OGH 4Ob327/87

OGH4Ob327/8724.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Kuderna, Dr. Gamerith und Dr. Maier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und Dr. Friedrich Prunbauer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Y*** R*** Vertriebsgesellschaft mbH, 5020 Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und einstweiliger Verfügung (Streitwert im Provisorialverfahren S 200.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 9. Dezember 1986, GZ 2 R 273/86-14, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 8.September 1986, GZ 13 Cg 349/86-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist ein Verein, dessen Zweck unter anderem die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ist. Mitglieder dieses Vereines sind mehrere Landesgremien, darunter auch solche für den Handel mit Parfumeriewaren. Die beklagte Partei betreibt den Versandhandel mit Parfumeriewaren in Österreich.

Eine der Aussendungen der beklagten Partei enthält auf der ersten Seite einen Warengutschein mit folgendem Text:

"Waren-Gutschein. Mein Geschenk zu Ihrem Namenstag!"; daneben ist ein Betrag von S 50,-- eingedruckt. Unterhalb davon befinden sich Anschrift und Adresse des Kunden, rechts davon die Vermerke "Innerhalb von 14 Tagen einlösbar" und "Diesen Betrag können Sie von Ihrer Bestellsumme gleich abziehen". Links neben dem Gutschein heißt es: "Nicht abtrennen, gleich mit Ihrer Bestellung einlösen!" In der Folge wird auf verschiedene Angebote, insbesondere ein "großes Einkaufsfest" und einen "Duo-Pack-Sonderpreis" mit dem Slogan "Viel bestellen - wenig bezahlen!" hingewiesen. Als P.S. scheint am Ende dieses Briefes auf Seite 1 folgender Vermerk auf: "Am 8.9. feiern Sie Ihren Namenstag, zu dem ich Ihnen heute schon gratuliere! Lösen Sie doch Ihren Gutschein innerhalb der nächsten 14 Tage ein - dann gehören Sie zu den ersten, die von diesem sensationellen Angebot profitieren." Auf der Rückseite dieses Schreibens befindet sich ein vorgedruckter Bestellschein, welcher u.a. den Vermerk enthält: "Ich bestelle innerhalb 14 Tagen und ziehe die S 50,-- meines Warengutscheines gleich von der Bestellung ab". Die S 50.-- sind auch in der letzten Rubrik als Abzugspost vom Kaufpreis eingetragen. Die klagende Partei erblickt im Vorgehen der beklagten Partei einen Verstoß gegen das Rabattgesetz. Die beklagte Partei gewähre einen Sondernachlaß aus Gründen, die in der Person des Begünstigten liegen. Zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens beantragte die klagende Partei, durch einstweilige Verfügung der beklagten Partei für die Dauer des Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr zu verbieten, an ihre Kunden "Waren-Gutscheine" zu einem bestimmten Nennbetrag, insbesondere zu einem Nennbetrag von S 50,--, auszugeben und anzukündigen, daß diese Waren-Gutscheine beim Kauf von Produkten der beklagten Partei eingelöst und von der Kaufsumme abgezogen werden können.

Die beklagte Partei beantragte den Sicherungsantrag abzuweisen und bestritt, daß ein Verstoß gegen das Rabattgesetz vorliege. Da jedermann im Laufe des Jahres einmal Namenstag feiere, erhielten alle Kunden diesen Waren-Gutschein; es liege daher weder ein Preisnachlaß noch ein Sonderpreis, sondern allenfalls eine allgemeine Preissenkung, wenn auch mit zeitlicher Staffelung, vor. Außerdem handle es sich um ein von einer Bestellung unabhängiges Geschenk, ergebe sich doch auch bei flüchtiger Betrachtung, daß der Kunde sich den Betrag von S 50,-- in Bargeld auszahlen lassen könne. Schließlich sei ein Preisnachlaß von S 50,-- jedenfalls dann zulässig, wenn der Nennbetrag von S 50,-- 3 % oder weniger der Kaufsumme ausmache.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. In der rechtlichen Beurteilung ging es neben dem eingangs wiedergegebenen bescheinigten Sachverhalt davon aus, daß alle Kunden der beklagten Partei anläßlich ihres Namenstages den Warengutschein erhielten, und vertrat die Ansicht, daß es sich bei dem Gutschein um ein von einer Bestellung unabhängiges Namenstagsgeschenk handle. Es liege kein Preisnachlaß oder Sonderpreis, sondern eine allgemeine Preissenkung vor. Darüber hinaus könne die Hingabe eines Gutscheines von S 50,-- nicht in jedem Fall verboten werden, weil eine Rabattgewährung bis zu 3 % der Kaufsumme gestattet sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge und erließ die beantragte einstweilige Verfügung; es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht ging davon aus, daß die beklagte Partei nicht bescheinigt habe, daß alle ihre Kunden an ihrem Namenstag einen derartigen Warengutschein erhielten. Daß die Klägerin selbst große Publizität der Aussendungen der Beklagten einräume, reiche für eine solche Annahme nicht aus, zumal allgemein bekannt sei, daß es Namenstage gebe, welche in keinem Kalender aufscheinen. Aus der Bezeichnung "Waren-Gutschein", dem Hinweis "Den Betrag können Sie von Ihrer Bestellsumme gleich abziehen" und der Aufforderung "Nicht abtrennen - gleich mit Ihrer Bestellung einlösen!" ergebe sich für den angesprochenen Interessenten der unzweifelhafte Eindruck, daß die S 50,-- als Nachlaß bei einer Bestellung - und nicht auch unabhängig davon - gewährt würden. Damit habe aber die beklagte Partei nicht etwa Werbegeschenke gemacht oder eine allgemeine rabattrechtlich unbedenkliche Preissenkung vorgenommen, sondern einen gesetzwidrigen Preisnachlaß im Sinne des § 1 Abs 2 RabattG angekündigt. Verbotene Rabattgewährung sei nach ständiger Rechtsprechung regelmäßig auch dann anzunehmen, wenn Gutscheine zum ermäßigten Bezug einer Ware verteilt würden. In den Genuß des Preisnachlasses von S 50,-- komme nur eine bestimmte Personengruppe, nämlich die Inhaber solcher Gutscheine. Selbst wenn die Gutscheine im Laufe des Jahres an sämtliche Kunden der beklagten Partei verteilt worden wären, vermöge dies nichts am individuellen Charakter des angekündigten Preisnachlasses zu ändern. Das Verbot des Gewährens (echter) "Sonderpreise" im Sinne des § 1 Abs 2 RabattG gelte auch dann, wenn die Voraussetzungen für einen zulässigen Barzahlungs- oder Mengennachlaß an sich gegeben wären. Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die klagende Partei beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, allenfalls ihm nicht Folge zu geben. Der Revisionsrekurs ist zwar zulässig, weil gerade auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechtes eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO auch dann vorliegen kann, wenn zu einem unbestimmten Rechtsbegriff zwar schon allgemeine, von der Rechtsprechung entwickelte Leitsätze bestehen, die konkrete Lösung des zu entscheidenden Falles sich aber daraus noch nicht ohne weiteres ergibt, sondern wegen Fehlens von Vorentscheidungen mit weitgehend gleichartigen Sachverhalten ein sorgfältiger Vergleich mit den bisher entschiedenen, nur ähnlichen Fällen vorgenommen werden muß (ÖBl 1984, 48; ÖBl 1985, 51 ua). Da zu einer vergleichbaren "Namenstagsaktion" - soweit überblickbar - bisher noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliegt, hat das Rekursgericht mit Recht den Revisionsrekurs zugelassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Verbotene Rabattgewährung ist nach ständiger Rechtsprechung (SZ 53/147; ÖBl 1984, 48; ÖBl 1985, 51 ua) auch dann anzunehmen, wenn Gutscheine zum ermäßigten Bezug einer Ware oder Leistung verteilt werden. Soweit die beklagte Partei ausführt, alle Kunden hätten an ihrem Namenstag den Gutschein erhalten, und in diesem Zusammenhang die Ansicht des Rekursgerichtes über die diesbezügliche Beweislastverteilung bekämpft, kann ihr nicht beigepflichtet werden. Abgesehen davon, daß hier - ähnlich wie bei der Alleinstellungswerbung - die Beweislast dafür, daß sämtliche Kunden an ihrem Namenstag den Gutschein erhalten, die beklagte Partei träfe, weil die klagende Partei den Gegenbeweis kaum erbringen könnte, ist dies auch für die vorliegende Entscheidung ohne Bedeutung. Eine Gleichbehandlung aller Kunden könnte nämlich nur dann angenommen werden, wenn das Warensortiment und die Preise der Waren während der ganzen Aktion gleichblieben und erstmalige Kunden der beklagten Partei, deren Namenstag im betreffenden Jahr vor ihrer ersten Bestellung liegt, diesen Rabatt gleichfalls eingeräumt erhielten. Daß dies der Fall sei, wurde jedoch von der beklagten Partei nicht behauptet.

Ebensowenig kann gesagt werden, daß nach der Art der Ankündigung davon auszugehen wäre, die Gutscheine könnten auch bar eingelöst werden, weshalb ein reines Geschenk vorliege. Nach ständiger Rechtsprechung muß der Werbende immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen (SZ 53/147; ÖBl 1982, 49; ÖBl 1985, 51 ua). Schon die Tatsache, daß der Gutschein als "Waren-Gutschein" bezeichnet ist, aber auch der übrige festgestellte Text lassen keinen Zweifel daran, daß der Empfänger nicht davon ausgehen konnte, es handle sich um einen in Geld einlösbaren Gutschein.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses der beklagten Partei gründet sich auf die §§ 78, 402 Abs 2 EO, 40, 50 ZPO, jener über die Kosten der Beantwortung des Revisionsrekurses durch die klagende Partei auf § 393 Abs 1 EO.

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