Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Zum Zwecke des Ausbaues der Karl-Innerebner-Straße in Innsbruck wurden eine Teilfläche des Grundstücks 1044 im Ausmaß von 182 m 2 , eine Teilfläche des Grundstücks 1045 im Ausmaß von 458 m 2 und das gesamte Grundstück 1061 im Ausmaß von 483 m 2 enteignet. Die Grundstücke 1044 und 1045 standen je zu einem Viertel im Eigentum des Erstantragstellers und je zu drei Viertel im Eigentum der Zweitantragstellerin. Das Grundstück 1061 stand im Alleineigentum des Drittantragstellers.
Die enteignete Teilfläche der Grundparzelle 1044 setzt sich zusammen aus
a) Teilstück 1 a, Straßenfläche nördlich der Straßenachse im Ausmaß von 69 m 2 ,
b) Teilstück 1 b, Straßenfläche südlich der Straßenachse im Ausmaß von 68 m 2 ,
c) Teilstück 2, nördlich der Straße liegende abgeschnittene Restfläche im Ausmaß von 45 m 2 .
Der Rest der Grundparzelle 1044 liegt südlich der Straße. Die enteignete Teilfläche der Grundparzelle 1045 setzt sich zusammen aus
a) Teilstück 3 nördllich der Straße liegende abgeschnittene Restfläche im Ausmaß von 138 m 2 ,
b) Teilstück 4 a Straßenfläche nördlich der Straßenachse im Ausmaß von 160 m 2 ,
c) Teilstück 4 b Straßenfläche südlich der Straßenachse im Ausmaß von 160 m 2 .
Der Rest der Grundparzelle 1045 liegt südlich der Straße. Die Grundparzelle 1061 setzt sich zusammen aus
a) Teilstück 10 a, Straßenfläche nördlich der Straßenachse im Ausmaß von 132 m 2 ,
b) Teilstück 10 b, Straßenfläche südlich der Straßenachse im Ausmaß von 84 m 2 ,
c) Teilstück 10 c, südlich der Straße liegende abgeschnittene Restfläche im Ausmaß von 2 m 2 ,
d) Reststück, gelegen nördlich der Straßenfläche im Ausmaß von 265 m 2 .
Alle Straßenflächen waren schon im Zeitpunkt der Enteignung als Straßengrund ausgewiesen. Alle sonstigen Flächen waren als Bauland ausgewiesen.
Kein Streit herrscht mehr darüber, daß "bebaubare" Grundflächen im Sinne des § 18 Abs. 5 der Tiroler Bauordnung pro Quadratmeter mit 1.839,66 S und "nicht bebaubare Grundflächen" im Sinne des § 18 Abs. 4 TBO pro Quadratmeter mit 58,64 S zu bewerten sind. Das Erstgericht war im Streit über die Festsetzung der Enteignungsentschädigung der Auffassung, daß nur die Teilstücke 1 b aus Grundparzelle 1044, 4 b aus Grundparzelle 1045 und 10 a aus Grundparzelle 1061 mit 58,64 S pro Quadratmeter, alle übrigen Flächen hingegen mit 1.839,66 S pro Quadratmeter zu bewerten seien, was zur Festsetzung einer Enteignungsentschädigung von 213.708,76 S für das Grundstück 1044, von 557.601,08 S für das Grundstück 1045 und von 653.461,14 S für das Grundstück 1961 führte. Die Antragsgegnerin bekämpfte nur die Bewertung des Teilstückes 2 aus Grundparzelle 1044, des Teilstückes 3 aus Grundparzelle 1045 und des Teilstückes 10 c, sowie des nördlich der Straße gelegenen Restteilstückes der Grundparzelle 1061, welche jeweils nur mit 58,64 S pro Quadratmeter zu bewerten seien. Das Gericht zweiter Instanz bestätigte den Beschluß des Erstgerichtes.
Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz wendet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, ihn dahin abzuändern, daß die Enteignungsentschädigung für die genannten Teilstücke nur mit 58,64 S pro Quadratmeter festgesetzt werde, was im Endergebnis für die Grundstücke 1044 und 1945 eine reduzierte Entschädigungssumme von insgesamt nur 445.383,18 S und für das Grundstück 1061 eine solche von insgesamt nur 177.928,80 S ergäbe.
Die Ansicht der Vorinstanzen läßt sich kurz dahin zusammenfassen, daß auch alle im Sinne des § 18 Abs. 4 dritter Satz TBO auf Verlangen des Enteigneten mitenteigneten Flächen außerhalb der eigentlichen Trassenfläche als bebaubare Grundflächen zu bewerten seien. Bei diesen Flächen handle es sich nämlich nicht um gemäß § 18 Abs. 4 zweiter Satz TBO abzutretende Flächen, sondern hier handle es sich um abzulösende aber voll zu entschädigende Grundflächen.
Demgegenüber vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, daß beide im § 18 Abs. 4 zweiter und dritter Satz TBP genannten Fälle gleich zu behandeln, nämlich als nicht bebaubare Grundflächen zu bewerten seien. Schon die gesetzliche Voraussetzung, daß die abzulösenden Grundstückteile nicht mehr zweckmäßig bebaubar sein dürfen, spreche gegen eine Bewertung dieser Flächen als Bauland. Die gegenteilige Gesetzesauslegung der Vorinstanzen sei offenbar gesetzwidrig.
Da § 24 Abs. 1 EisbEntG für die Feststellung der Entschädigung das Verfahren außer Streitsachen anordnet, gilt auch im vorliegenden Verfahren die Rechtsmittelbeschränkung des § 16 Abs. 1 AußStrG (SZ 33/73; SZ 40/11 ua). Nach dieser Gesetzessstelle kann die vollbestätigende Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz - abgesehen von der nicht geltend gemachten Nichtigkeit oder Aktenwidrigkeit - nur wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit angefochten werden.
Rechtliche Beurteilung
Offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nur vor, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde, oder wenn das Gericht gegen ein Grundprinzip des Rechts verstoßen hätte, oder willkürlich vorgegangen wäre (EFSlg 47.208 uva). Eine solche offenbare Gesetzwidrigkeit vermag die Antragsgegnerin in ihrem Revisionsrekurs nicht aufzuzeigen.
In § 18 Abs. 1 TBO wird hinsichtlich derjenigen Grundflächen die im Bebauungsplan als Verkehrsflächen ausgewiesen sind eine Abtretungspflicht des Grundeigentümers festgelegt.
§ 18 Abs. 4 TBO ordnet in seinem zweiten Satz an, daß für die Ermittlung der Entschädigung die abzutretende Grundfläche, soweit in Absatz 5 nicht anders bestimmt ist als nicht bebaubare Grundflächen zu bewerten sind. Und § 18 Abs. 5 TBO bestimmt, daß dann, wenn sich die von einem Grundeigentümer abzutretende Grundfläche über die Achse der herzustellenden bzw zu erweiternden Gemeindestraße hinaus erstreckt dieser Teil der abzutretenden Grundfläche als bebaubare Grundfläche zu bewerten ist.
Demgegenüber behandelt nur § 18 Abs. 4 dritter Satz TBO den Fall, daß ein Teil des Grundstücks durch die Enteignung die zweckmäßige Benützbarkeit verliert. Für diesen Fall wurde angeordnet, daß auf Verlangen des Enteigneten das ganze Grundstück abzulösen ist. Wie solche abzulösenden (aber nicht abzutretenden!) Grundflächen zu bewerten sind wird in der Tiroler Bauordnung nicht normiert.
Daß so der Enteignete für die enteignete Fläche, welche im Bereich der anzulegenden Straße selbst liegt einen Mittelwert zwischen dem für Bauland angemessenen Wert und dem für nicht bebaubare Flächen angemessenen Wert enthält, entspricht zweifellos einem gewissen Interessenausgleich zwischen der Gemeinde und dem Grundeigentümer, dem durch die Errichtung einer Straße in der Regel auch gewisse nicht ohne weiteres meßbare Vorteile zukommen. Nach einer früheren Regelung war hingegen überhaupt eine unentgeltliche Grundabtretung vorgesehen, nicht einmal diese wurde als verfassungswidrig angesehen (VfGH-Slg 8475, vgl auch etwa Geuder JBl 1968,131 f). Immerhin sei darauf hingewiesen, daß Hauer (Tiroler Baurecht Anm 11 zu § 18 TBO) die Ansicht vertritt, bei besonders breiten Straßen könne selbst die jetzige Regelung verfassungsrechtlich bedenklich sein.
Was nun die abzulösenden Teilfächen anlangt, so gibt es im Gesetz keinen Anhaltspunkt auch diese nur wie eine nicht bebaubare Grundfläche zu bewerten. Solche Flächen sind zwar abgesondert nicht als Baugrund geeignet, sie können aber beispielsweise für einen angrenzenden Grundnachbarn sehr wohl den Wert einer bebaubaren Fläche haben. Die Gemeinde wird also in vielen Fällen solche Grundflächen zu einem höheren Preis veräußern können als dies dem Wert für nicht bebaubare Flächen entspricht.
Abgesehen davon, daß es also in der Tiroler Bauordnung überhaupt an einer ausdrücklichen Regelung der Entschädigung für abzulösende Flächen mangelt, was schon prinzipiell gegen die Möglichkeit einer offenbaren Gesetzwidrigkeit spricht, ist auch nicht erkennbar, daß durch die Auslegung der Vorinstanzen irgendwelche Grundprinzipien des Enteignungsrechtes verletzt würden.
Der unzulässige Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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