OGH 2Ob571/86

OGH2Ob571/8610.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred Z***, Tischler, Plesching 30, 4040 Linz, vertreten durch Dr. Eckhard Tasler, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei SBL S*** L*** Gesellschaft m.b.H., Huemerstraße 3-5, 4020 Linz, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwälte in Linz, sowie die Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1.) Friedrich L***, Angestellter,

Gruberstraße 66, 4020 Linz, 2.) E*** L*** S***-C*** P***-H***, Johann Wilhelm Kleinstraße 51, 4045 Linz, beide vertreten durch Dr. Manfred Meyndt, Dr. Dominikus Schweiger, Rechtsanwälte in Linz, wegen 150.000 S und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei und der Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4. Februar 1985, GZ 2 R 162/85-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Dezember 1985, GZ 5 Cg 35/83-27, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Revisionen wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt wird.

Der Kläger hat der beklagten Partei die mit S 11.735,20 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 943,20 Umsatzsteuer und S 1.360,-- Barauslagen) und die mit S 9.105,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 565,95 Umsatzsteuer und S 2.880,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Kläger hat weiters den Nebenintervenienten die mit S 11.735,20 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin enthalten S 943,20 Umsatzsteuer und S 1.360,-- Barauslagen) sowie die mit S 5.953,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 541,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 9. Dezember 1965 geborene Kläger wurde am 1. Februar 1980 als Teilnehmer eines vom E*** L*** S***-C*** P***-H*** in dem von der beklagten Partei betriebenen "Parkbad" durchgeführten Schwimmtrainings durch eine von einem Wasserball getroffene, zerborstene und sodann aus der Dachkonstruktion gefallene Glasplatte am linken Unterschenkel schwer verletzt. Er leitet sein Schadenersatzbegehren betreffend ein Schmerzengeld von (zuletzt) S 150.000,-- sowie die Feststellung einer Haftung der beklagten Partei für seine künftigen Unfallschäden aus den Bestimmungen des ABGB insbesondere auch dem § 1319 ABGB sowie den "analog anzuwendenden Bestimmungen über die Verkehrssicherungspflicht" ab. Der beklagten Partei sei aus früheren Vorfällen bekannt gewesen, daß durch an das über dem Kinderbecken befindliche Glasdach geworfene Gegenstände Glasscheiben zerbrechen und herunterfallen könnten. Dennoch habe sie keine Abhilfemaßnahmen getroffen. Nach der Auffassung des Verkehrs wäre sie verpflichtet gewesen, in der Dachkonstruktion Spezial- oder Kunststoffgläser einzusetzen. Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie habe so wie mit anderen Vereinen auch mit dem E*** L*** S***-C*** P***-H*** Vereinbarungen getroffen, wonach die Einhaltung der allgemein und besonders bekanntgemachten, auch ein Ballspielverbot enthaltenden Badeordnung durch die von den Vereinen zu stellenden Aufsichtspersonen zu überwachen sei. Entgegen diesem auch mit zwei Schreiben an den vorgenannten Schwimm-Club ausgesprochenen Verbot hätten zur Unfallszeit das Bad allein benützende, unter Aufsicht des Trainers Friedrich L*** stehende Mitglieder dieses Clubs im Kinderbecken Ball gespielt, wobei eine Glastafel beschädigt worden sei und den Kläger verletzt habe. Die beklagte Partei hafte nach Punkt 12 der Badeordnung nur für vorsätzliches und grob fahrlässiges Verhalten ihrer Aufsichtsorgane, welche im Sinne der getroffenen Vereinbarungen im Unfallszeitpunkt gar nicht anwesend gewesen seien. Hinsichtlich der Ausdehnung des Schmerzengeldbegehrens werde Verjährung und im übrigen ein Mitverschulden des Klägers eingewendet. Auf Seiten der beklagten Partei traten Friedrich L*** und der E*** L*** S***-C*** P***-H*** dem Rechtsstreit als Nebenintervenienten bei. Sie brachten vor, Friedrich L*** habe am Unfallstag um ca. 19 Uhr 30 das offizielle Training mit den 10 bis 12 anwesenden, ca. 12- bis 15-jährigen Kindern beendet und ihnen erlaubt, im Hauptbecken mit dem Wasserball "einzuschießen". Während er sich zur Brause begeben habe, sei es zum Unfall gekommen, nachdem die Kinder entgegen seinem ausdrücklichen Verbot im Kinderbecken Wasserball gespielt hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Klagsstattgebung ab. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von S 300.000 nicht übersteige und daß die Revision zulässig sei.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil wenden sich die Revisionen der beklagten Partei und der Nebenintervenienten. Sie beantragen Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils. Hilfsweise stellt die beklagte Partei einen Aufhebungsantrag, die Nebenintervenienten stellen dagegen in eventu den Antrag "das Mitverschulden des Klägers mit 3 : 1 zu seinen Ungunsten festzusetzen."

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, den Revisionen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind gerechtfertigt.

Außer Streit steht, daß der Kläger am 1. Februar 1980 als Mitglied oder Kunde des E*** L*** S***-C*** P***-H*** ein von diesem in der Zeit von 18 Uhr 30 bis 19 Uhr 30 im Hauptbecken des von der beklagten Partei betriebenen "Parkbades" abgehaltenes Schwimmtraining besuchte. Die beklagte Partei hat mit dem vorgenannten Verein sowie mit anderen Vereinen aufgrund von Absprachen zwischen dem Stadt-Sportausschuß und dem Schul- und Sportamt der Stadt Linz Verträge abgeschlossen, wonach sie diesen Vereinen ihre Anlage zu den jeweils vereinbarten Zeiten entgeltlich zur Verfügung stellt, wobei das Bad für anderes Publikum gesperrt bleibt. Während des vorgenannten Trainings am 1. Februar 1980 hielt sich also "ausschließlich der E*** L*** S***-C*** P***-H***" in der Anlage des Parkbades auf. Bei den seinerzeitigen Vertragsabsprachen mit den Vereinen und damit auch dem letztgenannten Verein wurde ausdrücklich vereinbart, daß während des jeweiligen Schwimmtrainings keinerlei Aufsicht durch das Bäderpersonal der beklagten Partei erfolgt, weil diese Vereine nicht bereit waren, die Kosten einer solchen Aufsicht zu übernehmen. Demgemäß wurde ausdrücklich vereinbart, daß während der gesamten Benützung der Anlage des Parkbades die Vereine selbst das Aufsichtspersonal zu stellen haben. Das Benützungsrecht des E*** L*** S***-C*** P***-H*** erstreckte sich auf den gesamten Schwimmbereich einschließlich Kinderbecken, Kabinenanlagen, Toiletten für Haupt- und gesondert für Kinderschwimmbecken usw. Zwischen dem Hauptbecken und dem Kinderbecken befindet sich eine Mauer mit einer Türe, die zur Unfallszeit nicht versperrt war. Sowohl in der Schwimmhalle (= Hauptbecken) als auch beim Kinderbecken war eine Tafel mit der Aufschrift "Ballspielen verboten" deutlich sichtbar angebracht. Die Dachabdeckung befindet sich über dem Kinderbecken in einer Höhe von 4,2 bis 4,5 m und besteht aus Kathedralglas-Tafeln im Ausmaß von 0,5 x 0,5 m mit einer Stärke von 0,5 cm.

Diese Außerstreitstellungen ergänzte das Erstgericht im wesentlichen durch nachfolgende Sachverhaltsfeststellungen: Die aus Kathedralglas-Tafeln innerhalb einer Eisenkonstruktion bestehende Glasdecke über dem Kinderbecken des "Parkbades" stammt aus dem Jahre 1930. Nach dem vorliegenden Bescheid vom 1. April 1930 wurde damals die Betriebs- und Benützungsbewilligung erteilt, seither ist anläßlich behördlicher Besichtigungen keine Beanstandung erfolgt. Die beklagte Partei sah keinen Anlaß, etwas zu ändern, weil beim normalen Badebetrieb wegen der ständigen Anwesenheit eines ihrer Aufseher Beschädigungen durch verbotenes Ballspiel ausgeschlossen erschienen. Der E*** L*** S***-C*** P***-H*** (im folgenden kurz "Schwimm-Club" genannt) hatte sich im Rahmen des mit ihm geschlossenen Benützungsvertrages verpflichtet, für die Einhaltung der Bestimmungen der Badeordnung durch die Trainingsteilnehmer zu sorgen. Das Ballspielverbot bezog sich auf das gesamte Schwimmbad, dem Wasserballtraining im Hauptbecken hatte die beklagte Partei zugestimmt. Die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Schwimmbetrieb und die pflegliche Behandlung der Anlagen wurde durch die Benützungsvereinbarung auf den Schwimm-Club überbunden. Dieser hatte in eigener Verantwortung durch von ihm gestellte Trainer die Beaufsichtigung des Schwimmbadbetriebes vorzunehmen, d.h. die Agenden eines Badeaufsehers hinsichtlich aller Trainingsteilnehmer, sämtlicher benützbaren Räumlichkeiten (auch Kinderbecken) und für die gesamte Benützungsdauer (auch noch nach Beendigung des offiziellen Trainings) wahrzunehmen. Vor Einlaß der Mitglieder des Schwimm-Clubs wurde von Bediensteten der beklagten Partei immer überprüft, ob auch eine verantwortliche Person des Schwimm-Clubs anwesend war, dessen Name wurde festgehalten. Ab diesem Zeitpunkt hatte diese Person, der Trainer, für einen ordentlichen Schwimmbetrieb zu sorgen. Der Schwimmbeckenaufseher der beklagten Partei verläßt am Ende der normalen Öffnungszeiten das Parkbad, er ist also während des Trainings des Schwimm-Clubs nicht mehr anwesend. Vor dem gegenständlichen Unfall war es wiederholt zur Mißachtung der Badeordnung und zum Zerschlagen von Teilen der Glasdecke im Bereiche des Kinderbeckens durch Vereinsmitglieder des Schwimm-Clubs im Rahmen von Veranstaltungen dieses Vereines gekommen. Die beklagte Partei wies daher den Vorstand dieses Schwimm-Clubs mit Schreiben vom 28. August 1978 und 23. November 1978 auf die diesbezüglichen vertraglichen Verpflichtungen des Vereins hin. Es war auch schon vor dem Unfall zu einer Besprechung zwischen Vertretern der beklagten Partei und dem Schwimm-Club gekommen, um Vorfällen der genannten Art vorzubeugen. Der Kläger hatte am Training mit Zustimmung des Trainers Friedrich L*** teilgenommen. Dieser erlaubte nach Beendigung des offiziellen Trainings den 12- bis 15-jährigen Trainingsteilnehmern noch, im großen Becken das Schußtraining fortzusetzen, und begab sich selbst in die Duschanlage. Zuvor wies er den damals 14 Jahre alten Kläger noch darauf hin, nicht mit dem großen Ball in das Kinderbecken zu gehen. Auch die anderen Kinder hatte er zuvor immer wieder darauf aufmerksam gemacht, daß das Ballspielen im Bereich des Kinderbeckens verboten sei. Dennoch begab sich der Kläger und ein anderer Bub in das Kinderbecken und sie spielten dort mit einem tischtennisgroßen Gummiball. In der Folge kamen noch einige andere Jugendliche mit dem großen Wasserball nach und spielten auch im Kinderbecken mit den Bällen. Nachdem der Kläger den kleinen Ball vom Bassin heraus auf Roland S*** geschossen hatte, entschloß sich dieser "zur Revanche" und wollte den großen Ball mit dem Fuß - sein Handschuß war nicht scharf genug - auf die gegenüberliegende Wand schießen und den Kläger indirekt treffen. Der Ball ging nicht in diese Richtung, sondern in die Höhe und gegen eine Glastafel, welche hiedurch zerbrach und in das Kinderbecken fiel, wobei Glasstücke den Kläger am linken Unterschenkel trafen. Hiedurch wurde die Muskelloge seines linken Schien- und Wadenbeinmuskels durchtrennt. Der Kläger mußte nach einer Wundvernähung rund sechs Wochen im Krankenhaus bleiben, wobei es bis zum Abheilen zu verschiedenen Komplikationen kam. Seit 6. September 1984 sind die verbleibenden Dauerfolgen von Restlähmungen und Sensibilitätsstörungen mit 15 % anzunehmen. Sowohl bei der Ausübung seines Berufes als Tischler als auch bei der Sportausübung ist der Kläger hiedurch beeinträchtigt. Er erlitt 10 bis 12 Tage starke Schmerzen, drei bis vier Wochen mittelstarke Schmerzen und drei bis vier Monate leichte Schmerzen. In seiner rechtlichen Beurteilung schloß das Erstgericht eine Haftung der klagenden Partei nach § 1319 ABGB aus, weil die Ursache des Herabfallens der Glasplatte nicht in einer mangelhaften Beschaffenheit des Werkes, sondern in einem von außen kommenden Ereignis gelegen sei. Der Zweck einer über 4 m hoch gelegenen gläsernen Deckenverkleidung bestehe nicht darin, dagegen geschleuderten Gegenständen standzuhalten. Aber auch die schuldhafte Verletzung einer Verkehrsicherungspflicht durch die beklagte Partei sei zu verneinen. Die beklagte Partei habe Vorkehrungen gegen solche Beschädigungen getroffen, indem sie ein generelles Ballspielverbot im Kinderbecken erlassen, solcherart vor der Gefahr gewarnt und Aufsichtspersonen zur Überwachung dieser Vorschriften bestellt habe. Die Teilnehmer am gegenständlichen Schwimmkurs hätten das Verbot auch gekannt. Bei widmungswidriger Benützung trete keine Haftung des Verkehrssicherungspflichtigen ein. Zwar müsse hinsichtlich Kindern, welchen die entsprechende Einsichtsfähigkeit fehle, um sie vor Schaden selbst zu bewahren, eine Überwachung Platz greifen. Diese Überwachungspflicht sei hier aber zulässigerweise auf den Schwimm-Club überbunden und diesbezüglich eine Prüfung der verantwortlichen Person am Beginn des jeweiligen Schwimmtrainings vorgenommen worden. Den Vertretern des Schwimm-Clubs sei die Gefahrenquelle auch bekannt gewesen. Ein Auswahlverschulden sei nicht behauptet und bewiesen worden. Somit habe die beklagte Partei alle von ihr vernünftigerweise, d.h. nach Auffassung des Verkehrs und nach der Lage der Umstände, zu erwartenden Schutzpflichten erfüllt. Es würde eine Überspannung des geforderten Sorgfaltsmaßstabes bedeuten, wollte man eine teure Veränderung der Glasdeckenkonstruktion verlangen.

Das Berufungsgericht hielt die Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers nicht, dagegen dessen Rechtsrüge für gerechtfertigt. Den erstgerichtlichen Schlußfolgerungen könne sich das Berufungsgericht insoweit nicht anschließen, als wegen der Zulässigkeit der Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf andere Personen und im Zusammenhalt mit der Frage des Auswahlverschuldens eine Haftung der beklagten Partei verneint worden sei. Trotz der Überbindung der Aufsichtspflicht könne eine Haftung des ursprünglich Verkehrssicherungspflichtigen aus eigenem Verschulden zur (Mit-)Haftung führen. Grundsätzlich bestünden gegen eine solche Pflichtenüberbindung hier zwar keine Bedenken, weil die Aufrechterhaltung eines Badebetriebes für Sportler ansonsten mit unverhältnismäßig hohen Aufsichtskosten verbunden gewesen sei, was weder im Interesse der Sportvereine noch in jenem der Allgemeinheit liege. Dies bedeute allerdings nicht, daß die beklagte Partei jeglicher Verpflichtung enthoben worden sei, insbesondere dann nicht, wenn es zu Anständen und zu offensichtlicher Mißachtung der Vereinbarungen über die Aufsicht und Benützung der Anlage und dadurch zur Gefährung der Benützer gekommen sei. Nach den aufgetretenen Zwischenfällen seien zwar zwei Schreiben ergangen bzw. eine Besprechung zwischen Vertretern der beklagten Partei und des Schwimm-Clubs erfolgt, konkrete Maßnahmen seien aber nicht gesetzt worden. Unter den gegebenen Umständen sei es Aufgabe und Pflicht der beklagten Partei gewesen, dafür Sorge zu tragen, daß der Schwimm-Club seiner Sicherungspflicht nachkomme, gegebenenfalls hätte dieser vom Trainingsbetrieb ausgeschlossen oder auf dessen Kosten Aufsichtspersonal beigestellt, allenfalls das Kinderbecken gesperrt werden müssen. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse entsprechende Maßnahmen setzen, wenn wiederholte Vorkommnisse auf eine Gefährdung der Benützer der Anlage hinwiesen. Somit treffe die beklagte Partei ein eigenes, auch aus § 1315 ABGB ableitbares Verschulden. Auf ihre vertraglichen Haftungsausschlüsse könne sie sich nach redlicher Verkehrssitte gegenüber dem überdies minderjährigen Kläger nicht berufen. Da unter Werk im Sinne des § 1319 ABGB jeder künstliche Aufbau zu verstehen sei, könne diese Bestimmung im Zusammenhalt mit der Verkehrssicherungspflicht auch auf die vorliegende Anlage Anwendung finden. Richtig führe das Erstgericht zwar aus, daß die Ursache des Herabfallens nicht in einem von außen kommenden Ereignis liegen dürfe. Diese Einschränkung könne aber nicht gelten, wenn zu der von außen einwirkenden Kraft eine mangelhafte Beschaffenheit des Werkes hinzutrete und beide Komponenten zusammen das Herabfallen bewirkten. Die Mangelhaftigkeit eines Werkes könne sich auch erst durch die Art der Verwendung herausstellen. Für einen streng nach der Badeordnung ablaufenden Betrieb sei die gegenständliche Glasabdeckung zwar geeignet, bei Mißachtung derselben erweise sie sich jedoch als ungeeignet, weil durch an die Decke geschleuderte Gegenstände Gefahren für die Benützer entstehen müßten. Zwar stehe der bestimmungsgemäße Gebrauch im Vordergrund, doch ändere sich die Benützungswidmung, wenn es der Betreiber durch längere Zeit zulasse oder hinnehme, daß die Art der Benützung über die ursprünglich eingeschätzte hinausgehe. Für eine derartige Verwendung erweise sich die Anlage hier als mangelhaft. Der nach § 1319 ABGB der beklagten Partei obliegende Beweis, daß sie alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe, sei unter diesen Umständen nicht erbracht worden. Demnach müsse auch der Haftungsgrund des § 1319 ABGB bejaht werden. Die hinsichtlich der Klagsausdehnung erhobene Verjährungseinrede sei im Hinblick auf das Feststellungsbegehren nicht gerechtfertigt und das Schmerzengeldbegehren der Höhe nach angemessen. Die Voraussetzungen für eine Zulässigkeit der Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO lägen vor.

In der Revision der beklagten Partei wird darauf verwiesen, daß die beklagte Partei die Beaufsichtigung des Badebetriebes vertraglich auf den Schwimm-Club übertragen und die Einhaltung dieser Verpflichtung dadurch überwacht habe, daß sie jeweils die Anwesenheit einer vom Schwimm-Club gestellten Aufsichtsperson geprüft habe. Nach der mehrfachen Mißachtung der Badeordnung durch die Mitglieder des Schwimm-Clubs habe die beklagte Partei schriftlich die Einhaltung der vom Schwimm-Club übernommenen Vertragspflichten ausdrücklich gefordert und auch eine mündliche Besprechung mit Vertretern des Schwimm-Clubs durchgeführt, um derartigen Vorfällen vorzubeugen. Das Berufungsgericht gehe feststellungswidrig davon aus, daß es nach diesen Ermahnungen wiederholt zum Zerschlagen der Glasdecke gekommen sei. Tatsächlich habe sich sodann lediglich der klagsgegenständliche Vorfall ereignet. Eine Sperre des Kinderbeckens sei tatsächlich nicht möglich gewesen, weil die Dusch- und Umkleideanlagen nur über das Kinderschwimmbecken erreichbar seien. Rechtlich habe der Schwimm-Club einen vertraglichen Anspruch auf Benützung auch des Kinderschwimmbeckens gehabt. Die Benützung des Bades und damit Verkehrseröffnung sei zu den festgestellten Zeiten auch ausschließlich im Interesse des Schwimm-Clubs erfolgt, sodaß eine Beschränkung der Verkehrssicherungspflicht der beklagten Partei auf leicht zumutbare Warnungen anzunehmen sei. Solche habe sie durch den Inhalt der Badeordnung, die aufgestellten Tafeln über das Verbot des Ballspielens, die Verpflichtung zur Stellung von Aufsichtspersonen, schriftliche und mündliche Ermahnungen usw. vorgenommen. Bei normalem, bestimmungsgemäßen Gebrauch hätte durch die Anlage kein Schaden entstehen können. Die Forderung, die beklagte Partei hätte unter den gegebenen Umständen den Schwimmbetrieb überhaupt ganz oder räumlich teilweise einstellen oder auf Kosten des Schwimm-Clubs selbst überwachen müssen, stelle eine unzulässige Überspannung der Verkehrssicherungspflicht dar. Auch der Ansicht, die herabgefallene Glasplatte sei als mangelhafter Bestandteil eines Werkes anzusehen, könne nicht gefolgt werden. Das Glasdach habe dem Inhalt der Baubewilligung entsprochen, sei mehrfach überprüft worden und es sei von ihm bei ordnungsgemäßem Badebetrieb keine Gefahr ausgegangen. Ursache der Ablösung der Glasplatte sei nicht ein mangelhafter Zustand, sondern ein von außen kommendes, nicht mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch im Zusammehang stehendes Ereignis gewesen. Im übrigen treffe den Kläger ein überwiegendes Mitverschulden von zwei Dritteln, weil er sich verbotswidrig beim Ballspielen im Kinderbecken aufgehalten habe.

Die Nebenintervenienten bestreiten in ihrer Revision, daß die beklagte Partei ein Auswahlverschulden treffe oder sie sich zur Überwachung untüchtiger Personen bedient habe. Sie treten im übrigen den Ausführungen der beklagten Partei über die Erfüllung ihrer Überwachungspflicht und die Mängelfreiheit der Anlage bei. Die beklagte Partei habe alle zumutbaren Vorkehrungen zur Ausschaltung von Gefährdungen getroffen.

Die Revisionsausführungen erweisen sich insgesamt als zutreffend. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ist der erstgerichtlichen Beurteilung der Rechtssache zu folgen und kann grundsätzlich auf deren Ausführungen verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung hat auch der Inhaber einer Badeanstalt im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht nur jene Maßnahmen zu treffen, die von ihm nach der Verkehrsauffassung verlangt werden können. Ein darüber hinausgehendes Verlangen würde die Verkehrssicherungspflicht überspannen und letzten Endes auf eine vom Gesetz nicht vorgesehene, vom Verschulden unabhängige Haftung hinauslaufen (7 Ob 739/80, 3 Ob 559/81, MietSlg 33.216).

Entscheidend erscheint vorliegendenfalls, ob die von der beklagten Partei zur Verfügung gestellte Anlage für den bestimmungsgemäßen, d.h. den im Vertrag vereinbarten, Gebrauch geeignet war oder aber im Hinblick auf einen solchen Mängel aufwies. Für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch, nämlich den üblichen Badebetrieb, war die seit 50 Jahren bestehende Glaseindeckung offenkundig geeignet. Darin, daß sie den - erlassenen Verboten widersprechenden - Gewalteinwirkungen hochgeschleuderter Gegenstände nicht standhielt, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes kein Hervorkommen einer Mangelhaftigkeit des Werkes gelegen. Für diese Art der Verwendung, nämlich mit beim Ballspiel notwendig verbundenen Gewalteinwirkungen auf die Anlage, war die Halle mit dem Kinderbecken nicht vorgesehen. Für den im Vertrag vereinbarten Zweck der Überlassung der Anlage, nämlich zum Schwimmbetrieb, war auch die Deckenkonstruktion voll geeignet.

Ein bestimmungswidriger, mit Gewalteinwirkung verbundener Gebrauch, welcher zur Beschädigung des Werkes selbst und erst durch diese Beschädigung unmittelbar zur Verletzung eines Menschen führt, vermag keine Haftung nach § 1319 ABGB zu begründen. Davon, daß die klagende Partei, wie das Berufungsgericht meint, die bestimmungswidrige Verwendung zugelassen habe und dadurch eine Änderung der Benützungswidmung eingetreten sei, kann im Hinblick auf die von der beklagten Partei erlassenen Anordnungen, die dem Schwimm-Club übermittelten, auf die Vertragspflicht hinweisenden Schreiben sowie die diesbezügliche mündliche Besprechung überhaupt nicht die Rede sein.

Für die Gefährdung der Vereinsmitglieder und Kunden des Schwimm-Clubs während dessen Trainings - andere Benützer waren während der Trainingszeiten nicht anwesend - durch mangelnde Obsorge seiner Organe kann die beklagte Partei somit nicht haftbar gemacht werden, zumal sie die Aufsichtspflicht zulässigerweise auf den Vertragspartner überbunden hatte. Warum sie gehalten sein sollte, den Vertrag mit einem Vertragspartner, dessen Funktionäre eine bestimmungswidrige Benützung der Anlage ermöglichen und dadurch die Vereinsmitglieder gefährden, aufzulösen oder den vertragsgemäßen Anspruch des Partners auch auf Nutzung des Kinderbeckens einseitig zu verhindern, ist nicht erfindlich. Der ausdrücklich verbotene, vertragswidrige Gebrauch einer Anlage durch dem Kreis des Vertragspartners zuzurechnende Personen kann grundsätzlich zu keiner Erhöhung der Verkehrssicherungspflicht gegenüber diesen nach dem Vertragsinhalt nutzungsberechtigten Personen führen. Darin, daß die beklagte Partei die Decke über dem Kinderschwimmbecken nicht mit bruchsicherem Glas ausstattete, kann somit keine Verletzung einer dem Vertragspartner und auch dem Schutze Dritter dienenden Verkehrssicherungspflicht gesehen werden.

Demgemäß war der Revision Folge zu geben und das erstgerichtliche klagsabweisende Urteil wieder herzustellen. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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