Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 7.753,05 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 960 S Barauslagen und 617,55 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger kaufte 1979 bei der M*** Gesellschaft m.b.H. in Stuttgart eine EDV-Anlage. Am 19. Februar 1979 schloß er bei der Beklagten für diese Anlage eine Elektroanlagenversicherung mit einer Versicherungssumme von 600.000 S ab. Der Versicherungsvertrag wurde zum 29. August 1980 aufgekündigt.
Im Revisionsverfahren steht nunmehr unbekämpft fest, daß die Anlage bis zur Beendigung des Versicherungsverhältnisses Schäden erlitten hat, deren Ersatz nach dem Versicherungsvertrag von der Beklagten zu decken ist. Ferner steht fest, daß die Anlage nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses in die Bundesrepublik Deutschland verbracht wurde, wo sie verschwunden ist. Aus diesem Grunde lassen sich die durch die Versicherung gedeckten Schäden nicht mehr feststellen.
Das vom Kläger wegen Verschwindens der Anlage auf Zahlung von 428.302 S s.A. gerichtete Hauptbegehren wurde von beiden Instanzen abgewiesen. Diesbezüglich sind die vorinstanzlichen Entscheidungen in Rechtskraft erwachsen.
Das Erstgericht hat auch das auf Zahlung von 250.302 S s.A. gerichtete Eventualbegehren abgewiesen. Es ging hiebei von folgenden noch wesentlichen Feststellungen aus:
Als Abgeltung für verschiedene Reparaturen der Anlage bis 1. April 1980 hat die Beklagte dem Kläger am 15. Dezember 1980 66.787 S bezahlt. Gegenstand des Eventualbegehrens sind notwendige Reparaturkosten für Schäden, die erst nach diesem Zeitpunkt angefallen sind. Diesbezüglich reichte der Kläger bei der Beklagten am 9. September 1980 Reparaturrechnungen ein. Bei Besichtigung der Anlage wurde festgestellt, daß diese wieder funktionsunfähig war. Auf Grund einer Begutachtung durch den von der Beklagten bestellten Sachverständigen Dipl.Ing. S*** teilte die Beklagte dem Klagevertreter am 11. September 1981 mit, daß die Fehlerursache nicht aufgefunden werden konnte, die Anlage aber reparabel sei. Sie ersuchte den Kläger, den Nachweis über Art und Ursache der unvorhergesehenen und plötzlich eingetretenen Beschädigungen und Zerstörungen des Gerätes zu erbringen sowie die Reparaturkosten bekanntzugeben. Am 11. November 1981 teilte die Herstellfirma mit, daß die Reparaturkosten mit 40.000 bis 50.000 DM veranschlagt werden. Die Reparatur sollte durch Austausch der wesentlichen Elemente erfolgen, wofür unter der Voraussetzung eines Hardware-Full-Service-Vertrages eine Garantie in Aussicht gestellt wurde. Dieses Fernschreiben wurde der Beklagten zur Kenntnis gebracht, die daraufhin Dipl.Ing. S*** mit der Ermittlung des Schadens dem Umfang und der Höhe nach beauftragte. Das Gerät war mittlerweile zur Herstellfirma gebracht worden, jedoch ist eine Ermittlung der Schadenshöhe infolge des inzwischen eingetretenen Verlustes des Gerätes nicht mehr möglich.
Am 9. August 1982 zahlte die Beklagte dem Kläger 71.698 S zur Abgeltung der noch offenen Forderungen. Dieser Betrag wurde jedoch vom Kläger lediglich als Teilzahlung angenommen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, mangels Feststellbarkeit der Schäden habe die Bestimmung des § 273 ZPO zur Anwendung zu kommen. Hiebei sei die Mitteilung der zu erwartenden Reparaturkosten durch die Herstellfirma keine geeignete Grundlage, weil der Herstellfirma damals die Fehlerquellen nicht bekannt gewesen seien. Vielmehr müsse von dem von der Beklagten am 15. Dezember 1980 bezahlten Betrag von 66.787 S ausgegangen werden.
Da nicht angenommen werden könne, daß die nach dem 1. April 1980 eingetretenen Schäden erheblich höher seien als die vorher eingetretenen, bilde der erwähnte Betrag einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Schadensbemessung. Diese habe sohin mit 70.000 S zu erfolgen. Da die Beklagte für die nach dem 1. April 1980 eingetretenen Schäden schon einen höheren Betrag als 70.000 S bezahlt habe, sei das Eventualbegehren abzuweisen.
Das Berufungsgericht hat bezüglich des Eventualbegehrens die Rechtsansicht des Erstgerichtes gebilligt, daß dieses nur unter Anwendung des § 273 ZPO beurteilt werden könne. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei jedoch die Bekanntgabe der voraussichtlichen Reparaturkosten durch die Herstellfirma mit 40.000 bis 50.000 DM von wesentlicher Bedeutung, weil die Herstellfirma doch eine gewisse Voruntersuchung der Anlage vorgenommen und hiebei einen Austausch wesentlicher Teile der Anlage für notwendig erachtet habe. Es könne daher davon ausgegangen werden, daß die Herstellfirma für die Bekanntgabe der zu erwartenden Reparaturkosten tragfähige Grundlagen gehabt habe. Der von ihr angegebene Betrag bilde eine gewisse Orientierungshilfe, wenn auch nicht vom vollen veranschlagten Betrag ausgegangen werden könne. Es sei daher gerechtfertigt, unter Anwendung des § 273 ZPO von Reparaturkosten in der Höhe von 250.000 S auszugehen. Hievon seien die von der Beklagten bereits geleisteten Zahlungen von 71.698 S abzuziehen. Das Berufungsgericht änderte daher die erstgerichtliche Entscheidung über das Eventualbegehren dahin ab, daß es dem Kläger unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 72.000 S einen Betrag von 178.302 S s.A. zusprach.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes betreffend das Eventualbegehren wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision ist nicht gerechtfertigt. Daß die Entscheidung über das Eventualbegehren nur unter Heranziehung des § 273 ZPO erfolgen kann, ist nicht mehr strittig. Auf Grund der Rechtsrüge ist überprüfbar, ob das Ergebnis der Anwendung des § 273 ZPO richtig ist (8 Ob 61, 62/85, 2 Ob 22/85, 1 Ob 592/85 ua.). Bei dieser Überprüfung sind die für die Schadenshöhe maßgebenden Faktoren, zu denen die Tatsacheninstanzen Feststellungen treffen konnten, zugrundezulegen (4 Ob 109/83 ua.). Dem Berufungsgericht muß zugebilligt werden, daß die Herstellfirma nach den getroffenen Feststellungen nicht ohne jegliche Grundlage Reparaturkosten genannt hat, sondern daß die Nennung dieser geschätzten Kosten erst nach einer, wenn auch vielleicht nur vorläufigen Besichtigung des Gerätes erfolgt ist.
Dies ergibt sich schon daraus, daß die Herstellfirma die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen genannt hat. Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes kann daher die von der Herstellfirma bekanntgegebene Höhe der wahrscheinlichen Reparaturkosten nicht als gänzlich ungeeignete Grundlage für die Bemessung des Ersatzbegehrens bezeichnet werden. Demgegenüber besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß zwischen den noch offenen Reparaturkosten und den bis 1. April 1980 angefallenen ein derart selbstverständlicher Zusammenhang besteht, daß der für die bis 1. April 1980 notwendig gewordenen Reparaturen bezahlte Betrag eine entscheidende Grundlage für die Ausmittlung des für die Zeit nachher zu leistenden Betrages bilden könnte. Das Berufungsgericht hat also zutreffend darauf verwiesen, daß die einzige Grundlage für die Ausmittlung des Schadens das Schreiben der Herstellfirma über die zu erwartenden Reparaturkosten bildet. Ferner ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß von diesen bekanntgegebenen zu erwartenden Reparaturkosten doch ein erheblicher Abstrich gemacht werden muß. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen hat der Oberste Gerichtshof keine Bedenken gegen die Ausmittlung des zu ersetzenden Schadens mit 250.000 S.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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