OGH 1Ob522/87

OGH1Ob522/8725.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Herbert L***, Beamter, geboren am 28. April 1951 in St. Veit/Glan, Siegenfeld, Gaadnerstraße 69, vertreten durch Dr. Walter Suppan, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Elfriede L***, Hausfrau, geboren am 6. April 1949 in Klagenfurt, Klagenfurt, Welzeneggerstraße 92, vertreten durch Dr. Wolf Günter Auer, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Ehescheidung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 20. Oktober 1986, GZ. 5 R 144/86-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 10. Juni 1986, GZ. 23 Cg 120/86-32, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.397,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 308,85 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind österreichische Staatsbürger. Sie schlossen am 28. November 1970 die Ehe. Aus der Ehe entstammen zwei Kinder, der am 10. Juli 1970 geborene Alexander und die am 28. Juni 1976 geborene Margot. Ende August 1981 zog der Kläger aus der in Klagenfurt gelegenen Ehewohnung aus und nahm mit Manuela M*** eine Lebensgemeinschaft auf, aus der der am 4. September 1984 geborene Sohn Markus stammt. Die Ehewohnung ist eine Dienstwohnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung. Nach dem Auszug des Klägers wurde von seinem Dienstgeber die Aufgabe der Ehewohnung, die ihm unter der Bedingung zugewiesen wurde, daß er sie persönlich benütze, verlangt. Um einen aussichtslosen Räumungsprozeß zu vermeiden, verpflichtete sich der Kläger mit gerichtlichem Vergleich vom 20. Jänner 1984, 48 C 41/84 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, die Wohnung zu räumen. Eine Räumungsexekution wurde bereits bewilligt, dem Kläger aber dann doch Räumungsaufschub bis zuletzt 31. Jänner 1986 gewährt. Die Beklagte begehrte zu 18 C 24/85 des Bezirksgerichtes Klagenfurt, den Kläger schuldig zu erkennen, ihr eine angemessene Ehewohnung zur Verfügung zu stellen. Das Verfahren wurde mit gerichtlichem Vergleich vom 17. April 1985, ON 4, beendet. In diesem Vergleich erklärte sich die Beklagte grundsätzlich bereit, bei der Beschaffung einer Ersatzwohnung über den Magistrat mitzuwirken. Sie wäre auch Vertragspartner des abzuschließenden Mietvertrages. Der Kläger verpflichtete sich, im Rahmen seiner Unterhaltspflicht die angemessenen Kosten einer solchen Wohnung zu bezahlen. Der Kläger gewährt der nicht berufstätigen Beklagten derzeit einen monatlichen Geldunterhalt von S 1.700,--; außerdem trägt er die gesamten Wohnungskosten in der Höhe von monatlich S 4.600,--. Die Ehe der Streitteile ist unheilbar zerrüttet. Der Kläger begehrt die Scheidung der Ehe nach § 55 Abs 1 EheG. Die Beklagte sprach sich gemäß § 55 Abs 2 EheG gegen die Stattgebung des Scheidungsbegehrens aus. Soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, führte sie für die nach dieser Gesetzesstelle vorzunehmende Abwägung aus, der Kläger sei nicht ernstlich bemüht, die Frage ihrer Wohnversorgung einer Regelung zuzuführen. Da die Beklagte zur Leistung des Mietzinses nicht in der Lage sei, habe ein Mietvertrag mit der Stadtgemeinde Klagenfurt nicht abgeschlossen werden können. Hilfsweise beantragte sie, gemäß § 61 Abs 3 EheG, das Verschulden des Klägers an der Zerrüttung im Urteil auszusprechen.

Das Erstgericht schied die Ehe gemäß § 55 Abs 1 EheG und stellte gemäß § 61 Abs 3 EheG fest, daß der Kläger die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet habe. Die Frage der Wohnversorgung der Beklagten und der ehelichen Kinder sei in die Interessenabwägung nicht einzubeziehen. Der Verlust der Wohnung liege außerhalb des Entscheidungs- und Verfügungsbereiches des Klägers. Sein Auszug aus der Wohnung sei ihm ohnehin als Verschulden anzulasten. Der Standpunkt der Beklagten, daß sich der Kläger um eine Ersatzwohnung bemühen solle und sie mangels ausreichender Mittel einen Mietvertrag nicht abschließen könne, sei zwar verständlich, doch sei im konkreten Fall zu berücksichtigen, daß dem Kläger die rechtliche Verfügungsgewalt über die Naturalwohnung nicht zustehe. Der Beklagten sei es zumutbar, selbst eine Ersatzwohnung zu mieten und vom Kläger die Erhöhung des an sie zu leistenden Unterhaltsbetrages zu begehren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Ihr werde auch nach der Scheidung der volle Unterhalt nach § 94 ABGB zustehen. Der Kläger werde daher im Falle der Scheidung das Wohnbedürfnis der Beklagten durch einen entsprechend höheren Unterhaltsbeitrag befriedigen müssen. Der Kläger werde daher selbst daran interessiert sein, für die Beklagte eine entsprechende Wohnung zu finden. Dadurch verliere aber der Umstand, daß die Wohnversorgung der Klägerin derzeit nicht ausreichend sichergestellt sei, an Gewicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

In ihr führt sie aus, eine besondere Härte würde sie deshalb treffen, weil der Kläger derzeit einen Geldunterhalt von monatlich S 1.700,-- bezahle und die gesamten Kosten für die Wohnung in der Höhe von monatlich S 4.600,-- trage. Wegen seiner Sorgepflichten nach der Scheidung werde er nur zu einem Gesamtunterhalt in der Höhe von monatlich S 4.000,-- verpflichtet werden können. Daraus ergebe sich, daß mit der Scheidung der Ehe eine eklatante Verschlechterung ihrer Situation eintreten werde.

Wenn auch § 69 Abs 2 EheG nur anordnet, daß für den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung § 94 ABGB gilt, nicht aber, daß der beklagte Ehegatte nach der Scheidung nicht schlechter gestellt werden dürfe als er vor der Scheidung tatsächlich gestellt war (EvBl 1981/147), übersieht die Beklagte, daß sich der Kläger mit Vergleich vom 17. April 1985, 18 C 24/85-4 des Bezirksgerichtes Klagenfurt, ausdrücklich verpflichtete, im Rahmen seiner Unterhaltspflicht die angemessenen Kosten einer Ersatzwohnung zu bezahlen. Auf Grund des bestehenden Räumungsvergleiches muß die Beklagte unabhängig vom Ausgang des Scheidungsverfahrens damit rechnen, die seinerzeitige Ehewohnung räumen zu müssen. In diesem Fall würde auch schon während aufrechter Ehe die Verpflichtung des Klägers, im Rahmen seiner Unterhaltspflicht die angemessenen Kosten einer Ersatzwohnung zu bezahlen, in Wirksamkeit treten. An dem dann anstelle des teilweisen Naturalunterhaltes tretenden Geldunterhalt wird sich durch die Scheidung nichts ändern. Die Frage der Deckung des gesetzlichen Unterhaltes ist deshalb in die Interessenabwägung nach § 55 Abs 2 EheG nicht einzubeziehen (vgl. EvBl 1982/194). Andere für die Beklagte sprechende, im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigende Gesichtspunkte macht sie im Revisionsverfahren nicht mehr geltend.

Der Revision ist der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 EheG.

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