OGH 9Os184/86

OGH9Os184/864.3.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.März 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Cortella als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Wolfgang S*** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten S*** sowie die Berufungen der Angeklagten Wolfgang S*** und Anton F*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 23.September 1986, GZ 20 p Vr 5209/86-38, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, und der Verteidiger Dr. Fuchs und Dr. Frysak, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird verworfen. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang S*** wird zurückgewiesen.

Den Berufungen der Angeklagten Anton F*** und Wolfgang S*** wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des (von ihnen veranlaßten) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem oben näher bezeichneten Urteil wurden der 20jährige Anton F*** und der (damals) 23jährige Wolfgang S*** des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1, 143 erster und zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Sie hatten nach dem Wahrspruch der Geschwornen - zusammengefaßt wiedergegeben - am 25. April 1986 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte versucht, die Trafikantin Gertrude K*** zu berauben, indem im Sinne ihres vorgefaßten Planes S*** mit einer Sporttasche, aus welcher der Lauf eines Gewehres herausragte, mit den Worten "das ist ein Überfall, ich habe ein Gewehr in der Tasche", die Herausgabe des vorhandenen Bargeldes begehrte, wogegen F*** vor der Trafik Aufpasserdienste leistete und wobei die Vollendung der Tat nur deshalb unterblieb, weil sich K*** zur Wehr setzte und die Täter in die Flucht schlug.

Hingegen wurden die Angeklagten von dem weiteren Anklagevorwurf, einen Raubversuch auch dadurch begangen zu haben, daß sie sich am 23. April 1986 in Hornstein (Burgenland), entsprechend einem genau vereinbarten Plan mit einem geladenen Gewehr zum Gelände der dort befindlichen Agip-Tankstelle begaben, wo S*** mit vorgehaltenem Gewehr die Tankwartin zur Herausgabe des vorhandenen Bargeldes veranlassen wollte, während auch dort Anton F*** Aufpasserdienste hätte leisten sollen, wobei die Vollendung der Tat deshalb unterblieb, weil die Tankwartin die Tankstelle bereits verlassen hatte, gemäß § 259 Z 3 (richtig: § 336) StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Den Freispruch bekämpft die Staatsanwaltschaft in Ansehung beider Angeklagten mit einer auf die Z 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Angeklagte S*** meldete gegen den Schuldspruch Nichtigkeitsbeschwerde an, führte dieses Rechtsmittel in der Folge aber nicht aus.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Anklagebehörde vermißt die Abgrenzung zwischen "Versuch" und "Vorbereitungshandlung" sowie die Erörterung des Wesens und der Bedeutung des Begriffs "Vorbereitungshandlung" in der schriftlichen Rechtsbelehrung; nur wegen dieses Mangels sei es zur rechtsirrigen Verneinung der Schuldfrage zum Faktum 1. durch die Geschwornen ungeachtet diesbezüglicher Geständnisse der Angeklagten gekommen. In Übereinstimmung mit der Generalprokuratur vermag der Senat dieser Ansicht nicht beizutreten. Hat doch der Schwurgerichtshof - dem Beschwerdevorwurf zuwider - in der Rechtsbelehrung die für den Beginn des Versuchsstadiums (und damit auch für dessen Abgrenzung von bloßen Vorbereitungshandlungen) entscheidenden Kriterien ausreichend dargelegt, indem nach einer wörtlichen Wiedergabe der Legaldefinition des § 15 Abs 2 StGB die "Elemente des Versuchs" einzeln aufgezeigt und dabei insbesondere die Erfordernisse tatplangemäßer Ausführungsnähe dahin erläutert wurden, daß die Strafbarkeit wegen Versuchs einsetzt, "wenn eine Handlung vorliegt, die durch ihren sinnfälligen Zusammenhang mit der beabsichtigten Deliktsverwirklichung auf diese direkt ausgerichtet ist und nach den Vorstellungen des Täters alsbald oder doch in unmittelbarer Folge in die Ausführung übergehen soll" (S 3 des die Rechtsbelehrung enthaltenden Schriftsatzes in Band I S 501; vgl hiezu Leukauf-Steininger StGB 2 § 15 RN 6). Da gemäß § 321 Abs 2 StPO die Rechtsbelehrung (bloß) eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die eine Schuldfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes enthalten (und das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarlegen) muß, es aber nicht Aufgabe dieser Belehrung ist darüber hinaus besonders auf etwas hinzuweisen, was zur Herstellung eines Tatbestands (hier: strafbaren Versuchs) nicht ausreicht (12 Os 120/84), bedurfte es vorliegend der von der Staatsanwaltschaft vermißten Erläuterung des weder im anzuwendenden Gesetz noch in den an die Geschwornen gestellten Fragen vorkommenden Begriffs "Vorbereitungshandlung" nicht, weshalb eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung, die deren Unrichtigkeit gleichzuhalten wäre, nicht vorliegt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher zu

verwerfen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Wolfgang S***:

Da dieser Angeklagte bei der Anmeldung seines Rechtsmittels keinen der im § 345 Abs 1 Z 1 bis 13 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnete und in der "Ausführung" desselben (ON 49) der Sache nach nur Berufungsgründe vorbrachte - auf die bei der Erledigung der von ihm ebenfalls angemeldeten Berufung eingegangen werden wird - war dessen Nichtigkeitsbeschwerde zurückzuweisen (§§ 285 Abs 1, 344 StPO). Bei der Strafbemessung wertete das Geschwornengericht als erschwerend bei beiden Angeklagten die einschlägigen Vorstrafen und die zweifache Eignung zum schweren Raub sowie beim Angeklagten S*** den vergleichsweise raschen Rückfall. Als mildernd zog es hingegen bei beiden Angeklagten das Geständnis, den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben war sowie bei F*** das Alter unter 21 Jahren in Betracht und verhängte es über die Angeklagten gemäß § 143, erster Strafsatz, StGB - bei F*** unter Anwendung des § 41 Abs 1 StGB - Freiheitsstrafen, und zwar über F*** im Ausmaß von vier und über S*** in der Dauer von fünf Jahren. Die Berufungen der beiden Angeklagten, mit denen sie Strafherabsetzung begehren, sind nicht begründet.

Entgegen den Rechtsmittelausführungen des Angeklagten F*** hat das Geschwornengericht die Tatsache, daß die gegenständliche Straftat während offener Probezeiten begangen wurde, keineswegs als erschwerend gewertet sondern insoweit lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die außerordentliche Strafmilderung nach § 41 StGB trotz dieses - an sich gegen die Annahme eines weiteren Wohlverhaltens sprechenden - Umstandes "gerade noch" anwendbar sei (vgl US 8). Andererseits ist dem Erstgericht angesichts der von Anfang an gegebenen Bereitschaft zur Mitwirkung an der Tat auch darin beizupflichten, daß es der von ihm angenommenen Beeinflussung des Angeklagten F*** durch seinen älteren Halbbruder S*** nicht die Qualität eines Milderungsgrundes nach der Z 4 des § 34 StGB zubilligte sondern darin nur ein Zusatzargument für die Anwendung des § 41 StGB erblickte. Denn nach den Akten waren die Tatbeiträge der beiden Angeklagten etwa gleichwertig. War es doch der Angeklagte F***, der den Zettel schrieb, welcher der Trafikantin nach dem Tatplan überreicht werden sollte und war es er, der dann während der Suche nach einer geeigneten Trafik den konkreten Tatvorschlag machte (vgl S 25 und 27). All dies und der Umstand, daß der Tatversuch nach einem gemeinsam gefaßten Plan erfolgte, rechtfertigt es auch keineswegs, in dem von ihm geleisteten Aufpasserdienst einen untergeordneten Tatbeitrag zu erblicken. Schließlich kann diesem Angeklagten auch keineswegs in seiner Meinung gefolgt werden, die zweifache Eignung zum schweren Raub dürfe nicht als erschwerend gewertet werden, weil dies zu einem "überqualifizierten" Raub führe; denn es kann gerade das von ihm angeführte Argument - es bewirke die Begehung der Tat in Gesellschaft eines anderen und deren Verübung unter Verwendung einer Waffe jeweils für sich allein schon eine Qualifikation nach § 143 StGB - denkrichtig nur dazu führen, daß dies bei Zutreffen beider Qualifikationen als erschwerend zu werten ist. Nach dem oben Gesagten ist auch der Einwand des Angeklagten S*** nicht stichhältig, das Erstgericht habe ihm, ohne dies ausdrücklich zu sagen, die Bestimmung seines Halbbruders zur Tat als erschwerend zur Last gelegt. Auch sind dem Urteil keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß das Geschwornengericht davon ausgegangen ist, er habe F*** im Sinne des § 33 Z 3 StGB zur Tat "verführt". Das Geständnis wurde ohnehin bei beiden Angeklagten als mildernd gewertet; es kann demnach von S*** nicht als weiterer Milderungsumstand reklamiert werden. Daß es nach seiner Anhaltung durch die Gendarmerie (zunächst) wegen eines ganz anderen Grundes abgelegt wurde, vermag den Milderungsgrund nach der Z 16 des § 34 StGB - freiwillige Stellung trotz Fluchtmöglichkeit - nicht herzustellen. Ferner trifft nach dem Akteninhalt nicht zu, daß der Angeklagte durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zum Raubversuch bestimmt worden ist (§ 34 Z 10 StGB) und kann letztlich auch keine Rede davon sein, daß die Tat auf eine besonders vernachlässigte Erziehung zurückgeführt werden könnte.

Es bedürfen mithin die konstatierten Strafzumessungsgründe bei keinem der beiden Angeklagten einer nennenswerten Korrektur; geht man aber davon aus und legt man namentlich ihrem einschlägig getrübten Vorleben die gebührende Bedeutung bei, dann erweisen sich die geschöpften Unrechtsfolgen als keineswegs überhöht und mithin einer Reduktion unzugänglich.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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