Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wird im Umfang von S 12.217,10 (ds die über die Zuweisung des Erstgerichtes hinausgehenden zusätzlichen Zuweisungen in zweiter Instanz von S 4.914,27 zu A 13 und von S 7.302,83 zu A 14) samt anteiliger Meistbots- und Fruktifikationszinsen (VII B ijlm) als nichtig aufgehoben und der Rekurs der betreibenden Partei und Überweisungsgläubigerin Hermine H*** hinsichtlich der dem Verpflichteten zustehenden Forderung auf Auszahlung einer Hyperocha in diesem Umfange zurückgewiesen.
Im Umfang von S 32.232,90 samt anteiliger Meistbots- und Fruktifikationszinsen werden die Beschlüsse der Gerichte erster und zweiter Instanz aufgehoben. Dem Erstgericht wird in diesem Umfange (Zuweisung eines Betrages von S 32.232,90 zu A 1 des Erstgerichtes bzw. A 15 des Gerichtes zweiter Instanz und diesbezügliche Verweisung von Widersprüchen auf den Rechtsweg durch das Erstgericht) eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Rekurses der betreibenden Partei Hermine H*** an die zweite Instanz und die Kosten des Revisionsrekurses der Hypothekargläubigerin G*** und BANK DER Ö***
S*** AG sind wie weitere Kosten des Verteilungsverfahrens zu behandeln.
Soweit sich der Revisionsrekurs gegen den schon in Rechtskraft erwachsenen Teil des Verteilungsbeschlusses erster Instanz wendet, wird er zurückgewiesen.
Text
Begründung
Am 19.Juni 1985 wurde der Hälfteanteil des Verpflichteten an der Liegenschaft EZ 673 KG Untervogau um das Meistbot von S 200.000,-- der Ersteherin Getraud T*** zugeschlagen.
Zur Verteilungstagsatzung am 23.September 1985 hatte das Erstgericht nebst dem Verpflichteten, dem Finanzamt Leibnitz und der Ersteherin nur die betreibenden Gläubiger, nicht jedoch die sonstigen Buchberechtigten geladen.
Im bücherlich besten Rang stand der G*** und BANK DER Ö*** S*** AG, einem der nicht geladenen Hypothekargläubiger, an der Gesamtliegenschaft ein Pfandrecht von S 88.900,-- sA zu.
Die beigetretenen betreibenden Gläubiger Erika R***, Dr.Isolde R*** und Dr.Angelika R*** (Beitritt E 129/84, bücherlicher Rang COZ 28) erhoben gegen die Berücksichtigung der gesamten Forderung von S 88.900,-- sA Widerspruch, weil die Girozentrale und BANK DER Ö*** S*** AG von Frau Hermine H*** (Eigentümerin
der nicht versteigerten zweiten Liegenschaftshälfte und ebenfalls betreibende Gläubigerin mehrerer Forderungen im bücherlichen Rang von COZ 3, 5, 11 und 15) S 59.229,23 erhalten habe und überdies keine Anmeldung vorliege. Der Verpflichtete schloß sich diesem Widerspruch an und erhob Widerspruch auch gegen die Forderungsanmeldung der Hermine H***. Die ebenfalls durch ihren Rechtsfreund anwesende Hermine H*** erhob keinen Widerspruch. Mit seinem Verteilungsbeschluß vom 16.Dezember 1985 wies das Erstgericht der G*** und BANK DER Ö***
S*** AG zu A 1 den Betrag von S 88.900,-- ohne Nebengebühren zur vollen Berichtigung des Kapitals durch Übernahme durch den Ersteher zu. Die betreibenden Gläubiger Erika R***, Dr.Isolde R*** und Dr.Angelika R*** sowie den Verpflichteten verwies es mit ihren Widersprüchen gegen die Zuweisung eines Betrages von S 59.229,23 an die erste Pfandgläubigerin "gemäß § 231 Abs 1 EO" (auf den Rechtsweg) und forderte sie auf, binnen einem Monat die Einbringung der Widerspruchsklage nachzuweisen.
Die übrigen Zuweisungen zu A 2-13 betreffen die im Range nachfolgenden Buchgläubiger und betreibenden Gläubiger zu COZ 2, 3, 5, 6, 7, 9, 11, 15, 28, 33, 34 und 36, wobei die betreibende Partei zu COZ 36 nur mehr teilweise mit dem Meistbotrest von S 236,55 (richtig: S 263,55) zum Zuge kam.
Gegen diesen Verteilungsbeschluß, der im Gegensatz zur Ladung zur Verteilungstagsatzung auch allen nicht betreibenden Buchgläubigern zugestellt wurde, erhob lediglich Hermine H*** einen Rekurs, wobei sie geltend machte, der G*** und BANK DER Ö*** S*** AG hätten nur S 44.450,-- zugewiesen
werden dürfen, weil nur die im Eigentum des Verpflichteten stehende Liegenschaftshälfte versteigert worden sei. Daß dieser Umstand nicht mit Widerspruch geltend gemacht worden sei, schade nicht, weil zwingende Verteilungsgrundsätze verletzt worden seien. Ihre Rekurslegitimation leitete Hermine H*** davon ab, daß ihr zu E 6126/85 und E 6411/85 des Erstgerichtes zur Hereinbringung von Beträgen von S 30.000,-- sA und S 17.006,63 sA die Forderung des Verpflichteten auf Ausfolgung eines Überschusses aus der Verteilungsmasse exekutiv überwiesen worden sei.
Das Gericht zweiter Instanz änderte den Verteilungsbeschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß der G*** und BANK DER
Ö*** S*** AG zu A 1 nur S 44.450,-- zugewiesen
werden, die Zuweisungen zu A 2-12 unberührt bleiben, zu A 13 der
betreibenden Partei Franz R*** nicht nur S 236,55
(richtig: S 263,55), sondern die volle Forderung von S 5.177,82, zu A 14 der betreibenden Partei Margarethe K*** die ganze Forderung von S 7.302,83 und zu A 15 der Meistbotrest von S 32.205,91 (richtig: S 32.232,90) als Hyperocha dem Verpflichteten bei Beachtung der Rechte der Überweisungsgläubigerin Hermine H*** zugewiesen werden.
Das Gericht zweiter Instanz war der Auffassung, daß zwar der ganze Grundbuchskörper für die ganze Forderung der G*** und BANK DER Ö*** S*** AG gehaftet habe, daß aber eine unverhältnismäßige Zuweisung des ganzen Betrages trotz Versteigerung nur einer Liegenschaftshälfte nur in Betracht gekommen wäre, wenn eine solche begehrt worden wäre, was wegen Unterlassung einer Anmeldung nicht geschehen sei. Die freiwerdenden Beträge seien daher den nachfolgenden Gläubigern und schließlich der verpflichteten Partei zuzuweisen.
Über Auftrag des Obersten Gerichtshofes sprach das Gericht zweiter Instanz aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es sei zwar die Ladung der Revisionsrekurswerberin zur Verteilungstagsatzung unterblieben, sie sei aber schon durch das Versteigerungsedikt aufgefordert worden, Barzahlung zu verlangen, sodaß lediglich die Übernahme durch den Ersteher in Betracht käme. Die Entscheidung sei damit nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO abhängig.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Hypothekargläubigerin G*** und BANK DER Ö*** S*** AG ist ungeachtet dieses Ausspruches schon wegen der geltend gemachten Nichtigkeit zulässig. Dem Revisionsrekurs kommt, soweit der Rechtsmittelantrag auf gänzliche Aufhebung nicht wegen Teilrechtskraft unzulässig ist, Berechtigung zu.
Der Rekurs der beigetretenen betreibenden Partei Hermine H*** an die zweite Instanz war im Umfang von S 12.217,10 (di im rekursgerichtlichen Beschluß die zusätzliche Zuweisung von S 4.914,27 zu A 13 und die Zuweisung von S 7.302,83 zu A 14) gemäß § 234 Abs 1 EO iVm § 213 Abs 1 EO unzulässig. Nach diesen Bestimmungen ist ein Berechtigter zur Anfechtung eines Verteilungsbeschlusses mittels Rekurses nur befugt, wenn sein Anspruch beim Ausfallen eines bestrittenen Rechtes aus dem Versteigerungserlös zum Zuge kommen könnte. Soweit der Erfolg des Rekurses nicht dem Rekurswerber, sondern anderen Gläubigern zukommen würde, die selbst kein Rechtsmittel ergriffen haben, ist also ein Rekurs unzulässig (JBl 1937, 322, Heller-Berger-Stix 1451 f, 1597). Das gilt auch für das Rekursrecht des Verpflichteten, soweit er eigene Ansprüche (Hyperocha iSd §§ 217, 142 EO) geltend macht (vgl. Heller-Berger ebenso für Stix 1597) und damit einen seiner Gläubiger, dem solche Ansprüche überwiesen wurden. Aus Anlaß des Revisionsrekurses war der angefochtene Beschluß in diesem Umfange als nichtig aufzuheben und der Rekurs an die zweite Instanz insoweit zurückzuweisen.
Im übrigen liegt eine vom Rekursgericht übersehene Nichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung vor, die die Aufhebung der Entscheidung der Vorinstanzen erfordert.
Gemäß § 209 Abs 2 EO sind zur Verteilungstagsatzung ua. alle Personen zu laden, für welche an der versteigerten Liegenschaft dingliche Rechte bestehen. Die Unterlassung der Verständigung hindert die Berechtigten daran, vor Gericht zu verhandeln, weshalb der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO gegeben ist (Heller-Berger-Stix 1435; ZBl.1917/82). Trotz Unterlassung einer Barzahlungserklärung im-Sinne des § 171 Abs 2 EO war die Ladung des Hypothekargläubigers nicht entbehrlich. Da nur eine Liegenschaftshälfte versteigert wurde, das Pfandrecht der Revisionsrekurswerberin aber auf der gesamten Liegenschaft einverleibt ist, war sie wie ein Simultanpfandgläubiger zu behandeln (Heller-Berger-Stix 1617), der nach § 171 Abs 2 EO nicht tätig werden muß. Gemäß § 238 EO konnte der Hypothekargläubiger aber in sinngemäßer Anwendung der Bestimmung des § 222 Abs 3 und 4 EO einen Antrag auf unverhältnismäßige, nämlich volle Befriedigung aus der versteigerten Liegenschaftshälfte stellen, und die dadurch verkürzten nachstehenden Berechtigten konnten die Einverleibung eines Ersatzanspruches beantragen (SZ 49/32; vgl. auch SZ 53/105). Ohne zu wissen, ob der nicht zur Verteilungstagsatzung geladene Hypothekargläubiger einen solchen Antrag auf volle Befriedigung aus der versteigerten Liegenschaftshälfte stellen werde, konnte weder im Sinne der Lösung des Erstgerichtes sofort die volle Zuweisung, noch im Sinne der Ansicht der zweiten Instanz nur die Zuweisung des halben Forderungsbetrages erfolgen.
Das Erstgericht wird also im Umfange der Aufhebung neu über die Verteilung des Meistbotes verhandeln müssen. Dabei genügt es nicht, nur die erstatteten Anmeldungen und allfälligen Widersprüche zu protokollieren, sondern es muß festgestellt werden, welche Ansprüche an Kapital und Nebengebühren der Reihe nach zum Zuge kommen. Den Anwesenden ist also bekannt zu geben, mit welchem Betrag an Kapital, Zinsen und Kosten die einzelnen Forderungen bei der Verteilung berücksichtigt werden sollen, damit sie darüber verhandeln könne. Kommt es zu einer Einigung, so ist diese im Protokoll festzustellen; werden Widersprüche erhoben, so ist festzuhalten, von wem und aus welchen Gründen eine bestimmte Zuweisung bestritten werde (vgl. hiezu Heller-Berger-Stix 1450 f). Zu dieser ergänzenden Verteilungstagsatzung sind wiederum alle Berechtigten zu laden, ausgenommen diejenigen, welche schon durch den rechtskräftig gewordenen Teil des bisherigen Verteilungsbeschlusses voll zum Zuge kamen.
Die Differenz zwischen dem vom Rekursgericht angenommenen Meistbotsrest von S 32.205,91 und der Rückverweisung an die erste Instanz nach dem obigen Spruch im Umfang von S 32.232,90 ergibt sich daraus, daß dem Erstgericht bei der Zuweisung der Hyperocha ein Schreibfehler mit einem Differenzbetrag von S 27,-- unterlaufen ist (S 236,55 statt wie in der Auszahlungsanordnung richtig S 263,55) und im zweitinstanzlichen Beschluß ein weiterer Rechenfehler von einem Groschen entstand.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 78 EO iVm § 52 Abs 1 ZPO.
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