OGH 2Ob716/86

OGH2Ob716/8616.12.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin C***-B***, Filiale Graz-Leonhard, 8010

Graz, Leonhardstraße 21, gegen die Erlagsgegner 1.) Max K***, 8020 Graz, Mariahilferstraße 11, 2.) Theresia K***, 8401 Kalsdorf, Gärtnergasse 10, diese vertreten durch Dr.Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, infolge Revisionsrekurses der Erlagsgegnerin Theresia K*** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes vom 16.Juni 1986, GZ 3 R 194/86-23, womit der Rekurs der Theresia K*** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 28.April 1986, GZ 14 Nc 306/83-20, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der zweiten Erlagsgegnerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 28.April 1986, 14 Nc 306/83-20, unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Die C***-B***, Filiale Graz-Leonhard, erlegte beim Erstgericht zugunsten von Max K*** und Theresia K*** das Realisat eines Überbringersparbuches in Höhe von 195.707,94 S. Der Erlag wurde wegen Unklarheit der Rechtslage begehrt und zugleich beantragt, die Ausfolgung nur auf einverständlichen Antrag der Erlagsgegner oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung vorzunehmen. Der Erlag wurde angenommen. Wegen einer Abgabenschuld der Theresia K*** von 41.658 S wurde der Herausgabeanspruch der Genannten hinsichtlich des Barbetrages von 41.658 S gepfändet und dem Erstgericht als Drittschuldner die Herausgabe an Theresia K*** untersagt (Pfändungsverfügung des Finanzamtes Graz-Stadt vom 19. Februar 1986, ON 15). Eine gleichartige Pfändungsverfügung erging hinsichtlich des Herausgabeanspruchs des Max K*** betreffend dessen Anspruch auf Herausgabe eines Barbetrages von 154.049,94 S (Pfändungsverfügung des Finanzamtes Graz-Stadt vom 19.Feber 1986, ON 16). Mit den weiteren Bescheiden des Finanzamtes Graz-Stadt vom 22. April 1986, ON 19, wurden die vorgenannten gepfändeten Forderungen der Republik Österreich bis zur Höhe der vollstreckbaren Abgabenschuld - also 154.049,94 S hinsichtlich des Max K*** und 41.658 S hinsichtlich der Theresia K*** - gemäß § 71 Abgabenexekutionsordnung zur Einziehung überwiesen. Das Erstgericht verfügte mit Beschluß vom 28.April 1986, ON 20, daß der erlegte Betrag von 195.707,94 S aufgrund der vom Finanzamt Graz-Stadt, Vollstreckungsstelle, erwirkten Pfändung ausgefolgt werde. Die Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz wurde angewiesen, nach Rechtskraft des Beschlusses ungeachtet der angemerkten Pfändung den erliegenden Bargeldbetrag von 195.707,94 S an die Vollstreckungsstelle des Finanzamtes Graz-Stadt zu Steuernummer 450/0523 und 450/4632 zu überweisen und die HMB zu löschen. Dieser Beschluß wurde Theresia K*** am 14.Mai 1986 durch Hinterlegung zugestellt. Max K*** erhob kein Rechtsmittel. Das Gericht zweiter Instanz wies den von der Erlagsgegnerin Theresia K*** gegen diesen Beschluß erhobenen, am 3.Juni 1986 zur Post gegebenen Rekurs als verspätet zurück. Das Rekursgericht führte aus, in Erlagssachen seien die Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen anzuwenden. Nach § 11 Abs 1 AußStrG betrage die Rekursfrist 14 Tage. Sie beginne mit der Zustellung der Entscheidung zu laufen. Die Zustellung sei hier durch Hinterlegung erfolgt. Nach § 17 Abs 3 ZustG beginne der Lauf der Abholungsfrist mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem 1. Tag dieser Frist als zugestellt. Als Beginn der Abholfrist sei im vorliegenden Fall der 14. Mai 1986 beurkundet. Die im Rekurs aufgestellte Behauptung, der angefochtene Beschluß sei am 20.Mai 1986 zugestellt worden, sei demnach unrichtig. Sollte damit der Tag der Behebung gemeint sein, so käme dem keine rechtliche Beurteilung zu, weil die Behebung jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Abholungsfrist vorgenommen worden sei. Die Rekursfrist habe somit am 28.Mai 1986 geendet. Gemäß § 11 Abs 2 AußStrG bleibe es dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auch auf verspätete Rechtsmittel Bedacht zu nehmen, sofern sich die Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern lasse. "Dritter" sei jede am Verfahren beteiligte, vom Rechtsmittelwerber verschiedene Person. Hier sei es die Republik Österreich, der eine Abänderung des Beschlusses dahingehend, daß die Überweisung auch nur teilweise zu unterbleiben hätte, zum Nachteil gereichen würde. Der verspätete Rekurs sei daher zurückzuweisen gewesen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich nach Abweisung ihres Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rekursfrist der Revisionsrekurs der Erlagsgegnerin Theresia K*** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß und das vorangegangene Zustellverfahren als nichtig aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Zustellung des Beschlusses ON 20 an ihren Vertreter aufzutragen. Die Rekurswerberin macht geltend, sie sei im Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses ON 20 ortsabwesend, nämlich auf Urlaub in Jugoslawien gewesen. Durch die während ihrer Abwesenheit im Ausland vorgenommene Hinterlegung sei ihr im Sinne des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln bzw. ein Rechtsmittel einzubringen, genommen worden, zumal nach der Aktenlage eine Zustellung an ihren Vertreter hätte erfolgen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis berechtigt.

Auch im Außerstreitverfahren haben Zustellungen, wenn eine Partei einen Bevollmächtigten bestellt hat, an diesen zu erfolgen. Eine daneben auch an die Partei selbst erfolgte Zustellung ist für den Lauf der Rechtsmittelfrist bedeutunglos (vgl. die in Edlbacher, Verfahren außer Steitsachen zu § 6 AußStrG unter Nr. 4 zit. E. u. a.). Im vorliegenden Fall wurde bereits im Erlagsantrag auf die Vertretung der Erlagsgegnerin Theresia K*** durch Rechtsanwalt Dr. H*** hingewiesen, der Beschluß über die Annahme des Erlages wurde auch Rechtsanwalt Dr. H*** zugestellt. (Desgleichen wurde im Kopf der Rekursentscheidung ON 9 auf das bestehende Vertretungsverhältnis Bezug genommen.) Dennoch unterließ das Erstgericht eine Zustellung des Beschlusses ON 20 an Rechtsanwalt Dr. H***, vielmehr verfügte es die Zustellung an Theresia K***;

das Schriftdstück wurde am 14.Mai 1986 hinterlegt. Der Mangel der Zustellung des Beschlusses ON 20 an den Vertreter der Erlagsgegnerin Theresia K*** wurde allerdings dadurch geheilt, daß das Schriftstück dem Vertreter, wie die Erhebungen des Rekursgerichtes beweisen, tatsächlich zugekommen ist, und zwar frühestens am 20.Mai 1986 (§§ 7, 9 Abs 1 ZustG). Damit erübrigt sich eine neuerliche Zustellung des Beschlusses ON 20 an Rechtsanwalt Dr. H***. Der von diesem am 3. Juni 1986 zur Post gegebene Rekurs ist somit jedenfalls rechtzeitig erhoben; das Rekursgericht wird daher über dieses Rechtsmittel sachlich abzusprechen haben.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

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