Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neue nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragt nach Scheidung ihrer Ehe die Zuweisung der Ehewohnung, einer Dienstwohnung des Antragsgegners, durch Übertragung der Nutzungsrechte. Der Antragsgegner stimmte der Übertragung zu.
Der für die Vergabe der Dienstwohnung zuständige Rechtsträger B*** verweigerte seine Zustimmung unter Berufung auf § 88 Abs.1 Z 2 EheG.
Das Erstgericht übertrug die Nutzungsrechte dennoch an die Antragstellerin.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 60.000 übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig ist. Die Vorinstanzen gingen im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
Die strittige Dienstwohnung wurde dem Antragsgegner mit Nutzungsvertrag vom 16.10.1961 zugewiesen. Die Wohnfläche beträgt etwa 70 m 2 . Die monatliche Wohnungsvergütung einschließlich Betriebskosten beträgt S 1.854,75 (davon S 929,58 Hauptmietzins), wozu die Heizungskosten kommen.
Hätte die Republik Österreich nicht besondere Darlehen gewährt, würde der Hauptmietzins wie bei einer anderen gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft monatlich S 1.462,02 betragen. Nach Auffassung der Vorinstanzen liege das wirkliche Entgelt damit nicht "wesentlich" unter dem ortsüblichen Entgelt, so daß die Voraussetzungen nach § 88 Abs.1 Z 2 EheG nicht vorlägen.
Rechtliche Beurteilung
Dem Revisionsrekurs der B*** kommt im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages Berechtigung zu.
Daß es sich bei der vorliegenden Ehewohnung um eine Wohnung handelt, die im Sinne des § 88 Abs.1 EheG "auf Grund eines Dienstverhältnisses" benützt wird oder an der das Rechtsverhältnis "im Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis" begründet wurde, liegt auf der Hand. Der einschränkenden Auslegung von Hofmann-Wellenhof (JBl.1984, 464 dort 466 und 475; ebenso in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG 125), wonach Bestand und Dauer des Wohnrechtes von Bestand und Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht worden sein müßten, hingegen die Tatsache der Dienstnehmereigenschaft als bloßes Motiv für die Überlassung der Wohnung nicht genüge, kann vor allem wegen der i Gesetz ausdrücklich erwähnten zweiten Fallgruppe ("im Zusammenhang mit....") nicht beigetreten werden (MietSlg.36/16 = EFSlg.46.393, siehe auch Palten, ÖJZ 1979, 375 dort 381). Gegen den Willen des für die Vergabe der Dienstwohnung zuständigen Rechtsträgers konnte daher die Ehewohnung gemäß § 88 Abs.1 Z 2 EheG der Antragstellerin nicht zugewiesen werden, wenn sie "unentgeltlich oder gegen ein bloß geringfügiges, wesentlich unter dem ortsüblichen Maß liegendes Entgelt" benützt wird. Unter dem "ortsüblichen" Entgelt ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht das Entgelt für eine von einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft vergebene Wohnung zu verstehen, sondern jenes Entgelt, das als Hauptmietzins für gleichartige (also nach dem Alter der Wohnung, ihrer Lage, Größe, Beschaffenheit und dgl. vergleichbare) Wohnungen unter Berücksichtigung der gesetzlichen Höchstmietzinse auf dem allgemeinen Wohnungsmarkt im betreffenden Ort üblicherweise bezahlt
wird (EFSlg.43.792 = Arb.10.272 = [nur tw veröffentl
MietSlg.35.689]; MietSlg.36/16 = EFSlg 46.395 ua). Es darf daher
nicht, wie dies die Vorinstanzen bisher gehandhabt haben, nur ein Vergleich zwischen dem tatsächlich vereinbarten Entgelt und dem Entgelt für eine möglicherweise ebenfalls unter dem ortsüblichen Zins liegende weniger geförderte Wohnung einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft hergestellt werden.
Welches Entgelt "geringfügig" ist und "wesentlich" unter dem noch festzustellenden ortsüblichen Entgelt liegt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Soweit erkennbar, hat der Oberste Gerichtshof bisher die Voraussetzungen des § 88 Abs.1 Z 2 EheG nur dann als erfüllt angesehen, wenn das Entgelt nicht einmal die Hälfte des ortsüblichen Entgelts erreichte (2 Ob 516/86, wonach ein Entgelt von S 11,78 pro Quadratmeter gegenüber S 16,10 pro Quadratmeter oder nicht wesentlich darüber noch nicht ausreicht; 7 Ob 651/86, wonach ein Hauptmietzins von S 1.193,40 gegenüber dem ortsüblichen Betrag von S 2.975,-- wesentlich unter diesem Betrag liegt). Die im Revisionsrekurs zitierte Entscheidung 4 Ob 552/83 (EFSlg.43.792 =
[tw] MietSlg.35.689 = Arb 10.272), welche auch in der Entscheidung
1 Ob 127/84 (EFSlg.46.393-46.396 = MietSlg 36/16) angeführt wird,
weicht von dieser Linie nicht ab, weil dort die tatsächlichen S 8,41 pro Quadratmeter nicht nur mit dem Entgelt für eine unter weniger günstigen Bedingungen geförderte Wohnung einer gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft von S 13,98 pro Quadratmeter verglichen wurden, sondern besonders auf die wesentlichen höheren Mietzinse am allgemeinen Wohnungsmarkt verwiesen wurde (welche wichtige Ergänzung in der nur teilweisen Veröffentlichung in MietSlg 35.689 nicht enthalten ist).
Der erkennende Senat hält daher wie Wachter, Rechtsprobleme bei Dienst-, Natural-, Werks- und Mietwohnungen von Arbeitnehmern 2 , 27 f und RdW 1983, 76 dort 84) die Begrenzung für gerechtfertigt, daß § 88 Abs.1 Z 2 EheG erst dann zum Tragen kommt, wenn das Entgelt nicht einmal 50 % des ortsüblichen Entgelts erreicht. Zu den sonstigen Ausführungen von Wachter, etwa daß dieser Prozentsatz auch für den Begriff der Dienstwohnung maßgebend sei, erübrigt sich hier eine Stellungnahme; vgl. dazu Hofmann-Wellenhof aaO, Handbuch zum MRG 125).
Weil das ortsübliche Entgelt bisher nicht feststeht, ist daher das Verfahren ergänzungsbedürftig.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 234 AußStrG.
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