Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 3.997,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Barauslagen von S 600,-- und die Umsatzsteuer von S 308,85) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 11. April 1957 geborene Klägerin und der am 4. August 1943 geborene Beklagte haben am 29. Mai 1982 vor dem Standesamt Wolkersdorf die Ehe geschlossen. Es handelte sich um die zweite Ehe des Mannes und um die erste Ehe der Frau. Als der Ehe entstammt das am 4. August 1978 geborene Kind Karl. Mit ihrer auf § 49 EheG gestützten Klage begehrte die Klägerin die Scheidung der Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Er spreche dem Alkohol zu, vernachlässige sie, trage zum gemeinsamen Leben nichts bei, verfolge sie mit grundloser Eifersucht, beschimpfe und bedrohe sie und habe sie auch geschlagen. Die Klägerin habe deswegen im September 1984 die eheliche Gemeinschaft aufgehoben und sei zu ihren Eltern gezogen. Der Beklagte sei am 2. September 1984 in die Wohnung ihrer Eltern eingedrungen und habe ihre Mutter mit dem Umbringen bedroht.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihm allfällige Eheverfehlungen verziehen, was sich insbesonders daraus ergebe, daß die Klägerin nach dem Verlassen der gemeinsamen Wohnung ihn besuchte und dabei mit ihm Geschlechtsverkehr hatte.
Die Klägerin replizierte darauf, daß es nur einmal noch durch eine Nötigung des Beklagten zu einem Geschlechtsverkehr gekommen sei. Das Erstgericht schied die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten. Es traf - zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:
Das eheliche Verhältnis der Streitteile war nur zwei oder drei Monate lang in Ordnung. Der Beklagte kam immer öfter spät nach Hause. Er war fast jeden Tag in irgendeinem Lokal und kam betrunken zurück. Er beschimpfte die Klägerin und war grundlos eifersüchtig. Am 24. November 1983 kam es zu einer Auseinandersetzung, bei welcher der leicht betrunkene Beklagte der Klägerin eine Ohrfeige versetzte, sie vom Sessel stieß und auf sie einschlug. Sie erlitt dadurch eine aufgeschlagene Oberlippe, eine starke Rötung im Gesicht und Nasenbluten. Wegen dieser Körperverletzungen wurde der Beklagte zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt.
Der Beklagte ging keiner geregelten Arbeit nach. Er gab seiner Frau nur unregelmäßig Geld. Auf Vorhalte, daß er nicht arbeite und spät nach Hause komme, reagierte er aggressiv.
Im August 1984 wurde das Zusammenleben für die Klägerin unerträglich. Sie zog, als ihr Gatte nicht zu Hause war, am 1. September 1984 aus der Ehewohnung aus und ging zu ihren Eltern. Am Abend traf sie sich mit dem Beklagten in einem Gasthaus, um sich mit ihm auszusprechen. Der Beklagte bedrohte sie jedoch, sodaß sie schnell wegfuhr und ihn mit dem Auto abzuhängen versuchte. Der Beklagte verfolgte die Klägerin noch eine Zeit lang mit einem anderen Auto.
Am 2. September 1984 drang der Beklagte durch das offene Schlafzimmerfenster in das Haus seiner Schwiegereltern, wo sich die Klägerin aufhielt, ein. Er bedrohte seine Schwiegermutter und schloß das Haus von innen zu. Da sie die Drohung ernst nahm, schloß sich die Mutter der Klägerin auf deren Anraten im Badezimmer ein. Sie rief von dort um Hilfe, worauf die Nachbarn die Gendarmerie verständigten.
Auch nachdem die Klägerin die Ehewohnung verlassen hatte, setzte der Beklagte fort, die Klägerin zu beleidigen. Er versuchte sie zum Geschlechtsverkehr zu zwingen. Als sie einmal in der Ehewohnung war, gelang es ihm, sie zum Geschlechtsverkehr zu nötigen, indem er die Wohnung absperrte und sie bedrohte.
In seiner rechtlichen Beurteilung wies das Erstgericht auf die tiefe Zerrüttung der Ehe und die schweren Eheverfehlungen des Beklagten hin. Aus dem einmaligen Geschlechtsverkehr, zu dem die Klägerin vom Beklagten genötigt wurde, sei auf keine Verzeihung der Eheverfehlungen zu schließen. Aus dem Verhalten der Klägerin ergebe sich vielmehr, daß sie die Eheverfehlungen des Beklagten, nämlich die festgestellten Mißhandlungen, Erniedrigungen und unregelmäßige Unterhaltszahlungen so schwer empfand, daß sie nicht mehr den Willen hatte, die eheliche Gemeinschaft fortzusetzen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge, sondern bestätigte die erstgerichtliche Entscheidung. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln erster Instanz. Der Beklagte sei in den Tagsatzungen, an denen er teilnahm, mehrmals über seine Verpflichtung, Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten, belehrt worden. Er sei auch auf Säumnisfolgen ausreichend hingewiesen worden. Er habe sich aber im Verfahren erster Instanz völlig passiv verhalten und sei unentschuldigt mehrmals den Verhandlungen ferngeblieben. Das Erstgericht habe sich mit dem Verhalten des Beklagten ausreichend auseinandergesetzt; es habe einleuchtend begründet, warum es dessen Aussage keinen Glauben schenkte. Eine Rechtsrüge habe der Beklagte nicht erhoben. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes und allenfalls auch jenes des Erstgerichtes aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht zweiter Instanz oder erster Instanz zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte rügt unter den genannten Revisionsgründen, daß das Berufungsgericht die von ihm dargelegten Verfahrensmängel erster Instanz verneinte. Die Belehrung durch das Erstgericht sei nicht ausreichend genug erfolgt; es hätten dem Beklagten auch die Konsequenzen seines passiven Verhaltens nahegelegt werden müssen. Das Berufungsgericht hätte die Verfahrensverstöße des Erstgerichtes aufgreifen und als Verfahrensmängel anerkennen müssen. Dem ist zu entgegnen:
Der Grundsatz, daß eine neuerliche Überprüfung eines Verfahrensmangels erster Instanz, den das Berufungsgericht verneinte, im Revisionsverfahren nicht mehr zulässig ist, gilt in jenen Verfahrensarten, die, wie das frühere Ehescheidungsverfahren, der Offizialmaxime unterliegen, nicht (JBl 1982, 491; SZ 50/80; EvBl 1968/361; 1 Ob 669, 670/85 uva.). Ehe-(Scheidungs-)verfahren, in denen die mündliche Streitverhandlung erster Instanz nach dem 31. Dezember 1983 geschlossen wurde - was hier der Fall war - sind gemäß Art. X Z 4 BGBl. 1983/566 nach den neu durch § 460 ZPO teilweise geänderten allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung in der Fassung dieses Bundesgesetzes zu führen. Nach § 460 Z 4 ZPO besteht aber nur mehr im Verfahren über die Nichtigkeit oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe Offizialmaxime. Da die zweite Instanz die vom Beklagten gerügten Verfahrensmängel des Erstgerichtes behandelte und nicht als gegeben erachtete, und mit dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO nur Mängel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden können, ist dem Revisionswerber die Wiederholung seiner Verfahrensmängel erster Instanz betreffenden Mängelrüge verwehrt. Eine Rechtsrüge führt er nicht aus.
Seiner Revision war daher der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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