Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 57.949,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 5.268,15 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei hat seit der Saison 1984/85 Schier mit dem Aufdruck "Radial" erzeugt, in den Handel gebracht und dafür Werbung betrieben.
Der Kläger beantragte - soweit sein Klagebegehren noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist -, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die Bezeichnung der in ihrem Geschäft geführten Schier und zur Befestigung auf Schiern bestimmten Produkte mit "Radial" sowie die Publikation, Werbung und das Anbieten solcher mit "Radial" gekennzeichneter Produkte im In- und Ausland zu unterlassen, solche bereits erzeugte Produkte zu vernichten oder so abzuändern, daß die Kennzeichnung "Radial" nicht mehr aufscheint, und die bereits in Verkehr gesetzten Produkte mit der Marke "Radial" wieder einzuziehen. Der Kläger brachte vor, er habe die Absicht, nach mehreren Jahren Entwicklungsarbeit demnächst eine neue Schibindung mit der Marke "Radial" weltweit auf den Markt zu bringen. Die Kennzeichnung "Radial" im Zusammenhang mit Schibindungen werde von ihm seit den Anfängen seiner patentierten Produktentwicklung (1966) geprägt. Die Wort-Bild-Marke "Radial" habe er am 13.7.1976 als Schutzmarke beim Patentamt hinterlegt, diese Registrierung aber dann wegen verschiedener Probleme vorläufig nicht weiter verfolgt. Mit Anmeldung vom 22.1.1985 habe er neuerlich die Registrierung beim Österreichischen Patentamt beantragt, wobei er die Gebrauchspriorität aus 1976 beanspruche. Er verwende die Marke "Radial" permanent im ordentlichen Geschäftsverkehr zur Kennzeichnung seiner patentierten Produktentwicklung und habe das Recht an dieser Marke durch den Gebrauch erworben. Auch ohne Eintragung könne er, gestützt auf den Ausstattungsschutz, anderen die Benützung der Marke untersagen. Die von ihm für die Schibindung verwendete Marke "Radial" habe durch in- und ausländische Korrespondenz, Lizenzangebote, Unternehmenssuche sowie Ansuchen um Förderungsmittel Verkehrsgeltung erlangt. Die Wortbildmarke unterliege als graphisches Kunstwerk auch dem Urheberrecht. Die beklagte Partei habe auf Grund diverser in- und ausländischer Publikationen, insbesondere aber durch die Lizenzangebote des Klägers an ihr Konzernunternehmen AMF/Tyrolia aus 1979 und 1982, Kenntnis von der vom Kläger für seine Produktentwicklung verwendeten Marke "Radial" und wolle durch Verwendung dieses Kennzeichens für ihre Produkte dem Kläger einen Wettbewerbsnachteil zufügen. Da Schibindungen ein integrierender Bestandteil des Gebrauchsgerätes Schi seien und in der Regel auch zusammen verkauft würden, bestehe eine erhebliche Verwechslungsgefahr.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete ein, der Kläger betreibe kein Unternehmen zur Erzeugung oder zum Vertrieb von Schibindungen. Er sei daher nicht markenberechtigt im Sinne des § 1 MSchG, und es bestehe auch kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Streitteilen. Das Wort "Radial" sei im Zusammenhang mit Schibindungen eine Beschaffenheitsangabe (Bindung mit radialer Auslösung) und daher vom Markenschutz ausgeschlossen; hingegen treffe dies im Zusammenhang mit Schiern nicht zu. Die Wortmarke "Radial" sei zugunsten der beklagten Partei registriert, wobei diese Marke Prioriät vor einer solchen des Klägers genieße. Auch die F*** Gesellschaft mbH sei Inhaberin der österreichischen Wortmarke "Radial", welche am 26.6.1978 mit Priorität vom 24.11.1977 für die Warenklasse "Schier" registriert worden sei. Die beklagte Partei habe auf Grund eines mit der F***-GmbH abgeschlossenen Lizenzvertrages das Recht, diese Marke zu verwenden.
Der Kläger brachte dazu vor, die F*** Gesellschaft mbH habe die für sie registrierte Wortmarke "Radial" niemals verwendet und dafür keine Verkehrsgeltung erlangt. Der Kläger habe deshalb die Löschung dieser Marke beantragt, worüber das Verfahren beim Patentamt anhängig sei. Er werde auch die Löschung der von der beklagten Partei mißbräuchlich verwendeten Marke in die Wege leiten. Inzwischen sei für den Kläger im Markenregister des Österreichischen Patentamtes die Wortmarke "Radial" mit Schutzdauer vom 18.10.1985 registriert worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Der Kläger arbeitet seit 1966 an einer neuen Schibindung, die er mit der Marke "Radial" auf den Markt bringen will. Sein an das Österreichische Patentamt gerichteter Antrag vom 13.7.1976 auf Eintragung der Wortbildmarke "Radial" für die von ihm entwickelte Schi-Sicherheitsbindung wurde mit Beschluß des Patentamtes vom 26.5.1977 zurückgewiesen, weil die Schutzdauergebühr und der Druckkostenbeitrag nicht gezahlt worden und auch die Vorlage des Druckstockes sowie der Markenbilder unterblieben war. Im Jahr 1979 wurde dem Kläger für die in der Patentschrift bezeichnete Fersenauslösebindung für Alpin- und Pistenschilauf ein Patent unter der Nummer 349950 des Österreichischen Patentamtes erteilt. Während all der Jahre seiner Produktentwicklung versuchte der Kläger, seine Schibindung produzieren und vermarkten zu lassen. Obwohl er sich an zahlreiche Firmen und Stellen wandte, kam es bisher zu keiner Serienproduktion der Sicherheitsbindung. Der Kläger hat lediglich zu Test- und Demonstrationszwecken eine geringere Anzahl von Sicherheitsbindungen selbst angefertigt oder anfertigen lassen. Unter anderem wurde die Erfindung vom Kläger auch der Firma T*** angeboten, die jedoch eine Verwertung ablehnte. Daß der Kläger seine Erfindung auch der beklagten Partei angeboten hätte, konnte nicht festgestellt werden. Es war auch nicht feststellbar, daß die Firma T*** die beklagte Partei von der Erfindung des Klägers informiert hätte, obwohl die beklagte Partei und die Firma T*** durch den gemeinsamen AMF Konzern wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Am 24.11.1977 meldete die F*** Gesellschaft mbH beim Österreichischen Patentamt die Marke "Radial" für "Schier" an, die im Markenregister zu Nr. 88.444 mit Schutzdauerbeginn 26.6.1978 registriert wurde. Die beklagte Partei meldete am 10.12.1984 beim Österreichischen Patentamt die Marke "Radial" an, die zur Nr. 109.165 mit Beginn der Schutzdauer ab 15.5.1985 im Markenregister eingetragen wurde. Diese Marke ist nach wie vor aufrecht. Der Kläger beantragte am 22.1.1985 die Eintragung seiner Marke "Radial" für "Schibindungen und deren Zugehör" ins Markenregister. Die Marke wurde mit Schutzdauerbeginn 18.10.1985 zur Nr. 110.664 im Markenregister des Österreichischen Patentamtes zugunsten des Klägers registriert. Im Zuge eines Löschungsverfahrens schlossen die F*** Gesellschaft mbH und die beklagte Partei einen Lizenzvertrag, der der beklagten Partei die Verwendung der Marke "Radial", die zugunsten der Firma F*** eingetragen ist, ermöglichte. Zwischenzeitlich hat der Kläger beim Österreichischen Patentamt einen Antrag auf Löschung der zugunsten der F*** Gesellschaft mbH eingetragenen Marke "Radial" eingebracht; das Verfahren ist noch anhängig. Einen Antrag auf Löschung der zugunsten der beklagten Partei eingetragenen Marke "Radial" hat der Kläger bisher nicht gestellt.
Auf eine entsprechende Umfrage der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft in den beteiligten Kreisen des Handels, der Industrie und des Gewerbes in Österreich langten insgesamt 140 verwertbare Einzeläußerungen ein. 128 der Befragten, die sich im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes auch mit Schibindungen befassen, erklärten, daß ihnen die Bezeichnung "Radial" für Schibindungen eines bestimmten Anbieters nicht bekannt sei. Von den 12 weiteren Befragten erklärten 10, daß sie die Bezeichnung "Radial" im Zusammenhang mit Schiern der beklagten Partei kennen; lediglich 2 der Befragten gaben an, daß ihnen die Bezeichnung im Zusammenhang mit der Erfindung des Klägers bekannt sei.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, zwischen den Streitteilen bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, weshalb eine Anwendung der Generalklausel des § 1 UWG nicht in Betracht komme. Das Markenrecht des Klägers sei erst mit 18.10.1985 entstanden. Da feststehe, daß zugunsten der beklagten Partei die Marke "Radial" bereits mit Wirksamkeit vom 15.5.1985 registriert worden sei, sei es auch unerheblich, ob der Kläger im anhängigen Löschungsverfahren gegen die F*** Gesellschaft mbH obsiege. Verkehrsgeltung gemäß § 9 Abs 3 UWG habe der Kläger nicht unter Beweis stellen können; das eingeholte Gutachten habe eindeutig ergeben, daß eine solche nicht vorliege. Urheberrechtsschutz könne sich nicht allein auf Verwendung des Wortes "Radial" beziehen, sondern höchstens auf eine besondere graphische Gestaltung, deren Nachahmung gar nicht behauptet worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und teilte auch dessen Rechtsansicht. Ein einzelnes Wort sei kein Sprachwerk im Sinne des § 2 UrhG. Die Nachahmung einer besonderen graphischen Gestaltung habe der Kläger nicht behauptet. Auf das Markenrecht könne der Kläger seinen Anspruch nicht stützen, weil der Marke der beklagten Partei Priorität zukomme. Für einen Unterlassungsanspruch nach § 9 Abs 3 UrhG wäre Voraussetzung, daß die vom Kläger für seine Schibindung verwendete Bezeichnung "Radial" Verkehrsgeltung erlangt hätte, was nach dem eingeholten Gutachten nicht einmal in Kreisen des Handels, der Industrie und des Gewerbes, geschweigedenn im Kreis der Zwischenhändler und Konsumenten der Fall sei. Eine sittenwidrige Verwendung der Marke "Radial" in Kenntnis, daß diese Marke als Kennzeichen des geistigen Eigentums des Klägers seit Jahren geprägt worden sei, scheide schon deshalb aus, weil zwischen den Streitteilen kein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Soweit der Kläger meint, die beklagte Partei verletze sein Urheberrecht, auch wenn sie nur das Wort "Radial" und nicht die besondere vom Kläger verwendete graphische Gestaltung benütze, kann ihm nicht beigepflichtet werden. Wohl genießt ein Werk gemäß § 1 Abs 2 UrhG als Ganzes und in seinen Teilen urheberrechtlichen Schutz nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Werkteile genießen aber nur dann selbständigen Schutz, wenn sie für sich allein als persönliche geistige Schöpfung anzusehen sind (Vinck in Fromm-Nordemann, Urheberrecht 5 Rz 8 zu § 2); der benützte Teil muß als solcher den Schutzvoraussetzungen genügen (Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 3 , 134; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht 5 , 97; ÖBl 1978, 54). Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß das Wort "Radial" für sich allein niemals urheberrechtlich geschützt sein kann, weil es kein Sprachwerk im Sinne des § 2 Z 1 UrhG ist. Ein einzelnes Wort kann nämlich niemals ein "Sprachwerk" im Sinne dieser Gesetzesstelle sein; hiezu müßte ein Sprachgefüge vorliegen, das die Wortbildung zum Sprachwerk macht. Daran fehlt es, wenn nur einzelne Worte oder nur ein knapper Satz vorliegen (Ulmer aaO 137; vgl. auch Vinck aaO Rz 10 lit f; ähnlich ÖBl 1978, 54). Daß die beklagte Partei die besondere graphische Gestaltung oder Teile davon, welche die Schutzvoraussetzungen erfüllen, benützt hätte, wurde im Verfahren erster Instanz nicht behauptet.
Wenn der Kläger meint, bei dem von ihm verwendeten Titel und Handelsnamen "Radial" handle es sich um ein Phantasiezeichen, das an sich unterscheidungskräftig sei, weshalb Verkehrsgeltung nicht erforderlich wäre, übersieht er, daß er diese Bezeichnung nie als Handelsname oder als Titel für ein bestimmtes Werk der Kunst, Literatur oder für ein Druckwerk (vgl. dazu Schönher-Kucko Wettbewerbs-Marken-Muster- und Patentrecht 2 53) gebraucht hat. Eine Verletzung des Markenrechtes des Klägers scheidet aus, weil die Marke der beklagten Partei die bessere Priorität besitzt, ein Ausstattungsschutz gemäß § 9 Abs 3 UrhG scheitert schon an der mangelnden Verkehrsgeltung. Ein sittenwidriger Gebrauch der Marke "Radial" durch die beklagte Partei liegt aber schon deshalb nicht vor, weil nicht festgestellt werden konnte, daß die beklagte Partei von der Erfindung des Klägers - und damit auch von deren Bezeichnung - Kenntnis erlangt hätte. Daher bedarf es keiner Prüfung, ob zwischen den Streitteilen überhaupt ein Wettbewerbsverhältnis besteht.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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