechseln, Akkreditiven oder sonst aus der Geschäftsverbindung entstanden oder im Zusammenhang mit dieser auf die Kreditunternehmung übergegangen sind. Es macht keinen Unterschied, ob die Kreditunternehmung die mittelbare oder unmittelbare Innehabung über die Werte oder Wertgegenstände erlangt hat.

(4) Der Kreditunternehmung verpfändete Werte, ebenso alle sicherungsweise übereigneten Sachen und abgetretenen Rechte haften für sämtliche Forderungen der Kreditunternehmung gegenüber dem Kunden, insbesondere aus gewährten Krediten aller Art einschließlich übernommener Haftungen, Darlehen, diskontierten oder akzeptierten Wechseln und Akkreditiven, es sei denn, daß die Haftung für eine andere Forderung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

(5) Die Kreditunternehmung kann ferner ihr obliegende Leistungen an den Kunden wegen eigener Ansprüche zurückhalten, auch wenn diese befristet, bedingt oder noch nicht fällig sind oder nicht auf demselben rechtlichen Verhältnis beruhen."

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die beklagte Partei leite die Haftung des Bruno W*** für den von ihr an Robert S*** gewährten Kredit und damit ihre Berechtigung zur Befriedigung aus der von der GesmbH für Robert S*** übernommenen Bürgschaft und der von Bruno W*** für die GesmbH eingegangenen Wechselbürgschaft ab. Weder den Lebensversicherungspolizzen noch dem Pfandvertrag lasse sich ein Hinweis auf eine Verpfändung für die Forderungen der beklagten Partei an die GesmbH entnehmen. Da auch im Kreditvertrag zwischen der GesmbH und der beklagten Partei und in der Wechselverpflichtungserklärung kein Hinweis auf eine Verpfändung der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen für Forderungen der beklagten Partei enthalten sei, komme als mögliche Anspruchsgrundlage der beklagten Partei zur Rechtfertigung ihrer Vorgangsweise allein Punkt 23 der AGB in Frage. Zwar sei im vorliegenden Fall von der Anwendbarkeit der AGB der beklagten Partei auszugehen. Zunächst verweise der Kreditvertrag, der der von Bruno W*** gefertigten Wechselverpflichtungserklärung (in dem die Rechte des Kreditgebers in ähnlicher Weise wie in Punkt 23 der AGB aufgestellt würden) zugrunde liege, auf die AGB; darüber hinaus aber habe Bruno W***, der auch in der Geschäftsverbindung mit der beklagten Partei weitgehend für die GesmbH aufgetreten und persönlich eine große Anzahl von Bürgschaften eingegangen sei, klar sein müssen, daß die beklagte Partei nur zu ihren AGB kontrahiere. Die Anwendung der Regelung des Punktes 23 der AGB sei jedoch im vorliegenden Fall sittenwidrig.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes; es sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichtes, vertrat es in seiner rechtlichen Beurteilung die Ansicht, es könne auf sich beruhen, ob die Anwendung des Punktes 23 der AGB im vorliegenden Fall sittenwidrig gewesen sei. Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (SZ 51/9) genüge die bloße Vereinbarung der ergänzenden Geltung der AGB der kreditgebenden Bank nicht, um vom Bürgen (und Zahler) die Bestellung von Pfändern zu fordern. Die in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätze hätten auch für den vorliegenden Fall zu gelten. Nach der genannten Entscheidung reiche es - da ein Bürge grundsätzlich nicht verpflichtet sei, neben seiner Personalhaftung ein Sachpfand zu geben - nicht hin, mit dem Bürgen bloß allgemein die ergänzende Geltung der Geschäftsbedingungen der kreditgebenden Bank zu vereinbaren, die das Recht beinhalten, von ihren "Kunden" jederzeit bankmäßige Sicherheiten zu verlangen; die bloß generell vereinbarte Gleichstellung des Bürgen mit einem Kunden ändere nichts daran, daß die Verpflichtung zur nachträglichen Pfandbestellung ihm gegenüber ein weit schwereres Gewicht habe; die Interessenlage sei gegenüber dem tatsächlichen Kunden der Bank, nämlich ihrem Kreditnehmer, von der des Bürgen (und Zahlers) dieser Kreditforderung deutlich verschieden. Von der Bank sei deshalb, wolle sie dennoch auch gegenüber dem Bürgen einen Anspruch auf jederzeitige Pfandbestellung nach ihrer Willkür begründen, eine besondere Vereinbarung oder wenigstens ein ausdrücklicher Hinweis auf jene Bestimmung der AGB zu fordern, die unmittelbar nur auf den kreditnehmenden Kunden der Bank anwendbar sei und für den Bürgen eine ungewöhnliche, in AGB nicht zu vermutende Belastung enthalte. Der vorliegende Fall sei mit dem in der zitierten Entscheidung behandelten hinsichtlich seiner wesentlichen Kriterien vergleichbar; die Stellung des Kunden sei im Fall der hier maßgebenden Bestimmungen des Punktes 23 Abs. 2 und 4 der AGB sogar noch ungünstiger als im Fall des Punktes 23 Abs. 1 AGB, weil er es sei, der einer solchen Pfandrechtsausdehnung mit einer Klage begegnen müsse.

Die von der beklagten Partei gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wegen der Aktenwidrigkeit und unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision ist nicht berechtigt. Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Entgegen den Revisionsausführungen der beklagten Partei ist die Ansicht des Berufungsgerichtes, der vorliegende Sachverhalt sei mit dem der Entscheidung SZ 51/9 zugrundeliegenden Sachverhalt vergleichbar und daher wie dieser zu entscheiden, durchaus zutreffend.

Der Oberste Gerichtshof hat in der genannten Entscheidung den Standpunkt vertreten, daß zwar ein Bürge als solcher noch nicht Kunde der Bank werde, durch die Vereinbarung der ergänzenden Geltung der AGB jedoch grundsätzlich einem Bankkunden gleichgestellt werde. Ausgehend vom Wesen der Bürgschaft sei aber zu prüfen, ob dem Bürgen nicht im Wege einer scheinbar unverdächtigen Verweisung auf Nebenabreden laut den Allgemeinen Bankbedingungen wichtige neue Haftpflichten auferlegt werden sollten; denn die Bank dürfe das Vertrauen ihrer Kunden nicht verletzen. Ein Bürge sei grundsätzlich nicht verpflichtet, neben seiner Personalhaftung ein Sachpfand zu geben. Eine Verpflichtung des Bürgen zur Bestellung eines Pfandes für die eigene Bürgschaftsschuld sei ungewöhnlich. Eine Bestimmung, die eine derartige Verpflichtung vorsehe, enthalte demnach eine ungewöhnliche, in AGB nicht zu vermutende Belastung. Es sei deshalb von der Bank zu fordern, daß sie mit einem Bürgen darüber eine besondere Vereinbarung treffe oder ihn doch auf die entsprechende Bestimmung der AGB ausdrücklich hinweise.

Bruno W*** war zwar - anders als die Beklagte im Falle der Entscheidung SZ 51/9 - nicht nur Bürge für die der beklagten Partei gegen die GesmbH zustehenden Forderungen und Ansprüche. Er war deren Kunde, da er - bei ihr - Kredite aufgenommen und zu deren Sicherung seine Ansprüche aus zwei Lebensversicherungsverträgen verpfändet hatte. Der Umstand aber, daß Bruno W*** demnach "tatsächlicher" Kunde (SZ 51/9) der beklagten Partei war, vermag an den in der Entscheidung SZ 51/9 vertretenen Rechtsgrundsätzen für den vorliegenden Fall umsoweniger etwas zu ändern, als dort ohnedies davon ausgegangen wurde, die in jenem Verfahren Beklagte sei durch die im Bürgschaftsvertrag vereinbarte ergänzende Geltung der AGB einer Bankkundin gleichgestellt worden. Ganz abgesehen davon, daß eine klare Feststellung darüber fehlt, daß jemals

eine - ausdrückliche oder doch schlüssige (etwa dadurch, daß für Bruno W*** deutlich erkennbar war, daß die beklagte Partei nur zu ihren AGB abschließen will und er sich daraufhin mit ihr eingelassen hat und wenigstens die Möglichkeit hatte, vom Inhalt dieser Bedingungen Kenntnis zu nehmen - Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 2 zu § 864 a, 4 Ob 562/79, 7 Ob 60/86 ua) - Vereinbarung der AGB der beklagten Partei zwischen Bruno W*** und der beklagten Partei zustandegekommen ist (daß bereits die Erwähnung der AGBKr auf der - nicht einmal vorgelegten - Unterschriftenprobenkarte für eine Vereinbarung genügen könne, hat schon das Erstgericht mit Recht als "überaus zweifelhaft" angesehen; weitere Feststellungen über eine direkte Vereinbarung wurden nicht getroffen), werden die AGB der beklagten Partei, insbesondere in der der Bürgschaftserklärung des Bruno W*** zugrundeliegenden Wechselverpflichtungserklärung nicht einmal erwähnt.

Die Verpflichtung des Bürgen zur Bestellung eines Pfandes für die eigene Bürgschaftsschuld ist ungewöhnlich, weil der Bürge selbst eine Sicherheit für den Gläubiger ist und diese Sicherheit in der Regel nicht noch einmal zu besichern hat (SZ 51/9). Nicht anders verhält es sich mit der Verpflichtung eines Bürgen, mit einem zur Sicherstellung eines Kredites verpfändeten Wert auch für eine Bürgschaftsschuld zu haften. Derartige Ausweitungen der Verpflichtungen eines Bürgen enthalten eine ungewöhnliche, in AGB nicht zu vermutende Belastung. Die beklagte Partei muß deshalb unabhängig davon, ob ihr Vertragspartner bei Abschluß eines Bürgschaftsvertrages in anderer Eigenschaft, etwa als Kreditnehmer, bereits als Kunde der Bank anzusehen war und als solcher mit ihr - ausdrücklich oder stillschweigend - die Geltung der AGBKr vereinbart hatte, eine besondere Vereinbarung iS des Punktes 23 ihrer AGB abschließen oder zumindest ausdrücklich auf diese Bestimmungen hinweisen. Dies ist hier nicht geschehen. Die beklagte Partei hat - wie erwähnt - bei der Vereinbarung der Bürgschaft nicht einmal in allgemeiner Form auf AGB hingewiesen. Sie war deshalb nicht berechtigt, das an den Ansprüchen aus der Lebensversicherung bestehende Pfandrecht auch zur Sicherung ihrer Forderung gegen Robert S***, für die sich Bruno W*** indirekt über die GesmbH verbürgt hatte, auszudehnen.

Die erwähnte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hat die Geltung der AGB abgelehnt, obwohl diese im Bürgschaftsvertrag erwähnt war. Umsomehr muß dies gelten, wenn diese Geltung nur in einem früheren Vertrag erwähnt wurde, der in keinem Zusammenhang mit der Bürgschaft steht. Verpflichtet sich jemand als Bürge, muß er nicht damit rechnen, daß ihn in ganz anderem Zusammenhang vereinbarte, für eine Bürgschaft aber außergewöhnliche Belastungen treffen.

Den Ausführungen des Erstgerichtes darüber, daß die Anwendung des Punktes 23 der AGB im vorliegenden Fall sittenwidrig und daß dieser Umstand im gegenständlichen Rechtsstreit zu beachten sei, weil für die Wahrnehmung der Sittenwidrigkeit "bereits das Bestreiten der aus ihr abgeleiteten Verpflichtung" genüge, vermag der Oberste Gerichtshof in dieser Form nicht beizupflichten. Die Nichtigkeit einer Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit nach § 879 ABGB ist grundsätzlich nicht von Amts wegen zu beachten. Zwar muß nicht eine formelle Berufung auf § 879 ABGB geschehen; notwendig ist aber immer das Erfordernis der Geltendmachung wenigstens auf schlüssige Weise durch ein entsprechendes Sachvorbringen (MietSlg. 34.122). Die Klägerin hat lediglich behauptet, die beklagte Partei habe bei der "Einziehung" des von Robert S*** geschuldeten Betrages "vertrags- und gesetzwidrig" gehandelt, weil die Haftung des Bruno W*** als Bürge und Zahler für die Forderungen der beklagten Partei gegen Robert S*** ausdrücklich ausgeschlossen worden und daher eine Ausdehnung der Pfandvereinbarung unzulässig und unwirksam sei. Daß aber Bruno W*** der beklagten Partei zu irgendeinem Zeitpunkt "mitgeteilt" habe, "er lehne die Haftung für Robert S*** ab", wurde nicht festgestellt. Sittenwidrigkeit in der geltend gemachten Weise ist daher nicht gegeben.

Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41, 50 ZPO.

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