OGH 8Ob649/86

OGH8Ob649/8612.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann B***, Angestellter, Chiemgaustraße 5, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Friederike W***, Hausfrau, Dr. Salzmannstraße 8, 4600 Wels, vertreten durch Dr. Karl Margreiter, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 411.290 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 6. November 1985, GZ 1 R 242/85-19, womit infolge Berufung der klagenden und der beklagten Partei das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. Juli 1985, GZ 12 Cg 479/84-12, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet, zurückgewiesen. In diesem Umfang findet ein Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens nicht statt.

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 8.495,85 (darin Umsatzsteuer von S 772,35, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 411.290,-- s.A. im wesentlichen mit der Begründung, sie habe in dem gegen ihn zu 7 C 1427/60 des Bezirksgerichtes Salzburg anhängig gewesenen Verfahren wegen Feststellung der Vaterschaft zu ihrer unehelichen Tochter Monika als Zeugin wahrheitswidrig ausgesagt, daß sie in der kritischen Zeit nur mit ihm intime Beziehungen gehabt habe. In diesem Verfahren sei daher mit Urteil vom 14. März 1961 die Vaterschaft des Klägers zur Tochter der Beklagten festgestellt und der Kläger zur Leistung von Unterhalt an diese Tochter verurteilt worden. Ein im Jahr 1984 eingeholtes Blutgutachten habe aber dann ergeben, daß die Vaterschaft des Klägers zur Tochter der Beklagten mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Die Beklagte habe daher dem Kläger den Klagsbetrag zu bezahlen. Dieser setzt sich, wie sich insbesondere auf Grund der vom Kläger vorgelegten Aufstellung Beilage C ergibt, wie folgt zusammen:

a) Unterhaltsleistungen des Klägers

an die Tochter der Beklagten

(einschließlich der Bestellung eines

Heiratsgutes) S 233.833,--

b) Sonstige Aufwendungen des Klägers

im Zusammenhang mit seiner angeblich

fälschlich behaupteten Vaterschaft zur

Tochter der Beklagten (Anwaltskosten,

Verfahrenskosten usw.) S 47.106,--

c) Zinsen aus den vom Kläger

aufgewendeten Beträgen S 130.351,--

Die Beklagte wendete im wesentlichen ein, daß ihre Zeugenaussage im Vaterschaftsprozeß gegen den Kläger richtig gewesen sei. Die Höhe der vom Kläger behaupteten Unterhaltszahlungen werde bestritten. Er habe die behaupteten Leistungen nicht in Erwartung ihres Ersatzes durch die Beklagte erbracht und der Klagsanspruch sei verjährt. Das Erstgericht entschied (nach Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches) mit Teil- und Zwischenurteil, "daß der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich jener Zahlungen, die der Kläger auf Grund des Gesetzes für den Unterhalt der Monika B*** leistete, dem Grunde nach zu Recht besteht" (Punkt 1 des Spruches). Den "weiteren Anspruch des Klägers auf Zahlung der über den zu Punkt 1 dieses Urteiles hinausgehenden Beträge" wies es ab (Punkt 2 des Spruches).

Das Erstgericht stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte hat am 27. Juli 1960 das uneheliche Kind Monika B*** geboren. Mit einer am 23. September 1960 beim Bezirksgericht Salzburg eingebrachten Klage begehrte dieses Kind, vertreten durch das Stadtjugendamt, die Feststellung der unehelichen Vaterschaft des Johann B*** und seine Verurteilung zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrages bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes. Dazu wurde vorgebracht, daß Johann B*** der Mutter des Kindes in der Zeit von September bis November 1959 mehrmals beigewohnt habe. Johann B*** wendete ein, daß der letzte Verkehr mit der Mutter Ende September 1959 stattgefunden habe; nach den Bluteigenschaften könne er nicht der Vater des Kindes sein. Das in diesem Verfahren eingeholte serologische Gutachten führte zu dem Ergebnis, daß auf Grund der Blutgruppen- und -faktoreneigenschaften Johann B*** als Erzeuger des Kindes nicht auszuschließen sei; er könne der Vater des Kindes sein. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. März 1961 erklärte die im Vaterschaftsprozeß als Zeugin vernommene Beklagte unter Eid, daß sie mit Johann B*** im September, Oktober und November 1959 Geschlechtsverkehr gehabt habe; die letzte Regel sei am 10. Oktober 1959 eingetreten. Sie habe in der kritischen Zeit und auch sonst mit keinem anderen Mann als mit dem Beklagten intime Beziehungen gehabt, sodaß der Beklagte der Vater ihres Kindes sein müsse. Johann B*** sagte als Partei aus, er habe mit der Mutter seit längerer Zeit vor der Empfängniszeit ein intimes Verhältnis gehabt. Der letzte Geschlechtsverkehr mit ihr habe seiner Erinnerung nach Ende September oder Anfang Oktober 1959 stattgefunden. Nach Anfang Oktober 1959 habe er keine intimen Beziehungen mit der Mutter gehabt; lediglich ein einziges Mal sei es seiner Erinnerung nach am 5. November 1959 zu einem letzten Geschlechtsverkehr gekommen, wobei ihm damals die Mutter bereits ihre Vermutung über eine eingetretene Schwangerschaft mitgeteilt habe. Er erklärte weiters, daß es zwar möglich sei, daß er mit der Mutter tatsächlich auch Ende Oktober 1959 intime Beziehungen gehabt habe, doch halte er dies nicht für wahrscheinlich. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 14. März 1961, 7 C 1427/60-9, wurde Johann B*** in diesem Rechtsstreit als unehelicher Vater festgestellt und schuldig erkannt, bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes einen Unterhaltsbeitrag zu bezahlen.

Das Gericht ging dabei im wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:

Die Mutter kam während der Empfängniszeit und auch schon vorher in intime Beziehungen mit dem Beklagten, mit dem sie sich regelmäßig traf und mit dem sie in der Empfängniszeit wiederholt, so insbesondere im September, Oktober, November und am 5. und 14. Dezember 1959 intime Beziehungen hatte. Die letzte Regel hatte die Mutter am 10. Oktober 1959. In der Empfängniszeit hatte die Mutter mit keinem anderen Mann intime Beziehungen; jedenfalls konnte dafür im Verfahren ein Beweis nicht erbracht werden. Die Mutter hat die Tatsache der Schwängerung Ende 1959 dem Beklagten mitgeteilt und dieser hat seine Vaterschaft auch nicht bestritten. Nach dem eingeholten Gutachten über die Bluteigenschaften der beiden Parteien und der Mutter ergibt sich, daß der Beklagte als Erzeuger des Kindes nicht auszuschließen ist; er kann daher hinsichtlich seiner Bluteigenschaften der Vater sein.

In rechtlicher Hinsicht führte das Gericht aus, daß Johann B*** gemäß § 163 ABGB als Erzeuger der mj. Klägerin anzusehen sei. Ein Beweis, daß er trotz der Beiwohnung in der kritischen Zeit nicht der Erzeuger sein könne, sei nicht erbracht worden. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.

Der Kläger hat seine Vaterschaft zu dem Kind selbst immer bezweifelt, jedoch gelang es ihm nicht, konkrete Hinweise darauf zu finden, daß die Beklagte in der Empfängniszeit auch mit anderen Männern geschlechtlich verkehrt habe.

In den Folgejahren bezahlte der Kläger regelmäßig den gesetzlichen Unterhalt für das Kind. Im Lauf der Zeit erhöhte sich der gerichtlich festgestellte monatliche Unterhaltsbeitrag. Im Mai 1984 wurde der Kläger vom Vater der Beklagten aufgefordert, ein Heiratsgut zu leisten. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt erfuhr der Kläger, daß es neue Methoden zur Vaterschaftsfeststellung gebe. Die Tochter der Beklagten erklärte sich mit einer Blutabnahme einverstanden. Am 21. September 1984 wurden ihr und dem Kläger am Institut für gerichtliche Medizin der Universität Salzburg Blutproben abgenommen. Die durchgeführte Untersuchung führte zu dem Ergebnis, daß der Kläger nicht der leibliche Vater der Tochter der Beklagten sein kann. Ein im vorliegenden Verfahren eingeholtes sero-genetisches Gutachten des Institutes für gerichtliche Medizin der Universität Innsbruck (dabei wurde neben dem Kläger und der Tochter der Beklagten auch die Beklagte in die Untersuchung einbezogen) führte zu dem Ergebnis, "daß der Kläger von der leiblichen Vaterschaft zur Tochter der Beklagten praktisch ausgeschlossen werden kann. Der Kläger ist von der leiblichen Vaterschaft zur Tochter der Beklagten auszuschließen."

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß als Anspruchsgrundlagen § 1042 ABGB und Schadenersatz in Betracht kämen. Die vom Kläger geleisteten gesetzlichen Unterhaltszahlungen habe ihm die Beklagte gemäß § 1042 ABGB zu ersetzen, weil sie als Mutter zumindest subsidiär diesen Aufwand hätte machen müssen. Daß seitens des Klägers ein Ersatzwille nicht bestanden habe, sei von der Beklagten nicht behauptet worden. Der Anspruch nach § 1042 ABGB verjähre erst in 30 Jahren. Aus dem Titel des Schadenersatzes habe der Kläger keine Ansprüche, weil ihm der Beweis, daß die falsche Zeugenaussage der Beklagten zu seiner Verurteilung geführt habe, nicht gelungen sei. Hinsichtlich der Unterhaltszahlungen auf Grund des Gesetzes sei daher ein stattgebendes Zwischenurteil, hinsichtlich der Schadenersatzforderungen ein abweisendes Teilurteil zu fällen. Dieses Urteil wurde von beiden Streitteilen mit Berufung bekämpft.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung des Klägers keine Folge. Hingegen gab es der Berufung der Beklagten Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es mit Endurteil das Klagebegehren vollinhaltlich abwies. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO hinsichtlich des abändernden Teiles seiner Entscheidung zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte im wesentlichen aus, als Rechtsgrund für das Begehren des Klägers kämen § 1042 ABGB und Schadenersatz in Betracht.

§ 1042 ABGB sei nicht anwendbar, wenn der Aufwendende infolge eigener Rechts- oder Vertragspflicht an den Dritten zu leisten gehabt habe. Der Kläger sei mit Urteil als unehelicher Vater der Tochter der Beklagten festgestellt. Gemäß Art. X § 3 Abs. 1 UeKindG, BGBl. 1970/342, wirke eine Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind durch Urteil, das vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1.7.1971) rechtskräftig geworden sei, auch für die Vergangenheit gegenüber jedermann. Das so begründete Statusverhältnis bleibe bestehen, solange das Urteil nicht auf einem gesetzlich vorgesehenen Weg (§§ 529, 530 ZPO) beseitigt sei. Daraus folge, daß der Kläger nach wie vor als Vater der Tochter der Beklagten gelte. Seiner Behauptung, daß das Kind nicht von ihm stamme, obwohl er rechtskräftig als unehelicher Vater festgestellt worden sei, komme solange keine rechtliche Bedeutung zu, als dieses Urteil aufrecht sei. Als Vater des Kindes habe er die Unterhaltsleistungen auf Grund seiner sich aus dem Gesetz ergebenden Unterhaltspflicht erbracht. Diesen Aufwand habe er nicht "für einen anderen" gemacht. Damit scheide die Anwendung des § 1042 ABGB für die Rückforderung derjenigen Beträge von der Beklagten, die vom Kläger als Unterhalt geleistet worden seien, aus. Für jene Beträge, die keine Unterhaltsleistungen an das Kind darstellten, wie Zinsen, Kosten und Sachverständigengebühren, komme § 1042 als Anspruchsgrund ohnedies nicht in Betracht.

Richtig sei, daß unter Umständen die Mutter eines Kindes demjenigen, der in der irrtümlichen Annahme, der Vater zu sein, Unterhaltsleistungen erbracht oder andere Aufwendungen getätigt habe, diese aus dem Titel des Schadenersatzes rückzuerstatten habe, doch setze dies ein rechtswidriges, schuldhaftes und kausales Verhalten der Mutter voraus. Aus den getroffenen Feststellungen folge, daß die Beklagte im Vaterschaftsprozeß vor dem Bezirksgericht Salzburg objektiv falsch ausgesagt habe, weil praktisch, das heißt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehe, daß der Beklagte als Vater der Tochter der Beklagten auszuschließen sei. Auf Grund der gegebenen Umstände sei anzunehmen, daß die Beklagte bei ihrer Aussage auch gewußt habe, daß sie innerhalb der nach § 163 ABGB maßgeblichen Zeit auch mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt habe und daß sie dies als Zeugin bestritten habe. Zumindest sei zugrundezulegen, daß sie mit der Möglichkeit, daß ihre Aussage falsch sei, ernstlich gerechnet, sich aber damit abgefunden habe. Habe die Beklagte als Zeugin falsch ausgesagt, so habe sie damit ein Schutzgesetz im Sinne des § 1311 ABGB verletzt. Es sei ihr daher der Beweis oblegen, daß der Schaden auch im Falle vorschriftsmäßigen Verhaltens, das heißt ihrer wahrheitsgemäßen Aussage, ebenso eingetreten wäre.

Dieser Beweis sei der Beklagten gelungen. Nach der Bestimmung des § 163 (alt) ABGB habe die Vaterschaftsvermutung für den Mann gegolten, welcher der Mutter des Kindes innerhalb der kritischen Zeit beigewohnt habe. Dem Beklagten sei sodann der Beweis zur Entkräftung dieser Vaterschaftsvermutung oblegen. Ein solcher Beweis sei auch nach der früheren Rechtslage zulässig, aber nur sehr schwer zu erbringen gewesen. Der im Vaterschaftsprozeß Beklagte, der innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit der Mutter des klagenden Kindes beigewohnt habe, habe nämlich beweisen müssen, daß die Zeugung des Kindes durch ihn unmöglich oder in so hohem Grad unwahrscheinlich war, daß die Annahme der Möglichkeit dem Stand der menschlichen Erfahrungen und Kenntnisse widerspräche. Eine Widerlegung der Vaterschaftsvermutung durch den Nachweis, daß die Vaterschaft eines anderen Mannes, auf den die Vermutung des § 163 ABGB gleichfalls zutraf, wahrscheinlicher sei, sei dem alten Recht fremd gewesen. Der Kläger sei im Vaterschaftsverfahren nicht auf Grund der Aussage der Beklagten, sie habe während der kritischen Zeit mit keinem anderen Mann intime Beziehungen gehabt, als Vater festgestellt worden, sondern nur deshalb, weil er in der kritischen Zeit der Mutter beigewohnt habe und ihm der Beweis, daß er trotz Beiwohnung innerhalb dieser Zeit nicht der Erzeuger sein könne, nicht gelungen sei. Selbst wenn die Beklagte im Vaterschaftsverfahren ausgesagt hätte, sie habe auch mit weiteren Männern während der kritischen Zeit geschlechtlich verkehrt, ja selbst wenn sie deren Namen genannt hätte, hätte dies nichts daran geändert, daß der Beklagte damals als unehelicher Vater der Tochter der Beklagten festgestellt worden wäre.

Es könne aber auch nicht gesagt werden, daß der Kläger, hätte er bei einer wahrheitsgemäßen Zeugenaussage der Beklagten von einem Mehrverkehr gewußt, allenfalls später erfolgreich eine Wiederaufnahmsklage hätte einbringen können. Selbst in einer Wiederaufnahmsklage nach Inkrafttreten des UeKindG hätte der Einwand des Mehrverkehrs nicht als Wiederaufnahmsgrund geltend gemacht werden können, weil sich gemäß Art. X § 2 Abs. 1 UeKindG auch für solche Klagen Voraussetzungen und Verfahren nach dem bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Recht bestimmt hätten, wenn das wiederaufzunehmende Verfahren nach den früher geltenden Vorschriften abgewickelt worden sei. Der Kläger habe im seinerzeitigen Vaterschaftsverfahren von Beginn an seine Vaterschaft bestritten. Ein bereits in jenem Verfahren mögliches Gutachten über den Reifegrad des Kindes bei der Geburt habe er jedoch nicht beantragt. Einen Antrag auf Einholung eines anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens habe der Kläger im Vaterschaftsprozeß wegen des Alters des Kindes nicht gestellt. Trotz Bedenken gegen seine Vaterschaft habe er auch keine Wiederaufnahmsklage eingebracht, nachdem die Einholung eines derartigen Gutachtens möglich gewesen wäre. Hinsichtlich der Blutmerkmale hätte ein Fortschritt in den Untersuchungsmethoden wohl auch keinen Wiederaufnahmsgrund dargestellt. Daß er in Kenntnis eines Mehrverkehrs der Mutter eine Wiederaufnahme des Verfahrens angestrebt hätte, behaupte der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit nicht.

Da somit die Kausalität zwischen der unrichtigen Aussage der Beklagten im Vaterschaftsverfahren und der Feststellung des Klägers als Vater ihrer Tochter zu verneinen sei, könne das Klagebegehren auch nicht auf den Titel des Schadenersatzes gegründet werden. Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung begründete das Berufungsgericht damit, daß es sich bei den zu lösenden Rechtsfragen um solche im Sinne dieser Gesetzesstelle handle.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision des Klägers. Er bekämpft sie aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, "daß dem Klagebegehren dem Grunde nach vollinhaltlich stattgegeben werde"; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision des Klägers keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in seinem in dieser Rechtssache ergangenen Beschluß vom 10. Juli 1986, 8 Ob 535/86, auf dessen Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen im einzelnen verwiesen werden kann, ausführlich dargestellt, daß die Entscheidung des Berufungsgerichtes, soweit sie den Abspruch über die Refundierung der vom Kläger an die Tochter der Beklagten erbrachten Unterhaltsleistungen betrifft, eine abändernde, soweit sie aber den Abspruch über die übrigen Ansprüche des Klägers betrifft, eine bestätigende Entscheidung ist und daß der von der bestätigenden Entscheidung des Berufungsgerichtes betroffene Wert des Streitgegenstandes, da die im Klagebegehren enthaltene Zinsenforderung außer Betracht zu bleiben hat, nur S 47.106,-- beträgt. Gemäß § 502 Abs. 3 ZPO ist daher die vorliegende Revision, soweit sie sich gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet, als unzulässig zurückzuweisen. Ein Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens hat in diesem Umfang gemäß den §§ 41, 50 ZPO nicht zu erfolgen, und zwar an den Kläger nicht, weil sein Rechtsmittel in diesem Umfang unzulässig war, an die Beklagte nicht, weil sie den vorliegenden Zurückweisungsgrund nicht in ihrer Revisionsbeantwortung geltend machte.

Im übrigen (gegen den abändernden Teil der Entscheidung des

Berufungsgerichtes) ist die Revision zulässig, weil es sich bei den

zu lösenden Rechtsfragen um solche im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO

handelt; sachlich kommt ihr allerdings keine Berechtigung zu.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens

liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Der Kläger versucht in seiner Revision darzutun, daß seine gegen

die Beklagte erhobene Forderung - zu erörtern ist nur mehr die

Forderung auf Refundierung der an die Tochter der Beklagten erbrachten Unterhaltsleistungen - sowohl auf die Vorschrift des § 1042 ABGB als auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt werden könne.

Gemäß § 1042 ABGB hat, wer für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, das Recht, den Ersatz zu fordern. Erfüllt der Zahlende aber nur eine eigene Schuld, dann ist diese Gesetzesbestimmung nicht anwendbar (vgl. Rummel in Rummel, ABGB, § 1042 Rz 3).

In der in der Revision zitierten in SZ 27/175 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wurde sinngemäß der Rechtsstandpunkt vertreten, daß ein fälschlich als unehelicher Vater festgestellter und zur Unterhaltsleistung an das Kind verurteilter Mann die von ihm an das Kind erbrachten Unterhaltsleistungen nach § 1042 ABGB von der Mutter des Kindes zurückfordern könne, allerdings erst nach Beseitigung des gegen ihn im Vaterschaftsprozeß ergangenen verurteilenden Erkenntnisses (dort im Wege der Wiederaufnahmsklage). In der Rechtsprechung wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß ein zu Unrecht als unehelicher Vater urteilsmäßig festgestellter und zur Unterhaltsleistung an das Kind verurteilter Mann die von ihm an das Kind erbrachten Unterhaltsleistungen im Sinne des § 1042 ABGB nur dann vom wahren Vater des Kindes zurückverlangen kann, wenn das gegen ihn im Vaterschaftsprozeß ergangene Urteil beseitigt ist (DREvBl. 1941, 342; 7 Ob 85/56; SZ 34/102).

Diese Erwägungen erscheinen auch im vorliegenden Fall entscheidend.

Das gegen den Kläger im Vaterschaftsprozeß ergangene Urteil ist nach wie vor aufrecht. Gemäß § 163 dABGB wirkt die Feststellung der Vaterschaft gegenüber jedermann; dies gilt gemäß Art. X § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, BGBl. 1970/342, auch für vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtskräftig gewordene Urteile. Aus welchen Gründen der Kläger jeden Versuch unterließ, dieses gegen ihn ergangene Urteil zu beseitigen, ist in diesem Zusammenhang nicht zu untersuchen. Entscheidend ist nur, daß dieses Urteil nach wie vor aufrecht ist. Es kann infolge Ablaufes der im § 534 Abs. 3 ZPO normierten Frist nicht mehr im Wege einer Rechtsmittelklage beseitigt werden. Der Anregung des Klägers, die Überprüfung der Verfassungsgemäßheit dieser Gesetzesbestimmung beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen, ist schon deswegen nicht zu folgen, weil sie für den vorliegenden Rechtsstreit nicht präjudiziell ist.

Der Kläger hat unter diesen Umständen durch die Zahlung von Unterhalt an das Kind der Beklagten nur seine eigenen auf Grund des gegen ihn im Vaterschaftsprozeß ergangenen nach wie vor aufrechten Urteiles erfließenden Verpflichtungen erfüllt, nicht aber eine fremde Schuld beglichen. Solange dieses Urteil aufrecht besteht, kann daher der Kläger Ansprüche gegen die Beklagte auf Refundierung von ihm an ihre Tochter geleisteter Unterhaltszahlungen nicht mit Erfolg auf § 1042 ABGB stützen. Denn dies liefe darauf hinaus, das gegen ihn im Vaterschaftsprozeß ergangene Urteil unwirksam zu machen, was nach Versäumung des ihm von der Rechtsordnung gewährten Verteidigungs- und Rechtsmittel nicht möglich ist. Solange dieses Urteil nicht beseitigt ist, ist der Kläger gegenüber der Tochter der Beklagten als Unterhaltspflichtiger anzusehen; er hat durch die von ihm erbrachten Unterhaltsleistungen nur seine eigene Zahlungspflicht erfüllt.

Auf § 1042 ABGB kann er daher sein Begehren auf Refundierung dieser Unterhaltsleistungen durch die Beklagte nicht mit Erfolg stützen.

Aber auch der Rechtsgrund des Schadenersatzes trägt dieses Begehren nicht.

Nach der Rechtsprechung kann in einer falschen Zeugenaussage die Verletzung eines Schutzgesetzes im Sinne des § 1311 ABGB erblickt werden, die einen Schadenersatzanspruch des dadurch Geschädigten (etwa des infolge dieser Zeugenaussage zu Unrecht Verurteilten) begründen kann (vgl. SZ 54/142). Dies setzt aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, voraus, daß diese Schutzgesetzverletzung für den eingetretenen schädlichen Erfolg überhaupt kausal war bzw. daß nicht der gleiche Erfolg auch dann eingetreten wäre, wenn sich der Schädiger rechtmäßig verhalten hätte (SZ 41/43; SZ 44/187; SZ 45/32; SZ 54/142 uva). Ergibt sich dies bereits aus den Behauptungen des Klägers, dann bedarf es keines ausdrücklichen Einwandes der Beklagten in dieser Richtung. Selbst wenn man das Vorliegen einer bewußt unrichtigen Zeugenaussage der Beklagten im Vaterschaftsprozeß bezüglich eines ihr anzulastenden Mehrverkehrs voraussetzt, ist daraus nichts zu Gunsten des Klägers abzuleiten. Es handelt sich ja nicht darum, daß etwa der Kläger durch eine bewußt wahrheitswidrige Aussage der Beklagten zu einem Vaterschaftsanerkenntnis veranlaßt worden wäre (in derartigen Fällen wurde in der Judikatur eine Schadenersatzpflicht der Mutter bejaht; SZ 30/40 ua.); er hat die Vaterschaft zur Tochter der Beklagten im Vaterschaftsprozeß bestritten und hat seine Vaterschaft zur Tochter der Beklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen immer bezweifelt. Für seine Verurteilung im Vaterschaftsprozeß war nach der damaligen Rechtslage überhaupt nicht entscheidend, ob die Beklagte während der gesetzlichen Vermutungsfrist auch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr hatte, sondern einzig und allein der Umstand, daß der Kläger, wie er selbst zugab, mit der Beklagten innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist geschlechtlich verkehrte und daß es ihm nicht möglich war, den nach der damaligen Rechtslage erforderlichen Beweis der Unmöglichkeit der Zeugung des Kindes durch ihn zu erbringen. Die Erbringung dieses Beweises durch ein serologisches Gutachten (nach dem damaligen Stand der Wissenschaft) hat der Kläger im Vaterschaftsprozeß versucht; dieser Versuch blieb erfolglos. Wenn er sonstige damals mögliche naturwissenschaftliche Beweise (Tragzeitgutachten etc.) nicht ausschöpfte, hat er sich dies ausschließlich selbst zuzuschreiben. Wenn ihn die Behauptung der Beklagten, sie habe innerhalb der Vermutungsfrist mit keinem anderen Mann geschlechtlich verkehrt, nicht davon abhielt, ein serologisches Gutachten zum Nachweis der Unmöglichkeit seiner Vaterschaft zu beantragen, dann ist nicht erkennbar, warum ihn diese Behauptung von der Ausschöpfung anderer Beweismittel abhalten hätte sollen. Das gleiche gilt auch von einer (allerdings erst später im Zuge eines Wiederaufnahmeverfahrens möglich gewordenen) erbbiologisch-anthropologischen Begutachtung, bei der es im übrigen nach der damaligen Rechtslage nicht darauf angekommen wäre, ob die Vaterschaft eines anderen Mannes zur Tochter der Beklagten wahrscheinlicher gewesen wäre als die des Klägers, sondern nur darauf, ob dieses Beweismittel für die erforderliche Widerlegung den gegen den Kläger sprechenden Vaterschaftsvermutung ausgereicht hätte. Abgesehen davon, daß weder behauptet wurde noch feststeht, daß diese Beweismittel zur Widerlegung der gegen den Kläger sprechenden Vaterschaftsvermutung im Sinne der alten Fassung des § 163 ABGB hingereicht hätten, war der Kläger selbst durch eine bewußt wahrheitswidrige Behauptung der Beklagten, in der gesetzlichen Vermutungsfrist mit keinem anderen Mann als mit ihm geschlechtlich verkehrt zu haben, in keiner Weise gehindert, die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel auszunützen, zumal er nach den Feststellungen der Vorinstanzen weiterhin seine Vaterschaft zur Tochter der Beklagten bezweifelte. Daß die Aussage der Beklagten ihn dazu veranlaßt hätte, von der Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel für die Unmöglichkeit seiner Vaterschaft abzustehen, hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht einmal behauptet. Unter den tatsächlich gegebenen Umständen hätte sich an der Verurteilung des Beklagten im Vaterschaftsprozeß aber auch dann nichts geändert, wenn die Beklagte dort ausgesagt hätte, daß sie innerhalb der gesetzlichen Vermutungsfrist nicht nur mit dem Kläger verkehrte.

Unter diesen Umständen ist die Kausalität einer falschen Aussage der Beklagten im Vaterschaftsprozeß darüber, daß sie während der gesetzlichen Vermutungsfrist nur mit dem Kläger geschlechtlich verkehrt habe, für die Verurteilung des Klägers in diesem Vaterschaftsprozeß und die damit dem Kläger aufgebürdete Unterhaltspflicht für die Tochter der Beklagten zu verneinen bzw. muß davon ausgegangen werden, daß auch dann, wenn die Beklagte im Vaterschaftsprozeß ausgesagt hätte, während der Vermutungsfrist auch mit anderen Männern verkehrt zu haben, der Kläger in diesem Rechtsstreit verurteilt worden wäre. Wenn es der Kläger versäumte, im Vaterschaftsprozeß selbst oder im Zuge eines möglichen Wiederaufnahmsverfahrens (erbbiologisch-anthropologische Untersuchung) weitere mögliche Beweismittel auszuschöpfen, so wurde dieses Versäumnis weder durch die Aussage der Beklagten im Vaterschaftsprozeß veranlaßt noch steht fest, daß solche Beweismittel zum Ausschluß der Vaterschaft des Klägers zur Tochter der Beklagten geführt hätten.

Das Berufungsgericht hat somit ohne Rechtsirrtum die Berechtigung des Begehrens des Klägers gegenüber der Beklagten auf Refundierung der an die Tochter der Beklagten erbrachten Unterhaltsleistungen auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes verneint. Der Revision des Klägers muß daher, soweit sie sich gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet, ein Erfolg versagt bleiben.

Soweit über die Revision des Klägers meritorisch abgesprochen wurde, beruht die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens auf den §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte