Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Teilfreispruch enthält, wurde Harald S*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB (I/ des Urteils) und des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB (II/) schuldig erkannt. Darnach versuchte er in Salzburg I./ fremde bewegliche Sachen anderen mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1./ am 11.Jänner 1986 durch Einbruch, indem er bei zwei Autos jeweils die rechte vordere Seitenscheibe mit einem Stein einschlug, a/ dem Verfügungsberechtigten des S*** S*** bzw. dem Siegfried S*** Bargeld,
b/ dem Anton W*** Bargeld und eine Herrentasche aus Leder;
2./ am 28.Februar 1986 dem Verfügungsberechtigten des Kaufhauses T***-U eine Trachtenlederjacke "Bavaria" im Wert von 1.998 S;
nötigte er II./ am 28.Februar 1986 den Kaufhausdetektiv Herbert G*** durch Versetzen eines heftigen Stoßes gegen die Brust, sodaß er zurücktaumelte und beinahe stürzte, mit Gewalt dazu, seine (des Angeklagten) Anhaltung zwecks Identitätsfeststellung und die Anzeigeerstattung wegen des zu Punkt I.2 bezeichneten Diebstahlsversuches zu unterlassen.
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, in der er die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 8, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend macht. Im Rahmen seiner Verfahrensrüge nach dem § 281 Abs 1 Z 4 StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung seines Beweisantrages auf Einvernahme der Zeugen Stefan O*** und Roland S***. Durch diese Zeugen hätte, so meint er in seinem Rechtsmittel, der Nachweis erbracht werden können, daß er am 28. Februar 1986 noch nicht im Besitz der später (anläßlich seiner Festnahme im Mai 1986) bei ihm sichergestellten Lederjacke gewesen sei, die Beschreibung, die der Zeuge G*** von der Kleidung des von ihm beobachteten und angehaltenen Diebes gegeben hatte, in diesem Zeitpunkt daher nicht auf den Angeklagten habe zutreffen können (Fakten I.2 und II des Urteils).
Das Erstgericht wies diesen Beweisantrag (S 245/I) mit der Begründung ab, daß es sich hiebei um bloße Erkundungsbeweise handle, die nicht darauf gerichtet seien, welche Kleidung der Angeklagte im Zeitpunkt der Tat tatsächlich getragen habe (S 247/I). Diese Begründung wurde im Urteil dahin ergänzt (S 270, 271/I), das Gericht gehe ohnehin davon aus, daß die anläßlich der Verhaftung sichergestellten Sachen, nämlich eine Lederjacke und eine violette Hose, sich im Tatzeitpunkt (28.Februar 1986) noch nicht im Besitz des Angeklagten befunden hätten, was aber nicht ausschließe, daß er damals andere, ähnliche Kleidungsstücke besessen und getragen habe, welche Möglichkeit auch durch die Vernehmung dieser beiden Zeugen nicht beseitigt werden könne. Diese Begründung ist zutreffend; die Einvernahme der beiden Zeugen O*** und S*** konnte daher unterbleiben, ohne daß hiedurch Verteidigungsrechte des Angeklagten beeinträchtigt wurden. Das übrige Vorbringen zu diesem Nichtigkeitsgrund beschränkt sich auf eine Kritik an der Beweiswürdigung des Gerichtes (hinsichtlich der Zeugen Herbert G*** und Gerhard E***) und ist einer sachbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.
In seiner umfangreichen Mängelrüge nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO wendet sich der Angeklagte ausdrücklich gegen die Schuldsprüche nach den Punkten I.1 und 2 des Urteilsspruches, die Beschwerde umfaßt aber sinngemäß auch den Schuldspruch zu Punkt II des Urteils (Vergehen der Nötigung), der mit dem Diebstahl (I.2) im Zusammenhang steht.
Vorweg ist diesen Ausführungen zu entgegnen, daß damit überwiegend bloß unzulässig - und deshalb auch unbeachtlich - die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft wird. Das Erstgericht setzte sich in der Begründung seines Urteils eingehend, und jeweils durch entsprechende Aktenzitate belegt, mit den einzelnen Beweisergebnissen auseinander und kam zu denkmöglichen Schlußfolgerungen. Der Beschwerdeführer ist darauf zu verweisen, daß das Gebot der gedrängten Darstellung der Verfahrensergebnisse in den Urteilsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) keine Auseinandersetzung mit allen Beweismitteln, die im Verfahren vorgeführt wurden, im Detail verlangt, sondern bedeutet, daß den Urteilsgründen jene Tatsachen zu entnehmen sein müssen, die der Gerichtshof für erwiesen oder nicht erwiesen ansah, und zwar einschließlich der hiefür maßgebenden Gründe. Diesen vom Gesetz geforderten Kriterien der Urteilsbegründung genügt die vorliegende Entscheidung. Was im einzelnen die Behauptung des Angeklagten anlangt, er sei im Zeitpunkt der versuchten PKW-Einbrüche (Faktum I.1) volltrunken gewesen und das Gericht habe, als es diesen Zustand verneinte, die Aussage des Zeugen E*** unberücksichtigt gelassen, so übergeht er, daß das Schöffengericht diesen Zeugen im Rahmen der ihm allein obliegenden freien Beweiswürdigung - unbekämpfbar - für unglaubwürdig ansah (S 266, 267/I). Im Verfahren, insbesondere im Gutachten des Sachverständigen Dr. S*** (S 201 bis 206/I), finden alle vom Erstgericht zur Frage der Zurechnungsfähigkeit angestellten Erwägungen Deckung. Auch aus den Aussagen der Zeugen Heinz P*** und Roman S*** (S 105 ff, 193 ff/I) läßt sich keineswegs eine Schlußfolgerung auf das Vorliegen voller Berauschung des Angeklagten ziehen, wie das Schöffengericht, das sich mit diesen Aussagen ausdrücklich auseinandersetzte, zutreffend erkannte (S 267/I).
Der Ausspruch des Gerichtes zum Faktum I.1 a (Einbruchsversuch in das Auto des Siegfried S***), der Angeklagte habe dieses Fahrzeug nach Bargeld durchsucht (S 260/I), findet seine Deckung in der Verantwortung des Angeklagten (vgl. S 18/I), wonach er es "in erster Linie ..... auf Geld abgesehen" hatte. Die Wegnahme der Herrenhandtasche aus dem PKW des Zeugen W*** (Faktum I.1 b) konnte das Gericht auf Grund der Aussage des Zeugen Alfred G*** (S 99 bis 103/I) feststellen (vgl. hiezu S 268/I). Daß die Lederjacke (Faktum I.2) aus dem Kaufhaus T***-U stammte (S 264/I), leitete das Schöffengericht aus den Aussagen der Zeugen G*** und S*** (S 207, 209, 235/I) mängelfrei ab. Aus der Aussage der Irmgard F*** ist zu dieser Frage entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen, weil die Zeugin erklärte, die Jacke, die nach dem Diebstahl zurückgebracht wurde, gar nicht angeschaut zu haben (S 231/I).
Soweit aber die Mängelrüge weitwendig gegen das Verbot der Bekämpfung der Beweiswürdigung im Rechtsmittelverfahren gegen schöffen- und geschwornengerichtliche Urteile polemisiert und unter Hinweis auf Art. 6 der E*** die Verfassungsmäßigkeit einer derartigen Rechtsmittelbeschränkung bezweifelt, genügt es, auf die durch den Obersten Gerichtshof hiezu bereits mehrfach angestellten Erwägungen zu verweisen, die insbesondere der im EvBl 1980/220 veröffentlichten Entscheidung zu entnehmen sind.
Der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs 1 Z 5 StPO haftet dem angefochtenen Urteil somit nicht an.
Als Überschreitung der Anklage nach dem § 281 Abs 1 Z 8 StPO rügt der Beschwerdeführer seine Verurteilung wegen Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs 1 StGB (Faktum II). Er übersieht dabei, daß die Anklage in der Hauptverhandlung am 26.Mai 1986 (im Punkt der Wegnahme der Trachtenlederjacke) auf das Verbrechen des räuberischen Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 131, erster Fall, StGB ausgedehnt wurde (S 189/I). Das Gericht war bei der rechtlichen Beurteilung dieses insgesamt unter Anklage gestellten Sachverhaltes nicht an die in der Anklage vorgenommene Subsumtion gebunden (§ 262 StPO). Da es zur Überzeugung gelangte, daß der Beschwerdeführer die Gewalt gegen den Zeugen G*** nicht deshalb anwendete, um sich im Besitz der weggenommenen Sache zu erhalten, sondern hiebei nur von dem Bestreben geleitet war, dem Zeugen die Verfolgung, Identitätsfeststellung und Anzeigeerstattung unmöglich zu machen (S 273/I), unterstellte es, ohne hiedurch den Grundsatz der (erforderlichen) Identität der anklage- und urteilsgegenständlichen Tat zu verletzen, diese Abschlußphase des Täterverhaltens nicht dem § 131 StGB, sondern qualifizierte sie als Nötigung (vgl. Mayerhofer-Rieder 2 , Nr. 1 bis 3; 13, 14, 81, 82 zu § 262 StPO). Unter dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO meint der Beschwerdeführer, der von ihm gegen den Zeugen G*** geführte kräftige Stoß oder Schlag könne nicht dem Begriff der Gewalt untergeordnet werden. Er habe überdies im Zusammenhang mit der Begehung des Diebstahls stattgefunden, sodaß eine gesonderte Zurechnung des Schlages über den Schuldspruch wegen Diebstahls hinaus nicht zulässig sei.
Mit beiden Einwänden ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:
Unter Gewalt ist die Anwendung physischer Kraft von gewisser Schwere zu verstehen, die geeignet ist, den Widerstand dessen, gegen den sie sich richtet, zu brechen. Der Schlag des Angeklagten, der seinen Verfolger G*** fast zum Sturz brachte, war durchaus als Gewaltausübung zu beurteilen. Eine Konsumtion dieser Gewalttätigkeit durch die Verurteilung wegen Diebstahls wäre nur dann eingetreten, wenn ein Schuldspruch wegen räuberischen Diebstahls nach § 131 StGB ergangen wäre, ein Vorgang, der aber im übrigen - vergleicht man die Strafdrohungen der §§ 105 Abs 1 und 131 (erster Fall) StGB miteinander - nicht zum Vorteil des Angeklagten ausschlagen würde. Gegen die vom Erstgericht angenommene Realkonkurrenz (versuchter Diebstahl der Jacke; Nötigung des Verfolgers, von der Verfolgung abzustehen) besteht mithin kein rechtliches Bedenken. Weshalb - wie dies unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO reklamiert wird - im Faktum I.1 a (Diebstahlsversuch zum Nachteil des Siegfried S***) strafaufhebender Rücktritt vom Versuch vorliegen soll, wird vom Beschwerdeführer nicht dargetan. Der Angeklagte gab die Vollendung der Tat ja keineswegs freiwillig auf (§ 16 Abs 1 StGB), sondern nach den Urteilsannahmen bloß deshalb, weil er im PKW nichts für ihn Verwertbares (insbesondere kein Bargeld) vorfand (S 260/I). Mit der auf den § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Behauptung, der Angeklagte wäre im Faktum I.1 a (Siegfried S***) nur der Sachbeschädigung, zu I.2 und II (Lederjacke und Nötigung) aber nur des versuchten Diebstahls schuldig zu erkennen gewesen, weicht die Beschwerde von den Feststellungen des Schöffengerichtes ab, die sie bei der Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund binden; sie führt deshalb insoweit die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß aus. Da das Schöffengericht zum Faktum I.1 a (S***) den Wegnahme- und Bereicherungsvorsatz des Täters ausdrücklich feststellte (S 255, 260/I), bleibt für eine Beurteilung dieses Verhaltens als Sachbeschädigung kein Raum. Daß der Unrechtsgehalt des Täterverhaltens im Faktum I.2 (versuchter Diebstahl einer Lederjacke im Kaufhaus T***-U) in Verbindung mit dem Faktum II (:Nötigung des Zeugen G***) nicht völlig ausgeschöpft wäre, wollte man die Tat nur als versuchten (einfachen) Diebstahl beurteilen, liegt auf der Hand. Die auf der Flucht gegen G*** geübte Gewalttätigkeit ist nicht derart, daß sie für die Begehung eines Diebstahles typisch und ihr Unrechtsgehalt schon dadurch ausreichend erfaßt wäre, wenn das Tätersverhalten allein als Diebstahl beurteilt wird (vgl. hiezu Leukauf-Steininger 2 zu § 28 StGB). Auch die Rechtsrügen des Angeklagten sind somit nicht stichhältig. Die Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten.
Bei der Strafbemessung wertete es die einschlägigen Vorstrafen, den relativ raschen Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend. Als mildernd berücksichtigte es demgegenüber die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand, daß die Diebstähle beim Versuch blieben. Den Strafausspruch bekämpfen sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit Berufung. Während Harald S*** die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, begehrt die Staatsanwaltschaft, die verhängte Strafe schuldangemessen zu erhöhen.
Beiden Berufungen kommt keine Berechtigung zu.
Das in erster Instanz gefundene Strafmaß entspricht dem Verschuldensgrad des Angeklagten sowie dem objektiven Gewicht seiner strafbaren Handlungen. Für eine Korrektur der Strafe bestand daher, insbesonders auch in Anbetracht des geringen Wertes der Diebsbeute, nach keiner Richtung hin Anlaß.
In Anbetracht des Mangels an besonderen Gründen, die Gewähr dafür böten, daß der einschlägig vorbestrafte Angeklagte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen wird, kam auch eine bedingte Strafnachsicht nach dem § 43 Abs 2 StGB nicht in Betracht. Den beiderseitigen Berufungen war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)